Stellungnahme zum Antrag
687/2001

Landeshauptstadt Stuttgart Stuttgart, 02/04/2002
Der Oberbürgermeister
GZ: OB 6005



Stellungnahme zum Antrag
Stadträtinnen/Stadträte - Fraktionen
    CDU-Gemeinderatsfraktion
Datum
    12/11/2001
Betreff
    Sanierung Stuttgart 4 - Bohnenviertel - Ausgleichsbeträge
Anlagen
    Text der Anfragen/ der Anträge
Beantwortung/ Stellungnahme:


Die Erhebung der Ausgleichsbeträge ist gesetzlich in § 154 BauGB vorgeschrieben, wobei der Stadt grundsätzlich weder zum Grunde der Erhebung noch zur Höhe des zu erhebenden Ausgleichsbetrages ein Ermessen eingeräumt ist. Anrechnungen nach § 155 Abs. 1 BauGB werden bereits bei Erlaß des Ausgleichsbetragsbescheides berücksichtigt.

Die Bodenwerterhöhungen für die im Sanierungsgebiet Stuttgart 4 - Bohnenviertel - gelegenen Grundstücke wurden von einem öffentlich bestellten Sachverständigen auf den Wertermittlungsstichtag 26.6.1997 ermittelt. An diesem Tag wurde die Aufhebungssatzung der Sanierung im Amtsblatt der Landeshauptstadt Stuttgart veröffentlicht. Umstände, die erst nach Abschluß der Sanierung entstanden sind, können bei der Ermittlung der sanierungsbedingten Bodenwerterhöhung keine Berücksichtigung finden. Gleiches gilt im übrigen auch für Umstände, die während des Zeitraumes der Sanierung entstanden sind, allerdings nicht unmittelbar mit der Sanierung in Verbindung stehen.

Die Ausgleichsbeträge stützen sich einzig und allein auf die tatsächlich sanierungsbedingten Bodenwerterhöhungen, wobei andere Einflüsse vollständig außer Betracht zu bleiben haben. Im Bohnenviertel wurden an städtischen Mitteln für Sanierungsmaßnahmen rd. 51. Mio. DM investiert.

Die jetzt seitens der Stadt durch Bescheide erhobenen Ausgleichsbeträge belaufen sich auf einen Betrag in Höhe von ca. 1.5 Mio. DM, was lediglich ca. 3 % der von der Stadt investierten Gelder entspricht. Die Bodenwerterhöhungen werden für jedes Grundstück einzeln ermittelt und belaufen sich im Bohnenviertel auf ca. 3 % bis ca. 10 %.





Es ist zutreffend, dass das Bohnenviertel noch vor gewissen Problemen steht, allerdings hat die stadtgestalterische Aufwertung des Bohnenviertels in erster Linie dazu beigetragen, die Bevölkerungszahl in diesem Innenstadtbereich zu verdoppeln und den Stadtteil wieder zu beleben, was ja auch Ziel der Sanierung war.

Es ist nicht ersichtlich, weshalb die heutigen Probleme im Bohnenviertel unmittelbar mit der Sanierung in Verbindung stehen sollten. Außerdem sollten nach dem Gemeinderatsbeschluss vom 4. April 1978 über die förmliche Festlegung des Sanierungsgebietes Bohnenviertel Sanierungsmaßnahmen hinsichtlich der Überlastung des Gebiets durch den fließenden und ruhenden Verlehr ergriffen werden. Das Bohnenviertel war als ruhiges Wohnviertel geplant, dass durch Ladengeschäfte mit ganz speziellem Sortiment, die nicht auf Laufkundschaft angewiesen sind, aufgelockert werden sollte. Dafür hat die Sanierung die Voraussetzungen geschaffen. Die ruhige Lage wird auch von den Bewohnern geschätzt.

Ein Erlass im öffentlichen Interesse gemäß § 155 Abs. 4 BauGB kommt nur dann in Betracht, wenn sich das öffentliche Interesse auf die städtebauliche Maßnahme an sich bezieht, d. h. der Verzicht auf die Erhebung des Ausgleichsbetrags muss die Durchführung der städtebaulichen Maßnahme fördern, bzw. die Erhebung des Ausgleichsbetrags darf die Erreichung der städtebaulichen Ziele nicht verhindern oder erheblich gefährden. Beispiele für ein derartiges öffentliches Interesse sind die Errichtung von Gemeinbedarfs- und Folgeeinrichtungen in freier Trägerschaft wie die Errichtung von Krankenhäusern, Kindergärten oder auch eines kirchlichen Friedhofs. Die angesprochene drohende Verschlechterung des Viertels stellt kein öffentliches Interesse im Sinne des § 155 Abs. 4 BauGB dar, wobei insbesondere zu berücksichtigen ist, dass § 155 Abs. 4 BauGB nach dem Wortlaut des Gesetzes auch nur im Einzelfall und nicht auf ein gesamtes Gebiet Anwendung finden kann.

Pauschale Abschläge auf die ermittelten Bodenwerterhöhungen sollten auch im Hinblick auf den Gleichbehandlungsgrundsatz mit Betroffenen aus anderen Sanierungsgebieten nicht erfolgen. Des weiteren geht ein ganzer oder teilweiser Verzicht auf die Ausgleichsbeträge in vollem Umfang zu Lasten der Stadt.

Gegen die pauschale Aussetzung der Fälligkeit der Zahlungen bestehen insoweit rechtliche Bedenken als in § 155 Abs. 4 Satz 1 BauGB ausdrücklich festgehalten ist, dass der Betrag einen Monat nach der Bekanntgabe des Bescheids fällig ist. Die Aussetzung der Fälligkeit würde einer Stundung entsprechen, welche im Hinblick auf § 222 AO grundsätzlich voraussetzt, dass die Zahlung zum Fälligkeitstermin für den Betroffenen eine erhebliche Härte bedeutet. Weiter darf der Anspruch durch die Stundung nicht gefährdet erscheinen. Im übrigen soll eine Stundung in der Regel nur auf Antrag und gegen Sicherheitsleistung gewährt werden.





Einige der Eigentümer haben zwischenzeitlich bezahlt. Wird gegen den Ausgleichsbetragsbescheid Widerspruch erhoben, wird ordnungsgemäß verfahren. Soweit sich aus der Widerspruchsbegründung Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Wertermittlung nicht zutreffend sein könnte, wird die Widerspruchsbegründung zur Überprüfung an den Sachverständigen weitergeleitet. Soweit dieser daraufhin die Wertermittlung ändert, wird auch der durch den Widerspruch angegriffene Ausgleichsbetragsbescheid insoweit geändert.

Voraussichtlich am 19.02.2002 wird im UTA über den Stand der Erhebung von Ausgleichsbeträgen in Sanierungsgebieten berichtet, wobei auch das Sanierungsgebiet Stuttgart 4 - Bohnenviertel - Thema sein wird.







Dr. Wolfgang Schuster