Protokoll: Gemeinderat der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
TOP:
89
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VerhandlungDrucksache:
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GZ:
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Sitzungstermin: 02.07.2015
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: OB Kuhn
Berichterstattung:
Protokollführung: Frau Sabbagh
Betreff: Antrag zur Geschäftsordnung
- Antrag Nr. 199/2015 der Fraktionsgemeinschaft
SÖS-LINKE-PluS vom 18.06.2015 "Rederecht für
Vertrauenspersonen bei Debatte im Gemeinderat
zu 'Storno21' und 'Leistungsrückbau durch S21'"

Der im Betreff genannte Antrag sowie die Stellungnahme dazu vom 26.06.2015 sind dem Originalprotokoll sowie dem Protokollexemplar für die Hauptaktei beigefügt.


OB Kuhn klärt zunächst, dass der Antrag und auch die Abstimmung darüber für beide Bürgerbegehren gilt. Dagegen erheben sich keine Einwendungen.

StR Rockenbauch (SÖS-LINKE-PluS) begründet den Antrag seiner Fraktionsgemeinschaft.

OB Kuhn verweist auf die Stellungnahme der Verwaltung zum Antrag.

Im Namen seiner Fraktion lehnt StR Kotz (CDU) den Antrag ab. Zum einen wolle man an dem bewährten Prinzip festhalten, dass Betroffene mit den Mitgliedern des Gemeinderats und der Bezirksbeiräte in Dialog treten könnten und diese Möglichkeit auch nutzten. Und zum anderen halte seine Fraktion es nicht für angemessen, dass Antragsteller oder Vertrauensleute für ein Bürgerbegehren, das vom Gutachter u. a. wegen Verfolgung eines rechtswidrigen Ziels für unzulässig erklärt worden sei, im Gemeinderat für dieses rechtswidrige Ziel werben könnten.



StR Stopper (90/GRÜNE) stellt mit Blick auf seinen Vorredner klar, dass die Initiatoren des Bürgerbegehrens kein Verbrechen begingen. Dennoch sei das Bürgerbegehren nach den Ausführungen des Gutachters rechtlich nicht zulässig. Die Mitglieder des Gemeinderats stünden bei allen Themen in intensivem Dialog mit Betroffenen. Im vorliegenden Fall handle es sich um eine Besonderheit, da jeweils mehr als 20.000 Bürgerinnen und Bürger die Bürgerbegehren unterschrieben hätten. Insofern halte seine Fraktion es für angemessen, dass die Vertrauensleute ihre Sicht der Dinge gegenüber dem Gemeinderat darlegen dürften. Aus diesem Grund werde seine Fraktion dem Antrag zustimmen.

Seine Fraktion sorge sich um das Gemeinwohl, erklärt StR Körner (SPD). Es gelte, die repräsentative Demokratie zu stärken und die Entscheidungen der vom Volk gewählten Vertreter zu akzeptieren. Andererseits wolle man auch mehr direkte Demokratie wagen. Dabei müssten ein paar Regeln eingehalten werden. So dürfe ein Bürgerbegehren nicht auf ein rechtswidriges Ziel ausgerichtet sein. Es müsse auch tatsächlich etwas verbindlich und in Kenntnis der Konsequenzen entschieden werden. Außerdem dürfe es sich bei direktdemokratischen Entscheidungen weder um eine Schau- noch um eine Showveranstaltung handeln. Den vorliegenden Antrag ordne er eindeutig Letzterem zu, weshalb seine Fraktion ihn ablehne.

Da es mittlerweile im Saal sehr laut geworden ist, bittet OB Kuhn die Zuhörerinnen und Zuhörer um Ruhe.

StRin von Stein (FW) schließt sich StR Körner an. Der Gemeinderat sei ein repräsentativ gewähltes Organ, weshalb seine Vertreter zu Wort kommen sollten. Auch ihre Fraktion lehne den Antrag ab.

Nach Ansicht seiner Fraktion, so StR Prof. Dr. Maier (AfD), müsse grundsätzlich geklärt werden, ob man in Fragen von großer Bedeutung - und eine solche liege hier vor - Personen, die weder dem Gemeinderat noch der Verwaltung angehörten, das Wort gebe. An StR Kotz wendet er sich mit dem Hinweis, es sei lediglich die Meinung des Gutachters, dass das Ziel des Bürgerbegehrens rechtswidrig sei. Gerichtlich sei dies bislang nicht festgestellt. Insofern könne der Hinweis auf eine vermutete Rechtswidrigkeit nicht die Grundlage einer Entscheidung für oder gegen die Redemöglichkeit sein. Und schließlich gehe es um Milliardenbeträge. Wenn man angesichts dieser Dimension Kritikern eine begrenzte Redemöglichkeit verweigern wolle, wäre dies kein Ruhmesblatt für den Gemeinderat. Deshalb werde seine Fraktion dem Antrag zustimmen.

Im Namen seiner Gruppierung betont StR Dr. Oechsner (FDP), in Anbetracht der richtigen Frage, ob das Bürgerbegehren zulässig sei, könne es für die Entscheidungsfindung des Gemeinderats durchaus wichtig sein, wenn dieser nicht nur die juristische Beurteilung des Gutachters und der Verwaltung kenne, sondern auch die rechtliche Einschätzung der Initiatoren des Bürgerbegehrens. Dieses Rederecht für die Vertrauensleute dürfe jedoch nicht zu einer inhaltlichen Debatte über das Projekt S 21 ausarten. Vielleicht bewirkten das Rederecht und die Diskussion über die rechtliche Zulassung, dass künftige Bürgerbegehren rechtssicher gestaltet würden, denn wiederholte rechtswidrige Bürgerbegehren missbrauchten das Vertrauen der Bürger.

Seine Gruppierung werde dem Antrag deshalb zustimmen.

Nach den Erfahrungen der vergangenen zehn Jahre hält StR Dr. Schertlen (STd) es für geboten, den Betroffenen wenigstens das im Antrag geforderte Rederecht zuzugestehen.

OB Kuhn verweist auf die Geschäftsordnung, nach der der Oberbürgermeister und von jeder Fraktion ein Vertreter sprechen dürften. Da StR Rockenbauch zunächst den Antrag eingebracht und begründet habe, habe dieser als Einziger nochmals das Wort.

StR Rockenbauch erinnert daran, dass es nicht das erste Mal wäre, wenn Vertrauensleute eines Bürgerbegehrens, das nach Auffassung eines Gutachters auf ein rechtswidriges Ziel gerichtet sei, im Gemeinderat sprechen dürften. Im Zusammenhang mit der Rekommunalisierung der Stadtwerke habe der damalige OB Dr. Schuster dies ermöglicht, obwohl der Gemeinderat auch jenes Bürgerbegehren nicht angenommen habe.

Keiner der Redner habe die Antragsteller der Bürgerbegehren kriminalisiert, betont OB Kuhn. Er bestätigt, dass nach der Gemeindeordnung und der Geschäftsordnung eine Vertrauensperson angehört werden könnte. Er habe dagegen gestimmt und würde es wieder tun, weil es aktuell ausschließlich um die Frage gehe, ob die beiden Bürgerbegehren rechtlich zulässig seien. Der Gemeinderat treffe hier keine Ermessensentscheidung, sondern entscheide, ob der Text des Bürgerbegehrens, so wie er aufgesetzt und von 20.000 Personen unterschrieben worden sei, rechtlich zulässig sei oder nicht. Aus diesem Grund halte er es nicht für notwendig, Vertrauensleute anzuhören, da deren über den reinen Text hinausgehende Erklärungen nicht die Entscheidungsgrundlage sein dürften, sondern allein der den Unterschriften zugrunde liegende Text.

Er stellt fest:
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