Antrag vom 12/09/2022
Nr. 394/2022

Antrag
Stadträtinnen / Stadträte - Fraktionen

Bündnis 90/DIE GRÜNEN-Gemeinderatsfraktion, FDP-Gemeinderatsfraktion, Die FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei, PULS-Fraktionsgemeinschaft, SPD-Gemeinderatsfraktion
Betreff

Unterzeichnung der Städte-Erklärung „Unsere Städte, unsere Stimmen“ der europäischen Initiative Voting Rights for All

Wahlen werden oft als Herz der Demokratie bezeichnet und gelten gemeinhin als „Bürgerpflicht“. Sie sind Ausdrucksform von politischer Teilhabe und ermöglichen Beteiligungsmöglichkeiten an politischen Entscheidungsprozessen.

Eine besondere Bedeutung sind Teilhabe, Chancengleichheit und Partizipation auf lokaler Ebene, konkret den Kommunalwahlen, beizumessen. Demokratische Entscheidungen des Gemeinderates betreffen unmittelbar das Lebensumfeld aller Bürger*innen, aller Stuttgarter*innen direkt oder indirekt – und dies mit oder ohne deutschen Pass.

Zum Stichtag 31.12.2021 gab es in Stuttgart 519.555 Einwohner*innen in Stuttgart im Alter von 16 Jahren aufwärts, davon waren 376.470 Menschen aufgrund ihrer deutschen Staatsangehörigkeit wahlberechtigt. 70.636 Menschen waren ebenfalls aufgrund ihrer EU-Zugehörigkeit für Kommunalwahlen wahlberechtigt. Es gab aber auch 72.449 Menschen, Bürger*innen der Stadt Stuttgart, die aufgrund des deutschen Wahlrechtes nicht zu Kommunalwahlen zugelassen waren.

In 13 europäischen Ländern der EU ist dies anders. Zum Beispiel üben in Irland seit 1963 Nicht-EU-Staatsangehörige das aktive und passive Wahlrecht aus. In den Folgejahren übernahmen u.a. Dänemark, Schweden, Finnland, die Slowakei als auch Slowenien im Jahre 2002 diese Regelung. Andere Länder haben abweichende Regularien, aber mit unterschiedlichen Beteiligungsformaten. Belgien, Estland, Litauen, Luxemburg und Ungarn gewähren nur das aktive Wahlrecht für Nicht-EU-Angehörige. In Spanien und Portugal sind wiederum nur bestimmte Nicht-EU-Staatsangehörige zu den Kommunalwahlen zugelassen.
Im Nachbarland Schweiz haben Menschen ohne Schweizer Staatsangehörigkeit je nach Gemeinde und Kanton ein differenziertes Wahlrecht auf kommunaler Ebene. In zwei Kantonen wird auch für Kantonswahlen ein Wahlrecht für Ausländer*innen eingeräumt.

Im Rahmen der im April 2022 gegründeten europäischen Initiative Voting Rights for All formuliert die Städte-Erklärung den Willen der unterzeichnenden Städte, sich für eine Wahlbeteiligung für Drittstaats-Angehörige auf kommunaler Ebene einzusetzen. Sie ist damit ein starkes Signal, sich für die Mitbestimmungsrechte aller Bürger*innen einzusetzen und die weitere Integration zu festigen.

Für eine Änderung des deutschen Wahlrechtes ist eine Änderung des Grundgesetzes, d.h. eine 2/3 Mehrheit des Bundestages, notwendig. Für eine solche Änderung müssen sich die Städte und die Kommunen einsetzen. Der Beitritt zu einer solchen Städteinitiative wäre gerade für Stuttgart ein wichtiges und wegweisendes Zeichen, um das Grundprinzip der Demokratie, die Wahlberechtigung als Ausdruck politischer und gesellschaftlicher Gleichberechtigung, zu unterstützen. Wir möchten ausdrücklich die Bestrebungen für ein kommunales Wahlrecht für alle Stuttgarter*innen unterstützen.

Die Stadt Mannheim hat nach einer Beschlussvorlage des Oberbürgermeisters im Oktober 2022 als erste Stadt in Deutschland für die Unterzeichnung der Städte-Erklärung gestimmt.


Deshalb beantragen wir:

1. Die Unterzeichnung der vom europäischen Netzwerk „Voting Rights for ALL Residents“ initiierten Städte-Erklärung „Unsere Städte, unsere Stimmen“.
2. Einen Bericht im dreijährigem Turnus entsprechend der Städte-Erklärung über die geleisteten Aktivitäten und Fortschritte zur Unterstützung eines Wahlrechtes für alle Bürger*innen auf kommunaler Ebene.

Gez.


Marina Silverii Petra Rühle
B‘90/DIE GRÜNEN-Gemeinderatsfraktion B‘90/DIE GRÜNEN-Gemeinderatsfraktion

Jasmin Meergans Dejan Perc
SPD-Gemeinderatsfraktion SPD Gemeinderatsfraktion

Luigi Pantisano Stefan Urbat
Die FrAKTION Fraktionsgemeinschaft Die FrAKTION Fraktionsgemeinschaft

Sibel Yüksel Dr. Matthias Oechsner
FDP-Gemeinderatsfraktion FDP Gemeinderatsfraktion

Thorsten Puttenat Ina Schumann
PULS Fraktionsgemeinschaft PULS Fraktionsgemeinschaft



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