Landeshauptstadt Stuttgart Stuttgart, 12/10/2009
Der Oberbürgermeister
GZ: OB 7123-00
Stellungnahme zum Antrag
Stadträtinnen/Stadträte - Fraktionen
Bündnis 90/DIE GRÜNEN-Gemeinderatsfraktion
Datum
10/02/2009
Betreff
Biomüll nicht einfach verschwenden
Energie gewinnen, Kosten senken
Anlagen
Text der Anfragen/ der Anträge
Beantwortung/ Stellungnahme:
Zu 1.
Bei der energetischen Verwertung von Biomassen muss nach der Art der Biomasse und der Art der Energieumwandlung unterschieden werden.
Für holzartige Grüngutabfälle, welche vom Garten-, Friedhofs- und Forstamt aufbereitet werden, bietet sich die Verbrennung an. Mit diesen Abfällen betreibt die Stadtverwaltung schon 3 Hackschnitzelfeuerungen, eine weitere ist in Planung
Für holzarmes Grüngut und Bioabfälle mit geringem Holzanteil und hohem Wassergehalt, beispielsweise dem Aufkommen aus der kommunalen Leerung der Biotonne, ist die Vergärung in einer Biogasanlage sinnvoller.
Innerhalb des vom Bundesministerium für Forschung und Bildung geförderten Forschungsvorhabens EtaMax (GRDrs 222/2009) wird die Stadtverwaltung unter Federführung des Amts für Umweltschutz mit der Abfallwirtschaft Stuttgart (AWS) und unter Einbeziehung der Märkte Stuttgart GmbH ein Konzept zur energetischen Nutzung der Bioabfälle Stuttgarts mit geringem Holzanteil erarbeiten.
Das Forschungsvorhaben endet 2014. Darin wird geklärt werden:
1. welche die für Stuttgart geeignete Technik zur energetischen Verwertung der Bioabfälle ist,
2. wo ausreichende Standorte für den Bau einer Bioabfallvergärungsanlage vorhanden sind,
3. welche Nutzungskonzepte sich sinnvoll mit der erzeugten Bioenergie verbinden lassen
Die Genehmigung einer derartigen Anlage benötigt mindestens ein halbes Jahr, die Bauphase mindestens zwei Jahre, so dass insgesamt ein Vorlauf von drei Jahren notwendig ist.
Teil des Vorhabens „EtaMax“ ist eine innovative Vergärungsanlage, die 2010 auf dem Gelände der EnBW in Gaisburg in Betrieb gehen soll und die Bioabfälle der Märkte Stuttgart GmbH verwertet. Durch die Beteiligung kann die Stadtverwaltung eigene Erfahrung zur energetischen Nutzung von Bioabfällen aufbauen.
Zu 2.
Die Biotonne oder auch braune Tonne dient der Erfassung der organischen Speise- und Küchenabfälle sowie aller organischer Restabfälle. Die Anzahl der in Stuttgart verteilten Biotonnen und der damit erfassten biologischen Abfallmenge ist bislang relativ gering. Zurzeit werden lediglich 15 000 Tonnen Bioabfall im Jahr erfasst und dem Kompostwerk Kirchheim zur Verarbeitung in Kompost (ohne energetische Nutzung) zugeführt. Die 15 000 Tonnen/Jahr entsprechen einem Biotonnenbesatz von ca. 22% bezogen auf die gesamte Einwohnerzahl der Stadt Stuttgart. Dieser Wert ist sehr niedrig und kann erhöht werden.
Da die Benutzung der Biotonne bisher auf freiwilliger Basis abläuft, sollte ein System entwickelt werden, das auf der einen Seite die Aufstellung und Annahme der Biotonne und somit die Akzeptanz erhöht. Zum anderen sollte dem Bürger verdeutlicht werden, dass er durch die Aufstellung einer Biotonne nicht nur ökologisch sinnvoll handelt, sondern damit auch zur Senkung seiner eigenen Abfallgebühr beiträgt.
Es empfiehlt sich zunächst die Abfallsatzung zu ändern, um die Bürgerinnen und Bürger näher an die Biotonne heranzuführen. Hier sollte man sich an bereits bestehenden Beispielen wie z. B. der Satzung des Bodenseekreises orientieren, die grundsätzlich die Biotonne in das System aufgenommen hat. Dort zahlt der Bürger einen Gesamtbetrag, kann aber bei Nichtbenutzung der Biotonne z. B. durch Eigenkompostierung seine Abfallgebühr durch Rückerstattung eines betreffenden Betrags reduzieren. Er ist nicht verpflichtet die Biotonne zu benutzen, muss aber nachweisen, dass er über einen Komposthaufen oder ähnliche Einrichtungen in seinem häuslichen Anwesen verfügt, oder verfügen kann. Nach Lösung des Standplatzproblems wird sich die Akzeptanz der Biotonne deutlich erhöhen und damit auch der entsprechende Nutzungsgrad.
Grundsätzlich ist ein Anschlussgrad von ca. 50 % im Vergleich zur Restmülltonne normal. Optimale Werte bedeuten über 70 % bis 85 % Biotonnenaufstellung.
Zu 3.
Die Stadt Stuttgart kann den Vertrag zur Entsorgung von Biomüll mit dem Landkreis Esslingen Ende 2010 mit einer fünfjährigen Kündigungsfrist auf Ende 2015 kündigen. Das heißt, die Stadt müsste bis 2015 Biomüll an den Landkreis Esslingen liefern und könnte erst dann das gesamte Biomüllaufkommen Stuttgarts anderweitig verwerten.
Die Kündigung wird vom AWS angestrebt. Dafür ist aber ein tragfähiges Konzept zu entwickeln, nach dem die Abfälle auch in Zukunft sicher entsorgt und die gewünschte Bioenergie wirtschaftlich genutzt wird.
Die energetische Verwertung des Bioabfalls bietet als zusätzliche Einnahmequelle den Verkauf der ausgegorenen Biomasse als Fest- und Flüssigdünger sowie evtl. als Ersatzbrennstoff.
Zu 4.
Mit Beschluss des Gemeinderats (GRDrs 575/2009) werden 2000 Tonnen Biomüll ab 01.01.2010 nicht mehr nach Kirchheim abgefahren, sondern durch ein Ludwigsburger Entsorgungsunternehmen verwertet. Diese Tonnage wird bis 2013 jährlich um 1000 Tonnen auf insgesamt 5000 Tonnen erhöht. Der AWS kann dadurch die Entsorgungskosten reduzieren. Damit dieser Biomüll auch weiterhin in ein neues Gesamtkonzept mit energetischer Verwertung einbezogen werden kann, wurde dieser Vertrag nur für drei Jahre geschlossen.
Die Märkte Stuttgart GmbH entsorgt Ihre Bioabfälle nicht über den AWS und unterhält dafür eigene Geschäftsbeziehungen zu privatwirtschaftlichen Entsorgern. Sofern ein sicherer und dauerhafter Entsorgungsweg besteht, der zumindest Kostenneutralität garantiert, ist auch die Märkte Stuttgart GmbH bereit ihre Entsorgungsverträge zu ändern.
Für die Planung zukünftiger Abfallverwertungsanlagen ist es unverzichtbar, Konzepte zur Energieauskopplung und –nutzung vorzusehen.
Zu 5.
Das Amt für Umweltschutz untersucht gerade gemeinsam mit dem Klinikum, ob in Bad Cannstatt auch ein gasbetriebenes Blockheizkraftwerk eingebaut werden kann.
Darüber hinaus wird geprüft, ob eine in der Nähe, oder an einem anderen Ort, zu errichtende Biogasanlage die Gasversorgung des Blockheizkraftwerks sicherstellen kann. Dazu müssen die landwirtschaftlichen Flächen in der Nachbarschaft des Klinikums betrachtet werden. Weitere Standorte sind zu prüfen.