Antrag und Anfrage vom 07/21/2014
Nr. 206/2014

Antrag und Anfrage
Stadträtinnen / Stadträte - Fraktionen

SÖS und LINKE Fraktionsgemeinschaft
Betreff

Rostwasser in den "Blauen Rohren"

Rostwasser in den "Blauen Rohren"

Wie die Stuttgarter Zeitungberichtete, hat sich am 24.06.2014 ein Baustellen-Unfall in der Jägerstraße ereignet, bei dem ein LKW in die „Blauen Rohre“ des S21-Grundwassermanagements fuhr und diese umgerissen hat. Aus den aufgetrennten Rohren trat für jedermann deutlich sichtbar eine „Rostbrühe“ aus, siehe z.B. unter
http://www.stuttgarter-zeitung.de/gallery.s21-grundwassermanagement-lkw-beschaedigt-rohre-beim-rangieren-param~2~1~0~13~false.ea08b31e-0128-4f88-8a88-1e217f935cf9.html.

Die Stuttgarter Zeitung hatte schon zuvor am 23.05.2014 ausführlich darüber berichtet, dass stark rosthaltiges Wasser in den „Blauen Rohren“ zu den Infiltrationsbrunnen geführt und dort in den Untergrund des Stuttgarter Heilquellen-Schutzgebietes eingeleitet wird. Dies ist jedoch nach der Heilquellenschutz-Verordnung nicht zulässig! (Siehe hierzu u.a. §8(4) und §8(2) „Heilquellenschutz-Verordnung“).
Bürgermeister Hahn hatte auf Beschwerden hierzu mit Schreiben vom 14.05.2014 geantwortet: „Die von der Vorhabensträgerin vorgelegten Fotos von Wasserproben ließen keine Trübung erkennen. ... Damit ist der Anfangsverdacht einer Verunreinigung des Grundwassers ausgeräumt.
Dass diese Art der „Überprüfung“ des Beschwerde-Sachverhaltes völlig unzureichend war, ist nun durch den Zwischenfall vom 24.06.14 eindeutig erwiesen.

Wir fragen daher:

1.Hält Bürgermeister Hahn seine Aussage vom 14.05.2014 aufrecht, dass der Anfangsverdacht einer Verunreinigung des Grundwassers ausgeräumt sei?
Wenn ja, so bitten wir um eine ausführliche Begründung.

Auf weitere Anfragen aus der besorgten Bürgerschaft über das in den „Blauen Rohren“ zu den Infiltrations-Brunnen geführte „Rostwasser“ hat das Amt für Umweltschutz am 20.06.2014 gleichlautend geantwortet: „Die Wasserproben waren klar; Anhaltspunkte für 'Rostbrühe' nicht vorhanden. Damit war der Anfangsverdacht – 'Einleiten von Rostwasser' – ausgeräumt. Darüber hinaus wurden am 22.05.2014 Stichproben von Infiltrationswasser aus den Brunnen IBR 5, IBR 10 und IBR 34 auf Eisen und abfiltrierbare Stoffe durch einen zertifizierten Probenehmer entnommen und durch ein zertifiziertes Labor untersucht. Die Befunde der Analysen waren ebenfalls unbedenklich. Das sind die objektiven Fakten, an die wir uns halten.“

Wir fragen:

2.Welche Werte an Eisen wurden in den vom zertifizierten Probenehmer genommenen Proben festgestellt?
3.Warum werden diese nicht öffentlich bekanntgegeben?
4.Hält das Amt für Umweltschutz seine Aussagen vom 20.06.2014 auch jetzt, nach diesem Vorfall vom 24.06.2014, weiterhin so aufrecht?
Wenn ja, so bitten wir um eine ausführliche Begründung.

Bei den den Bürger-Anfragen zugrundeliegenden Wasser-Proben betrug der durch zwei anerkannte Prüflabore unabhängig voneinander ermittelte Eisengehalt im Infiltrationswasser 16-17 mg Eisen je Liter. Die lt. Planfeststellungs-Unterlagen zulässige Einleitung beträgt jedoch nur 1 mg Fe/l. (siehe “Projekt Stuttgart 21“, PFA 1.1, Zentrales Grundwasser– und Niederschlagsmanagement, Ordner 3.3, Anhang 2, Anlage 6.1, igi Niedermeyer, Dez. 2000; ARGE WUG, Dez. 2002). Dieser Wert wird hier um das 16-fache überschritten!

In jüngeren Antworten des Amtes für Umweltschutz heißt es, dass nach Abfiltrieren der filtrierbaren Stoffe aus den Wasserproben kein nennenswerter Eisenanteil mehr festgestellt worden sei. Es ist nachvollziehbar, dass aus gefilterten Proben die Anteile der gefilterten Substanz zurückgehen oder verschwinden. Jedoch steht diese - zwar richtige - Feststellung im Widerspruch zur ausgeführten Anlagentechnik des Grundwassermanagements: Vor der Einleitung in die jeweiligen Infiltrationsbrunnen ist keine (Eisen)-Filterier-Einrichtung vorhanden, mit der der in den Leitungen ständig stattfindende Rost-Austrag aus den nicht gegen Korrosion geschützten Stahlrohren möglich wäre. Es gibt dort auch keine Überwachungsmöglichkeiten - weder für Eisen/Rost noch für andere unerwünschte Begleitstoffe.

Wir fragen:

5.Wie will die Stadtverwaltung sicherstellen, dass der in den Leitungen entstehende Rost an jedem Infiltrationsbrunnen ständig abgefiltert wird?
6.Wie bewertet die Stadtverwaltung die Aussage der Bahn, die sie in dem seinerzeit an alles Stuttgarter Haushalte verteilten Info-Blatt DIALOG22,Nr.2 / Ausgabe September 2010 auf Seite 4 in dem Beitrag "17 km Rohrsystem schützen Stuttgarter Mineralquellen" getroffen hat: "Die Anforderungen die mit den Reinigungsanlagen für das Grundwasser zu erfüllen sind, liegen über dem Standard für Trinkwasserqualität"? (Hervorhebung durch Anfrage-/Antragverfasser)


Wir beantragen:

7.Die Stadtverwaltung fordert das Regierungspräsidium auf, der Bahn die Einleitung von rosthaltigem Wasser in den Untergrund des Stuttgarter Heilquellen-Schutzgebietes sowie die Ableitung von rosthaltigem Überschusswasser in den Neckar zu untersagen.
8.Die Rohre werden vor Betriebsaufnahme des Grundwassermanagements durch solche aus korrosionsbeständigem Werkstoff HD-PE ersetzt, wie es die Bahn sowohl im Antrag zur 5. als auch zur 7. Planänderung (siehe Teil 3: Wasserwirtschaft, Ordner 3.3, Anhang 2 „Zentrales Grundwasser- und Niederschlagswassermanagement“/ Abschnitt 3.2) selber angegeben hat.
9.Das Amt für Umweltschutz als Untere Wasserbehörde teilt gegenüber dem Eisenbahnbundesamt als neuen Erkenntnisstand mit, dass die eingesetzten Rohre wegen des fehlenden Innenkorrosionsschutzes nicht geeignet sind, weil Eisen in erheblicher Menge freigesetzt wird, dessen Einleitung in den Untergrund des Heilquellen-Schutzgebietes nicht zulässig ist.



Thomas Adler Hannes Rockenbauch Gangolf Stocker
Fraktionsvorsitzender Fraktionsvorsitzender


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