Beantwortung und Stellungnahme zu Anfrage und Antrag
507/2008

Landeshauptstadt Stuttgart Stuttgart, 04/30/2009
Der Oberbürgermeister
GZ: OB 0505-04



Beantwortung und Stellungnahme zu Anfrage und Antrag
Stadträtinnen/Stadträte - Fraktionen
    SPD-Gemeinderatsfraktion
Datum
    12/23/2008
Betreff
    Die Küche im Dorf lassen
Anlagen
    Text der Anfragen/ der Anträge
Beantwortung/ Stellungnahme:

Küchen gibt es in den nachgenannten Bereichen. Diese wurden aufgefordert, zu den im Antrag aufgeworfenen Fragen Stellung zu nehmen.

A. Stellungnahme des Haupt- und Personalamts:

"Zu 1.:

Die Werkküchen geben durchschnittlich 1.140 Essen pro Tag aus (240 Produktionstage). Fleisch, Gemüse, Salat, Kartoffeln und Molkereiprodukte werden überwiegend aus regionalem Anbau bezogen. Beim Testlauf BIO-Essen in der Küche Schwabenzentrum von Oktober 2008 bis Januar 2009 wurden biozertifizierte Produkte (ökologischer Anbau) beschafft und angeboten. Bei den Preisvergleichen über verschiedene Anbieter zeigten sich Mehrkosten bei der Beschaffung zwischen 42 % und 400 %. Von der Verwendung von Produkten aus ökologischem Anbau wird daher seit Jahren in der Gemeinschaftsverpflegung verzichtet. Im Bereich der Aktionsessen wird dies gelegentlich jedoch angeboten.

Zu 2.:

Zu dieser Frage kann keine Stellungnahme abgegeben werden.

Zu 3.:

Organisatorische Hemmnisse stehen im Bereich der Beschaffung entgegen. Es gibt nur wehr wenige Großhändler, die die Bedarfe von Großküchen in Bezug auf Menge und Qualität erfüllen können. Die gleichzeitige Forderung nach einer regionalen Beschaffung verstärkt dies. Wenn Wert auf eine Auszeichnung als BIO-Ware gelegt wird, muss der Betrieb zertifiziert und das Personal geschult werden. Es ist eine getrennte Produktionslinie einzuführen. Die Beschaffung von ökologischen und regionalen Produkten ist auch zeitaufwändiger und hat eine längere Vorlaufzeit. Dies macht langfristige Speiseplanvorplanung unter Einbeziehung der Personalvertretung fast unmöglich.
Neben den höheren Beschaffungskosten wirken sich auch die vorgenannten organisatorischen Mehraufwendungen finanziell aus. Die Zertifizierung und Kontrolle kosten je Betrieb 546 € jährlich. Sonderkontrollen werden extra berechnet.
Siehe hierzu auch Ausführungen unter 1.
Da die Beschaffungskosten und Abgabepreise der Speisen am unteren Limit sind, können diese Mehrkosten ohne Erhöhung der Abgabepreise nicht mehr aufgefangen werden.

Zu 4.:

Durch den Versuch, BIO-Essen in der Küche Schwabenzentrum anzubieten (die Auswertung steht noch aus) hat sich gezeigt, dass die Beschäftigten grundsätzlich bereit sind, das Angebot wahrzunehmen. Die Frage, wer die Mehrkosten trägt, muss jedoch in der angesprochenen Auswertung gestellt und ggf. vom Gemeinderat beantwortet werden.

Zu 5.:

Diese Frage müsste zweigleisig, das heißt, die Werkküchen auf der einen Seite und die Küche ELW und Versorgungszentrum des Klinikums auf der anderen Seite, betrachtet werden. Die Auswertung BIO-Essen der Küche Schwabenzentrum wird für die Gemeinschaftsverpflegung der Beschäftigten einen Vorschlag beinhalten."

B. Stellungnahme des Eigenbetriebs Leben und Wohnen (ELW)

"Zu 1.:

Innerhalb des ELW werden täglich ca. 800 Heimbewohner ganztägig versorgt (Früh­stück, Zwischenmahlzeit, Mittagessen, Zwischenmahlzeit, Abendessen, Zwischenmahlzeit). Darüber hinaus werden für ca. 260 Mitarbeiter sowie externe Gäste Mittagessen zubereitet.

Herkunft der Lebensmittel:

· Fleisch: TK-Bereich über Grossisten, Frischware regional
· Gemüse: TK-Bereich über Grossisten, Frischware regional
· Salat/Obst: regional
· Nudeln: Trockenware über Grossisten, Frischware regional
· Kartoffeln: TK-Bereich über Grossisten (gebackene Ware), Frischware regional

Zu 2.:

Die Unterschiede bei der Speisenversorgung in Pflegeeinrichtungen zeichnen sich gegenüber der klinischen Versorgung dadurch aus, dass die Angebotsvielfalt im Pflegeheim größer sein muss, als in der Krankenhausversorgung. In der Regel werden den Pflegeheimbewohnern beim ELW zwei bis drei Menüs angeboten. Zudem werden die Speisepläne aufgrund der weitaus größeren Verweildauer der Heimbewohner in einem längeren Turnus wiederholt. Bei der Speiseplangestaltung werden Heimbewohner einbezogen.

Zu 3.:

Der ELW beschafft seine Lebensmittel bei einem Grossisten, der über eine Ausschreibung des Klinikums zum Zuge kam. Durch die Belieferung eines Grossisten ist der Zeitaufwand bei Bestellungen, der Anlieferung sowie der Rechnungsbearbeitung weitaus geringer, als bei vielen verschiedenen Lieferanten. Soweit dies rechtlich zulässig ist, beschafft der ELW Produkte aus den Bereichen Fleisch, Gemüse, Nudeln und Kartoffeln auch von regionalen Händlern. Zertifizierte ökologische Produkte werden beim ELW nicht eingesetzt. Der ELW steht einer Erhöhung des Anteils regionaler ökologisch erzeugter Produkte grundsätzlich positiv gegenüber, sofern dies vergaberechtlich und auch in wirtschaftlicher Hinsicht vertretbar ist. Dabei ist zu bedenken, dass im Rahmen der Pflegesatzverhandlungen ein Entgelt für die gesamte Verpflegung der Heimbewohner in Höhe von 10,00 € (pro Tag inkl. Personalkosten, Getränke etc.) zugestanden wurde. Darin ist ein Lebensmittelanteil von weniger als 4,60 € pro Beköstigungstag vorgesehen, insofern erscheint der wirtschaftliche Spielraum sehr eingeschränkt."

C. Stellungnahme des Schulverwaltungsamts:

"Zu 1.:

Das Essen an den 11 traditionellen Ganztagesschulen wird auf das Klinikum-Essen umgestellt. Wir gehen davon aus, dass hierzu das Klinikum bzw. das Jugendamt ggf. etwas aussagen.
An den übrigen Stuttgarter Schulen wird derzeit nicht in städtischer Verantwortung gekocht. Die Schulen werden mittels Caterer versorgt oder Ehrenamtliche kochen für die Kinder. In wie weit die einzelnen Lebensmittelarten aus regionalem Anbau etc. erfolgen, können wir daher nicht beantworten.

Zu 2. bis 5. können wir keine Aussagen treffen."


D. Stellungnahme des Jugendamts:

"Zu 1.:

Beim Jugendamt Stuttgart werden derzeit täglich 5.200 Mittagessen in selbst betriebenen Stützpunktküchen gekocht und weitere 900 Mittagessen zugekauft.

· Das Fleisch stammt von einem Stuttgarter Metzger, der zusichert, seine Rohprodukte überwiegend aus Baden-Württemberg zu beziehen.
· Obst, Gemüse und Salat werden von einem Produzenten aus Berglen im Remstal geliefert. Seine Produkte kommen vor allem aus eigener Produktion und von der Insel Reichenau. Im Sommer beziehen wir teilweise Bio-Produkte, je nach Verfügbarkeit und Preis.
· Die Nudeln beziehen wir weitgehend in Bio-Qualität von der Firma Albgold in Trochtelfingen.
· Die Kartoffeln kaufen wir direkt beim Erzeuger, der in Grafenau bei Böblingen seine Felder hat.

Zu 2. und 3.:

Das Jugendamt bezieht seine Lebensmittel zu 10 % (der Gesamtmenge) aus ökologischem Anbau bzw. in Bio-Qualität. Die Planung und Bestellung für die im Jugendamt ausgegebenen Essen erfolgt bereits drei Wochen im Voraus. Es gibt in Baden-Württemberg keinen Anbieter von Bio-Salat oder -Gemüse, der garantieren kann, diese Produkte in gewünschter Menge, Größe und Qualität zu liefern.

Die Speisenversorgung der Akademie Bad Boll ist nicht vergleichbar mit der des Jugendamts. Bad Boll braucht täglich 100 bis max. 250 Mittagessen, die im eigenen Haus zubereitet und ausgegeben werden. Dadurch ist höchste Flexibilität möglich.

Zu 4.:

Die Verwaltung des Jugendamtes sieht keine Notwendigkeit den Anteil der regional erzeugten Produkte zu erweitern.
Mit GRDrs 688/2007 wurde beschlossen, dass ab dem Zeitpunkt, ab dem das Klinikum für das Jugendamt mitkocht, der Bio-Anteil deutlich gesteigert wird. Das ist durch den Einsatz von ständig verfügbaren Tiefkühlprodukten (z.B. Gemüse, Fisch usw.) durchaus möglich. Hierfür wurden 125.000 € zusätzlich eingestellt.

Zu 5.:

An der Erarbeitung eines Konzepts für eine flächendeckende Umstellung der Speisen in Bio-Qualität sind alle Ämter zu beteiligen."


E. Stellungnahme des Klinikums Stuttgart

"Zu 1.:

Das Klinikum Stuttgart produziert momentan täglich 4.500 Mittagessen. Davon sind ca. 250 Mittagessen für die Kindertagesstätten in Stuttgart. Unser Fleisch wird von einem örtlichen Metzger geliefert, festgeschrieben ist hierbei die Lieferung von Baden-Württemberg-Fleisch. Salate, Gemüse und Kartoffeln stammen teilweise aus regionalem Anbau, TK-Gemüse wird über unseren Grossisten geliefert. Die Produkte stammen aus konventionellem Anbau, unsere Nudelprodukte sind alle aus Hartweizengrieß ohne Ei, hierbei untersuchen wir derzeit die Umstellung auf ein Bioprodukt.

Zu 2.:

Hierbei ist grundsätzlich auf die Gegebenheiten der zu versorgenden Einrichtung zu achten. In der Herstellung gibt es, außer in Diätproduktion, keine gravierenden Unterschiede. Der Unterschied kann im Wesentlichen in der Kostform wie Vollkost, vegetarische Kosten, leichte Koste, Kinderkost, Diätessen bestehen. Bezüglich der Herkunft der Lebensmittel verweisen wir auf unsere Antwort zu Frage 1.

Zu 3.:

Zum einen besteht in der Zentralküche des Klinikums keine Möglichkeit der Verarbeitung ungeputzter Ware, zum anderen sind es die Kosten. Weiterhin ist in der Regel die Akzeptanz von Gemüse und Salat bei Kindern beschränkt auf Gurken, Karotten, Eisberg und Tomaten. Insofern ist es hier schwierig bzw. unmöglich, außerhalb der Saison dieses Angebot regional zu befriedigen. Im Moment gibt es nur einen Anbieter für Produkte aus ökologischem bzw. Bio-Anbau mit vorgefertigter und geputzter Ware (Salate und Gemüse). Die Preise liegen hierbei teilweise 40 % über denen aus konventionellem Anbau. Die Aussage, dass Bad Boll ohne Mehrkosten auskommt, entspricht nicht der Tatsache. Nach den uns vorliegenden Informationen liegen die Lebensmitteleinsatzkosten mit 6,50 € mehr als 40 % über den im Klinikum kalkulierten Kosten. Dies konnten wir anlässlich eines Gesprächs mit der Küchenleitung in Erfahrung bringen. Außerdem wurde uns erklärt, dass der Bedarf über viele kleine Zulieferer gedeckt wird, die nur ungeputzte Ware liefern und dies auch nur mit einem saisonbedingten Angebot. Da Bad Boll ein Tagungszentrum ist, kann diese Einrichtung leicht auf Veränderungen reagieren, was bei uns mit einem festen rollierenden Speisenplan nicht möglich ist. Auch ist unseres Erachtens die Menge an Speisen, die in Bad Boll hergestellt werden (ca. 150 - 180 Essen pro Tag) zu unserem Großbetrieb nicht vergleichbar.

Zu 4.:

Ja, aber nicht zu jedem Preis. Wir sind derzeit in der Phase der Verhandlung mit unseren Lieferanten, welche Möglichkeiten bestehen, Bio-Ware bzw. Ware aus ökologischem Anbau zu beziehen, die für uns ganzjährig beziehbar und auch finanzierbar ist."









Dr. Wolfgang Schuster