Antrag und Anfrage
vom
02/26/2014
Nr.
70/2014
Antrag und Anfrage
Stadträtinnen / Stadträte - Fraktionen
SÖS und LINKE Fraktionsgemeinschaft
Betreff
Diskriminierungsschutz in den Zuwendungs-, Förder- und Vergaberichtlinien
Diskriminierungsschutz in den Zuwendungs-, Förder- und Vergaberichtlinien
Stuttgart hat die „EU-Charta für die Gleichstellung von Frauen und Männern auf lokaler Ebene“ und die „Charta der Vielfalt“ unterzeichnet. Für die städtischen Beschäftigten wird auf der Grundlage der der Antidiskriminierungsgesetzgebung in umfassendes Diversity Management entwickelt. Dieses Thema endet jedoch nicht an der Rathaustreppe. Zu Recht wird bemängelt, dass Beschäftigte in kirchlichen Einrichtungen weiterhin aufgrund ihrer anderen Religion, ihrer privaten Lebensumstände, ihrer sexuellen oder geschlechtlichen Identität, die nicht den kirchlichen Normierungen entspricht, im Arbeitsleben diskriminiert werden und dies durch den Tendenzschutz weltanschaulicher Organisationen gerechtfertigt wird. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz schützt diese Millionen Beschäftigten nicht. Immer wieder verlieren Menschen ihren Arbeitsplatz in kirchlichen Einrichtungen oder es wird ihnen der Zugang zu einer Arbeitsstelle verwehrt wenn sie als „Ärgernis“ oder ihr Privatleben als „Loyalitätsverstoß“ betrachtet wird.
Zuletzt machte der Fall einer lesbischen Erzieherin Schlagzeilen, die von ihrem Arbeitgeber – der katholischen Kirche – aufgrund ihrer Sexualität gekündigt wurde. In vielen anderen Fällen fordert die katholische Kirche die Auflösung von Lebenspartnerschaften und droht dazu mit der Kündigung. Solche Zustände wollen wir nicht akzeptieren und in Stuttgart dauerhaft ausschließen. Besonders betroffen macht uns gegenwärtig die diskriminierende Behandlung von muslimischen Bewerberinnen und Bewerbern in evangelischen Einrichtungen in Stuttgart, deren Glauben als unumstößliches Beschäftigungshindernis behandelt wird. Wir wollen, dass insbesondere Kinder in Bildungseinrichtungen zur Wertschätzung und Akzeptanz Andersdenkender, Andersgläubiger und Andersliebender erzogen werden und Diskriminierung kein Raum gegeben wird.
Wir sind der Auffassung, dass dort, wo Steuergelder zum Einsatz kommen, damit kommunale Aufgaben durch freie oder kirchliche Träger und andere Religionsgemeinschaften erfüllt werden, ein Diskriminierungsschutz für die abhängig Beschäftigten notwendig und zeitgemäß ist. Denn viele Menschen z.B. in Pflege und Erziehung haben aufgrund der dominanten Stellung kirchlicher Träger heute kaum eine Wahl, was den Arbeitgeber betrifft.
Wir fragen daher:
Wie ist der Stand der Gespräche mit den „Freien Trägern“ hinsichtlich der Anwendung städtischer Einstellungs- und Beschäftigungskriterien, wie es der Gemeinderat auf den interfraktionellen Antrag 1006/2013 hin beschlossen hat?
Mit Verweis auf einen jüngst erfolgten Beschluss vom 27.11.13 des Münchner Stadtrats zur gendersensiblen Mittel-, Auftrags- und Zuschussvergabe beantragen wir:
Die Verwaltung legt dem Gemeinderat eine Beschlussvorlage vor. Ziel der Beschlussvorlage sollen notwendige Änderungen der städtischen Zuwendungs-, Förder- und Vergaberichtlinien sein, um freie und kirchliche Träger zukünftig zur Einhaltung der geltenden Antidiskriminierungsgesetze und gleichstellungspolitischen Ziele der Stadt zu verpflichten und um bei Verstößen auch die Option zur Sanktionierung zu schaffen.
Thomas Adler Hannes Rockenbauch
Fraktionsvorsitzender Fraktionsvorsitzender
zum Seitenanfang