Beantwortung zur Anfrage

364/2002

Landeshauptstadt Stuttgart Stuttgart, 02/28/2003
Der Oberbürgermeister
GZ: OB-0500-12



Beantwortung zur Anfrage
Stadträtinnen/Stadträte - Fraktionen
    SPD-Gemeinderatsfraktion
Datum
    10/18/2002
Betreff
    Pflichtquote zur Beschäftigung schwerbehinderter Menschen
Anlagen
    Text der Anfragen/ der Anträge
Beantwortung/ Stellungnahme:

Zu Frage 1

Nach § 5 Abs. 1 Schwerbehindertengesetz mussten private und öffentliche Arbeitgeber bis 31.12.2000 auf wenigstens 6 % der Arbeitsplätze schwerbehinderte Menschen beschäftigen. Durch das Gesetz zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit Schwerbehinderter, das am 01.10.2000 in Kraft getreten ist, wurde die Pflichtquote zur Beschäftigung Schwerbehinderter ab 01.01.2001 auf 5 % gesenkt (vgl. auch § 71 Abs. 1 SGB IX).

Nach § 71 Abs. 2 SGB IX beträgt die Pflichtquote vom 01.01.2003 an wieder 6 %, wenn die Zahl der arbeitslosen schwerbehinderten Menschen im Monat Oktober 2002 nicht um mindestens 25 % geringer ist als die Zahl der arbeitslosen schwerbehinderten Menschen im Monat Oktober 1999.

Die Bemühungen um den Abbau der Arbeitslosigkeit schwerbehinderter Menschen waren in den vergangenen 2 Jahren sehr erfolgreich. Das geht aus den inzwischen veröffentlichten Zahlen der Bundesanstalt für Arbeit hervor. Es ist gelungen, die Arbeitslosigkeit schwerbehinderter Menschen um 24 % abzusenken.

Auch wenn die gesetzliche Zielvorgabe von 25 % nicht ganz erreicht worden ist, sind 24 % angesichts der konjunkturellen Entwicklung und der weltwirtschaftlichen Lage sowie unter Berücksichtigung des Trends der allgemeinen Arbeitslosigkeit als Erfolg zu werten. Dies gilt ganz besonders, weil schwerbehinderte Menschen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt häufig mit großen Schwierigkeiten zu kämpfen haben.

Die erfolgreiche Strategie der gemeinsamen Bemühungen aller Beteiligten soll dem Vernehmen nach unvermindert fortgesetzt und die Arbeitgeber angesichts des erreichten Erfolges nicht zusätzlich belastet werden. Die Bundesregierung will deshalb dafür sorgen, dass der Anstieg der Pflichtquote für die Beschäftigung schwerbehinderter Menschen von 5 % auf 6 % um ein Jahr auf den 1. Januar 2004 verschoben wird.

Anfang 2003 wird seitens der Bundesregierung mit allen Beteiligten über eine Weiterentwicklung der Konzeption zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit schwerbehinderter Menschen gesprochen werden, um eine Anhebung der Quote möglichst dauerhaft zu vermeiden.

Aus der Tabelle auf den Seiten 5 - 7 (Anlage 1) sind die Beschäftigungsquoten der einzelnen Ämter und Eigenbetriebe in den Jahren 1998 sowie 2000 bis 2002 dargestellt. Die Stadtverwaltung (ohne Klinikum) insgesamt hat Ende 1998 mit einer Beschäftigungsquote von 5,63 % die gesetzliche Vorgabe von 6 % nicht erfüllt. Dennoch musste für 1998 keine Ausgleichsabgabe gezahlt werden, weil aus Aufträgen an anerkannte Werkstätten für behinderte Menschen 50 % der auf die Arbeitsleistung der Werkstätten entfallenden Rechnungsbeträge (insgesamt 34 166 DM) auf die Ausgleichsabgabe angerechnet werden konnten. Die Pflichtquote von 6 % (2000) bzw. 5 % (ab 2001) wurde von der Stadtverwaltung (ohne Klinikum) im Jahr 2000 mit 6,15 %, im Jahr 2001 mit 6,14 % und im Jahr 2002 mit 6,20 % erfüllt. Es ist davon auszugehen, dass sich durch rückwirkende Anerkennungen die Beschäftigungsquote bis zur Abgabe der Erklärung für 2002 beim Arbeitsamt (Mitte März 2003) noch etwas erhöhen wird.

Das Klinikum hat die gesetzliche Pflichtquote von 5 % erfüllt. Aufgrund der im Pflege- und Funktionsdienst eingeschränkten Bewerberlage konnte das angestrebte Ziel von 6 % trotz intensiver Bemühungen leider noch nicht erreicht werden. Der sehr hohe Beschäftigungsanteil von Pflegekräften mit beinahe 50 % an der Gesamtzahl der beschäftigten Vollkräfte erschwert es dem Klinikum, eine deutliche Steigerung der Beschäftigungsquote von schwerbehinderten Menschen zu erreichen.

Die Erfüllung der Pflichtquote bei der Stadt war in den vergangenen Jahren aus nachstehend genannten Gründen nicht einfach.

Die Altersstruktur der Schwerbehinderten hat sich gegenüber früher verändert. Viele schwerbehinderte Männer und Frauen sind in einem Alter, das zunehmend ein Ausscheiden aus diesem Grund bedingt. In den meisten Fällen wurde die vorgezogene Altersrente in Anspruch genommen.

Bei den Versorgungsämtern ist eine restriktivere Haltung bei der Anerkennung von Schwerbehinderten festzustellen. Dies machte sich insbesondere auch beim Ablauf der Gültigkeitsdauer von Schwerbehindertenausweisen bemerkbar. Verlängerungsanträge wurden oftmals zum Anlass für Rückstufungen (auch unter einen Behinderungsgrad von 50) genommen und bei Erstanträgen strengere Anforderungen an die Feststellung der Behinderung gestellt.

Nicht jeder Arbeitsplatz und jedes Aufgabengebiet ist generell für die Beschäftigung von Schwerbehinderten geeignet. Dies kann nur im Einzelfall unter Berücksichtigung von Art und Intensität der Behinderung und des wahrzunehmenden Aufgabenkreises beurteilt werden.

Bei manchen ausgeschriebenen Positionen gehen oftmals keine Bewerbungen von Schwerbehinderten ein oder sie führen mangels Eignung nicht zu einer Einstellung. Allerdings sind die Ämter und Eigenbetriebe gehalten, Schwerbehinderte bei gleicher Eignung vorrangig zu berücksichtigen.

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die aus dem Erziehungsurlaub oder einem Sonderurlaub zurückkehren, mussten bisher und müssen auch künftig vorrangig umgesetzt werden. Die freiwerdenden Stellen können dann nicht mit Bewerberinnen und Bewerbern von aussen (auch nicht mit Schwerbehinderten) besetzt werden.

Es wurde auch schon beobachtet, dass sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, obwohl eine Schwerbehinderung vorliegt, vor einer Anerkennung scheuen oder ihren Schwerbehindertenausweis nicht (oder nicht rechtzeitig) vorlegen bzw. verlängern lassen. Manchmal legen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter den Schwerbehindertenausweis erst kurz vor dem altersbedingten Ausscheiden vor, obwohl er schon etliche Jahre in ihrem Besitz ist. In diesem Fall kann eine Anrechnung auf die Pflichtquote und die Ausgleichsabgabe nicht erfolgen. Hier bedarf es großer Anstrengungen und Überzeugungskraft der Personalstellen, Vertrauensleute und des Haupt- und Personalamts.

Frage 2

Die in der Beantwortung zu Frage 1 dargestellten Schwierigkeiten bestehen größtenteils voraussichtlich auch in den künftigen Jahren. Aufgrund der Haushaltskonsolidierung ist davon auszugehen, dass der Personalstand in den nächsten Jahren weiter abnehmen wird. Da es aus Anlass des Stellenabbaus keine Kündigungen geben soll, wird es innerhalb der Stadtverwaltung zwangsläufig zu Umsetzungen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern kommen. Die für diese dann in Anspruch zu nehmenden freien Stellen können somit in der Regel nicht mit Schwerbehinderten von aussen besetzt werden.

Im Klinikum haben z.B. alle Budgetverantwortlichen ausführliche Informationsrundschreiben über die nach dem SGB IX zu beachtenden Verfahrensregelungen bei Personaleinstellungen erhalten. Aufgrund des wachsenden Bewusstseins der Vorgesetzten im Umgang mit den Rechten und Pflichten nach dem SGB IX wird eine positive Auswirkung auf die Schwerbehindertenquote erwartet.

Frage 3

Die Stadtverwaltung hat als öffentlicher Arbeitgeber eine gesellschaftliche und moralische Verpflichtung und eine Vorbildfunktion. Deshalb wird sie sich trotz der genannten und erwarteten Schwierigkeiten bemühen, eine Beschäftigungsquote oberhalb der vom SGB IX festgelegten Pflichtquote zu halten.

In Kürze wird die Personalverwaltung mit den beiden Gesamtschwerbehindertenvertretungen und den beiden Gesamtpersonalräten Verhandlungen über den Entwurf einer Integrationsvereinbarung gem. § 83 SGB IX führen.

Die Verwaltungsführung wird den Ämtern und Eigenbetrieben bezüglich der Erfüllung der Pflichtquote Steuerungsvorgaben machen. In diesem Zusammenhang wird auch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Ämter und Eigenbetriebe nach § 81 Abs. 1 SGB IX verpflichtet sind, zu prüfen, ob freie Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Menschen, insbesondere solchen, die beim Arbeitsamt arbeitslos oder Arbeit suchend gemeldet sind, besetzt werden können, und dass das SGB IX von einer frühzeitigen Kontaktaufnahme mit dem Arbeitsamt ausgeht. Ferner wird daran erinnert, dass bei Stellenbesetzungen und im Auswahlverfahren die gesetzlichen Bestimmungen der §§ 81 ff. SGB IX zu beachten sind und Schwerbehinderte bei gleicher Eignung mit Vorrang zu berücksichtigen sind.

Die Ämter, Eigenbetriebe, Personalvertretungen und Vertrauensleute der Schwerbehinderten werden dazu aufgerufen, mit dazu beizutragen, dass die Pflichtquote nachhaltig erfüllt wird. Sie sollen insbesondere bei Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die schwerbehindert sind und noch keinen Schwerbehindertenausweis besitzen, darauf hinwirken, dass diese Beschäftigten beim Versorgungsamt einen Antrag auf Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft stellen. Soweit Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bereits einen Schwerbehindertenausweis besitzen und diesen noch nicht vorgelegt haben, sollen diese Personen um Vorlage ihres Schwerbehindertenausweises beim Amt/Eigenbetrieb gebeten werden.

Das Klinikum wird die in der Antwort zu Frage 2 genannten Bemühungen zur Steigerung der Schwerbehindertenquote fortsetzen. Die Informationsrundschreiben an die Budgetverantwortlichen sollen dabei in gewissen Abständen wiederholt werden. In den Krankenhäusern, in denen die Schwerbehindertenquote von 6 % noch nicht erreicht ist, soll dies in den Krankenhausbetriebsleitungen thematisiert werden.

Frage 4

Die Schwerbehindertenquoten von Städten in Baden-Württemberg und Großstädten in der Bundesrepublik sind in der Tabelle auf Seite 8 (Anlage 2) dargestellt. Stuttgart nimmt hier einen mittleren Platz ein.






Dr. Wolfgang Schuster



Beschäftigungsquote von Schwerbehinderten bei - Anlage 1 -
einzelnen Ämtern und Eigenbetrieben

Amt
SB-Quote (%)
Dez. 2002
SB-Quote (%)
Dez. 2001
SB-Quote (%)
Dez. 2000
SB-Quote (%)
Dez. 1998
Bürgermeisteramt
2,22
2,45
2,75
1,80
Haupt- u. Personalamt
7,85
8,17
8,72
7,35
Statistisches Amt
8,10
15,15
13,51
9,37
Presse- u. Informat. Amt
7,14
3,12
3,84
3,44
Rechnungsprüfungsamt
7,27
5,66
5,66
6,25
Stadtkämmerei
5,52
5,52
6,97
6,43
Steueramt
6,25
5,97
4,76
5,79
Amt f. Liegensch. u. Wohnen
7,76
7,69
7,03
7,75
Rechtsamt
-----
-----
-----
-----
Amt für öffentl. Ordnung
6,84
6,60
7,18
6,79
Standesamt
-----
-----
-----
-----
Amt für Umweltschutz
5,30
4,72
5,67
3,57
Branddirektion
1,84
1,85
1,67
1,64
Schulverwaltungsamt
5,50
3,99
6,08
4,39
Kulturamt
5,32
4,06
3,99
3,22
Sozialamt
7,42
5,74
6,98
5,49
EB Leben u. Wohnen
7,99
6,83
6,41
4,74
Jugendamt
3,52
3,60
3,95
3,62
Sportamt
2,40
1,16
1,25
2,38
Gesundheitsamt
9,44
9,24
9,48
8,43
Stadtplanungsamt
7,22
7,47
7,97
5,23
Stadtmessungsamt
7,62
7,87
7,43
6,36
Baurechtsamt
3,25
4,95
6,66
6,61
Amt für Wohnungswesen
jetzt Amt 23
jetzt Amt 23
jetzt Amt 23
8,42
Hochbauamt
2,99
2,38
3,50
7,31
Tiefbauamt
7,60
6,94
8,25
9,44
EB Stadtentwässerung
6,83
4,95
7,09
6,66
Garten- u. Friedhofsamt
10,17
9,56
9,67
10,83
Amt für Stadterneuerung
6,97
8,69
4,76
2,27
EB Abfallwirtschaft Stgt.
6,81
6,85
6,95
6,73
EB Versorgungsmärkte
11,86
6,77
7,14
5,45
EB Kur- u. Bäderbetriebe
7,48
8,08
7,81
8,66
Bez.Amt Bad Cannstatt
6,38
6,52
8,16
8,16
Bez.Amt Botnang
-----
-----
9,09
9,09
Bez.Amt Degerloch
-----
11,11
10,00
-----
Bez.Amt Feuerbach
10,00
8,70
9,52
9,52
Bez.Amt Hedelfingen
-----
-----
-----
-----
Bez.Amt Möhringen
-----
-----
5,00
-----
Bez.Amt Mühlhausen
-----
-----
-----
-----
Bez.Amt Münster
16,67
-----
16,67
16,67
Bez.Amt Obertürkheim
-----
-----
-----
-----
Bez.Amt Plieningen-Birkach
8,33
-----
-----
-----
Bez.Amt Sillenbuch
-----
-----
-----
-----
Bez.Amt Stammheim
-----
-----
-----
-----
Bez.Amt Untertürkheim
-----
-----
-----
-----
Bez.Amt Vaihingen
17,65
17,65
13,33
13,33
Bez.Amt Wangen
-----
-----
-----
-----
Bez.Amt Weilimdorf
-----
-----
-----
-----
Bez.Amt Zuffenhausen
3,45
3,23
3,33
-----
Bezirksämter insgesamt
4,30
3,89
5,14
3,95
Stadtverwaltung insges.
(ohne Klinikum)
6,20
6,14
6,15
5,63
Beschäftigungsquote von Schwerbehinderten bei den
Krankenhäusern des Eigenbetriebs Klinikum Stuttgart


Amt
SB-Quote (%)
Dez. 2002
SB-Quote (%)
Dez. 2001
SB-Quote (%)
Dez. 2000
SB-Quote (%)
Dez. 1998
Bürgerhospital
4,99
4,58
5,50
5,06
Katharinenhospital
6,26
6,26
7,02
6,79
Krankenhaus Bad Cannstatt
6,19
5,70
5,64
5,05
Olgahospital
4,36
3,98
3,17
3,37
Eigenbetrieb Klinikum insgesamt
5,51
5,21
5,62
5,32
Quoten für die Beschäftigung Schwerbehinderter - Anlage 2 -
bei deutschen Großstädten
(Stand: 30.11.2002)


Stadt
Quoten (%)
Verwaltung
(ohne Klinikum)
Quoten (%)
Klinikum
Bemerkungen
Augsburg
5,06
-----
Jahresquote 2001
Berlin
5,46
6,58
Bochum
9,75
-----
Stand Dez. 2001
Dortmund 8,89 *)
-----
*) ohne Eigenbetrieb Theater
Krankenhäuser gGmbH
Düsseldorf
5,09
-----
Krankenhäuser eGmbH
Duisburg
4,94
-----
(ohne Wirtsch.Betriebe).
Mit diesen zus. wird bis Jahresende
mit Wert über 5% gerechnet.
Essen
5,20
-----
Stand Dez. 2001
Frankfurt/M.
9,25
5,73
Jahresquote 2001
Freiburg
4,77
-----
Stand Dez. 2001
Hamburg
5,22
keine AngabeStand Dez. 2001 (ohne Krankenhäuser)
Hannover
5,00
5,30
Stand Dez. 2001
Heidelberg
7,97
-----
Heilbronn
6,03
-----
Stand Dez. 2001
Karlsruhe
7,40
-----
Stand Dez. 2001 - Klinikum gGmbH
Köln
4,79
2,99
Leipzig
7,10
4,68
Jahresquote 2002
Mannheim
7,20
-----
Jahresquote 2001
München
5,38
4,43
Stand 18.10.2002
Nürnberg
6,40
5,50
Wuppertal
6,35
-----
Stand Dez. 2001 - Krankenhäuser AG