Protokoll: Gemeinderat der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
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VerhandlungDrucksache:
13/2014
GZ:
StU
Sitzungstermin: 10.04.2014
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: OB Kuhn
Berichterstattung:-
Protokollführung: Frau Gallmeister
Betreff: Fortschreibung des Grundsatzbeschlusses für eine sozial ausgewogene und städtebaulich qualifizierte Bodennutzung in Stuttgart
- Stuttgarter Innenentwicklungsmodell (SIM) -

Vorgang:

Ausschuss für Umwelt und Technik vom 18.03.2014, nicht öffentlich, Nr. 105
Ergebnis: Verständigung über die weitere Beratungsfolge u. Zurückstellung

Ausschuss für Wirtschaft und Wohnen vom 21.03.2014, öffentlich, Nr. 24
Ergebnis: Vertagung

Ausschuss für Umwelt und Technik vom 25.03.2014, nicht öffentlich, Nr. 126
Ergebnis: Einbringung

Gemeinderat vom 27.03.2014, öffentlich, Nr. 35
Ergebnis: Zurückstellung

Ausschuss für Wirtschaft und Wohnen vom 04.04.2014, öffentlich, Nr. 45
Ergebnis: mehrheitliche Zustimmung mit Änderungen

Ausschuss für Umwelt und Technik vom 08.04.2014, öffentlich, Nr. 172
Ergebnis: mehrheitliche Zustimmung (mit den im WA vorgenommenen Änderungen
auf Seite 7 der Gemeinderatsdrucksache)


Beratungsunterlage ist die Vorlage des Referats Städtebau und Umwelt vom 18.03.2014, GRDrs 13/2014, mit folgendem

Beschlussantrag:

Nach der zweijährigen Pilotphase wird das Stuttgarter Innenentwicklungsmodell (SIM) mit den nachfolgend beschriebenen Konditionen und Verfahrensweisen fortgeschrieben.


Geltungsbereich:

SIM gilt stadtweit, wenn neues Planungsrecht zugunsten einer höherwertigen Nutzung geschaffen wird und wenn mindestens 1/3 der Grundstückswertsteigerung als Investitionsanreiz beim Planungsbegünstigten verbleibt.

SIM gilt auch bei geringeren Wertsteigerungen. Die Baulandkommission zu SIM schlägt in solchen Fällen dem Gemeinderat, vertreten durch den Ausschuss für Umwelt und Technik sowie dem Ausschuss für Wirtschaft und Wohnen, modifizierte Konditionen zur Entscheidung vor.


Konditionen:

1. Allgemein:

Sicherung von 20% der für Wohnen neu geschaffenen Geschossfläche für die
Wohnbauförderung.

1a. Mindestgrößen
Die erste geförderte Wohnung ist ab einer Größe von 450 m² (ab ca. 5 WE) neuer Geschossfläche (GF), die Wohnzwecken dient, zu erstellen. Sobald das neue Planrecht eine neue GF Wohnen von 1.350 m² (ab ca. 15 WE) ausweist, ist die erste Sozialmietwohnung zu bauen.

1b. Ersatzmaßnahmen
Mit besonderer Begründung sind Ersatzmaßnahmen im Radius von 1.000 m möglich. In diesem Fall erhöht sich allerdings die Förderquote auf 30 %. Ablösemöglichkeiten in Geld sind grundsätzlich nicht zulässig.

1c. Wohnbauförderquote bei städtischen Grundstücken
Bei städtischen Grundstücken kann der Anteil des geförderten Wohnungsbaus von
mindestens 20 % auf bis zu 50 % erhöht werden.

1d. Aufteilung der Wohnbauförderquote
Im Regelfall ist die Quote von 20 % für den geförderten Wohnungsbau zu je 1/3 (entspricht je 6,67 % der neuen GF Wohnen) auf die folgenden Förderprogramme zu verteilen:

- Preiswertes Wohneigentum (PWE)
- Mietwohnungen mittlere Einkommensbezieher (MME)
- Sozialmietwohnungen (SMW)


Es werden folgende Bindungsfristen festgesetzt:
- Programm SMW: 15 Jahre
- Programm MME: 15 Jahre
- Eigentumsprogramm PWE: 10 Jahre

Eine Aufteilung unter verschiedenen Planungsbegünstigten ist vertraglich möglich.


2. Kerngebiete

Bei Kerngebieten (MK) nach der Baunutzungsverordnung (BauNVO) sind aus der insgesamt neu geschaffenen Geschossfläche 4 % zugunsten des geförderten Wohnungsbaus zu verwenden, sofern beim Bauvorhaben ein Wohnanteil von mind. 20 % vorgesehen ist.

Bei einer Ersatzmaßnahme aus einem MK-Gebiet erhöht sich der Wohnanteil auf den Anteil für den geförderten Wohnungsbau auf 6 % der gesamten Geschossfläche bezogen auf das zugehörige SIM-Gebiet.

Es erfolgt stets eine Einzelfallüberprüfung, ob ein Wohnanteil am jeweiligen Standort verträglich ist. Zusätzlich erfolgt eine Überprüfung, ob der geförderte Wohnanteil sozialverträglich ist und der Investor dadurch nicht unangemessen belastet wird.


3. Mischgebiete

Bei Mischgebieten (MI) nach BauNVO mit einem Wohnanteil von mindestens 70 % beträgt der Anteil am geförderten Wohnungsbau 14 % der insgesamt neu geschaffenen Geschossfläche. Der Anteil am geförderten Wohnungsbau beträgt ansonsten 20 % der tatsächlich geschaffenen Geschossfläche im Wohnungsbau.

Bei einer Ersatzmaßnahme aus einem MI-Gebiet erhöht sich der Anteil für den geförderten Wohnungsbau auf 21 % der gesamten Geschossfläche bezogen auf das zugehörige SIM-Gebiet.


4. Kostentragung

Die Planungsbegünstigten übernehmen die Lasten, die durch die Wohnbauförde- rung entstehen. Die Kostentragung für städtebauliche Verfahren und für Erschlie- ßungsmaßnahmen obliegt ebenso den Planungsbegünstigten. Weiterhin überneh- men diese die anteiligen Kosten von erforderlichen Infrastrukturmaßnahmen.
5. Städtebauliche Qualitätsstandards

Es gelten Mindestqualitätsstandards bezogen auf die Energieeinsparung, die Konzeptvielfalt, die Grünordnung etc.


6. Bauverpflichtung

Es besteht eine Bauverpflichtung innerhalb einer Frist von drei Jahren.


Dem Originalprotokoll und dem Protokollexemplar für die Hauptaktei sind die Anträge Nr. 103/2014 der SPD-Gemeinderatsfraktion und Nr. 122/2014 der SÖS und LINKE-Fraktionsgemeinschaft beigefügt.

Auf Vorschlag von OB Kuhn wird gemeinsam mit diesem Tagesordnungspunkt auch die Mitteilungsvorlage GRDrs 46/2014 "Das Stuttgarter Innenentwicklungsmodell (SIM), Evaluierung" behandelt (siehe auch Niederschrift Nr. 49)


StRin Fischer (90/GRÜNE) erinnert an die am 24. März 2011 im Gemeinderat gehaltenen Grundsatzreden zur Wohnungspolitik und zur Frage, ob eine kommunal beeinflusste sozial gerechte Bodenpolitik mit dem Stuttgarter Innenentwicklungs- modell (SIM) gerechtfertigt sei oder nicht. Heute werde über die Evaluation und die Fortschreibung dieses Grundsatzbeschlusses beraten. Festgestellt werden könne, dass die von manchen Fraktionen dargestellte komplette Abschreckung von Investoren und der Immobilienwirtschaft nicht eingetreten ist. Auch der Wohnungs- bürgermeister sehe das SIM als Erfolgsmodell an. Ihre Fraktion halte es für richtig, dass das Stuttgarter Modell, das für die Außenentwicklung schon seit langem gegolten habe, an die Stuttgarter Innenentwicklung angepasst wurde. Von Anfang an habe man dadurch vielfältig gemischte Wohnquartiere erhalten, was auch den Zielen ihrer Fraktion in der Wohnungspolitik entspreche. Ebenso werde der geförderte Wohnungsbau verstetigt. Angesichts dessen, dass wesentlich mehr Sozialwohnungen benötigt werden, sei es richtig, hier nicht nur auf städtische Flächen zu verweisen, da es sich um eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe handle, preiswerten Wohnraum zu schaffen. Deshalb habe ihre Fraktion allen Investoren die verbindliche Vorgabe machen wollen, dass sie 20 % geförderte Wohnungen schaffen müssen, wenn ein neuer Bebauungsplan aufgestellt wird. Dadurch könnten sie sich auf ein transparentes Verfahren verlassen, und deswegen habe sich das SIM in der Modellphase auch bewährt.

Erfreulich sei, dass sich jetzt mehr Fraktionen als seinerzeit dem Ziel verpflichtet fühlten, mehr sozial geförderten Wohnraum zu schaffen, was ohne das SIM nicht erreicht werden könnte, fährt StRin Fischer fort. Jedoch auch mit dem SIM werde es schwer, das Ziel von 600 geförderten Wohnungen pro Jahr zu erreichen. Ihre Fraktion stehe daher der Aussage in der Vorlage, dass, wenn man die Bodenwert- steigerung von 30 % als Investor nicht erreiche, die Lasten reduziert werden sollen und dass der Infrastruktur der Vorrang vor dem geförderten Wohnungsbau gegeben werden solle, ablehnend gegenüber. In den Vorberatungen sei Einigkeit darüber erzielt worden, dass die Vorlage an diesem Punkt geändert wird, dass immer dann, wenn die Bodenwertsteigerung nicht diese 30 % erreicht, wie in den letzten drei Jahren ein Abwägungsprozess stattfindet und individuell über das Verfahren entschieden wird.

Bezüglich des Umgangs mit städtischen Grundstücken habe sie den Eindruck gewonnen, dass alle Fraktionen großes Interesse daran haben, hier mehr zu tun als die 20 % geförderten Wohnungsbau bei privaten Investoren. Ihre Fraktion habe von Anfang an hier einen 50 %-Anteil angestrebt, wolle aber ggf. auch flexibel reagieren, da Infrastruktureinrichtungen benötigt würden. Außerdem habe ihre Fraktion großes Interesse daran, dass die Stadt auch Baugemeinschaften Flächen überlassen könne, da nach Meinung ihrer Fraktion diese das Bauen günstiger organisieren könnten als Bauträger, so StRin Fischer. Mit der im Ausschuss für Wirtschaft und Wohnen gefundenen Formulierung sehe ihre Fraktion im Durchschnitt eine Quote von 50 % gefördertem Wohnungsbau erreicht. Deshalb stimme ihre Fraktion der Vorlage mit den von ihr benannten zwei Änderungen gerne zu.

Es bestehe breiter Konsens über alle Fraktionen hinweg, dass in Stuttgart geförderter Wohnraum benötigt wird, da es bereits heute zahlreiche Menschen in Stuttgart gibt, die sich am freien Markt keinen adäquaten Wohnraum beschaffen können, betont StR Kotz (CDU). Besonders betroffen seien davon auch junge Familien und Alleinerziehende. Da die öffentliche Hand die Aufgabe, geförderten Wohnraum zu schaffen und vor allem zu finanzieren, nicht alleine tragen könne, sei es nach Ansicht seiner Fraktion selbstverständlich, dass ein Besitzer eines Grundstücks, der durch die Genehmigung eines entsprechenden Planrechts durch den Gemeinderat eine bessere Ausnutzung seines Grundstücks erhalte, auch an den Lasten des geförderten Wohnraumbaus in Stuttgart beteiligt wird. Diese Regelung habe es auch vor der Einführung des SIM gegeben, so der Stadtrat. Damals habe es sich allerdings um Einzelfallentscheidungen gehandelt.

Ziel des SIM sei es gewesen, eine Vereinheitlichung, Systematik und Transparenz auch für Bauherren und Investoren zu finden und im SIM zu verankern. Aus der Evaluation lasse sich entnehmen, dass es doch eine hohe Quote von Fällen gebe, bei denen von der angestrebten klassischen SIM-Systematik aus unterschied- lichsten Gründen abgewichen werden müsse. Seiner Fraktion sei es wichtig, dass trotz der Systematik des SIM immer der Gemeinderat das letzte Wort hat, da es Fälle gebe, dass in einem Gebiet ein höherer Anteil geförderter Wohnungsbau befürwortet werde, in einem anderen Gebiet mit einem bereits vorhandenen hohen Anteil an gefördertem Wohnungsbau dagegen eine Durchmischung für besser gehalten werde und daher etwas weniger geförderter Wohnungsbau realisiert werden sollte.

Positiv sehe es seine Fraktion, dass die anderen Fraktionen den Vorschlag der CDU-Fraktion aus dem Ausschuss für Wirtschaft und Wohnen unterstützen, nach drei Jahren nochmals eine Evaluation durchzuführen. Wenn es weiterhin zahlreiche Ausnahmen gebe, könnten nach Ansicht seiner Fraktion auch von vornherein Einzelfallentscheidungen getroffen werden. Um zu sehen, wie sich die Angelegen- heit entwickle, wolle man sich die nächsten drei Jahre anschauen; die CDU-Fraktion trage die vorgelegte Verwaltungsvorlage daher mit.

StR Pfeifer (SPD) macht deutlich, dass es mit dem SIM gelungen ist, ein trans- parentes, verlässliches, durchschaubares Verfahren auch für die Partner der Stadt in der Immobilienwirtschaft zu entwickeln. Die seinerzeit beim Beginn der Diskussion dieses Themas geäußerten Befürchtungen hinsichtlich negativer Auswirkungen des SIM hätten sich erwartungsgemäß nicht bewahrheitet. Hinsichtlich der Ziele habe es keinen so großen Dissens gegeben. Angestrebt wurde eine stärkere Durchmischung in den Stadtquartieren, man wollte weg von den Büro- oder Handelsmonopolen, der Wohnungsbau habe verstärkt werden sollen und hierbei sollten vor allem mehr Wohnungen im Bereich des Preiswerten Wohneigentums, Mietwohnungen für mittlere Einkommen und Sozialmietwohnungen hergestellt werden.

Seit der Beschlussfassung im Jahr 2011 bis heute könne festgestellt werden, dass insbesondere beim städtischen Grundstücksanteil mehr getan werden müsse, als in den SIM-Grundlagen enthalten sei, nämlich 50 % geförderter Wohnungsbau. Die Zahl der wohnungssuchenden Haushalte habe zugenommen, die Zuzugsquote nach Stuttgart steige und auch die Sozialverwaltung habe aufgezeigt, dass mit den bisherigen Instrumentarien die Problematik der Familien und Menschen mit Handicaps nicht gelöst werden könne. Es bestehe Einigkeit darüber, dass die Wohnungsbauziele der Stadt ohne SIM nicht zu erreichen seien - auch mit SIM werde dies schwer genug. Seine Fraktion sei erfreut, dass bezüglich des Antrags Nr. 103/2014 seiner Fraktion in der Vorberatung des Ausschusses für Wirtschaft und Wohnen positive Voten abgegeben wurden, da ein Zielbeschluss von 50 % gefördertem Wohnungsbau auf städtischen Grundstücken eine deutlichere Bindungswirkung habe als eine Spannbreite von 20 % bis möglicherweise 100 %. Seine Fraktion bitte um Abstimmung hierüber, schließt StR Pfeifer seine Wortmeldung ab.

StRin von Stein (FW) erinnert an die kritische Begleitung der Entstehung des SIM durch ihre Fraktion. Sie habe aber auch festgestellt, dass die Wohnungsbaugesell- schaften durch die getroffenen Regelungen Vorteile haben, da sie wüssten, was auf sie zukomme und da sie Planungssicherheit hätten. Wichtig sei ihrer Fraktion, dass bei der Weiterentwicklung das Thema der Parkplätze nicht vernachlässigt wird, da der Parkdruck dramatisch zunehme. Gleichzeitig weist sie auf die geplante Fahrradabstellsatzung hin.

Mit der heute zu beschließenden Fortschreibung des SIM werde deutlich gemacht, dass dem Gemeinderat und der Stadt bezahlbarer Wohnraum wichtig ist. Ihre Fraktion sei bereit, zur Schaffung bezahlbaren Wohnraums diesen deutlich zu subventionieren. Sie meine dabei insbesondere die städtischen Grundstücke, die dann entsprechend günstiger abgegeben werden.

Die Freien Wähler werden die künftigen SIM-Bauprojekte kritisch und aufmerksam begleiten, kündigt StRin von Stein an. Dabei würden pragmatische Lösungen unterstützt. Wichtig sei es ihrer Fraktion, dass dort, wo das SIM, was die Quoten angehe, nicht funktioniere, flexible Lösungen gefunden werden. Mit diesen Maßgaben könne ihre Fraktion der Vorlage zustimmen.

StR Dr. Stübel (FDP) merkt an, dass in den drei Jahren des Bestehens des SIM die Zahl geförderter Wohnungen stark heruntergegangen sei. Wenn die Schaffung von 700 bis 900 Wohnungen erhofft werde, könne man das Modell statt "Erfolgsmodell" eher "Hoffnungsmodell" nennen. Angesichts der zahlreichen in der Vorlage enthaltenen modifizierten Konditionen sei er der Meinung, dass durch so viel notwendige Anpassung die Sache intransparent und für die Investoren unkalkulierbar werde.

Einig sei man sich mit der Immobilienwirtschaft, dass bezahlbarer Wohnraum, eine gesunde Durchmischung und die Förderung der Einkommensschwachen beim Wohnraum nötig sind; hier ende jedoch die Einigkeit bereits. Die Immobilienwirt- schaft fühle sich von der Diskussion nach ihren Aussagen ausgeschlossen. Aus Gesprächen mit mehreren Immobilienverbänden habe er entnommen, dass kein Einverständnis bestehe, sondern ein "massives Gegeneinander". Bei einem Immobiliendialog im Jahr 2013 sei von Prof. Simons (Hochschule Leipzig) ausgeführt worden, dass durch das SIM der Mehrheit der Wohnungssuchenden der Zugang zu günstigem Wohnraum erschwert werde. Kooperiert werden müsse mit dem Personenkreis, der wirklich baue, und dies seien die Hausbesitzer und die Investoren; diese sollten nicht immer mehr Schwierigkeiten zu bewältigen haben, wenn sie bauen wollten. Der Stadtrat nennt in diesem Zusammenhang u. a. die Grunderwerbssteuer von 5 % und die Verknappung von Wohnbaugebieten, die teurere Preise bewirken. Auch die Einführung einer Mietpreisbremse sei unsozial, da die Vermieter bereits reagieren und die Mieten erhöhen. Es sollte auch an eine Baupreisbremse gedacht werden, da die Baupreise eher die Ursache für die hohen Mieten seien.

Zu SIM wirft StR Dr. Stübel die Frage auf, ob es städtebaulich sinnvoll sei, über Gewerbebauten noch Wohnungen - und dabei Sozial- oder geförderte Wohnungen - herzustellen. Letzten Endes würden dadurch Wohnraum und Gewerbe entspre- chend teuer. Dass in einem einzigen Haus drei Förderungen auf einmal stattfinden sollen, halte er für problematisch, wenn Eigentümer ihr Haus verschönern wollten. Das Münchner Modell SoBoN (Sozialgerechte Bodennutzung) sei hier wesentlich flexibler. Ein Vorschlag der Immobilienwirtschaft Stuttgart würde es ermöglichen, Gelder für weitere Quartiersentwicklungen zu verwenden; dies wäre ein Weg zur besseren Förderung von Wohnungen. Da es bessere Problemlösungen gebe, die aber hier nicht angewendet würden, lehne seine Fraktion das Modell ab, schließt StR Dr. Stübel seine Ausführungen ab.

OB Kuhn verdeutlicht an StR Dr. Stübel gewandt, dass intensive Gespräche mit der Wohnungswirtschaft stattgefunden haben. Nachdem der Wohnungsmarkt in Deutschland nicht funktioniere, müssten Rahmenbedingungen geschaffen werden, dass Investoren ihr Geld verdienen können, aber so, dass dennoch das Ziel, soziale und ökologische Ergebnisse zu erreichen, erreicht werden kann.

Die von StR Dr. Stübel am SIM geäußerte Kritik gehe genau in die falsche Richtung, da davon ausgegangen werde, dass "der Markt es schon richten wird", was jedoch nicht der Fall sei, äußert sich StR Adler (SÖS und LINKE). Das SIM sei vielmehr ein Schritt in die richtige Richtung und auch künftig nicht verzichtbar. Deshalb habe seine Fraktionsgemeinschaft das SIM auch von Anfang an unterstützt, da ohne dieses Programm die wohnungspolitischen Ziele nicht zu erreichen seien.

Wenn die GRDrs 46/2014 (SIM-Evaluierung) ein überaus positives Bild zeichne und von einem Erfolgsmodell gesprochen werde, müsse die Frage aufgeworfen werden, wieso eine Fortschreibung dieses Erfolgsmodelles vorgelegt wird, durch die die Konditionen eher aufgeweicht und die Wirksamkeit des SIM in Zukunft reduziert würden. Die Evaluierung zeige auf, dass in mehr als 20 Planungsverfahren nach jetzigem Sachstand etwa 700 bis 900 geförderte Wohnungen entstehen könnten. Verglichen werden müsse damit aber die Zahl von 450 bis 500 Wohnungen, die jedes Jahr aus der Mietpreisbindung herausfallen; auch die Belegungsrechte der Stadt werden bis zum Jahr 2020 halbiert sein - und dies bei wachsendem Bedarf. Das SIM werde also auch mit der beschlossenen Nachsubventionierung nicht ausreichen, um die Wohnungsversorgung gerade für die Stuttgarter, die es am nötigsten brauchen, zu sichern und die Mieterverdrängung auch nur ansatzweise zu bremsen. In der GRDrs 46/2014 werde dies auch ziemlich korrekt bewertet. Eines dürfte allerdings ein gemeinsames Ziel aller Investoren sein, nämlich dass ihr Invest in "Betongold" nicht primär das Ziel habe, Wohnraum, und vor allem bezahlbaren Wohnraum, zu schaffen, sondern dies sei für Investoren allenfalls ein Sekundäreffekt.

Deshalb werde das SIM nach Meinung seiner Fraktionsgemeinschaft notwendig bleiben. Die Veränderungen, die die Verwaltung jetzt vorlege, seien aber nicht der erforderliche Fortschritt hin zu mehr Vorgaben und Lenkung durch die Politik, sondern ein Rückschritt. Die Fraktionsgemeinschaft SÖS und LINKE habe daher ihren Antrag Nr. 122/2014 eingebracht, da sie das Stuttgarter Innenentwicklungs- modell weiterentwickelt sehen wolle, um Investoren mehr statt weniger in die Pflicht zu nehmen, verstärkt auch insbesondere für diejenigen Menschen, die bei der gegenwärtigen Entwicklung an den Rand gedrängt werden und es auf dem Wohnungsmarkt schwer haben, Wohnungen zu finden, Wohnungen zu schaffen. Der Wohnungsmarktbericht des Amts für Liegenschaften und Wohnen dokumentiere dies unübersehbar für jeden, der daran Interesse habe.

Sodann erläutert StR Adler die 11 Punkte des Antrags Nr. 122/2014 seiner Fraktionsgemeinschaft und beantragt, über die einzelnen Punkte des Antrags getrennt abzustimmen. Sollten die Punkte des Antrags keine Mehrheit finden, wolle die Fraktionsgemeinschaft SÖS und LINKE beim alten Erfolgsmodell bleiben, ergänzt um die Diskussion im Ausschuss für Wirtschaft und Wohnen beim Thema 50 % SIM-Wohnungsanteil auf städtischen Grundstücken.

Für die Einführung des SIM habe es im März 2011 nur eine knappe Mehrheit und eine ganze Reihe von durchaus begründeten Einwänden gegeben, so StR Dr. Schlierer (REP). Im Rückblick auf die vergangenen Jahre halte er es für "einigermaßen vermessen", wenn in der GRDrs 46/2014 als Vorbemerkung festgestellt werde, dass das SIM faktisch schon ein Erfolgsmodell sei.

Genau genommen seien viele der Befürchtungen oder Einwände vom März 2011 bis heute nicht ausgeräumt. Interessant sei für ihn nach wie vor, dass auf der einen Seite die Forderung nach einer Straffung und Beschleunigung von Verwaltungsvor- gängen und nach Transparenz gestellt werde. Andererseits sei es tatsächlich aber so, dass hier Regelungen geschaffen würden, die immer undurchsichtiger und immer schlechter abschätzbar würden.

Wenn tatsächlich Einigkeit darin bestehe, dass im Bereich der Wohnraumschaffung entsprechende Bedarfe bestehen, sei es nicht so, dass der einzige Weg dorthin der der Quotierung und Gängelung sei. Genau dies sei aber die Grundlinie, die das SIM verfolge. Er könne sich nicht vorstellen, dass mit immer härteren Bedingungen zusätzlicher Wohnraum, wie er benötigt werde, geschaffen wird. Für ihn sei noch nicht erkennbar, ob das SIM tatsächlich das Erfolgsmodell ist, wie es in der GRDrs 46/2014 beschrieben wird. Zur Abstimmung merkt StR Dr. Schlierer an, dass er sehr wohl das angestrebte Ziel der Wohnraumschaffung sehe, er aber die vorgeschla- genen Instrumente nicht für geeignet halte.


Abstimmungen:


Antrag Nr. 103/2014 (SPD-Gemeinderatsfraktion)

Der Vorsitzende lässt zunächst über den Antrag Nr. 103/2014 abstimmen, dass auf städtischen Wohnbaugrundstücken grundsätzlich eine Quote von 50 % gefördertem Wohnungsbau, unabhängig von der Schaffung von neuem Baurecht, gelten soll…, und stellt fest:

Dieser Antrag wird mehrheitlich abgelehnt (13 Ja-Stimmen).


Antrag Nr. 122/2013 (SÖS und LINKE)

StRin Fischer macht darauf aufmerksam, dass zu Ziffer 11 im Ausschuss für Wirtschaft und Wohnen durch EBM Föll die Berichterstattung zugesagt wurde. Die Ziffer 9 sei im Unterausschuss Wohnen zu behandeln. StR Adler erklärt sich mit der Behandlung der Ziffer 9 des Antrags im Unterausschuss Wohnen einverstanden.

OB Kuhn lässt über den Antrag Nr. 122/2013 insgesamt, ausgenommen die Ziffern 9 und 11, abstimmen und stellt fest:

Der Antrag Nr. 122/2013 wird mehrheitlich abgelehnt (4 Ja-Stimmen).


GRDrs 13/2014 mit Änderungen

Der Gemeinderat beschließt diese Gemeinderatsdrucksache bei 7 Gegenstimmen und 7 Enthaltungen mehrheitlich, einschließlich der nachfolgend aufgeführten Änderungen:

Geänderte Formulierung auf Seite 7 oben: "Die finanziellen Lasten, die sich aus den nachfolgend beschriebenen Ziffern 3.3 (Verfahrenskosten), 3.5 (Erschließungs- kosten) und 3.6 (Altlasten und Abbrüche) ergeben, haben bei der Ermittlung der erforderlichen Bodenwertsteigerung Vorrang vor den Lasten des geförderten Wohnungsbaus entsprechend Ziffer 3.1 und der Kostenübernahme für gebietsbezogene Infrastruktur gemäß Ziffer 3.4."

Geänderte Formulierung auf Seite 7 Mitte: 3.1.1 Konditionen beim geförderten Wohnungsbau, 2. Absatz: "Bei städtischen Grundstücken kann der Anteil des geförderten Wohnungsbaus von 20 % auf bis zu 50 % erhöht werden; im Einzelfall kann der Anteil des geförderten Wohnungsbaus auch über 50 % liegen."

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