Beantwortung zur Anfrage
86/2002

Landeshauptstadt Stuttgart Stuttgart, 05/13/2002
Der Oberbürgermeister
GZ: OB 4503-00



Beantwortung zur Anfrage
Stadträtinnen/Stadträte - Fraktionen
    DIE REPUBLIKANER im Stuttgarter Gemeinderat
Datum
    03/06/2002
Betreff
    Zwangsmaßnahmen beim Jugendamt
Anlagen
    Text der Anfragen/ der Anträge
Beantwortung/ Stellungnahme:

Nach § 50 Abs. 1 SGB VIII (Kinder- und Jugendhilfegesetz) hat das Jugendamt das Vormundschaftsgericht und das Familiengericht bei allen Maßnahmen, die die Sorge für die Person von Kindern und Jugendlichen betreffen, zu unterstützen. Nach § 50 Abs. 3 ist das Jugendamt verpflichtet, zur Abwendung einer Gefährdung des Wohls des Kindes oder des Jugendlichen das Gericht anzurufen, wenn es dies für erforderlich hält (Wächteramt gem Art. 6 Abs. 2 Grundgesetz). Entscheidungen zur Regelung der elterlichen Sorge bzw. bei Eingriffen in das Sorgerecht fällt ausschließlich das Gericht.

Richtig ist, dass einzelne Betroffene, vor allem bei Maßnahmen im Zusammenhang mit einer Kindeswohlgefährdung, nicht immer die fachliche Einschätzung der Jugendämter teilen. Allerdings liegt dies in der Natur der Sache, da eine Anrufung des Gerichtes durch das Jugendamt bzw. die Jugendämter nur erfolgt, wenn es zur Abwendung einer Kindeswohlgefährdung nicht zu einer einvernehmlichen Lösung mit den sorgeberechtigten Eltern kommt.

zu 1.
Nur in ca. 1-2 % der vom Jugendamt betreuten Familien lässt es sich nicht vermeiden, zur Abwendung einer Kindeswohlgefährdung das Gericht anzurufen. Aber auch in der Mehrheit dieser Fälle ensteht langfristig wieder eine konstruktive Kooperation zwischen dem Jugendamt und den Familien.
Gravierende Differenzen zwischen dem Jugendamt und Betroffenen kommen insgesamt nur in äußerst wenigen Fällen vor. Diese werden in noch selteneren Einzelfällen auch in die Öffentlichkeit getragen, was zu unrecht den Eindruck entstehen lassen kann, dass die Zusammenarbeit zwischen betroffenen Familien und dem Jugendamt grundsätzlich gestört ist.

zu 2.
Das Jugendamt ist verpflichtet, das Gericht anzurufen, wenn es Kenntnis über eine Kindeswohlgefährdung erhält und keine andere, mit den Sorgeberechtigten einvernehmliche Lösung zu deren Abwendung gefunden wird (s.o).

zu 3.
Entscheidungen in Sorgerechtsfragen trifft ausschließlich das Gericht. Stellungnahmen des Jugendamtes an das Gericht zu Fragen der Regelung des Sorgerechts haben als einziges "pädagogisches Kriterium" das Wohl des Kindes, seine leibliche und seelische Gesundheit. Das Wohl der Eltern oder eines Elternteils ist dabei kein Maßstab.







Dr. Wolfgang Schuster