Beantwortung zur Anfrage
200/2009

Landeshauptstadt Stuttgart Stuttgart, 01/26/2012
Der Oberbürgermeister
GZ: OB 7607



Beantwortung zur Anfrage
Stadträtinnen/Stadträte - Fraktionen
    Dr. Löffler Reinhard (CDU), Rudolf Joachim (CDU), Benzinger Marc (CDU), Prof. Dr. Loos Dorit (CDU)
Datum
    05/05/2009
Betreff
    Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie
Anlagen
    Text der Anfragen/ der Anträge
Beantwortung/ Stellungnahme:

Die Umsetzung der EU-Dienstleistungsrichtlinie (EU-DLR) sowie die Einrichtung des sogenannten Einheitlichen Ansprechpartners (EA) erfolgten fristgerecht.
Zur Einrichtung des Einheitlichen Ansprechpartners hat die Verwaltung umfangreiche organisatorische Vorbereitungen getroffen und dazu ein entsprechende Organisationsverfügung erlassen.

Demzufolge ist die Stabsabteilung Wirtschaftsförderung (OB/82) der EA nach außen und übernimmt in Fragen der Existenzgründung, der Gewerbeflächenvermittlung und der Ansiedlung oder Erweiterung bzw. Veränderung von Großbetrieben auch stadtintern die Funktion des EA. Über diese Einheitliche Stelle nach dem VwVfG sollten sämtliche Fälle, die sich über den EA an die LHS wenden, von OB/82 und über die dafür beim Land geschaffene Kooperationsplattform koordiniert werden.

Aufgrund der großen Zahl an Gewerbeanmeldungen, die in der Regel bisher über das Amt für öffentliche Ordnung (Amt 32) abgewickelt wurden, wurde geregelt, dass die Stabsabteilung Wirtschaftsförderung bestimmte Fälle an die dort zuständige Dienststelle für Gewerbe- und Gaststättenrecht (32-34) abgeben kann, da die überwiegende Anzahl der Anträge von Dienstleistungserbringern einen direkten Bezug zum Gewerberecht hat. Amt 32 erledigt dann alle notwendigen Aufgaben als EA abschließend.

Ergänzend wurde eine sogenannte virtuelle Poststelle eingerichtet. Entsprechend anzupassen waren der Aufgabengliederungs- bzw. Produktplan der LHS sowie die Dienstverteilungspläne der Stabsabteilung Wirtschaftsförderung und des Amtes für öffentliche Ordnung. Darüber hinaus wurden die Voraussetzungen für den Einsatz der elektronischen Signatur geschaffen, ebenso diverse Vorlagen für die Kommunikation mit Dienstleistern, anderen Einheitlichen Ansprechpartnern und zuständigen Behörden. Entsprechende Zuständigkeitsregelungen wurden bei der Gewerbe- und Gaststättenbehörde getroffen. Sämtliche Maßnahmen erfolgten ohne zusätzlichen Personalausgleich.

Seit Inkrafttreten der EU-DLR führt die Verwaltung (OB/82 und 32-34) regelmäßige Abstimmungsgespräche mit der Industrie- und Handelskammer Stuttgart, um die Voraussetzungen zu schaffen, dass Anfragen von Dienstleistern effektiv und effizient bearbeitet werden können. Amt 32 wurde bislang lediglich fünfmal als EA in Anspruch genommen, in zwei Fällen für eine Gewerbeanzeige, in drei Fällen wurden Auskünfte begehrt. Die Fiktionswirkung (Genehmigung aufgrund Fristenüberschreitung) ist bei Genehmigungsverfahren deshalb bisher nicht eingetreten. Darüber hinaus wurde Amt 32 von der IHK als EA in elf Fällen für Auskünfte in Anspruch genommen.

Vergleichbare Erfahrungen liegen auch aus anderen Kommunen sowie auf Landes- und Bundesebene vor. Und dies, obwohl das Recht der Inanspruchnahme des EA von Anfang an auch für Inländer vorgesehen war.

Angesichts der bisher geringen Inanspruchnahme des EA ergab sich keine Notwendigkeit, die Aufgaben der Wirtschaftsförderung und Existenzgründerberatung neben den Aufgaben des EA zu koordinieren. Die Rolle eines Lotsen durch die Verwaltung hatte die Abteilung Wirtschaftsförderung auch bisher schon wahrgenommen. Eine Anlaufstelle für Existenzgründer sowie elektronische Erledigung von Verwaltungsprozessen aus einer Hand (One Stop Government) ist seitens der Verwaltung ohnehin angestrebtes Ziel. Auch die die Gewerbe- und Gaststättenbehörde im Amt 32 war schon vor Inkrafttreten der EU-DLR so organisiert, dass über Erlaubnisanträge zeitnah entschieden werden konnte. Wo dies möglich ist, agiert das Amt 32 bereits als „one stop agency“, unabhängig von der Frage, ob es sich um ein Verfahren nach der EU-DLR handelt.

Die Kosten für die eine der EU-DLR unterfallende Genehmigung sind unabhängig von den Kosten des EA und nach dem Kostendeckungsprinzip zu kalkulieren. Amt 32 hat dies bereits im Jahr 2010 umgesetzt. Mit Blick auf die geringe Zahl der EA-Anfragen bei der LHS sind diese Kosten bisher zu vernachlässigen.

Für die Nutzung des Binneninformationssystem (IMI) wurden Mitarbeiter des Amts 32 geschult. In Anspruch genommen wurde IMI bisher für Anfragen im und aus dem EU-Ausland. Das System funktioniert, ist aber in der Nutzungsfreundlichkeit verbesserungsbedürftig.

Abschließend bleibt zu bemerken, dass sich durch die Umsetzung der EU-DLR die Kommunikation der am Prozess der Gewerbeanmeldung beteiligten Behörden insgesamt verbessert hat. Für den Dienstleister ist die EU-DLR eine Vereinfachung, für die Verwaltung bedeutet sie einen Mehraufwand. Wenig wurde jedoch technisch erreicht. Anwendungen und Schnittstellen, die eine medienbruchfreie Abwicklung auf elektronischem Wege ermöglichen sollten, sind selten durchgängig verfügbar, die technischen Systeme der Prozessbeteiligten sowie deren technischer Entwicklungsstand zu heterogen. Nach wie vor ist auch der Prozess des Identitätsnachweises (Authentisierung) technisch zu komplex und stellt eine weitere Zugangsbarriere dar. Hinzu kommt die fehlende Verbreitung und Akzeptanz der Elektronischen Signatur und das Fehlen einer einheitlichen Signaturrichtlinie auf EU-Ebene.







Dr. Wolfgang Schuster