Antrag
vom
09/07/2010
Nr.
262/2010
Antrag
Stadträtinnen / Stadträte - Fraktionen
Bündnis 90/DIE GRÜNEN-Gemeinderatsfraktion
Betreff
Jugendbeteiligung in der Subkultur: In Stuttgart geht was
Graffiti ist eine eigene anerkannte Kunstrichtung und zählt zur künstlerischen Freizeitgestaltung einer ganzen Subkultur. Vielen Jugendlichen eröffnet sich darüber eine spätere Berufsperspektive im Grafik-Design und in anderen kreativen Berufen. Untersuchungen der Universität Potsdam zeigen, dass insbesondere Selbstverwirklichung, Kreativität und Gruppengefühl die Sprayer motivieren. Der Reiz des Verbotenen spielt nur eine untergeordnete Rolle. Sprühen ist jedoch an den meisten Wänden illegal und wird mit entsprechend hohen Strafen geahndet. Den Jugendlichen fehlen die Möglichkeiten, ihrer Art von Kunst Ausdruck zu verleihen.
Um dem Problem der Illegalität Herr zu werden, ist das Projekt der „WienerWand“ in der Stadt Wien das einflussreichste Vorbild. Hier werden Wände zur künstlerischen Entfaltung freigegeben und mit dem Label der „Wiener Taube“ markiert. Im Tausch für die freien Flächen verpflichten sich die Sprayer, ausschließlich im vorgesehenen Bereich zu sprühen und den Arbeitsplatz sauber zu hinterlassen. Das Projekt macht Schule und hat Nachahmer auch in vielen deutschen Städten wie etwa Potsdam, Oldenburg und Tübingen.
Resultate im Kampf gegen illegale Graffitis lassen sich bereits feststellen. Laut Wiener Kriminalpolizei ging seit Projektstart 2005 das erste Mal die Zahl der Sachbeschädigungen durch Graffiti zurück. Der deutsche Städtetag rechnet vor, dass 40 Prozent der illegalen Graffitis durch legale Alternativen verschwinden.
In Stuttgart gibt es bisher jedoch kaum legale Flächen. Nur an der König-Karls-Brücke ist das freie Sprühen legal möglich. Die bisherigen Vorstöße der Bezirksbeiräte, die sich um eine Freigabe von Flächen bemüht haben, wurden von der Verwaltung im Einzelnen zurückgewiesen, ohne hierfür über einen einheitlichen Kriterienkatalog zu verfügen.
Die Legalisierung von Flächen ist die einzige Möglichkeit, auch in Stuttgart dieser Subkultur Raum zum Ausdruck zu geben. Diese Flächen sollten bestimmte Kriterien erfüllen, um sowohl Sicherheit zu garantieren als auch den Ansprüchen der Sprayer gerecht zu werden.
Wir beantragen:
1. Die Verwaltung erstellt einen Kriterienkatalog und setzt damit klare Rahmenbedingungen, wann eine Fläche zum Sprühen freigegeben werden kann.
Der Kriterienkatalog enthält folgende Punkte:
I Da die Sprühfarbe Lösungsmittel enthält, muss die Frischluftzufuhr gewährleistet sein. Unterführungen und überdachte Flächen sind nicht optimal. Auch Passanten und Anwohner sollten durch die Dämpfe nicht belästigt werden.
II Große Flächen von 50 m2 bis 100 m2 insbesondere mit Längsausdehnung sind ideal, da so mehrere Arbeiten nebeneinander realisiert werden können.
III Flächen sollen so ausgewählt werden, dass an ihnen ein ruhiges und konzentriertes Arbeiten möglich ist.
2. Auf Basis des Katalogs schlagen die Jugendräte und Organisationen der Jugendpflege der Verwaltung mögliche Fläche für legales Sprühen vor. Entsprechend der Prüfung werden diese zur Verwendung freigegeben.
3. Der Jugendrat und Organisationen der Jugendpflege erarbeiten einen Vorschlag, wie eine Selbstverpflichtung der Sprayer gestaltet werden kann und in der Szene Akzeptanz findet, sowie ein ansprechendes Logo analog zur „Wiener Taube“.
4. Folgende Flächen sind, entsprechend des Kriterienkatalogs, sofort zum Besprühen freizugeben:
I Den Zugangsbereich zur ehemaligen Fußgängerunterführung „Alte Staatsgalerie“ neben dem bisherigen Polizeigebäude bzw. beim Zugang zur „Röhre“.
II Die Rampenwand zur Sängerstraße an der Haltestelle Staatsgalerie (Ebene -1).
III Die Brücke (Wand zum Schlossgarten hin) der Cannstatter/Schillerstraße neben dem ZOB.
Peter Svejda Muhterem Aras
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