Beantwortung zur Anfrage
429/2001

Landeshauptstadt Stuttgart Stuttgart, 02/01/2002
Der Oberbürgermeister
GZ: OB 5702-03



Beantwortung zur Anfrage
Stadträtinnen/Stadträte - Fraktionen
    Schmid Roland (CDU), Dr. Dahl Gisela (F.D.P./DVP), Pfau Ursula (CDU)
Datum
    10/11/2001
Betreff
    Schwimmen statt Ertrinken
Anlagen
    Text der Anfragen/ der Anträge
Beantwortung/ Stellungnahme:

Im Benehmen mit den Referaten WK (Eigenbetrieb Kur- und Bäderbetriebe Stuttgart), USO (Amt für öffentliche Ordnung, Branddirektion), dem Sportfachberater und den Städten Mannheim und Ulm werden die Fragen wie folgt beantwortet:

Zu 1.:

In Stuttgart werden seit der zum Schuljahr 1993/94 beschlossenen "Bäderkonzeption 2000" die Schulschwimmstunden auf bestimmte Wochentage konzentriert. Den Schulen stehen bestimmte Zeiten in den Hallenbädern (mit Schwerpunkt auf den Hallenbädern Cannstatt, Feuerbach, Plieningen, Untertürkheim und Vaihingen) zur Erteilung des Schulschwimmunterrichts zur Verfügung. Die weiteren Zeiten sind für die Öffentlichkeit und schwimmsporttreibenden Vereine reserviert. Die Lehrschwimmbecken werden von Montag bis Freitag ganztägig von den Schulen genutzt. Diese Zeiten werden von den Schulen voll in Anspruch genommen.

Als Vergleich zur Schwimmausbildung in Stuttgart wurden die Städte Mannheim und Ulm herangezogen:

Schwimmausbildung an den Grundschulen in Mannheim

Es gibt in Mannheim 5 Hallenbäder und 2 Lehrschwimmbecken. Nach den Vorgaben im Bildungsplan wären innerhalb der Grundschulen 55 Schwimmstunden zu erteilen. Als besondere Regelung gilt: Alle 3. Grundschulklassen erhalten das ganze Schuljahr über von 3 nach dem Bildungsplan vorgesehenen Stunden 2 Schwimmstunden pro Woche. Die reine Wasserzeit beträgt 30 Minuten, der Rest ist Umkleide- und Wegezeit. De facto erhalten die 1., 2. und 4. Klassen keinen Schwimmunterricht.

Zwei Hallenbäder schließen am 1. Mai jeden Jahres bis zum Abschluss der Sommerferien Anfang September ihre Pforten. Für die davon betroffenen Grundschulen gibt es alternativ Ersatzunterricht (zwei Schulen in einem Hallenbad) oder im 14-tägigem Wechsel fallen zwei Schwimmstunden aus oder es findet überhaupt kein Schwimmunterricht statt. Eintritt für die Hallenbäder wird von den Schüler/innen nicht erhoben. Die Stadt zahlt darüber hinaus den Bustransfer und stellt die Hallenzeiten bereit.

Haupt- und Realschulen
(7 Grund- und Hauptschulen, 11 reine Hauptschulen, 3 Haupt- und Realschulen, 7 reine RS)
An zwei Haupt- und an zwei Realschulen findet Schwimmunterricht statt. Alle anderen schulischen Einrichtungen erhalten keinen Schwimmunterricht.

Gymnasien
Die meisten Mannheimer Schulen erteilen Schwimmunterricht in der Unterstufe oder Anfang der Mittelstufe (6., 7. oder 8. Klasse) und in der Oberstufe im Kurssystem. Die dazu von der Stadt Mannheim bereitgestellten Hallenbäderbenutzungszeiten werden maximal genutzt, d. h., meistens sind zwei Klassen (ca. 50 bis 60 Schüler) pro Schwimmstunde zusammen im Hallenbad. Aus organisatorischen Gründen sind sogar oft Schüler von zwei verschiedenen Schulen zur gleichen Zeit im Hallenbad.

Ein viel größeres Problem als die Verteilung stellt die Sicherheitsfrage in Bezug auf die Lehrer-/Schüleranzahl dar. Es gibt in Bezug auf die Sicherheit keine Vorgaben, wie viele Schüler ein Lehrer im Hallenbad unterrichten sollte.

Schwimmausbildung in Ulm
Für den Schwimmunterricht stehen der Stadt Ulm 1 städtisches Bad, 2 Schwimmbecken im Atlantis Freizeitbad, 6 Lehrschwimmbecken, 2 angemietete Vereinshallenbäder sowie ein privates Freizeitbad zur Verfügung.

Die vorhandenen Hallen- und Lehrschwimmbäder decken den lehrplanmäßigen Schwimmunterricht im Rahmen des Schulsports der öffentlichen Schulen mit rund 400 Wochenstunden ab. Auf der Grundlage der Sportstättenentwicklungsplanung steht einem Bedarf von 11,4 Übungseinheiten ein Bestand von derzeit 12 Übungseinheiten gegenüber.

Alle Schularten mit allen Klassenstufen werden auf Bedarf mit Schwimmzeiten versorgt und können somit den Schwimmunterricht durchführen. Die Betreuung und Aufsicht übernimmt der jeweilige Sportlehrer. Die Nutzung ist jedoch abhängig von der Qulifikation der Lehrer an den Schulen und der Schwerpunktsetzung der Schulleitung. Durch die Schwimmstunden werden auch die schulisch notwendigen Hallenzeiten reduziert.

Die Stadt übernimmt den Bustransfer und die Sportstättenentgelte. Das Budget der Schule wird jedoch hierdurch nicht belastet.

Zu 2.:
Der Schwimmunterricht ist integraler Bestandteil des Sportunterrichts. Die Vorgaben in den Bildungsplänen sehen z. B. als Ziel der Grundschule vor, "mindestens eine Schwimmtechnik sicher zu beherrschen" und weiter "vielseitige Erfahrungen mit weiteren Schwimmarten zu gewinnen". Die für den Sport-/Schwimmunterricht vorgesehenen Stunden entnehmen Sie bitte den Anlagen (vgl. GRDrs 183/2001).

Neben dem Schwimmunterricht im Rahmen des Regelunterrichts gibt es noch eine Fülle von begleitenden Maßnahmen, die es den Schülern der Stuttgarter Schulen ermöglichen, vertiefende Erfahrungen mit dem "Medium Wasser" zu machen. Es sind dies, ohne den Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben:

  1. Schwimmtage und Abnahme von Schwimmabzeichen (schulintern)
  2. Bundesjugendspiele im Schwimmen (schulintern)
  3. Schulvergleichswettkämpfe (regional, zwischen benachbarten Schulen)
  4. Schulsportwettbewerbe im Rahmen von "Jugend trainiert für Olympia"
  5. Schwimmtage der AG der schwimmtreibenden Vereine sowie der DLRG
  6. "Kooperation Schule und Verein"

Insbesondere bei Punkt 6 gibt es eine große Anzahl von Schülerinnen und Schülern, die zusätzlich zu dem Regelunterricht im Sport über ein ganzes Schuljahr hinweg an Kooperationsmaßnahmen - auch - mit Schwimmvereinen teilnehmen.
Die Anzahl der Schwimmunterricht erteilenden Schulen mit Ausweisung der Klassenstufen entnehmen Sie bitte der Anlage.

Zu 3.:
Der Schwimmunterricht der Schulen ist von dem Bemühen geprägt, einerseits den Anforderungen der Bildungspläne gerecht zu werden und andererseits bei den Schülerinnen und Schülern ein die Schulzeit überdauerndes Interesse an dieser - aus Gründen der Prävention wichtigen Sportart - zu fördern und zu erhalten und den erschließenden Charakter von Schwimmen für eine Fülle von Wassersportarten (Surfen, Segeln, Tauchen etc.) hervorzuheben. Andererseits gibt es eine Fülle von Hemmnissen, die einer effektiven Durchführung entgegenstehen. Diese sind u. a.


Nach einer im Jahre 1990 gemachten Umfrage im Bereich der Grundschulen konnten am Ende der Grundschulzeit nahezu 90 % aller Schüler/innen schwimmen. Eine deutliche Veränderung wäre bei einer erneuten Umfrage kaum zu erwarten.

Zu 4.:
Im Rahmen der Sportförderrichtlinien erhalten Stuttgarter Turn- und Sportvereine je lizenziertem Übungsleiter von der Stadt einen Zuschuss bis zu 280 € pro Jahr. Dies gilt auch für Übungsleiter, die in der Schwimmausbildung eingesetzt werden.

Der Württembergische Landessportbund (WLSB) gewährt den Vereinen für anerkannte nebenberufliche Übungsleiter je nach Ausbildung 360 € bis 450 € pro Jahr. Für Übungsleiter, die in der Schwimmausbildung tätig sind, wird in der Regel ein Zuschuss in Höhe von 360 € gewährt.

Für die Benutzung der Hallenbäder für den Schulschwimmsport wurden im Schuljahr 2000/2001 rund 850.000 € mit den Kur- und Bäderbetrieben verrechnet. Hinzu kommen noch die anteiligen Betriebskosten für die Bereitstellung der Hallen- und Lehrschwimmbäder, die jeweils im Etat der Kur- und Bäderbetriebe und der Schulverwaltung gedeckt werden.

Zu 5.:
Der Landespolizeidirektion II sind seit 1999 insgesamt 7 Fälle bekannt geworden, in denen Menschen in Stuttgart ertrunken sind. Suizidfälle wurden in die Auswertung nicht miteinbezogen.

1999 ertrank ein Mann im Neckar.

2000 ertranken drei Personen im Neckar, ein Kind im Inselbad (Stuttgart-Untertürkheim) und ein Kind in einem privaten Teich.

2001 ertrank ein Mann im Neckar.

Die Auswertung der Wasserschutzpolizei Stuttgart ergab außerdem, dass von 1999 bis 2001 insgesamt 9 Personen vor dem Ertrinken aus dem Neckar gerettet wurden. Teilweise waren die Personen in Selbstmordabsicht ins Wasser gesprungen.

Im Jahr 2000 wurden von der Feuerwehr Stuttgart folgende Einsätze im Bereich der Wasserrettung gefahren:

10 Einsätze zu Wasserunfällen - bei 9 Einsätzen wurde jeweils eine Person aus dem Wasser gerettet. Bei einem Einsatz konnte die Person nur noch tot geborgen werden.
48 Einsätze über Wassermelder - dabei wurde eine Leiche geborgen. Die restlichen 47 Einsätze wurden böswillig ausgelöst.
3 Einsätze zur Leichenbergung, bei denen jeweils eine Person geborgen wurde.
Insgesamt wurden im Jahr 2000 fünf Personen tot aus dem Wasser geborgen. Die Ursachen, die zum Ertrinken geführt haben, sind der Branddirektion nicht bekannt.

Zu 6.:
Die Ausbildung der Rettungsschwimmer obliegt den Dachverbänden und/oder den freien Trägern, z. B. der DLRG; die der Fachangestellten für Bäderbetriebe, die in den Bädern der Kur- und Bäderbetriebe Aufsicht führen, diesem Betrieb. Lehrkräfte, die Schwimmunterricht erteilen, müssen nach der Verwaltungsvorschrift des MJKS vom 1. September 1994, Nr. 15, "rettungskundig" sein. Rettungsfähig ist, wer im Besitz des Deutschen Rettungsschwimmabzeichens ist oder an einer Fortbildungsmaßnahme des Oberschulamtes, des Staatlichen Schulamtes oder des Landesinstituts für Schulsport zu diesem Thema teilgenommen hat. Zu Beginn eines jeden Schuljahres erhalten die Schwimmunterricht erteilenden Lehrkräfte eine Einweisung in die Rettungs- und Meldeeinrichtungen der für den Schwimmunterricht besuchten Schwimmstätte. Dies geschieht durch den jeweiligen Betriebsstellenleiter und den Fachberater für Schulsport des Staatlichen Schulamts Stuttgart.

Im Bereich der Branddirektion bildet das Sachgebiet Aus- und Fortbildung alle Teilnehmer der Grundausbildung für den mittleren feuerwehrtechnischen Dienst zu Rettungsschwimmern aus. Diese Ausbildung ist nach der Prüfungsordnung für den mittleren feuerwehrtechnischen Dienst Bestandteil der Ausbildung und erfolgt während des Vorbereitungsdienstes. Jährlich werden ca. 12 bis 15 Beamte ausgebildet.

Dr. Wolfgang Schuster

Anlage1-429-2001.doc