Landeshauptstadt Stuttgart Stuttgart, 12/23/2005
Der Oberbürgermeister
GZ: OB 8013-09.0
Stellungnahme zum Antrag
Stadträtinnen/Stadträte - Fraktionen
Küstler Ulrike (DIE LINKE.PDS) , DIE LINKE.PDS im Stuttgarter Gemeinderat
Datum
11/09/2005
Betreff
“Saubere Baustellen”: Verhinderung illegaler Beschäftigung auf Baustellen der Stadt
Anlagen
Text der Anfragen/ der Anträge
Beantwortung/ Stellungnahme:
Maßnahmen gegenüber den Bauunternehmen
Die Geschäftsführung der Projektgesellschaft hat von sich aus – und ohne dass sie hierzu verpflichtet wäre – unmittelbar nach Bekanntwerden der Lohndumping-Vorwürfe in schriftlicher Form und in mehreren Gesprächen mit Nachdruck gegenüber der Fa. Wayss & Freytag (der zuständigen technischen Geschäftsführung der ARGE Parkhaus) dafür eingesetzt, dass die betroffenen Arbeitnehmer den gesetzlichen Mindestlohn erhalten. Gleichzeitig hat sie gegenüber der ARGE deutlich gemacht, dass die Firmen alle hierfür erforderlichen Maßnahmen ergreifen müssen, um entsprechende Vorkommnisse in Zukunft zu vermeiden.
In einer Besprechung am 23. November 2005 wurden alle Auftragnehmer und Objektüberwacher nochmals deutlich auf ihre vertraglichen Pflichten gegenüber der Projektgesellschaft hingewiesen bezüglich der Behandlung und Entlohnung von Arbeitern, die unter dem Schutz des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes stehen.
Zusammenarbeit mit der Finanzkontrolle Schwarzarbeit
Die Projektgesellschaft legt großen Wert darauf, mit der Finanzkontrolle Schwarzarbeit des Hauptzollamts Stuttgart eng zusammenzuarbeiten, um etwaige Missstände frühzeitig aufzudecken beziehungsweise entsprechend unterbinden zu können. So wurden der Finanzkontrolle kostenfrei Büroräume auf der Baustelle zur Verfügung gestellt. Die Finanzkontrolle ist ständig mit sehr erfahrenen und äußerst motivierten Mitarbeitern auf der Baustelle der neuen Landesmesse präsent.
In Abstimmung mit der Projektgesellschaft wird die Finanzkontrolle ihre Präsenz auf der Baustelle künftig noch verstärken. Präventiv wird sie ihre Kontrolltätigkeit zudem vermehrt in Uniform wahrnehmen.
Weitere Maßnahmen des Aufsichtsrats und der Geschäftsführung
Der Aufsichtsrat der Projektgesellschaft Neue Messe GmbH & Co. KG hat am
12. Dezember 2005 folgende Beschlüsse im Zusammenhang mit den Lohndumping-Vorwürfen beschlossen:
· Der Aufsichtsrat begrüßt, dass die Projektgesellschaft die arbeits-, sozial- und steuerrechtlichen Nachweise über den zwingend vorgesehenen Umfang hinaus künftig auf freiwilliger Basis verstärkt überprüfen lassen wird.
· Der Aufsichtsrat begrüßt, dass sich die Projektgesellschaft künftig monatlich schriftliche Bestätigungen der unter das Arbeitnehmer-Entsendegesetz fallenden Arbeitnehmer mittels so genannter Mindestlohnbescheinigungen zur Prüfung vorlegen lässt, in denen der geltende Mindestlohn explizit benannt wird.
Ergänzender Hinweis: Außerdem ist vorgesehen, dass die Erklärung bei Bedarf übersetzt wird; in einem solchen Fall muss der Übersetzer zusätzlich bestätigen, dass die Erklärung wahrheitsgemäß und vollständig übersetzt wurde.
· Die Projektgesellschaft wird sich bei den beteiligten Unternehmen dafür einsetzen, dass die Vertreter des Europäischen Verbands der Wanderarbeiter e.V. auf freiwilliger Basis und bei Bedarf Zutrittsrechte auf der Baustelle in dem Umfang erhalten, wie sie den Gewerkschaften als Tarifvertragsparteien im Rahmen des Betriebsverfassungsgesetzes zustehen.
· Der Aufsichtsrat beschließt, dass in die künftigen Verträge der Projektgesellschaft mit den Bauunternehmen eine klarstellende Ergänzung bezüglich der gesetzlichen Verpflichtung zur Zahlung des Mindestlohns gemäß Arbeitnehmer-Entsendegesetz aufgenommen wird.
· Der Aufsichtsrat ermächtigt die Projektgesellschaft, Auftragnehmern und/oder deren Nachunternehmern bei rechtlich festgestellten Zuwiderhandlungen gegen arbeits-, sozial- und tarifrechtliche Verpflichtungen zu kündigen. Der Aufsichtsrat ist über entsprechende Vorgänge unverzüglich zu informieren.
Einrichtung eines weiteren Kontrollgremiums
Die Gesellschafter der Projektgesellschaft sehen keine Notwendigkeit, ein weiteres Kontrollgremium einzurichten. Zuständig für die Kontrolle sind die Finanzkontrolle Schwarzarbeit, die Polizei und die Gewerbeaufsicht. Diese Stelle erbringen kompetente Arbeit; so hat die Finanzkontrolle den Fall aufgedeckt. Die zuständigen Stellen haben auch die erforderlichen rechtlichen Möglichkeiten, um effektiv zu handeln.
Bewertung
Die Geschäftsführung der Projektgesellschaft hat sich unverzüglich nach Bekanntwerden des Lohndumpings mit großem Nachdruck und mit Erfolg dafür eingesetzt, dass die türkischen Arbeitnehmer ihren Lohn erhalten haben. Dabei bleibt festzuhalten, dass die Projektgesellschaft für das Verhalten der auf der Messebaustelle tätigen Unternehmen keine Verantwortung trägt.
Die Projektgesellschaft und die zuständigen staatlichen Stellen arbeiten effektiv zusammen um die Einhaltung der Rechtsordnung auf der Messebaustelle zu gewährleisten und Verstößen hiergegen rasch und wirksam zu begegnen.
Die von Geschäftsführung und Aufsichtsrat beschlossenen weiteren Maßnahmen bedeuten einen teilweise erheblichen Mehraufwand für die Projektgesellschaft und die Baufirmen. Dieser Mehraufwand ist aber notwendig und vertretbar zum Schutz der Arbeitnehmer, für die die Mindestlohnregelung gilt, aber auch im Interesse der Projektgesellschaft und des Projekts Neue Landesmesse.