Zu den rechtlichen Auswirkungen auf Integrationsansätze im Bereich der Schulen wird wie folgt Stellung genommen:
Grundlagen
Von entscheidender Bedeutung für die Maßnahmen zur Gleichstellung und Integration behinderter Kinder und Jugendlicher in Beruf und Leben sind im Wesentlichen die Fortschreibungen und Veränderungen in folgenden Gesetzen, Verordnungen, Verwaltungsvorschriften und Richtlinien:
- Schulgesetz für Baden-Württemberg (§§ 15 und 82-84; K.u.U. S. 18/1999)
- Verwaltungsvorschrift “Kinder und Jugendliche mit Behinderungen und besonderem Förderbedarf” vom 08. März 1999 (K.u.U. S. 45/1999)
- Sozialgesetzbuch IX, Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen, insbesondere §§ 8 und 9 (BSHG) vom 19. Juni 2001
- Kinder- und Jugendhilfegesetz; 8. Sozialgesetzbuch, insbesondere: §§ 35 a bis 37, 39, 40); Hilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche und ergänzende Leistungen (KJHG); Änderungen im Rahmen des Sozialgesetzbuches IX am 19. Juni 2001
- Richtlinen des Landeswohlfahrtsverbands Württemberg-Hohenzollern über die Gewährung von Eingliederungshilfe nach § 40 Abs. 1 BSHG in Kindergärten und allgemeinen Schulen (Integrations-RL) vom 16. Mai 2000
- Kindergartengesetz des Landes Baden-Württemberg i.d. Fassung vom 15. März 1999; insbesondere: § 2, Abs. 2
- Gesetz zur Gleichstellung behinderter Menschen (Bundesgleichstellungsgesetz/BGG) vom 22. März 2002
Alle genannten gesetzlichen Grundlagen geben den Handelnden in Kindergärten, Schulen, Schul-, Kommunal-, Sozial- und Jugendverwaltung das Ziel vor, möglichst wohnortnahe Lösungen zur Förderung behinderter Kinder- und Jugendlicher zu verwirklichen.
- Im BSHG werden der “Vorrang von Leistungen zur Teilhabe” (§ 8) und der “Wunsch und das Wahlrecht der Leistungsberechtigten” (§ 9) betont.
- Im Vorschulalter “sollen Kinder mit und ohne Behinderung in gemeinsamen Gruppen erzogen” werden (Kindergartengesetz § 2, Abs. 2).
- Das Schulgesetz gibt den allgemeinen Schulen einen ausdrücklichen Auftrag zur Förderung behinderter Kinder. Allerdings ist dieser Auftrag daran gebunden, dass behinderte Schülerinnen und Schüler dem gemeinsamen Bildungsauftrag der jeweiligen Schule folgen können (§ 15, Abs. 4).
Das Bundesverfassungsgericht hat 1997 zum Ausdruck gebracht, dass der Staat für die Förderung behinderter Kinder und Jugendlicher einerseits sonderpädagogische Einrichtungen in ausreichendem Umfang zur Verfügung stellen und andererseits hinreichende Möglichkeiten zur integrativen Förderung eröffnen muss.
Auf Dauer ist also von einem Mit- und Nebeneinander zwischen sonderpädagogisch ausgerichteten Einrichtungen und integrativen Lösungen in Regeleinrichtungen auszugehen.
Das hat zur Folge, dass sich aus der Verlagerung von Lösungsansätzen von Fallgruppen mit eindeutigen institutionellen Zuordnungen hin zu einzelfallbezogenen Entscheidungsprozessen
ein deutlich erhöhter Aufwand für die entsprechenden Verfahrensweisen ergibt.
Die konkrete Erarbeitung und Umsetzung von Maßnahmen ist in hohem Maße an das Einvernehmen mit den Erziehungsberechtigten gebunden. Dem Erziehungsrecht der Eltern wird bei der Umsetzung entsprechender Maßnahmen ein sehr hoher Stellenwert zugemessen. Abgesehen von ganz extrem gelagerten Sonderfällen werden z.B. schulische Maßnahmen zur Förderung behinderter Kinder ausschließlich im Einvernehmen mit den Eltern umgesetzt.
Im Ergebnis ist erstaunlicherweise festzustellen, dass mit dem deutlich zunehmenden Grad an integrativer schulischer Förderung ein erhöhter Druck zur Aufnahme behinderter Schülerinnen und Schüler in Sonderschulen einhergeht.
Das bedeutet, dass aus dem Mehr an integrativ ausgerichteten Lösungen nicht auf ein Weniger an Bedarf im Sinne der Förderung in sonderpädagogischen Einrichtungen geschlossen werden kann. Neben dem Ausbau von Angeboten zur integrativen Förderung behinderter Kinder und Jugendlicher in allen Bereichen wird auch der qualitativen Weiterentwicklung der bestehenden sonderpädagogischen Angebote eine entscheidende Schlüsselstellung zukommen.