Landeshauptstadt Stuttgart Stuttgart, 09/12/2008
Der Oberbürgermeister
GZ: 5721-04
Stellungnahme zum Antrag
Stadträtinnen/Stadträte - Fraktionen
Freie Wähler-Gemeinderatsfraktion
Datum
07/03/2008
Betreff
„Warzenschleuder Schulschwimmbad ?“
Anlagen
Text der Anfragen/ der Anträge
Beantwortung/ Stellungnahme:
Das Anfang der 60er-Jahre eröffnete Hallenbad Feuerbach wird (entsprechend dem zuletzt in 2000 aktualisierten Bäderkonzept) seit 1993 als Hallenbad mit Vorrang für Schulen (27 Unterrichtsstunden pro Woche) und Vereine (22,5 Stunden) betrieben. Öffentlicher Badebetrieb wird außerhalb der Freibadsaison an drei Tagen pro Woche mit insgesamt 26 Stunden angeboten. Im Jahr 2007 nutzten insgesamt ca. 60.000 Besucher das Bad, davon 34.000 Schüler, 17.000 Vereinsschwimmer und 9.000 Gäste im öffentlichen Betrieb.
Das über 45 Jahre alte Bad wirkt optisch nicht mehr so ansprechend wie ein Neubau mit aktueller Architektur und zeigt altersbedingte Verschleißerscheinungen an den Einrichtungen, die mit Mitteln der jährlichen Bauunterhaltung durch die Kur- und Bäderbetriebe auf einem betriebssicheren Niveau gehalten werden. Mittelfristig ist eine Komplettsanierung des Bades notwendig. Jedoch ist das Bad sowohl aus hygienischer als auch aus baulicher Sicht ohne Einschränkungen nutzbar.
Der Antrag wurde bereits in der Sitzung des Bäderausschusses am 11. Juli 2008 thematisiert. Darüber hinaus wurde von der Verwaltung eine schriftliche Beantwortung zugesagt.
Zum Fragenkatalog wird wie folgt Stellung genommen:
1. Warzen und Dellwarzen gehören zu den häufigsten durch Viren verursachten Hauterkrankungen. Sie entstehen durch Virusinfektionen bei direktem Hautkontakt mit Warzenträgern, z. B. bei direkter Körperberührung beim Spielen oder Turnen. Dies trifft insbesondere für die Übertragung von Dellwarzen zu. Die Infektionen können aber auch indirekt durch die gemeinsame Benutzung von Handtüchern oder – sehr häufig – durch Kontakt mit virushaltigen Hautschuppen auf dem Fußboden beim Barfuss laufen im Schwimmbad erfolgen. Zusätzlich ist das Aufweichen der Haut während des Schwimmens oder Badens ein begünstigender Faktor. Dies ist der Grund dafür, dass sich vor allem Fußwarzen (Plantarwarzen) unter Schulkindern sehr schnell ausbreiten können.
Eine Übertragung über das Schwimmbeckenwasser findet nicht statt.
Bezüglich der Altersverteilung des Auftretens von Warzen tritt ein erstes Maximum in der Altersstufe der 10 bis 14-jährigen Kinder auf; ein zweites in der Altersstufe der 20 bis 25-Jährigen. Die Inkubationszeit reicht von einigen Wochen bis zu 20 Monaten. Besonders betroffen sind Kinder mit sehr trockener Haut und Atopiker (Menschen mit allergischer Überempfindlichkeit).
In den städtischen Bädern werden mehrmals täglich intensive Reinigungs- und Desinfektionsmaßnahmen durchgeführt. Ein völliger Ausschluss des Infektionsrisikos ist aber selbst durch sorgfältigste Desinfektionsmaßnahmen nicht möglich, wenn Warzenträger weiterhin die entsprechenden Einrichtungen barfuss benutzen und dabei ständig neue infektiöse Schuppen abgegeben werden. Die einzig wirksame Maßnahme gegen die Verbreitung von Warzen ist, dass Kinder, die an Warzen leiden, keinesfalls in den Umkleiden barfuss laufen oder – bei gravierenden Problemen – Schwimmbäder nicht benutzen. Hygienemaßnahmen des Badbetreibers und bauliche Maßnahmen alleine können eine mögliche Warzenproblematik nicht beseitigen. Sie bedarf darüber hinaus spezieller Schutzmaßnahmen der Badegäste.
Das Gesundheitsamt der Landeshauptstadt rät deshalb in seinem Infoflyer „Warzen in Bädern vorbeugen“, dass bei bestehenden Warzen in Schwimmbad und Sporthalle nicht barfuss gegangen werden soll, sofern die Warzen nicht z. B. mit großflächigen Pflastern sorgfältig abgedeckt sind. Eine entsprechende Pflasterabdeckung sollte auch beim Sportunterricht erfolgen, wenn Körperkontakt nicht ausgeschlossen werden kann. Auch das Tragen von Badeschuhen kann das Risiko einer Übertragung reduzieren. Darüber hinaus ist Warzenträgern ein Arztbesuch anzuraten. Außerdem sollten die Sportlehrer die Kinder und Jugendlichen bzw. deren Erziehungsberechtigte regelmäßig über die Übertragbarkeit von Warzen aufklären und auf die Maßnahmen zur Verhinderung der Übertragung hinweisen.
Was die im Antrag gewünschte umfassende Untersuchung anbelangt, ist anzumerken, dass es derzeit kein praktikables Routineverfahren gibt, mit dem die Warzen auslösenden Viren nachgewiesen werden können. Der Nachweis dieser Viren ist nur mit aufwendigen Verfahren wie der DNA-Hybridisierung oder der PCR (polymerase-chain-reaction) und – nach Kenntnis des Gesundheitsamts – nur aus klinischem Material möglich. Ein direkter Nachweis durch Abstrich- oder Abklatschuntersuchungen ist deshalb nicht möglich.
Ersatzweise könnte bei einem Fremdlabor eine Untersuchung in Auftrag gegeben werden, bei der unmittelbar im Anschluss an die durchgeführten Reinigungs- und Desinfektionsmaßnahmen quasi als Erfolgskontrolle die bakterielle Belastung der gereinigten Flächen untersucht wird. Weil es sich bei den auslösenden Viren aber um unbehüllte Viren handelt, die sich völlig anders verhalten als Bakterien und gegenüber Desinfektionsmitteln wesentlich widerstandsfähiger sind, können aber auch dann keine Rückschlüsse von den Ergebnissen dieser Untersuchungen auf ein mögliche Warzenproblematik gezogen werden. Insbesondere sind in der Fachliteratur auch keine Untersuchungen darüber zu finden, ob die in den Hautschüppchen geschützten Viren
überhaupt von Desinfektionsmitteln erreicht werden können. Durch eine solche Untersuchung sind deshalb kein zusätzlicher Informationsgewinn und insbesondere auch keine Veränderung der „Warzenproblematik“ zu erwarten.
2. Um eine Einschätzung vornehmen zu können, ob im Zusammenhang mit dem Hallenbad in Feuerbach und dem dortigen Schulschwimmunterricht bei den Kindern eine Häufung von Warzen, anderen Hautreizungen oder sonstigen Erkrankungen auffällig ist, reicht es nicht aus, die Haut- und Kinderärzte im Einzugsgebiet der betroffenen Schulen und Kinder zu befragen.
Um hier zu einer objektiven und belastbaren Einschätzung kommen zu können, ist es erforderlich, entsprechende Vergleichspopulationen in eine Untersuchung mit einzubeziehen. Hierzu ist vorab ein entsprechendes Studiendesign zu erarbeiten, bei dem u. a. auch das Freizeitverhalten der Kinder und Jugendlichen insbesondere im Hinblick auf sportliche Aktivitäten detailliert erfasst werden muss.
Nachdem das Hallenbad Feuerbach nicht ursächlich für die geschilderte Problematik verantwortlich ist, ist eine entsprechende Untersuchung nicht zielführend und kann aufgrund des damit verbundenen enormen Aufwands nicht veranlasst werden.
3. Da nach aktuellem Kenntnisstand von keiner Gesundheitsgefährdung für die Schülerinnen und Schüler im Hallenbad Feuerbach auszugehen ist, schließt sich das Staatliche Schulamt der Entscheidung des Regierungspräsidiums mit Schreiben vom 6. Juni 2008 (AZ: 74-6601.51/8/7) an.
Demnach sind die Schülerinnen und Schüler verpflichtet, am Schwimmunterricht teilzunehmen.
An das Staatliche Schulamt wurden seitens der Schulen keine Problemanzeigen herangetragen. Auf Nachfrage bei einzelnen Schulleitungen und Schwimmunterricht erteilenden Lehrern, wurde geäußert, dass das Hallenbad zwar Schönheitsmängel aufweist, aber durchaus unterrichtstauglich ist.
4. Die Kur- und Bäderbetriebe berichten wie bisher zeitnah über notwendige Sanierungsarbeiten in den Hallenbädern. Das Bad wurde letztmals Ende 2007 statisch untersucht und als sicher eingestuft.
Eine Verlegung des Schulschwimmunterrichts in andere Bäder ist nicht erforderlich.
5. Kur- und Bäderbetriebe, Gesundheitsamt und Staatliches Schulamt haben an der Beantwortung Ihrer Anfrage mitgewirkt. Das Hallenbad Feuerbach ist sowohl in baulicher als auch in hygienischer Hinsicht uneingeschränkt nutzbar. Der Gemeinderat wird durch die Kur- und Bäderbetriebe im Rahmen der üblichen Berichterstattung über den Bauzustand der Stuttgarter Bäder informiert.