Protokoll: Gemeinderat der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
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VerhandlungDrucksache:
697/2011
GZ:
OB
Sitzungstermin: 06.10.2011
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: OB Dr. Schuster
Berichterstattung:-
Protokollführung: Frau Huber-Erdtmann
Betreff: Stuttgart Airport Busterminal

Vorgang:

Ausschuss für Umwelt und Technik vom 04.10.2011, nicht öffentlich, Nr. 447
Ergebnis: einmütige Zustimmung

Verwaltungsausschuss vom 05.10.2011, öffentlich, Nr. 385
Ergebnis: mehrheitliche Zustimmung

Beratungsunterlage ist die Vorlage des Herrn Oberbürgermeisters vom 20.09.2011, GRDrs 697/2011, mit folgendem

Beschlussantrag:

1. Von den Standort- und Planungsvarianten für den "Stuttgart Airport Busterminal - SAB" wird Kenntnis genommen.

2. Der Realisierung der Variante 1 B wird grundsätzlich zugestimmt.

3. Die Verwaltung wird ermächtigt, mit der Flughafen Stuttgart GmbH eine Vereinbarung über den Bau und den Betrieb des "Stuttgart Airport Busterminals" mit folgenden Eckpunkten abzuschließen:

3.1 Die Flughafen Stuttgart GmbH erstellt und betreibt den "Stuttgart Airport Busterminal" im eigenen Namen und auf eigene Rechnung als Teil eines kombinierten Parkierungsgebäudes. Sie wird den Betrieb ganz oder teilweise externen Dienstleistern übertragen.

3.2 Die Landeshauptstadt leistet der FSG einen Investitionszuschuss in Höhe der SAB-bedingten Mehraufwendungen für die Herstellungs- und Erschließungskosten. Die Höhe des Investitionszuschusses wird nach Vorliegen der Submissionsergebnisse für die wesentlichen Gewerke als Pauschalbetrag festgelegt. Derzeit ist von 4,6 Mio. € auszugehen.

3.3 Für den Betrieb des "Stuttgart Airport Busterminals" wird eine getrennte Rechnung (Spartenrechnung) geführt. Die Landeshauptstadt Stuttgart erstattet der FSG zunächst 75 % des beim Betrieb des "Stuttgart Airport Busterminals" entstehenden Verlusts. Eine Revisionsklausel wird vereinbart.


Seine Fraktionsgemeinschaft werde den geplanten Busbahnhof am Flughafen ablehnen, erklärt StR Rockenbauch (SÖS und LINKE). Auslöser dieser unbefriedigenden "Verschiebebahnhofgeschichte" sei und bleibe die ungeklärte Situation des Bahnprojekts Stuttgart 21. Es bestehe keine Notwendigkeit, vor der Volksabstimmung am 27. November Fakten zu schaffen, da Stuttgart 21 noch lange nicht "in trockenen
Tüchern" sei.

Seine Fraktionsgemeinschaft sei klar dafür, dass es beim Zentralen Omnibusbahnhof bleibt. Die Visitenkarte dieser Stadt sei und bleibe der Kopfbahnhof, und dort gehöre auch der Zentrale Omnibusbahnhof hin. Diesen könne man rund um die Uhr gut erreichen und nicht nur - wie das am Flughafen der Fall wäre - mit bestimmten S-Bahnlinien. Er sei auch für die Synergieeffekte mit dem Tourismusverkehr besser geeignet und vor allem für den Umstieg von öffentlichem Verkehr mit den Zügen.

Seine Fraktionsgemeinschaft sehe kein Problem, den Zentralen Omnibusbahnhof am Kopfbahnhof zu erweitern, sei es, dass man ihn unter das Gleisvorfeld schieben müsste oder einfach nur einen Teil der Cannstatter Straße zusätzlich dafür verwendet. Es sei also kein Argument, dass es technisch nicht möglich wäre, den Zentralen Omnibusbahnhof mit einem modernisierten Kopfbahnhof zu verbinden. Die Lösung oben am Flughafen sei zu weit von der Innenstadt entfernt. Daher lehne seine Fraktionsgemeinschaft sie ab.

Er habe bereits am Tag zuvor im Verwaltungsausschuss ausgeführt, so StR Pätzold (90/GRÜNE), dass seine Fraktion eine Verschiebung dieses Themas bis nach der Volksabstimmung für notwendig erachtet. Sie werde sich deshalb bei der Abstimmung über den Busbahnhof enthalten.

StR Klingler (FDP) versichert, dass sich seine Fraktion ebenfalls ausführlich mit der Standortfrage beschäftigt habe und deshalb der Meinung sei, dass der geplante Standort am Flughafen ideal ist. Man sei nahe an der Autobahn, sodass die Busse, die von weiter entfernten Großstädten nach Stuttgart kommen, hervorragend angebunden sind.

Es sei schon beinahe unverfroren, jetzt alle Projekte mit Stuttgart 21 zu verknüpfen. Fakt sei, dass die Fläche des bisherigen Omnibusbahnhofs am Zugbahnhof in der Innenstadt von der Landesregierung gekündigt wurde, also nicht mehr in der Hand der Stadt ist.
Er halte es auch für äußerst eigenartig, dass ausgerechnet Fraktionen, die permanent den Verkehr in der Stuttgarter Innenstadt blockieren und die keinen Einfahrtsverkehr in die Innenstadt mehr haben möchten, nun auf einmal dort einen Anziehungspunkt für den Bustourismus haben möchten. Das sei nicht miteinander vereinbar.

Seine Fraktion freue sich, wenn das Projekt möglichst schnell realisiert wird, denn Gemeinderat und Verwaltung stünden bei den Bürgerinnen und Bürgern von Obertürkheim und Zuffenhausen im Wort, dass dort endlich der Busverkehr wegkommt und dass es künftig einen zentralen Omnibusbahnhof gibt, der die Bürgerinnen und Bürger möglichst wenig belastet. Er appelliere an die entsprechenden Fraktionen des Gemeinderats, endlich damit aufzuhören, ständig mit einem bestimmten Thema Politik zu Ungunsten der Bürgerinnen und Bürger zu machen.

StR Sauer (CDU) verweist auf seine Ausführungen im Verwaltungsausschuss. Diesen sei nichts hinzuzufügen. Er frage jedoch diejenigen Fraktionen, die die ökologische Idee wie ein Menetekel vor sich her tragen, welchen Sinn es haben soll, einen reinen Fernomnibusbahnhof - also einen Durchgangsbahnhof für Linien, die weder in Stuttgart anfangen noch enden - nicht auf die Filderebene zu setzen, sondern in den Talkessel, und ob es mit der Grundidee der Ökologie vereinbar ist, wenn die Emissionen an der Neckarstraße dann weiter zunehmen.

StRin Dr. Blind (SPD) ist erstaunt, wie die Planung für den neuen Fernbusbahnhof auf den Fildern immer noch die Wogen im Gemeinderat hochgehen lässt. Nach Meinung ihrer Fraktion sei das ein guter Standort. Es gebe dort zwei S-Bahnen und künftig auch den neuen Filderbahnhof von Stuttgart 21, von dem aus man mit Regionalzügen in die Stadt gelangen könne. Es sei durchaus ein Vorteil, dass die Fernbusse dann nicht mehr durch die Stadt fahren müssen. Das sei gut für das Verkehrsgeschehen in Stuttgart und auch gut für die Reisenden, die weiterfahren wollen, weil sie sich den Umweg über die Innenstadt sparen können. Ihre Fraktion werde der Vorlage daher zustimmen.

Noch zu klären sei das Problem bestimmter Touristikbusse, wenn z. B. Bahnreisende mit einer Gruppe nach Stuttgart kommen und abgeholt werden sollen. Sie gehe davon aus, dass die Verwaltung sich hierzu Gedanken macht.

Der Busbahnhof sei für die Freien Wähler seit vielen Jahren ein ganz wichtiges Thema, unterstreicht StR Zeeb (FW). Sie hätten BM Hahn immer wieder Skizzen und Varianten zu möglichen Standorten im Stadtgebiet vorgelegt. Ob der jetzt gefundene Standort der erst-, zweit- oder drittbeste ist, sei für ihn nicht so wichtig. Aber er sei ein Standort, der realisierbar ist, und zwar in absehbarer Zeit. Die Grundstücke würden der Flughafen Stuttgart GmbH (FSG) gehören, und man könnte sofort mit der Umsetzung beginnen und die Lücke in der Busanbindung schließen. Er hoffe, dass die Fraktion der Grünen sich jetzt zu den Stuttgarter Bürgern und zu dieser Lösung bekennt und nicht weiterhin als Bremsklotz wirken will.

StR Dr. Schlierer (REP) ist der Ansicht, dass die Entscheidung über den Stuttgart Airport Busterminal nicht alleine anhand der Frage, ob Stuttgart 21 kommt, entschieden werden kann. Er sei etwas überrascht, wie kurz gedacht die Argumente derer sind, die der Vorlage nicht zustimmen wollen. Wer sich in den letzten Jahren einmal ein Bild vom Zustand am alten ZOB und in der Wolframstraße gemacht hat, wisse, dass seine Möglichkeiten hier längst ausgereizt waren und dass er keine Ideallösung mehr war, denn es habe ständig abgestellte Busse in anderen Straßen gegeben, insbesondere von Fernlinien, die nach Osteuropa führen.

Wer an der alten Lösung festhalte, müsse einräumen, dass man dann im Rahmen von Erweiterungsmaßnahmen in den Schlossgarten eingreifen müsste. Das stehe in krassem Widerspruch zu den parkschützenden Bekenntnissen, die man immer wieder gehört habe. Deswegen halte er die Argumentation derer, die die Ökologie wie eine Monstranz vor sich her tragen, aber gar nicht so ernst meinen, für "ziemlich verlogen".

Wenn der Busterminal am Flughafen realisiert wird, sollte man allerdings darauf achten, dass die Anbindung an den Innenstadtbereich nicht nur über die S-Bahn erfolgt, sondern dass es dann auch Busverbindungen in die verschiedenen Stadtteile gibt. Bisher hätten diejenigen, die in Stuttgart die Fernbusse benutzt haben, einen relativ guten Anschluss an das SSB-Netz gehabt, und das sollte auch in Zukunft gewährleistet werden.

StRin Küstler (SÖS und LINKE) bittet einmal zu überlegen, wer eigentlich den Fernbusbahnhof nutzt. Es seien sicherlich Menschen, die nicht mit dem Flugzeug kommen und meist auch nicht mit dem eigenen Auto, sondern Menschen, die überwiegend als Arbeitsmigranten nach Stuttgart und in die Region gekommen sind und nach Osteuropa fahren. Sie müssten bei der Anbindung am Flughafen dann mit ihrem Gepäck große Strecken zu Fuß bewältigen. Das sei nicht kundenfreundlich.

Der zweite Punkt sei die Anbindung an den ÖPNV. Von den meisten S-Bahn-Linien müsse man umsteigen, und zwar mit erheblichen Wartezeiten. Auch das sei nicht kundenfreundlich.

Da seine Fraktion angegriffen wurde, müsse er nun doch ausführlicher Stellung nehmen, bemerkt StR Pätzold. In den vergangenen vier Jahren habe man genug über den ZOB, VOB oder jetzt den SAB gesprochen. Für seine Fraktion sei er immer noch ein Zentraler Omnibusbahnhof und damit Teil eines Verkehrsknotenpunktes, und dieser liege am Hauptbahnhof. Man müsse berücksichtigen, dass man bei einem ZOB nicht nur den Busverkehr habe, sondern auch den Zubringerverkehr. Wenn man von Verkehr rede, müsse man ihn insgesamt sehen.

Zahlreiche Buslinien würden in Stuttgart enden. Die bisher beste Lösung der bisherigen Befürworter sei der VOB in Vaihingen gewesen, wo sich Busse durch ein ohnehin schon mit Verkehr belastetes Gewerbegebiet "gequält" hätten. Es habe erst ein Grüner kommen müssen, um zu zeigen, dass es eine bessere Lösung gibt.

Seine Fraktion sehe verschiedene Lösungen, aber die Frage nach dem Standort hänge mit dem Projekt Stuttgart 21 zusammen. Deshalb sei für die Grünen eine Entscheidung über einen ZOB-Standort nur nach der Volksabstimmung möglich. Sie würden daher bei ihrer bisherigen Haltung bleiben.

OB Dr. Schuster gibt zu bedenken, dass der bisherige ZOB kein richtiger Busbahnhof gewesen ist, sondern nur ein hässlicher Parkplatz. Einen ZOB könne man natürlich richtig gestalten wie in anderen Städten. Dann müsste man aber massiv in den Schlossgarten eingreifen, denn man müsste eine 200 m lange Gebäudestruktur unterbringen. Ihn würde ein solch riesiges Bauwerk neben dem Schlossgarten schmerzen, und zwar unabhängig von Stuttgart 21. Er sei davon ausgegangen, dass auch die Grünen die Lösung am Flughafen - egal, ob Stuttgart 21 kommt oder nicht - für sinnvoll halten.

EBM Föll macht noch einmal ausdrücklich klar, dass es sich hier um den Fernbusverkehr handelt, also weder um den Nahverkehr noch um den touristischen Busverkehr. In der Diskussion seien die verschiedenen Verkehre manchmal vermengt worden, als ob der Nahverkehr künftig nicht mehr am Bahnhof halten würde. Das werde auch in Zukunft der Fall sein, unabhängig davon, ob es künftig einen Kopfbahnhof oder einen Tiefbahnhof gibt.

Unabhängig von Stuttgart 21 würde eigentlich kein vernünftiger Mensch auf die Idee kommen, einen Fernbusbahnhof im Zentrum der Stadt anzusiedeln. Es gebe mittlerweile zahlreiche Städte, die aus guten Gründen ihre Fernbusbahnhöfe in unmittelbarer Autobahnnähe angesiedelt haben, und zwar dort, wo es auch eine Verknüpfung zu den anderen Verkehrsträgern gibt. Das wäre aus Sicht der Verwaltung in Vaihingen der Fall gewesen - diese Lösung sei abgelehnt worden -, und das sei auch am Flughafen möglich. Er hoffe, dass der Gemeinderat diesem Standort zustimmt, denn Alternativen entlang der Autobahn sehe die Verwaltung nicht.

Die Verwaltung erbitte mit der Vorlage einen Grundsatzbeschluss, auf dessen Grundlage sie dann den Vertrag - natürlich vorbehaltlich der haushaltsrechtlichen Ermächtigung im Zuge der Haushaltsplanberatungen - abschließen würde. Die haushaltsrechtliche Ermächtigung würde der Gemeinderat am 16.12.2011 erteilen oder auch nicht. Somit präjudiziere man im Vorfeld der Volksabstimmung überhaupt nichts.

Der Flughafen dränge auf die Grundsatzentscheidung, weil er zügig den Bau des Parkhauses als Ersatz für den P10 angehen wolle. Der Baubeginn solle Anfang 2013 möglich sein, sodass der Busterminal mit dem Parkhaus im Herbst 2014 in Betrieb genommen würde. Wenn der Gemeinderat den Grundsatzbeschluss nicht fasst, sei die Türe zugeschlagen und man würde mit leeren Händen dastehen. Es bestünde nicht mehr die Möglichkeit, im Zuge der Haushaltsberatungen die abschließende Entscheidung zu treffen, sondern das Thema sei dann gelaufen.

OB Dr. Schuster sieht für die Grünen eigentlich keinen Grund mehr, der Vorlage nicht zuzustimmen, denn man könne zwar am 16.12. wieder aussteigen, aber nicht mehr einsteigen. In der Aufsichtsratssitzung der FSG in der folgenden Woche müsse ein klares Signal gegeben werden, dass die Stadt Stuttgart diesen Fernbusbahnhof am Flughafen bauen möchte. Wenn dem finanzielle oder politische Gründe entgegenstehen, könne man das am 16. Dezember der FSG mitteilen, und dann werde diese entsprechend anders planen.

Abschließend stellt der Vorsitzende fest:
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