Landeshauptstadt Stuttgart Stuttgart, 03/29/2006
Der Oberbürgermeister
GZ: OB 4210-02
Stellungnahme zum Antrag
Stadträtinnen/Stadträte - Fraktionen
Küstler Ulrike (DIE LINKE.PDS) , DIE LINKE.PDS im Stuttgarter Gemeinderat
Datum
01/23/2006
Betreff
Weihnachtsbeihilfe für Heimbewohner als freiwillige Leistung gewähren
Anlagen
Text der Anfragen/ der Anträge
Beantwortung/ Stellungnahme:
Zum Weihnachtsfest 2004 wurde letztmals entsprechend der Empfehlung des Städtetages Baden-Württemberg (Rundschreiben R 8259/2004 vom 08.10.2004) an Sozialhilfeempfänger/-innen in Heimen eine Weihnachtsbeihilfe von 31 EUR nach den Bestimmungen des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) gewährt. Das BSHG ist zum 31.12.2004 außer Kraft getreten.
Seit 01.01.2005 gilt das im Sozialgesetzbuch, 12. Buch (SGB XII), neu gefasste Sozialhilferecht.
In der Woche vor Weihnachten 2005 sind verschiedene Zeitungsartikel erschienen, in denen über die “Streichung der Weihnachtsbeihilfe” berichtet wurde. Es wurde dabei der Eindruck erweckt, als ob es im Ermessen der Träger der Sozialhilfe steht bzw. von den Beschlüssen des Städte- und Landkreistages Baden-Württemberg abhängt, ob die Weihnachtsbeihilfe wie in den Vorjahren gewährt wird.
Diese Darstellung verkennt die neue Rechtslage, mit der sich im Laufe des Jahres 2005 u. a. die Gremien des Städte- und Landkreistages Baden-Württemberg und der Redaktionskreis Sozialhilferichtlinien befasst haben. Übereinstimmend wurden die Bestimmungen des SGB XII dahingehend ausgelegt, dass Weihnachtsbeihilfen aufgrund der geänderten Systematik der Regelsätze ab 2005 nicht mehr gewährt werden können. Dies gilt sowohl in als auch außerhalb von Einrichtungen. Das Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung hat dies für den Bereich der Kriegsopferfürsorge, bei der auf die Regelungen des SGB XII verwiesen wird, bereits am 20.10.2004 ebenso festgestellt.
Die Träger der freien Wohlfahrtspflege kamen bei der Würdigung der geänderten Rechtslage zu einem anderen Ergebnis und verwiesen dabei auf die Praxis in sieben anderen Bundesländern (Berlin, Brandenburg, Hamburg, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Saarland und Schleswig-Holstein); dort wurden Weihnachtsbeihilfen auch im Jahr 2005 gewährt. Entsprechend wurde eine Vielzahl von Heimbewohnern im Dezember 2005 zur Antragstellung aufgefordert und dabei unterstützt.
In sieben Fällen beantragten die Heimbewohner/-innen kurz vor Weihnachten 2005 einstweiligen Rechtsschutz beim Sozialgericht Stuttgart. Sämtliche Antragsteller hatten hiermit keinen Erfolg; das Sozialgericht Stuttgart verneinte einen Anspruch auf Weihnachtsbeihilfe auf der Basis des SGB XII. Andere Sozialgerichte im Bundesgebiet entschieden ebenfalls abweisend; in zweiter Instanz auch das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen am 21.12.2005 (L 20 B 66/05 SO ER).
Sämtliche Anträge auf Weihnachtsbeihilfe sind inzwischen vom Sozialamt mit entsprechender Begründung abgelehnt worden. In 132 Fällen ist hiergegen Widerspruch erhoben worden; 84 Widerspruchsbescheide sind bisher ergangen. Bis heute ist lediglich in einem Fall am 07.02.2006 beim Sozialgericht Stuttgart Klage auf Gewährung von Weihnachtsbeihilfe eingereicht worden; ein Urteil steht noch aus.
Um an Weihnachten 2006 nicht wieder von einer Antragsflut aufgrund unterschiedlicher Einschätzung der Rechtslage überrollt zu werden, hat der Städtetag Baden-Württemberg ein Gutachten beim Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge (Berlin) in Auftrag gegeben. Das jeweilige Ergebnis wird in den Gremien des Städtetages Baden-Württemberg zu beraten sein und es wird entsprechende Umsetzungsempfehlungen geben. Im Übrigen wird erwartet, dass sich die Rechtslage durch ausstehende Urteile der Sozialgerichte klärt.
Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist eine Beschlussfassung des Gemeinderates über die Gewährung einer Freiwilligkeitsleistung nicht notwendig, zumal eine nachträgliche Leistung für das Jahr 2005 wegen Zeitablaufs nicht mehr zweckentsprechend eingesetzt werden kann.
Sofern sich wider Erwarten die Position durchsetzen sollte, dass Heimbewohnern auch nach den Bestimmungen des SGB XII ein Anspruch auf Weihnachtsbeihilfe zusteht, bedarf es keiner Freiwilligkeitsleistung. Bleibt es bei der, bisher auch von der Landeshauptstadt Stuttgart mitgetragenen Rechtsauffassung, dass für Heimbewohner/-innen kein gesetzlicher Anspruch auf Weihnachtsbeihilfe mehr besteht, wird die Verwaltung bei der bisherigen Haltung bleiben und die Gewährung einer Freiwilligkeitsleistung nicht vorschlagen.