Beantwortung und Stellungnahme zu Anfrage und Antrag

111/2003

Landeshauptstadt Stuttgart Stuttgart, 06/23/2003
Der Oberbürgermeister
GZ: 4210-04



Beantwortung und Stellungnahme zu Anfrage und Antrag
Stadträtinnen/Stadträte - Fraktionen
    CDU-Gemeinderatsfraktion
Datum
    04/15/2003
Betreff
    Situation in der städt. Clearingstelle- gefährdet die rückläufige Zuweisung in Arbeitshilfen das Stuttgarter Modell "Arbeit statt Sozialhilfe" ?
Anlagen
    Text der Anfragen/ der Anträge
    HHUA 4109
Beantwortung/ Stellungnahme:

Zu 1 und 4.
Die Anzahl der Vorstellungstermine von arbeitslosen Sozialhilfeempfängern bei den fünf Stuttgarter Sozialunternehmen entwickelte sich von 3/2002 bis 3/2003 wie folgt:
45, 81, 96, 86, 161, 118, 110, 112, 102, 76, 92, 98, 85, gesamt: 1.262 (darin Mehrfachzuweisungen). Davon Maßnahmenantritte 881.
Etwa ein Drittel der vom Fallmanagement Beratenen werden in der Regel an die Sozialhilfedienststellen zurückverwiesen.

Abgerechnet wurden einschließlich April 2003 für die Entgeltvariante 449.980 Beschäftigungsstunden. Hochgerechnet auf das ganze Jahr 2003, ergibt sich damit allein für die Entgeltvariante ein Plus von 1.872.030,- € im Vergleich zu der im HHPL vorgesehenen Summe. Es findet also derzeit eine deutliche Steigerung der HzA-Inanspruchnahme statt.

Die Verwaltung kann in dieser Zahlenreihe keine "dramatische Veränderung der Zuweisungsstatistik" (Antrag) nach § 19 BSHG erkennen, ebenso wenig den Beleg dafür, "dass in diesem Jahr bisher keine oder deutlich weniger Klienten von der städtischen Clearingstelle geschickt worden seien" (StN vom 05.05.2003). Keines der Sozialunternehmen behauptete dies in der Sitzung des Steuerungskreises am 06.05.2003 .

Dramatisch könnten dagegen die wieder ansteigenden Arbeitslosenzahlen und im Gefolge die Ausgaben des UA 4109 genannt werden, da sie eine deutliche Korrektur des HHPL-Ansatzes für 2003 erforderlich machen (siehe Ziffer 2), will man am Postulat festhalten, jedem arbeitswilligen und -fähigen Stuttgarter Hilfeempfänger ein Beschäftigungsangebot zu unterbreiten.

Es trifft zu, dass sich das kommunale Fallmanagement durch die derzeitige noch zentrale Struktur, durch noch zu knappe Personalressourcen und eine noch fehlende Software (s. u.) als höchst störanfällig erwiesen hat:
Dies konnte aber nicht verhindern, dass bis Ende April 2003 eine Warteliste für Beratungen durch das kommunale Fallmanagement bis Ende Juli 2003 mit 169 Personen entstand. Der Arbeitsförderer hat deshalb den Sozialunternehmen bereits am 9. April 2003 zugesichert, dass die o. g. Warteliste noch vor der Sommerpause abgearbeitet würde, sofern erforderlich durch Aussetzen sonst gültiger Regeln, und sich dabei bedankt für ihr Unterstützungsangebot. In der Sitzung des Steuerungskreises "Hilfe zur Arbeit" am 06.05.2003 wurden diese Maßnahmen bekanntgegeben, insbesondere die, dass von den sechs Hilfeplanerinnen für Mai 2003 72 Beratungseinheiten zugesagt wurden und von den vier Fallmanagern/-innen pro Woche 36 Einheiten zu erwarten sind. Inzwischen (Stand: 11.06.2003) ist diese Warteliste bis auf 51 Personen abgearbeitet.

Zu dieser Ad-hoc-Maßnahme hinsichtlich der Warteliste sah sie sich allerdings nicht durch eine mangelnde Auslastung der Projekte veranlasst (wie oben begründet), sondern durch die zuhause abwartende Klientel.

Der Arbeitsförderer und die Projektleitung Hilfeplanung haben also die Entwicklungen bis heute kontinuierlich verfolgt und die oben genannten Krisen so gut es ging entschärft, dies trotz eigener krankheitsbedingter Beeinträchtigungen.

Die konzeptionellen Veränderungen, nach welchen die Antragsteller fragen, beziehen sich zum einen auf das o. g. Krisenmanagement. Zum anderen ergeben sich konzeptionelle Änderungen (Streichungen) aus den Beschlüssen zur Haushaltskonsolidierung sowie aus der Maßgabe des Gemeinderates, in 2003 zwar keine Strukturen zu gefährden, aber auch keine Strukturen zu betonieren, also keine rechtlichen Bindungen über 2003 hinaus einzugehen.

Zu 2.
Im Zeitraum von 01.03.2002 bis 28.03.2003 wurden 50 Frauen in Projekte im Vorfeld von § 19 BSHG vermittelt:
Die Entwicklung des Haushaltsunterabschnitts 4109 ist in der Anlage 1 aufgeführt. Durch Statistikprobleme eines großen Sozialunternehmens konnte die Verwaltung zur Entwicklung des UA 4109 erst Anfang Mai 2003 erste Hochrechnungen vornehmen.
Dabei ergibt sich hochgerechnet für den laufenden Aufwand des Jahres 2003 in fast allen Bereichen eine Steigerung, die eine Aufstockung des Haushaltsunterabschnitts 4109 in Höhe von insgesamt rund 2,2 Mio. € erforderlich macht, soll das bisherige Angebot beibehalten bzw. der vorhandene Bedarf gedeckt werden. Hinzu kommt ein mit rund 1,4 Mio. € vergleichsweise hoher Abrechnungsbetrag aus den Leistungen des Vorjahres. In Abzug muss allerdings die eingesparte HLU in Höhe von ca. (116 Fälle x 6.405 €=) 742.980 € gebracht werden.
Das Finanz- und Beteiligungsreferat hat in seiner Stellungnahme die Erwartung formuliert, dass die Wirtschafts- und Arbeitsförderung mit der geplanten GRDrs 466/2003 ("Absicherung der Arbeitsförderung bis 2004") "Vorschläge unterbreitet, durch welche Maßnahmen eine Budgetüberschreitung vermieden und die im UA 4109 bzw. in der GRDrs 751/2002 beschlossene Einsparvorgabe von 1 Mio. € im Jahr 2003 realisiert werden kann. Die konsequente Umsetzung der beschlossenen Konsolidierungsmaßnahmen ist zur Schließung der Deckungslücke im Haushalt 2003 aufgrund der Steuerausfälle unabdingbar."

Zu 3.
Wie unter Ziffer 1 ausgeführt, sah die Verwaltung bisher keine Notwendigkeit, den Gemeinderat einzuschalten, da die o. g. Ressourcenprobleme im Rahmen ihres Ermessens zu managen waren. Einschneidende Anträge, wie solche auf personelle Aufstockungen innerhalb der Clearingstelle "Hilfe zur Arbeit", zu stellen, bevor die künftigen Konturen öffentlich geförderter Beschäftigung erkennbar sind, hielt sie für wenig verantwortungsbewusst. Bisher wurde flexibel mit vorübergehenden Stellenumwidmungen reagiert.

Abschließend vertritt die Verwaltung die Position, dass es bis zur Sommerpause keinen zwingenden Grund für Übergangsentscheidungen des Gemeinderates gab. Bis dahin ist keines der Module des Programms gefährdet. (Vgl. auch Stellungnahme zu Nr. 112/2003.)

Nach der Präferierung des "Stufenmodells" (Endbericht der Arbeitsgruppe "Arbeitslosenhilfe/Sozialhilfe", 17.04.2003) durch den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit sowie nach der "zustimmenden Kenntnisnahme" der Kommission zur Reform der Gemeindefinanzen geht die Verwaltung derzeit von einem Szenario in 2004 aus, bei dem folgende sieben Eckpfeiler wahrscheinlicher sind als andere:
  1. Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe sind zusammengelegt zur neuen Leistung Arbeitslosengeld II (ALG II).
  2. ALG II ist eine Bundesleistung.
  3. ALG II erhalten auch alle erwerbsfähigen Sozialhilfeempfänger.
  4. Erwerbsfähig ist wer länger als drei Stunden täglich arbeiten kann.
  5. Träger von ALG II ist die Bundesagentur für Arbeit.
  6. ALG II wird - zumindest mittelfristig (drei Jahre) - von der Bundesanstalt für Arbeit und den Kommunen anteilig administriert.
  7. Veröffentlichung des Gesetzes Mitte Dezember 2003, Geltung ab 01.07.2004. (Hinsichtlich dieser Termine besteht noch erhebliche Unsicherheit.)

Abschließend sei bemerkt:
Die Verwaltung entwickelt seit dem 16. August 2002 sukzessiv aus den sich immer deutlicher abzeichnenden Konturen künftiger Arbeitsförderung das jeweils wahrscheinlichste Szenario. Dabei wird sie von Juni bis Juli 2003 unterstützt durch die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young AG, die sich, in Abstimmung mit kommunalen Spitzenverbänden, die Landeshauptstadt Stuttgart ausgesucht hat, um an ihrem Beispiel bis September 2003 Umsetzungsszenarien durchzurechnen und darzustellen. Dies erfolgt für die Landeshauptstadt Stuttgart kostenneutral.






Dr. Wolfgang Schuster


Anlage 1 zur 111.2003 - UA 4109 -.xls