Antrag und Anfrage vom 06/07/2010
Nr. 180/2010

Antrag und Anfrage
Stadträtinnen / Stadträte - Fraktionen

SÖS und LINKE Fraktionsgemeinschaft
Betreff

LBBW: Wo ist der Ausgang?

LBBW: Wo ist der Ausgang?

Die EU verlangt für ihre Zustimmung zu der Eigenkapitalaufstockung von 2009 von den Eigentümern der LBBW eine Änderung der Rechtsform. Aus einer Anstalt des öffentlichen Rechts soll eine Aktiengesellschaft (AG) bzw. eine Société Européenne (SE) werden. Schon im ersten Schritt (Einführung der Strukturen einer Privatgesellschaft in diesem Jahr) führt das zu einem massiven Abbau der Einfluss- und Kontrollmöglichkeiten der Stadt. So bekommt die Stadt Stuttgart bis 2013 nur drei von 21 Aufsichtsratsmandaten, wovon zwei an Externe vergeben werden müssen. Damit sind die direkten Einflussmöglichkeiten des Gemeinderats aufs Äußerste minimiert. Bei den städtischen Vertretern wird noch nicht einmal das Vier-Augen-Prinzip gewährleistet. Auch ergeben sich grundsätzliche Fragen nach der Zulässigkeit der Beteiligung der Stadt an einer AG oder SE im Finanzsektor.

Was die Stadt Stuttgart braucht ist eine Stadtsparkasse, die die städtischen Interessen, d.h. die städtische Wirtschaftsförderung und die städtische und regionale mittelständische Wirtschaft unterstützt. Im Rahmen der Daseinsvorsorge muss die Stadt dafür sorgen, dass es am Ort ein kundennahes Angebot gibt, bei dem die Beratung im Vordergrund steht und wo jeder Mann, jede Frau ein Konto eröffnen kann (auch wenn er oder sie wenig Geld hat oder vom Hartz-IV-Regelsatz leben muss). Verzichten kann die Stadt auf eine Großbank, die risikobelastete Geschäfte auf den internationalen Finanzmärkten tätigt und Kommunen und Mittelständlern Risikopapiere andient und verkauft.

Mit der Umgestaltung der LBBW aus einer Anstalt des öffentlichen Rechts in eine AG oder SE ist auch die Gefahr verbunden, dass daraus nach der Bank privaten Rechts eine private Großbank gemacht wird. Beides widerspricht nach unserer Auffassung den Interessen und dem gesetzlichen Auftrag der Stadt.

Daher fragen und beantragen wir:

A Wo ist der Ausgang?

a) Die Stadtverwaltung legt dar, ob und wie bereits jetzt beim ersten Schritt das Landesbankgesetz, die Fusionsvereinbarung und die Trägervereinbarung so gestaltet werden können, dass sich die Stadt von der LBBW befreien kann.

b) Wie kann die Stadt ihre verschiedenartigen Anlagen in der LBBW herauslösen?

B Wo ist der Eingang?
Wie kommt die Stadt zu einer Stadtsparkasse, die ihren Anforderungen dient?

a) Die Stadtverwaltung legt detailliert dar, wie viel städtisches Kapital erforderlich ist, um eine städtische Sparkasse zu gründen.

b) Die Stadtverwaltung legt detailliert dar, wie die Herauslösung der BW-Bank aus dem LBBW-Konzern erreicht werden kann.

c) Die Stadtverwaltung legt detailliert dar, ob und wie die BW-Bank zur städtischen Sparkasse gemacht werden kann.

d) Die Stadtverwaltung legt detailliert dar, ob die Option einer regionalen Sparkasse gemeinsam mit den Kreisen der Region möglich ist. Wir bitten jeweils um die Darstellung der rechtlichen Voraussetzungen, der notwendigen Kapitalmittel, der möglichen Geschäftsmodelle und der Marktbedingungen.

C Darf die Stadt überhaupt Eigentümerin einer privaten Bank werden?

Laut Gemeindeordnung hat die Stadt das Recht, frei zu entscheiden, ob sie ihren Bürgern und Bürgerinnen eine öffentlich-rechtliche Bank anbietet oder nicht. Das Landesbankgesetz und die Fusionsvereinbarung von 1998 haben keine Ausstiegsklausel. Das war nicht nur kurzsichtig, sondern auch falsch. Denn damit wird der Stadt verwehrt, sich bei geänderten Bedingungen anders zu entscheiden. Ist das mit dem Selbstverwaltungsrecht und der Gemeindeordnung vereinbar?

Wenn die LBBW zur AG oder SE wird, ist die Geschäftsgrundlage verändert. Die Stadt darf sich laut Gemeindeordnung nur an einer öffentlich-rechtlichen Sparkasse beteiligen und nicht auf dem privaten oder überregionalen Finanzmarkt tätig werden. Das Sparkassengesetz ermöglicht nur Anstalten des öffentlichen Rechts. Die Gemeindeordnung regelt, dass die Stadt ein Bankunternehmen nur im Rahmen des Sparkassenrechts betreiben darf. Wenn die LBBW zu einer privatrechtlich organisierten Bank umgestaltet wird, will und vor allem kann die Stadt dann noch (Mit-)Eigentümerin dieser Bank sein?

D Wir beantragen:

b) Zu den genannten Fragen wird ein unabhängiges Rechtsgutachten beim Städtetag eingeholt. Auch dieses beantragen wir abzuwarten vor der Beschlussfassung.

b) Die Beschlussfassung über die GRDrs 252/2010 wird ausgesetzt, bis diese rechtlichen Fragen geklärt sind.




Ulrike Küstler Hannes Rockenbauch Thomas Adler



Gangolf Stocker Maria-Lina Kotelmann


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