Stellungnahme zum Antrag
301/2004

Landeshauptstadt Stuttgart Stuttgart, 11/10/2004
Der Oberbürgermeister
GZ: OB 3506-06



Stellungnahme zum Antrag
Stadträtinnen/Stadträte - Fraktionen
    SPD-Gemeinderatsfraktion
Datum
    10/15/2004
Betreff
    Stiftung Theaterhaus
Anlagen
    Text der Anfragen/ der Anträge
Beantwortung/ Stellungnahme:

Am 08.10.1998 hat der Gemeinderat dem Projekt Pragsattel zugestimmt. Die Beschlußfassung erfolgte unter der Maßgabe, dass

· das Projekt mit Gesamtkosten (einschl. Grundstückskosten) von 16,1 Mio Euro realisiert werden kann,
· der Stiftung Pragsattel die Bauherrschaft übertragen wird und
· die Stiftung Pragsattel über die Einwerbung von Spenden, Zustiftungen und Zuwendungen einen Eigenanteil von 1,6 Mio finanziert.

Am 16.05.2002 hat der Gemeinderat einstimmig u.a. beschlossen, dass er nur dann bereit ist, weitere Finanzierungsmittel für das Projekt Pragsattel zur Verfügung zu stellen, wenn die Stiftungsorgane unverzüglich die entsprechenden Schritte zur Auflösung der Stiftung in die Wege leiten. Ausgangspunkt der Beschlußfassung war der Umstand, dass seit Projektbeginn die Gesamtkosten auf 22,2 Mio Euro gestiegen sind und der von der Stiftung durch Zustiftungen, Spenden und Zuwendungen zu finanzierende Eigenanteil (Stand 2002: 2,2 Mio Euro) auf absehbare Zeit nicht erbracht werden konnte.

Bereits 1998 wurde der Stiftung die Bauherrschaft übertragen. Daraus resultierende Vorteile hinsichtlich Flexibilität bei Planung und Bauausführung waren gewollt und insoweit Gegenstand der Kostenermittlung. Allerdings hat die Übertragung der Bauherrschaft nicht verhindert, dass die Baukosten für die Sanierung und den Umbau der Rheinstahlhalle von 8 Mio auf 13,8 Mio Euro gestiegen sind. Auf Forderung der Stadt wurde deshalb Ende 2001 die Projektsteuerung einem Generalbevollmächtigten, Herrn Dipl.Ing. Veyhle, übertragen.


Mit Bescheid vom 23.07.2002 hat das Regierungspräsidium Stuttgart die Aufhebung
der Stiftung Pragsattel zum 31.03.2003 genehmigt. Wie das Regierungspräsidium Stuttgart nochmals ausdrücklich bestätigte, verlieren die Stiftungsorgane mit der Aufhebung ihre gesetzliche Funktionen.

Die Stiftung befindet sich seit der Aufhebung in Liquidation und handelt nach dem BGB ausschließlich durch den Liquidator, dessen gesetzliche Aufgabe es u.a. ist, die laufenden Geschäfte zu beenden, die Forderungen einzuziehen, die Gläubiger zu befriedigen und den Überschuß dem Anfallberechtigten (Stadt Stuttgart) auszuantworten. In Erfüllung dieser Aufgabe hat der Liquidator mit Bekanntmachung im Staatsanzeiger vom 28.04.2003 die Auflösung der Stiftung veröffentlicht und die Gläubiger zur Anmeldung ihrer Ansprüche aufgefordert.

Die Klage gegen die Genehmigung der Aufhebung der Stiftung wurde vom Verwaltungsgericht Stuttgart mit Urteil vom 14.07.2004 abgewiesen. Wie das Regierungspräsidium mitteilte, wurde von den Klägern beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt. Das Regierungspräsidium und die Verwaltung gehen davon aus, dass in dem anhängigen Klageverfahren die Rechtmäßigkeit der Aufhebung bestätigt wird.

Deshalb ist, auch wenn die ehemaligen Mitglieder des Stiftungsvorstands hierzu mittlerweile eine andere Auffassung vertreten, davon auszugehen, dass die Stiftung aufgehoben ist.

Daraus folgt, dass es nicht möglich ist, die (aufgehobene) Stiftung durch Rückgängigmachung von Beschlüssen der früheren Stiftungsorgane wieder weiter zu führen (Alternative 1 des SPD-Antrags). Sollte der Vermögenswert (Grundstück einschließlich Investitionskosten), auf den die Stadt im Zuge der Anfallberechtigung einen Anspruch hat, gleichwohl in eine Stiftung eingebracht werden, müßte deshalb eine neue Stiftung gegründet werden (Alternativen 2 und 3 des SPD-Antrags).

Nach § 101 Abs. 4 GemO darf Gemeindevermögen nur im Rahmen der Aufgabenerfüllung der Gemeinde und nur dann in Stiftungsvermögen eingebracht werden, wenn der mit der Stiftung verfolgte Zweck auf andere Weise nicht erreicht werden kann. Wie bereits in der Stellungnahme der Verwaltung vom 16.09.2004 zum CDU-Antrag Nr. 258/2004 dargelegt, bestehen seitens der Rechtsaufsichtsbehörde erhebliche Bedenken, ob die Voraussetzungen vorliegen, Gemeindevermögen in eine neuerlich zu gründende Stiftung einzubringen.

Abgesehen davon hat die Verwaltung mit GRDrs 436/2002 auf den gemeinsamen Antrag Nr. 70/2002 von SPD, FW und FDP darauf hingewiesen, dass mit der Einbringung des Stiftungsvermögens in eine zu gründende gGmbH Grunderwerbsteuer in Höhe von 750.000 Euro anfallen würde und deshalb von einer solchen Variante abgeraten.

Der SPD-Antrag Nr. 301/2004 zielt darauf ab, die Form der langfristigen wirtschaftlichen Absicherung des Theaterhausvereins einschließlich seiner kulturpolitischen Unabhängigkeit und betrieblichen Selbstständigkeit zu diskutieren und mich zu bitten, hierzu in absehbarer Zeit zu einem Gespräch zwischen den Beteiligten (Gemeinderat, Verwaltung, Theaterhausverein und ggfs. Vertreter der Wirtschaft) einzuladen. Ich halte dies für eine gute Anregung, um – unabhängig von den unterschiedlichen Positionen zur Stiftungsauflösung – gemeinsam über Formen und Möglichkeiten zur Unterstützung der Arbeit des Theaterhausvereins auf der Grundlage des vereinbarten und vom Gemeinderat beschlossenen Mietvertrags (GRDrs 229/2003) nachzudenken. Insoweit werde ich das Anliegen der Antragsteller aufgreifen und zu einem gemeinsam Gespräch einladen.





Dr. Wolfgang Schuster