Beantwortung zur Anfrage
580/2000
Landeshauptstadt Stuttgart Stuttgart,
04/18/2001
Der Oberbürgermeister
GZ:
OB 1411-04
Beantwortung zur Anfrage
Stadträtinnen/Stadträte - Fraktionen
Schmid Roland (MdL) (CDU), Barg Stefan (CDU)
Datum
09/12/2000
Betreff
Lebensrettung in verrauchten Räumen
Anlagen
Text der Anfragen/ der Anträge
Beantwortung/ Stellungnahme:
Die Feuerwehr benötigt zur schnellen und wirkungsvollen Rettung von Personen in verrauchten Räumen eine spezielle feuerwehrtechnische Ausrüstung für die vorgehenden Angriffstrupps. Zum einen müssen die Angriffstrupps gegen giftige Brand- und Rauchgase durch umluftunabhängige Atemschutzgeräte und zum anderen gegen die auftretende Wärmestrahlung durch eine Wärmeschutzkleidung geschützt werden. Darüber hinaus sollten sie über eine spezielle technische Ausstattung verfügen, die ihnen eine bessere und vor allem schnellere Orientierung in verrauchten Räumen ermöglicht. Während der umluftunabhängige Atemschutz sowie die Wärmeschutzkleidung heute als gelöst betrachtet werden können, ist der alte Wunsch der Feuerwehren,
im Rauch zu sehen,
bis in die jüngste Zeit mit gerätespezifischen Problemen verbunden gewesen.
Die bisher bei den Feuerwehren eingesetzten Wärmebildkameras eigneten sich aufgrund der großen Störanfälligkeit gegen mechanische Beanspruchungen, der unkomfortablen Bedienung, des Blendverhaltens, der geringen Temperaturempfindlichkeit sowie einer unscharfen Bilddarstellung nicht für den extremen Feuerwehreinsatz. Die Kameras waren somit für die vorgehenden Angriffstrupps zum Aufsuchen von Personen in verrauchten Räumen nicht geeignet. Daher wurden sie fast ausschließlich bei allen Deutschen Berufsfeuerwehren zum Lokalisieren von Schwelbränden und Brandnestern eingesetzt (Dehnfugenbrände).
Mittlerweile zeichnet sich auf dem Sektor der Wärmebildkameras eine für die Feuerwehren erfreuliche Entwicklung ab. Die neuesten auf dem Markt befindlichen Geräte erfüllen auch die härtesten Anforderungskriterien des Primäreinsatzes. Besonders die gestochen scharfe Bilddarstellung sowie eine weitaus verbesserte Temperaturempfindlichkeit ermöglichen den Geräteeinsatz nunmehr auch zum schnellen Aufsuchen von Personen in verrauchten Räumen.
Die im letzten halben Jahr bei der Feuerwehr Stuttgart durchgeführten praktischen Tests bestätigen die Herstellerangaben. Die Wärmebildkameras neuester Technologie erfüllen somit das Kriterium für den Primäreinsatz. Sie sind Angriffstrupp tauglich!
Zu den konkreten Fragen wird wie folgt Stellung genommen:
1. Was kosten solche Geräte?
Die Beschaffungskosten für Wärmebildkameras neuester Technologie liegen zwischen 20.000 DM und 50.000 DM pro Gerät. Aufgrund des erweiterten Anwendungsbereichs bei den Feuerwehren ist künftig mit einer steigenden Nachfrage zu rechnen. Dies wird sich sicherlich günstig auf die Preisgestaltung auswirken. Es ist damit zu rechnen, dass bereits im nächsten Jahr Standardgeräte für unter 20.000 DM angeboten werden.
2. Bei welchen Feuerwehren werden sie eingesetzt und welche Erfahren wurden ggf. damit gemacht?
Wärmebildkameras werden bei fast allen Deutschen Berufsfeuerwehren eingesetzt. Dies ergab eine Studie, die die Feuerwehr Düsseldorf im letzten halben Jahr durchgeführt hat. Zunehmend werden auch bei Freiwilligen Feuerwehren Wärmebildkameras eingesetzt. Erst in den letzten Jahren wurden in den Stadt- und Landkreisen unseres Landes eine breite Beschaffungsaktion mit finanzieller Unterstützung der SV Gebäudeversicherung Baden-Württemberg durchgeführt.
Der Einsatzbereich von Wärmebildkameras beschränkte sich bisher hauptsächlich auf folgende Einsatzmöglichkeiten:
- Lokalisierung von Schwelbränden
Brandnestern und Dehnfugenbränden
- Ermittlung von Wärmequellen
- Ermittlung von Füllständen bei
Tanks und Gasflaschen
Das Aufspüren von Personen in verrauchten Räume sowie die schnelle Orientierung im Rauch spielen derzeit bei den Feuerwehren noch eine untergeordnete Einsatzrolle.
Die gemachten Einsatzerfahrungen der Feuerwehren in der Vergangenheit wurden in der Düsseldorfer Studie durchweg positiv bewertet. Alle Feuerwehren haben gleichermaßen erklärt, dass Wärmebildkameras aus dem täglichen Geschäft nicht mehr wegzudenken sind. Dies gilt selbstverständlich auch für die Stuttgarter Feuerwehr.
3. Ist die Branddirektion Stuttgart im Besitz solcher Geräte und nach welcher Einsatzkonzeption werden sie ggf. verwendet?
Die Feuerwehr Stuttgart verfügt über zwei Wärmebildkameras, eine davon mit neuester Technologie. Sie sind beide auf dem Meßleitfahrzeug der Feuerwache 4 verlastet. Das Fahrzeug ist ein Sonderfahrzeug, welches vornehmlich zur messtechnischen Unterstützung der Einsatzleitung eingesetzt wird. Die Alarmierung erfolgt entweder aufgrund eines festgelegten Einsatzstichwortes (z.B. Gasgeruch) nach der Alarm- und Ausrückeordnung oder bedarfsorientiert durch den jeweiligen Einsatzleiter vor Ort. Die beiden Wärmebildkameras werden nach der derzeitigen Einsatzkonzeption nicht zum Aufsuchen von Personen in verrauchten Räumen im Primäreinsatz verwendet.
4. Falls solche Geräte nicht oder nicht in genügender Zahl vorhanden sind. Falls nicht, warum? Ist beabsichtigt, jeden der fünf Einsatzzüge der Berufsfeuerwehren damit auszurüsten?
Der Einsatz von Wärmebildkameras zur Rettung von Personen aus verrauchten Räumen scheiterte bislang an der vorhandenen Gerätetechnologie. Die Kameras wurden in der Vergangenheit ausschließlich im Sekundäreinsatz verwendet. Daher war die Vorhaltung von zwei Kameras für die Feuerwehr Stuttgart ausreichend dimensioniert.
Die äußerst positiven Erfahrungen der vergangenen Monate haben allerdings gezeigt, dass die neueste Gerätetechnologie an Wärmebildkameras auch den härtesten Einsatzbedingungen an vorderster Front genügt. Die Feuerwehr Stuttgart beabsichtigt daher, das bestehende Einsatzkonzept zu ändern und in einem ersten Schritt alle fünf Löschzüge der Berufsfeuerwehr mit je einer tragbaren Wärmebildkamera neuester Technologie auszustatten. Die Realisierung dieser Beschaffungsmaßnahme ist für den Haushalt 2002/2003 vorgesehen.
Mit der Einführung dieser neuen Gerätetechnologie beschreitet die Feuerwehr Stuttgart einen neuen Weg zur schnelleren und gezielteren Rettung von Personen in verrauchten Räumen.
Dr. Wolfgang Schuster