Haushaltsantrag vom 10/21/2013
Nr. 894/2013

Haushaltsantrag
Stadträtinnen / Stadträte - Fraktionen

SÖS und LINKE Fraktionsgemeinschaft
Betreff

Fehler nicht wiederholen - Psychiatrie-Personalverordnung erhalten

Fehler nicht wiederholen - Psychiatrie-Personalverordnung erhalten

Nach Verordnung des Bundesgesundheitsministeriums soll bis spätestens 2016 bundesweit das Pauschalierende Entgeltsystem für Psychiatrie und Psychosomatik (PEPP) eingeführt werden. Damit würde an den Psychiatrien ein System geschaffen, das nach dem gleichen Prinzip funktioniert wie das DRG-System an den Krankenhäusern. Jedoch haben die Erfahrungen gezeigt: ein diagnosebezogenes Entgeltsystem führt im Gesundheitssektor zu massivem Abbau der Leistungsfähigkeit und geht zu Lasten der PatientInnen und Beschäftigten.

Allgemein gültige Pauschalen werden den individuellen Bedürfnissen eines kranken Menschen im Klinikum in den wenigsten Fällen gerecht. Es kommt zu Fehl-, Unter- und Überversorgungen, wenn ein zuvor festgesetzter Kostenfaktor als Grundlage medizinischer und pflegerischer Behandlungen herangezogen wird. In der Psychiatrie wäre das in besonderem Maße der Fall. Empirische Analysen belegen, dass hier mit der Diagnose einer Krankheit nur 20% der notwendigen Behandlungen ermittelt werden können. Psychische Erkrankungen verlaufen äußerst individuell, zudem können sie nicht unabhängig von der persönlichen Lebenssituation des Patienten behandelt werden. Die Herausforderungen der Pflege an den Psychiatrien verlangen eine besondere Sensibilität, die nicht erfüllbar sein wird, wenn PatientInnen pauschale ökonomische Festsetzungen voraus gehen.

So wie im DRG-System ist es auch mit PEPP nicht möglich, den realen Bedarf an Personal abzubilden. Viel mehr ist der Personalstand einer der wenigen Faktoren, mit denen ein Krankenhausmanagement Unterfinanzierungen regulieren kann. So wie es mit dem DRG-System bereits zu massivem, nicht verantwortbarem Personalabbau gekommen ist, wäre mit der PEPP das gleiche zu erwarten.

Vor dem Hintergrund des Personalnotstands an den Kliniken werden auf Bundesebene aktuell Diskussionen um eine gesetzliche Personalbemessung geführt. Vor Einführung des DRG-Systems wurde der reale Bedarf an Pflegepersonal anhand der sog. Personalpflegeregelung (PPR) erfasst. Experten empfehlen, eine solche Regelung in Anwendung der Personalpflegeregelung (PPR) an den Kliniken einzuführen. Mit einer Anpassung der PPR auf aktuelle Verhältnisse gilt diese Erfassungsmethode noch immer als die geeignetste Grundlage zur Regelung und Verbesserung des Pflegepersonalstands an den Kliniken. Das Pendant zur PPR ist an den Psychiatrien die Personalverordnung Psychiatrie (PsychPV), die derzeit noch angewendet wird.

Angesichts der Notwendigkeit einer gesetzlichen Personalbedarfsbemessung an den Krankenhäusern ist es schädlich für Personal und PatientInnen, die PsychPV an den Psychiatrien abzuschaffen und PEPP einzuführen.


Wir beantragen:
  1. Das Klinikum Stuttgart nimmt nicht an der Erprobungs- und Kalkulationsphase des PEPP-Systems teil.
  2. Die Stadt Stuttgart fordert von der neuen Bundesregierung die umgehende Rücknahme des PEPP und die Erhaltung der Psych PV und unterstützt alle Aktivitäten in diese Richtung.
  3. Das Klinikum Stuttgart ermittelt den notwenigen Pflegepersonalstand weiterhin nach der PsychPV. Die so ermittelten Stellen werden aus Mitteln des Stadthaushaltes geschaffen und besetzt– selbst wenn PEPP eingeführt und die Psych-PV abgeschafft würde.

Thomas Adler Hannes Rockenbauch Ulrike Küstler
Fraktionsvorsitzender Fraktionsvorsitzender


Gangolf Stocker Maria-Lina Kotelmann


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