Stellungnahme zum Antrag
123/2002
Landeshauptstadt Stuttgart Stuttgart,
07/01/2002
Der Oberbürgermeister
GZ:
OB 6050-00.00
Stellungnahme zum Antrag
Stadträtinnen/Stadträte - Fraktionen
Dr. Löffler Reinhard (CDU), Kirchner Oliver (CDU)
Datum
04/08/2002
Betreff
Inverse Auktionen im öffentlichen Beschaffungsverfahren
Anlagen
Text der Anfragen/ der Anträge
Beantwortung/ Stellungnahme:
Die Verwaltung verfolgt die Entwicklung neuer Vergabeverfahren, wie z.B. die
des Wettbewerblichen Verfahrens und der Inversen Auktion.
Die rechtlichen Rahmenbedingungen für das Durchführen von Inversen Auktionen sind noch nicht gegeben. Es existieren bisher lediglich Überlegungen, inwieweit diese Möglichkeit als weiteres Vergabeverfahren genutzt werden kann.
Hierzu veröffentlichte das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie
folgende Aussagen:
”Künftige Entwicklungen"
1. Internet-Auktionen (Inverse Auktionen)
Internet-Auktionen, die als elektronische Form des Einkaufs zwischen Unternehmen bereits stattfinden und im Ausschreibungsverfahren letztlich zur Veröffentlichung des aktuell gültigen Angebotspreises führen, stoßen auf vergaberechtliche Bedenken, da sie dem Prinzip der Vertraulichkeit und dem Verhandlungsverbot bei Ausschreibungen widersprechen. Im Rahmen des Projektes "E-Vergabe" sind in einem Forschungsauftrag Chancen und Risiken von sog. Inversen Auktionen untersucht worden. Das Untersuchungsergebnis bestätigt prinzipiell diese rechtlichen Bedenken, zeigt aber auf, dass die Durchführung von inversen Auktionen kostensenkend für die Öffentliche Hand sein kann. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie untersucht zur Zeit, ob es einen rechtlichen Ausweg für die Anwendung Inverser Auktionen gibt (s. Ziffer 2) und welche europarechtlichen Voraussetzungen geschaffen werden müssen.
2. Experimentierklausel
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie beabsichtigt, den Vorschlag des Bundesministeriums des Innern aufzugreifen, im Rahmen des Projektes "E-Vergabe" mittels einer sog. Experimentierklausel bestimmte Verfahren (darunter auch Inverse Auktionen für handelsübliche Waren) im Bereich des Bundesministeriums des Innern zu testen. Die Möglichkeit, bei Bedarf auch anderen Ressorts diese Möglichkeit zu bieten, wird zur Zeit untersucht. Wichtige Kernelemente dieser Experimentierklausel sind nach unserer [BMWi] Auffassung:
- Beschränkung auf Aufträge
unterhalb der Schwellenwerte
,
- Festlegung bestimmter wichtiger Grundsätze wie Nichtdiskriminierung, Transparenz und Wettbewerb und
- jeweiliges Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie für die einzelnen "Experimente".
Diese Möglichkeit erfolgt in Abstimmung mit dem Bundesministerium des Innern und dem Bundesministerium der Finanzen.”
Der Deutsche Städtetag sieht die Möglichkeit der Vergabe mittels Inverser Auktionen nur bei einfach zu beschreibenden Leistungen für durchführbar an.
Die Verdingungsordnung für Leistungen (VOL) sieht eine Inverse Auktion nicht vor. Da die VOL durch die Vergabeordnung der Landeshauptstadt Stuttgart für verbindlich erklärt ist, besteht auch unterhalb der Schwellenwerte z.Zt. keine Möglichkeit, eine Inverse Auktion durchzuführen. Soweit müßte -wie oben dargestellt- auch für die Landeshauptstadt Stuttgart eine Experimentierklausel beschlossen werden.
Für Aufträge
oberhalb der Schwellenwerte
muss die EG-Kommission einschlägige Vergaberichtlinien ändern.
Die genannten Einsparungsmöglichkeiten in Höhe von 5 bis 15 Prozent müssen bei Großstädten, die in der Regel ein durchorganisiertes Vergabe-know-how besitzen, sorgfältig geprüft werden. Diese Auffassung teilt der Beirat für Beschaffungswesen und Auftragsvergabe beim Deutschen Städtetag. Einsparungen werden hier in erheblichem Umfang im Bereich der Prozesskosten gesehen, im geringeren Maß bei der Materialbeschaffung selbst. Ein genau definiertes Einsparpotential kann sich erst im Praxiseinsatz zeigen.
Im Zuge des Projekts ”E-Procurement” soll eine Anwendung dieses Verfahrens geprüft werden.
Eine Untersuchung durch die KPMG Deutsche Treuhandgesellschaft, beauftragt vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie, zu dieser Thematik beleuchtet alle wesentlichen Aspekte mit Vor- und Nachteilen der Inversen Auktion und ist unter
www.kpmg.de
(suche: Inverse Auktion) im Internet (105 Seiten) abrufbar.
Die Verwaltung wird die rechtliche Entwicklung aufmerksam verfolgen, da sie die wirtschaftlichen Vorteile der inversen Auktionen für die Stadt baldmöglichst realisieren will.
Dr. Wolfgang Schuster