Protokoll: Gemeinderat der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
TOP:
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VerhandlungDrucksache:
278/2019
GZ:
WFB
Sitzungstermin: 09.05.2019
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: OB Kuhn
Berichterstattung:-
Protokollführung: Herr Häbe
Betreff: Gründung der Gesellschaft "Gigabit Region Stuttgart GmbH" (GRS)

Vorgang: Ausschuss für Wirtschaft und Wohnen vom 03.05.2019, nicht öffentlich, Nr. 59
Ausschuss für Umwelt und Technik vom 07.05.2019, nicht öffentlich, Nr. 234
jeweiliges Ergebnis: Verweisung ohne Votum in das nachfolgende Gremium
Verwaltungsausschuss vom 08.05.2019, öffentlich, Nr. 237
Ergebnis: Verweisung ohne Votum in den Gemeinderat


Beratungsunterlage ist die Vorlage des Referats Wirtschaft, Finanzen und Beteiligungen vom 17.04.2019, GRDrs 278/2019, mit folgendem

Beschlussantrag:

1. Der Gründung der Gesellschaft "Gigabit Region Stuttgart GmbH" (GRS), dem beigefügten Gesellschaftsvertrag und dem Beitritt der Landeshauptstadt Stuttgart durch Erwerb von Geschäftsanteilen in Höhe von 7.143,00 EUR (entsprechend dem städtischen Anteil von einem Siebtel am Stammkapital der Gesellschaft in Höhe von 50.001,00 EUR) wird zugestimmt.

2. Der Vertreter der Landeshauptstadt wird ermächtigt, alle Erklärungen abzugeben und Handlungen vorzunehmen, die für die Errichtung der Gesellschaft erforderlich und zweckmäßig sind. Ferner kann die Verwaltung den als Anlage beigefügten Vertragsentwurf anpassen, soweit dies zweckmäßig und erforderlich sein sollte und dadurch keine wesentlichen inhaltlichen Änderungen bedingt sind.

3. Dem Abschluss einer gesonderten Finanzierungsvereinbarung über einen Gesellschafterbeitrag als jährliche Einlage der Landeshauptstadt in die Kapitalrücklage der Gigabit Region Stuttgart GmbH bis 31.12.2030 in Höhe von jährlich 142.800,00 EUR (brutto) wird zugestimmt.

4. Die Landeshauptstadt entsendet in den Aufsichtsrat der Gigabit Region Stuttgart GmbH:

MitgliedStellvertretendes Mitglied
OBM Fritz KuhnBM Thomas Fuhrmann
Ines AufrechtMartin Armbruster



Im Rahmen dieses Tagesordnungspunktes werden folgende Anträge mitbehandelt:

- Antrag Nr. 170/2019 vom 08.05.2019 "Gigabit Region Stuttgart: Konzentration auf Breitband" (90/GRÜNE)
- Antrag Nr. 162/2019 vom 07.05.2019 "Bürgerbeteiligung beim Breitbandausbau" (SÖS-LINKE-PluS)
- Antrag Nr. 164/2019 vom 07.05.2019 "Offene Fragen zum Breitbandausbau und dem Telekom-Deal" (SÖS-LINKE-PluS)
- Anfrage Nr. 22/2019 vom 17.01.2019 "Welche Rolle spielt Wolfgang Schuster beim Telekom-Deal mit der Stadt Stuttgart?" (SÖS-LINKE-PluS)

Diese sind, wie die Beantwortung der Anfrage Nr. 22/2019 durch den Herrn Oberbürgermeister vom 06.05.2019, dem Originalprotokoll sowie dem Protokollexemplar für die Hauptaktei beigefügt.

Eine E-Mail der Abteilung Wirtschaftsförderung vom 08.05.2019 mit Antworten zu Fragen der Bündnis 90/DIE GRÜNEN-Gemeinderatsfraktion ist dem Protokoll des Verwaltungsausschusses vom 08.05.2019, NNr. 237, beigefügt.

Des Weiteren ist ein 20 Punkte umfassendes Papier mit Antworten des Breitbandbeauftragten der Region Stuttgart, Herrn Bahde, zum Antrag der Fraktionsgemeinschaft SÖS-LINKE-PluS Nr. 164/2019 dem Protokoll in Papierform sowie elektronisch als Dateianhang beigefügt.


OB Kuhn verweist auf die zu Beginn der heutigen Sitzung stattgefundenen Debatte zu einem Geschäftsordnungsantrag von StR Rockenbauch (SÖS-LINKE-PluS), heutige öffentliche NNr. 111.


In seinem einführenden Sachvortrag unterstreicht der Oberbürgermeister, rasch auf schnelles Internet zurückgreifen zu können, sei für die gesamte Region Stuttgart bedeutsam. Dies bestätigten Meldungen aus der Bürgerschaft und der Wirtschaft. Insbesondere neue Wirtschaftszweige in der Kreativwirtschaft erklärten, wenn hier nicht bald in die Umsetzung gegangen werde, könnten sie ihre Produkte und Dienstleistungen nicht platzieren. Nationale und internationale Untersuchungen besagten, dass es sich um eine wesentliche Frage bei Standortentscheidungen handle.

In Stuttgart würden die sogenannten produktionsnahen Dienstleistungen an Computern zunehmen [Marketingbezeichnung: CAD (Computer-Aided Drafting)]. Diese Technik benötigten beispielsweise kleinere Büros, um mit Maschinenbaufirmen und der Automobilindustrie schnellstmöglich Daten austauschen zu können.

Bezogen auf Unternehmen im Animationsbereich fährt er fort, derzeit müssten z. B. von Unternehmen im Bosch-Areal Animationsfilme mit dem Motorrad zum Rechenzentrum der Universität im Stadtbezirk Vaihingen gefahren werden, da angesichts der Datenmenge eine Datenübermittlung über das Netz nicht möglich sei. So etwas sei eigentlich für eine Stadt, die ihr Standbein bei den Kreativwirtschaften ausbauen wolle, nicht akzeptabel.

Auch viele Privatleute benötigten das schnelle Internet, um Teile ihrer Arbeit von zuhause erledigen zu können. Ein Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofs vom 24.01.2013 besage ausdrücklich, dass auch für den privaten Bereich, für die eigenwirtschaftliche Lebenshaltung, schnelles Internet von zentraler Bedeutung sei. Es sei also längst anerkannt, dass schnelles Internet für die Privatsphäre zwingend notwendig sei.

Die Breitbandversorgung sei in Deutschland und in Europa wettbewerbsmäßig geregelt. Im Wettbewerb könnten Firmen Breitbandkabel verlegen und zu den Haushaltungen bringen. Die Gemeinden seien allein aufgefordert, die Infrastruktur nicht zu blockieren, sondern zu ermöglichen. Es handle sich also um keinen Bereich mit Konzessionsverfahren wie bei den Themen Strom und Wasser. Dies könne zwar bedauert werden, aber die Regelung sei nun einmal getroffen. Die Gemeinden könnten bei unterversorgten Gebieten selbst aktiv werden. Bei den anderen Gebieten müssten sie sich dem Wettbewerb stellen, was mit ihren Stadtwerken auch möglich sei. Vor diesem Hintergrund sei die regionalweit zu schließende Vereinbarung sehr wichtig.

Die Telekom sei verpflichtet, auch innerhalb der Gesellschaft, anderen privaten Anbietern im Rahmen wettbewerblicher Regelungen Möglichkeiten zu eröffnen. Betont habe die Telekom, dass sie über das Potenzial verfüge, die Breitbandversorgung sehr schnell in der gesamten Region zu realisieren. Mit der GRDrs 581/2015 "Breitbandversorgung - Beteiligung der Landeshauptstadt an einer regionsweiten Ausschreibung des Verbandes Region Stuttgart von Planungsleistungen zur Grobplanung des Backbone-Netzes" sei eine Backbone-Masterplanung in Auftrag gegeben worden, um die Kosten eines Eigenausbaus darzustellen. Dabei habe sich gezeigt, dass der innerstädtische Ausbau mit Backbone- und Pop-Standorten für das gesamte Stadtgebiet mit 470 Mio. € veranschlagt werden müsste. Notwendig wäre es, 156 solcher Standorte im Stadtgebiet aufzubauen. Diese hätten jeweils die Größe einer Garage bzw. eines Containers. Schon das Ausweisen dieser Standorte wäre sehr schwierig geworden.

Nun habe sich die Möglichkeit ergeben, im Wettbewerbsrahmen koordiniert vorzugehen und für das gesamte Stadtgebiet und die Region sehr schnell zu einer Lösung zu kommen, die garantiere, dass für die Wirtschaft und Privatleute schnelles Internet ermöglicht werde. Übrigens auch die 5 G-Technik werde in vielen Bereichen benötigt. Mit den vorliegenden Anträgen werde ja heute darüber abgestimmt, ob nochmals eine Reflexion im Sinne der Bürgerbeteiligung oder einer Bewertung erfolgen solle. Letztlich werde beides schnell benötigt, um einem Standort mit wirtschaftlicher Bedeutung gerecht zu werden.

Viele junge Menschen bewerteten mittlerweile die Frage, ob eine Stadt für sie attraktiv sei, anhand der Frage, ob man über schnelles Internet und ein schnelles 5 G-Netz verfüge. Von daher bitte er heute, über den Beschlussantrag zu entscheiden, damit die Stadt und die Region beim Ausbau des schnellen Internets und der Verkabelung mit Glasfaserkabeln vorankomme.

Von StR Rockenbauch (SÖS-LINKE-PluS) wird vorgetragen, mit dem heutigen Beschlussantrag werde die Grundlage einer Weichenstellung für die nächsten Jahrzehnte gelegt. Es gehe um den organisatorischen Rahmen für einen Infrastrukturausbau, der notwendig sei für die digitale Transformation der Gesellschaft. Es werde also mit den Beschlussantragsziffern auch die Grundlage dafür gelegt, wie es mit dem Glasfaserausbau und dem Ausbau von 5G weitergehe. Letztlich sei dies die Grundlage für die Verwirklichung einer smarten, digitalen bzw. voll vernetzten Stadt.

Die durch den Oberbürgermeister und eine Ratsmehrheit vertretene Position "Digital first, Bedenken second" sei gefährlich. Genau so sei vor Jahrzehnten der radikale
Stadtumbau zur autogerechten Stadt erfolgt. Heute leide die Stadt unter infrastrukturellen Fehlentwicklungen. Angesichts dieser Erfahrungen vertrete seine Fraktion die Position, dass es bei solchen grundsätzlichen Infrastrukturentscheidungen nicht um Schnelligkeit, sondern um kluge und abgewogene Entscheidungen gehe.


Laut dem Beirat für Globale Umweltfragen der Bundesregierung (WBGU) sei eine große technische Revolution im Gang. Diese entscheide darüber, wie sich das Zusammenleben der Menschheit verändere. Dabei gehe es um Fragen wie: Welchen Zielen dient diese technische Revolution? Welche Chancen und Risiken hängen mit ihr zusammen? Wem wird sie Macht verleihen oder nehmen, und wie kann sie genutzt werden, um die großen Menschheitsherausforderungen zu lösen? Der WBGU erkläre, dass gerade von der Digitalisierung das Schicksal der planetarischen Umwelt massiv abhänge. Nur wenn es gelinge, diese digitalen Umbrüche in Richtung Nachhaltigkeit auszurichten, könne die Nachhaltigkeitstransformation insgesamt gelingen. Wenn so wie von der Verwaltung vorgeschlagen vorgegangen werde, drohe die Digitalisierung als Brandbeschleuniger bei Wachstumsmustern zu wirken.

Wenn Infrastruktur gestaltet werde, sei es entscheidend, wem sie nutze und wer die Infrastruktur bestimme. Für die Fraktionsgemeinschaft SÖS-LINKE-PluS stehe wie für den WBGU außer Frage, dass eine politische Gestaltung dieser Prozesse des digitalen Wandels benötigt werde, um am Ende nicht über Energieverbrauch und soziale Verwerfungen klagen zu müssen.

Auch in der Digitalisierungsstrategie des Landes werde betont, dass die Gestaltung der Digitalisierung zum Wohle des Menschen nur gemeinsam gelingen könne. Die Landesregierung wolle in geeigneten Formaten diese Digitalisierungsstrategie vorstellen. Dazu sollen die relevanten Akteure eingeladen werden, um über die Umsetzung der Vorhaben zu diskutieren. Besonders sollen Bürgerinnen und Bürger einbezogen werden, wobei verschiedene Formate der Bürgerbeteiligung genutzt werden sollen. All dies stehe am Anfang bei der Landesregierung, aber Stuttgart wolle bereits heute wesentliche Entscheidungen treffen. Mit dieser Vorgehensweise finde eine Auseinandersetzung mit der Bürgerschaft nicht statt. Bürger hätten die Stadtverwaltung mehrfach zu Veranstaltungen gebeten, damit sich dort die Verwaltung einer öffentlichen Diskussion über die Digitalisierung stelle. Jedes Mal habe die Antwort gelautet, die Verwaltung sei dafür nicht zuständig/nicht kompetent.

Angesichts dieses Kompetenzmangels könne er nicht verstehen, wie heute dem Gemeinderat empfohlen werden könne, die Verträge im "Hauruckverfahren" durchzusetzen. Der angesprochene Zeitdruck sei künstlich konstruiert. Von der SPD-Gemeinde-ratsfraktion und seiner Fraktionsgemeinschaft habe es an verschiedenen Stellen den Versuch gegeben, eine grundsätzliche Diskussion über den Glasfaserausbau in kommunaler Hand zu führen. Allerdings ohne Erfolg. Man sei jeweils vertröstet worden, und der Antrag seiner Fraktionsgemeinschaft vom November 2018 sei bis jetzt nie öffentlich debattiert worden. Heute erkläre nun der Oberbürgermeister, wenn auch noch darüber diskutiert würde, könnten die notwendigen Maßnahmen nicht rechtzeitig eingeleitet werden. Dieser Zeitdruck sei allerdings seitens der Verwaltung verschuldet worden. Eigentlich habe es genug Zeit gegeben, um ernsthaft über diese Thematik zu sprechen.

Wenn ein schneller Ausbau von Glasfasernetzen gewollt werde und dabei auf die Telekom gesetzt werde, werde "der Bock zum Gärtner gemacht". In einer Verwaltungsvorlage sei noch im Juni erklärt worden, dass der Markt das Recht auf schnelles Internet, wie vom Bundesgerichtshof gefordert, nicht umsetzen könne. In der Vergangenheit hatte der Oberbürgermeister eigentlich vor, diesen Ausbau mit den Stadtwerken zu machen, und nun werde mit dem Unternehmen, welches bislang diesen schnellen Ausbau gerade nicht habe schultern können, eine Kooperation eingegangen.

Zum Punkt der politischen Gestaltung ergeben sich für StR Rockenbauch noch folgende Fragen:

- Wie soll die politische Gestaltung funktionieren?
- Wie soll die öffentliche Gestaltung funktionieren?
- Wie soll überhaupt Teilhabe funktionieren?

Nachgefragt werde ja, welche Begründung es dafür gebe, dass die Kooperationsvereinbarung nicht öffentlich sei. Dies sei damit begründet worden, dass dies die Telekom wünsche. Die Öffentlichkeit müsse doch aber über die Zusatzleistungen, zu denen sich die Stadt verpflichte, Bescheid wissen. In diesem Zusammenhang erinnert er an die Projekte Stuttgart 21 und Cross Border Leasing. Seitens des früheren Ersten Bürgermeisters Föll sei erklärt worden, es sei unrealistisch, dass die Telekom unwirtschaftliche Bereiche erschließe. Die Telekom, so das Ratsmitglied weiter, praktiziere "Rosinenpickerei", und nicht wirtschaftliche Bereiche müssten durch die Stadt über Zusatzleistungen teuer eingekauft werden. Im Gespräch seien bis zu 500 Mio. € an Wertumfang.

Eine Endschaftsregelung, wie sie z. B. die SPD-Gemeinderatsfraktion gefordert habe, solle es nicht geben. Nach juristischer Beratung habe sich der Oberbürgermeister bei der Fernwärme allerdings dafür entschieden, dass die Stadt in einem genauso nicht gesetzlich regulierten Bereich gegen das Ewigkeitsrecht der EnBW vorgehe. Der Oberbürgermeister habe auch dargestellt, die Situation lasse sich insofern mit dem Breitbandausbau vergleichen, als bei der Fernwärme jeder Private Fernwärme verlegen könne. Dies werde aber nicht gemacht, da - wie beim Breitbandausbau - es einen marktbeherrschenden Akteur gebe, der 80 % des Marktes abdecke und über ein Backbone-Netz und mit PoP-Stellen bereits über einen infrastrukturellen Vorteil verfüge. Dieser Vorteil führe faktisch dazu, dass man sich in keinem wettbewerblich freien Marktsegment befinde. Der marktbeherrschende Akteur, die Telekom, beherrsche also schon so weit den Markt, dass es für andere Akteure wirtschaftlich nicht lohnenswert sei, parallele Infrastruktur zu verlegen. Wenn nun die Stadt eine Kooperation mit der Telekom eingehe, entspreche dies einer Bestätigung des Monopols. Die regionalen Partner verzichteten damit auf ein eigenes Backbone-Netz im Breitbandbereich. Dies bedeute den freiwilligen Verzicht, solange die Verträge laufen.

Die Fraktionsgemeinschaft SÖS-LINKE-PluS halte ihre Anträge aufrecht. Der Grundsatzantrag auf Gründung einer eigenen Stadtgesellschaft als Eigenbetrieb oder als Stadtwerke sei seit November nicht beraten worden. Dieser Antrag Nr. 371/2018 müsse heute als weitestgehender Antrag abgestimmt werden.

Wenn der zweite Antrag zur Bürgerbeteiligung, und davon müsse er bedauerlicherweise ausgehen, abgelehnt werde, werde sich seine Fraktionsgemeinschaft dem Antrag der Gemeinderatsfraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN, dass heute 5G ausgeklammert werde, anschließen. Sollten alle Anträge abgelehnt werden, werde die Vorlage abgelehnt, da diese der kommunalen Selbstbestimmung und -gestaltung widerspreche.

Dieser 17-minütige Redebeitrag von StR Rockenbauch wurde mehrfach von StR Dr. Fiechtner (BZS23) unterbrochen, verweisend auf dessen Dauer. Von OB Kuhn wird dazu angemerkt, da der heutigen Sitzung des Gemeinderates keine Sitzung des Ältestenrates vorgeschaltet gewesen sei, habe es keine Festlegung zu der Dauer von Wortbeiträgen gegeben. Angesichts der grundsätzlichen Bedeutung der zur Beratung stehenden Thematik habe er StR Rockenbauch nicht entsprechend der Geschäftsordnung nach drei Minuten unterbrochen. Auch bei vorherigen Tagesordnungspunkten habe er sich entsprechend verhalten. In der Folge beantragt StR Klingler (BZS23), die Redebeiträge im weiteren Fortgang der Debatte auf drei Minuten Redezeit gemäß der Geschäftsordnung des Gemeinderates zu beschränken.

Von StR Kotz (CDU) wird es nach dem 18-minütigen Redebeitrag als schwierig erachtet, weitere Redner auf drei Minuten zu begrenzen. Er bittet darum zu versuchen, die weiteren Redebeiträge möglichst kompakt zu gestalten.

Zum Geschäftsordnungsantrag stellt OB Kuhn fest:

Den Antrag von StR Klingler, die zu diesem Tagesordnungspunkt folgenden Redebeiträge auf drei Minuten zu begrenzen, lehnt der Gemeinderat bei 3 Ja-Stimmen mehrheitlich ab.

Natürlich, so StR Winter (90/GRÜNE), benötige das Thema Digitalisierung eine öffentliche Debatte. Zudem müsse darüber grundsätzlich ein Dialog, und zwar nicht nur auf städtischer, sondern auf allen Ebenen, geführt werden. Nicht zu Unrecht befassten sich z. B. der Ethikrat und andere Institutionen mit der Frage, wie sich die Digitalisierung auf die Bevölkerung auswirke und wie damit einhergehende Bedrohungen, die nicht mit der heute zur Beratung stehenden Vorlage im Zusammenhang stünden, abgewendet werden könnten.

Einige Äußerungen von StR Rockenbauch seien der Vorlage nicht angemessen bzw. überhöht. Geredet werde über die Bereitstellung von schnellen Datenleitungen. Umfragen zeigten, dass der Breitbandausbau für die Wirtschaft und für die Bürgerschaft eine zentrale Bedeutung habe. Bekannt sei, dass Deutschland und auch die Region im europäischen Vergleich keine Vorreiterrollen innehaben. Nun ergebe sich jedoch mit dem gemeinsamen Vorgehen mit der Region und dem Konstrukt mit der Telekom eine Möglichkeit voranzukommen. Darüber werde bereits seit geraumer Zeit, nämlich seit Juni 2018, beraten. So sei in einer Debatte im Ausschuss für Wirtschaft und Wohnen (WA), an der alle Fraktionen mitgewirkt hätten, das Vorgehen als wichtiger Schritt begrüßt worden. Nicht möglich sei es, sich auf der einen Seite beim Trickfilmfestival über die Möglichkeiten der Kreativszene zu freuen, und andererseits würden die Defizite beim Breitbandausbau hingenommen. Von daher werde von seiner Fraktion ausdrücklich der Breitbandausbau begrüßt.

Für die Gemeinderatsfraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN sei allerdings die Koppelung mit dem 5G-Ausbau nicht nachvollziehbar. Das Ausklammern der Frage 5G, Mobilfunk sei bereits gestern diskutiert worden. Dabei habe er mitgenommen, dass dieses Ausklammern prinzipiell möglich sei. Von daher werde an diesem Antrag festgehalten.

Für StR Dr. Reiners (CDU) sind Breitband, Glasfaser sowie 5G unabdingbare infrastrukturelle Voraussetzungen für die Gesellschaft, für Betriebe, für die Menschen und unabdingbar für eine Digitalisierung in Richtung einer Smart City. An der Digitalisierung führe kein Weg vorbei. Sie finde ohne Stuttgart oder mit Stuttgart statt. Nur dies könne der Gemeinderat beeinflussen, und Aspekte wie Breitband, Glasfaser und 5G seien von höchster Bedeutung, wenn man struktur- und wirtschaftspolitische Fragen betrachte und Stuttgart als Standort im Blick habe.

Die Landeshauptstadt Stuttgart (LHS) lechze geradezu nach der Schließung von Funklöchern und einem schnellen Internet. Mit dem Abschluss eines Kooperationsvertrags zwischen der LHS, der Region Stuttgart, den Landkreisen der Region und der Telekom stehe man vor einem entscheidenden Durchbruch. Die Thematik vertrage keine weiteren Verzögerungen. Deutschland befinde sich bei den Industrieländern nahezu am Schluss beim Ausbau von Breitbandnetzen. Deutschland scheine durch seine Diskussionsdemokratie diese Megarevolution zu verschlafen. Weiter erinnert er an den im Zusammenhang mit der GRDrs 514/2018 gefassten Grundsatzbeschluss. Damals habe sich die Stadt mit einem Letter of Intent mit der gesamten Partnerschaft gemeinsam auf den Weg gemacht. Dies nun infrage zu stellen und zu blockieren wäre in höchstem Maße unredlich. Dies würde zudem die notwendige Vorreiterrolle und Vorbildfunktion einer Landeshauptstadt konterkarieren. Alles Notwendige sei von kompetenter Stelle sorgfältig geprüft, und Fragen seien vollumfänglich und rechtssicher beantwortet worden.

Würde die LHS alleine ein Glasfasernetz betreiben, würden Kosten von rund 0,5 Mrd. € anfallen. Durch die Kompetenz- und Verantwortungsteilung seien es nun lediglich Kosten im unteren zweistelligen Millionenbereich. Dies sei ein ganz entscheidender Unterschied, der beachtet gehöre.

Die im Antrag Nr. 164/2019 von der Fraktionsgemeinschaft SÖS-LINKE-PluS gestellten Fragen seien teilweise völlig unnötig, aber auch diese Fragen habe die Verwaltung zügig und höchst kompetent beantwortet. Dafür wolle er die Verwaltung loben und sich bedanken.

Es dränge sich einem der Eindruck auf, dass das Beratungsthema an die Öffentlichkeit gezerrt werden solle, um Wahlkampf zu machen. Dafür spreche nicht zuletzt die populistische Wortwahl in diesem Antrag. Dort werde von einem "Telekom-Deal" gesprochen, es handle sich aber um keinen Deal, sondern um eine Kooperation, die starke Partner verlange. Bei Mega-/Zukunftsprojekten sei eine Verantwortungsteilung immer angezeigt und sinnvoll. Mangels Alternativen sei eine Kooperation mit der Telekom in diesem Bereich geradezu zwangsläufig. Permanent bringe die Fraktionsgemeinschaft SÖS-LINKE- PluS den wirtschaftlichen Kräften, ohne die Stuttgart nicht auskommen könne, massives Misstrauen entgegen.

Hinsichtlich der in den Anträgen Nr. 162/2019 und Nr. 164/2019 angeprangerten mangelnden Öffentlichkeit und fehlenden Bürgerbeteiligung wolle er daran erinnern, dass nicht die LHS, sondern die Region Stuttgart mit der Telekom eine Vertraulichkeitsvereinbarung geschlossen habe. Im Wege dieser Vertraulichkeitsvereinbarung und der vertrauensvollen Zusammenarbeit unter Partnern seien solche Vereinbarungen einzuhalten und zu respektieren. Die CDU-Gemeinderatsfraktion vertrete die feste Überzeugung, dass die breite Öffentlichkeit keine weiteren Diskussionen und Beteiligungen in dieser Frage wolle, sondern zügig in den Sachfragen rund um ein schnelles Internet und die Digitalisierung vorankommen möchte und dass sie auf die Kompetenzen der Verwaltung und des Gemeinderates vertraue. Das Bürgerinteresse sei in solchen Fragen überschaubar. Dies zeigten auch wissenschaftliche Analysen zu Fragen der Daseinsvorsorge. Für die Bevölkerung gehe es um grundlegende infrastrukturelle Notwendigkeiten, die schlichtweg vorausgesetzt würden.

Bürgerbeteiligung mache in vielen Fragen Sinn, aber bei der zur Beratung stehenden Kooperation eindeutig nicht. Für die Gesellschaft generiere sich letztlich kein Mehrwert, wenn weiter über Umfang, Folgen, Kosten, Energieverbrauch und Risiken diskutiert werde, denn derartige Fragen und Aspekte rund um das Beratungsthema würden seit Jahren diskutiert. Auch seien derartige Einordnungen, dies meine er nicht despektierlich, für eine breite Bürgerschaft nicht oder nur schwierig einzuschätzen.

Dem Antrag Nr. 170/2019 der Gemeinderatsfraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN schenke die CDU-Gemeinderatsfraktion große Beachtung. Diesem könne viel abgewonnen werden. Es sei möglich, die Vorlage zu beschließen und die Thematik 5G, Mobilfunk auszuklammern, um diese öffentlich zu diskutieren bzw. eine gesellschaftliche Auseinandersetzung darüber zu führen. So vorzugehen sei nach Einschätzung der CDU-Gemeinderatsfraktion aber nicht zwingend zielführend, auch wenn heute bekannt geworden sei, dass die Telekom sich damit einverstanden erklärt habe, obwohl ein solches Vorhaben bei der Telekom und der Region auf wenig Gegenliebe stoße.

Eine Trennung mache wirtschaftspolitisch und aus rein pragmatischen Überlegungen wenig Sinn. Erstens werde die gesellschaftliche Auseinandersetzung bereits seit Langem geführt, und eine weitere Verlängerung der Debatte bringe keinen entscheidenden Mehrwert. Zweitens sei zwar Glasfaser/Breitband unabhängig von 5G zu sehen, 5G-Technologie sei jedoch von Glasfaser und Breitband abhängig. Es bestehe eine eindeutige Conditio sine qua non, also 5G-Technologie könne ohne infrastrukturelle Vorleistungen in Sachen Breitband/Glasfaser nicht aufgebaut werden. Von daher sollte beides schon aufgrund der dringenden Notwendigkeiten parallel und zeitnah erfolgen. Er bitte die Gemeinderatsfraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN, sich nochmals zu überlegen, ob nicht dem Beschlussantrag der Vorlage zugestimmt werden könne. Ansonsten verteuere sich - dies sei die Befürchtung der CDU-Gemeinderatsfraktion - die Angelegenheit unverhältnismäßig. Seine Ausführungen schließt StR Dr. Reiners mit der Bitte an den Gemeinderat, den Beschlussanträgen der beiden Vorlagen zuzustimmen.

Im Anschluss daran hält StR Winter, verweisend auf das Bestreben, eine hohe Akzeptanz bei der Bürgerschaft zu erreichen, den Antrag seiner Fraktion aufrecht.

StR Perc (SPD) betont zu Beginn seiner Ausführungen, dass angesichts der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bedeutung des Beratungsthemas es aus Sicht der SPD-Gemeinderatsfraktion notwendig ist, eine breit angelegte Diskussion zu führen.

Mit der Vorlage sollen die Grundlagen für den Ausbau der Digitalisierung in der LHS und der Region geschaffen werden. Das Thema sei bereits seit Langem in der Bearbeitung. Bei der Digitalisierung handle es sich um ein Megathema. Es finde kein Kongress, keine Veranstaltung statt, die sich mit Zukunftsthemen beschäftigten, die nicht das Thema Digitalisierung mitbehandelten. Dennoch werde voraussichtlich heute ein wichtiges Vertragswerk ohne eine breite Debatte in der Stadtgesellschaft beschlossen. Dies sei schon etwas paradox.

Durch den Oberbürgermeister sei heute erklärt worden, die rechtlichen Rahmenbedingungen würden den privaten Wettbewerb zulassen. Neben den erwähnten Markteintrittsbarrieren sei es aber doch so, dass es eine zutiefst politische Frage sei, ob man Infrastruktur als Teil der Daseinsvorsorge betrachte. Seine Fraktion sehe dies so. In der Vergangenheit seien diesbezüglich Fehler gemacht worden. So habe sich die Stadt vorschnell entschieden, Strom, Gas und Fernwärme zu verkaufen, und heute existierten dort stellenweise keine Steuerungsmöglichkeiten mehr.

Zu der von ihm in den Raum gestellten Frage, wer die Rolle der Telekom einnehmen kann, erklärt er, seine Fraktion sehe beispielsweise die Stadtwerke als geeigneten Akteur an, in Zukunft ein Glasfasernetz aufzubauen. Stand heute seien aber die Stadtwerke dazu nicht in der Lage, diese Aufgabe zu übernehmen. Diesbezüglich gebe es Handlungsbedarf, und die Notwendigkeit werde gesehen, in der Stadt selbst Kompetenz aufzubauen. Er unterstreicht nochmals die Notwendigkeit einer öffentlichen Diskussion. In der vorgeschlagenen Konstruktion sehe er einen Webfehler darin, dass trotz der von allen Seiten gesehenen großen Bedeutung nicht alles öffentlich diskutiert werden könne, da der Kooperationsvertrag dem entgegenstehe.

Nach Auffassung der SPD-Gemeinderatsfraktion müsse eine Konstruktion gefunden werden, um das Breitbandnetz in öffentliche Trägerschaft zu bekommen. Kompetenz bei der Stadt aufzubauen, sei notwendig, da dies die Grundlage für die Digitalisierung der Stadt sei. In diesem Zusammenhang nennt er die Stichworte Smart City, Autonomes Fahren und Reduzierung des Parksuchverkehrs. Diese Dinge verlangten zwingend nach einer guten und schnellen Datenverbindung und einer Vernetzung verschiedener Informations- und Datenaustauschsysteme, die auswerteten und steuerten. Die Stadt vergebe mit dem Geplanten diese Chance.

An die Verwaltung gewandt stellt er die Frage, ob es möglich ist, bis Ende des Jahres einen Weg zu skizzieren, wie die LHS perspektivisch zumindest einen Einstieg der Stadtwerke als relevanter Akteur im Breitbandausbau erreichen kann. Sollte dies nicht gelingen, werde der Beschlussantrag als falscher Weg angesehen. Geschaut werden müsse, einen Beschluss zu fassen, der die Möglichkeit eröffne, die Bevölkerung mitzunehmen, um Akzeptanz für den Ausbau dieser Technologie zu schaffen. Von daher werde die von der Gemeinderatsfraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN vorgeschlagene Auslagerung von 5G und Mobilfunk unterstützt. Damit könnte zumindest darüber eine Debatte geführt werden.

StR Pantisano (SÖS-LINKE-PluS) spricht sich mit Nachdruck dafür aus, ein städtisches Breitbandnetz aufzubauen. Er verweist auf die Vorgehensweise der Stadt Schorndorf. Weiter unterstreicht er die Bedeutung des Breitbandausbaus für den Technologiestandort Baden-Württemberg. Die Vorgehensweise der Stadt Schorndorf zeigt für ihn verantwortungsvolles Handeln für die zukünftige Daseinsvorsorge. Er wiederholt die Forderung von StR Rockenbauch, die von der Fraktionsgemeinschaft SÖS-LINKE-PluS gestellten Anträge heute zur Abstimmung zu stellen.

Für StR Zaiß (FW) gibt es Grenzen des Machbaren, was die Stadt Stuttgart bei der Daseinsvorsorge übernehmen kann. Für manche Bereiche würden Spezialisten benötigt. Bislang sei es nicht gelungen, den Bedarf an Breitbandanschlüssen zu stillen. Von daher sei es für seine Fraktion bedeutsam, dass die Telekom als kompetentes Unternehmen hier tätig werde. Er kündigt Zustimmung zur Vorlage an.

Durch StR Dr. Oechsner (FDP) wird ein Vergleich zwischen der LHS und der Stadt Schorndorf als schwierig bezeichnet. Vernünftig sei es, an das in Stuttgart bestehende Teilnetz mit der nun geplanten Kooperation anzuklinken. Er geht davon aus, dass die Inhalte der Kooperation mit der Telekom kompetent und zum Wohle der Stadt verhandelt wurden. Kooperationen der öffentlichen Hand mit der Privatwirtschaft dienten dazu, dass Dinge schnell, vernünftig und in guter Qualität umgesetzt werden. Die FDP-Gruppierung werde dem Beschlussantrag zustimmen.

Auf die Notwendigkeit eines Breitbandnetzausbaus angesichts der Bedarfe der Bürgerschaft und der Wirtschaft verweist ebenfalls StR Klingler. Das Thema werde bereits seit drei Jahren in verschiedenen Gremien besprochen. Seines Erachtens wird nun die Forderung nach Bürgerbeteiligung deswegen geäußert, da eine Gemeinderatswahl ansteht. Er verweist darauf, dass bei den Themen Luftreinhalteplan und Gebührenordnung ebenfalls keine Bürgerbeteiligung stattgefunden hat. Einen städtischen Aufbau eines solchen Netzes kann er sich schon aufgrund des Investitionsvolumens von 500 Mio. € nicht vorstellen. Die Telekom sieht er als kompetenten Partner an, wobei er darauf abhebt, dass sich ein Drittel der Telekom-Aktien im Bundesbesitz oder im Besitz der KfW befinden.

Für eine zügige Unterzeichnung des Kooperationsvertrages plädiert StR Brett (AfD), damit baldmöglichst mit einem Netzausbau begonnen werden kann. Kritisch äußert er sich dazu, dass bestimmte Dinge der Nichtöffentlichkeit unterliegen sollen.

Aus dem im WA durch Herrn Bahde (Breitbrandbeauftragter der Wirtschaftsregion Stuttgart) gehaltenen Vortrag, so Frau Aufrecht (OB/82), sei klargeworden, dass Stuttgart, was das Thema Glasfaserausbau anbelange, unter den deutschen Großstädten sich auf dem drittletzten Platz befinde. Vor diesem Hintergrund bestehe ein dringender Handlungsbedarf. Mittlerweile hätten 173 Kommunen zugestimmt, in Zweckverbände einzutreten. Die Zweckverbände seien Teil der zu gründenden Gigabit Region Stuttgart GmbH. Darunter würden sich auch Städte befinden, die nicht nur über eigene Stadtwerke verfügten, sondern deren Stadtwerke im Bereich Glasfaserausbau und Breitbandnetze aktiv seien. Auch diese Städte würden einen Mehrwert durch die Kooperation mit der Telekom sehen.

Zum Vorwurf der "Rosinenpickerei" gegenüber der Telekom - dieser sei in einigen Wortmeldungen zum Ausdruck gekommen - wolle sie anmerken, die Telekom und die LHS würden im Vertrag zwischen eigenwirtschaftlichem Ausbau und kooperativem Ausbau unterscheiden. Diesen kooperativen Ausbau gebe es deshalb, da es nun mal Gebiete gebe, die wirtschaftlich schwierig darzustellen seien. Vorgesehen werde, dass zweimal im Jahr die Priorisierung der Gebiete miteinander abgestimmt werde. Die Dynamik liege darin, dass natürlich die Bebauung und der Ausbau der Gebiete selbst einer gewissen Dynamik unterliegen, schließlich würden andere Marktteilnehmer ebenfalls Ausbauten vornehmen. Der Gemeinderat könne versichert sein, dass die LHS sehr wohl wisse, und dies sei dem Gemeinderat durch die Erstellung des Masterplans bekannt, wo es weiße Flecken gebe und wo sich Druckpunkte befänden. Es gehe darum, diese Druckpunkte zu beseitigen und entsprechend auszubauen.

Weiter hebt sie hervor, es gebe in Stuttgart bereits beachtliche Netze von Privaten. Eines der größten befinde sich in der Hand der Telekom. Gesprochen werde also nicht über einen Neuausbau, sondern darüber, ein bestehendes Netz zu optimieren bzw. weiter auszubauen, und dies eben im Rahmen einer Kooperation. Angesichts der bereits vorhandenen Netze sei es der Verwaltung sehr wichtig, und dies sei die Voraussetzung dafür gewesen, eine Kooperation mit der Telekom einzugehen, dass seitens der Telekom zugesichert werde, dass eben die Telekom zu marktüblichen Konditionen Wettbewerbern ihre Netze überlasse.

Wenn über ein eigenes städtisches Netz mit einem Investitionsvolumen von 500 Mio. € gesprochen werde, stelle sich die Frage, ob eine Investition von 500 Mio. € für ein Parallelnetz sinnvoll sei. Ein Parallelnetz bedeute, dass bereits bestehende Leitungen überbaut werden müssten. Hier stelle sich ferner die Frage der Wirtschaftlichkeit und ob es sinnvoll sei, dafür Steuermittel zu investieren. Ob die Vorgehensweise der Stadt Schorndorf wirtschaftlich sinnvoll sei, werde sich in einigen Jahren zeigen.

Wenn sich Stadtwerke engagierten, auch die Stadtwerke Stuttgart (SWS), müsste ein extrem langer Planungsprozess vorangetrieben werden, um erst einmal ein Leitungsnetz verlegen zu können. Die SWS würden durch den geplanten Kooperationsvertrag nicht daran gehindert, aktiv zu werden.

Bezogen auf die Themen Endzeitregelung oder Rückkauf bzw. Kauf der Telekom-Netze weist Frau Aufrecht darauf hin, dass es sich nicht um einen regulierten Markt handelt. Die Vergleichbarkeit mit den Fernwärmenetzen sei so nicht gegeben. Außerdem gebe es kein gefördertes baden-württembergisches Betreibermodell, in dessen Rahmen Kommunen ausbauten unter Förderbedingungen und dann ein Kaufrecht des Dienste-Anbieters bestehe. Die GRS einige sich mit der Telekom auf ein Ausbauprogramm, aber nicht darauf, dass die Telekom im Auftrag der Kommunen ein Netz baue, welches die Kommunen anschließend zurückkauften.

5G in der LHS weiter voranzutreiben, sei durchaus bedeutsam. Dies sei nicht nur für die Wirtschaft, sondern insgesamt für die Bevölkerung von elementarer Bedeutung. Schließlich lebe auch die Bevölkerung von den Arbeitsplätzen, die es in der derzeitigen Umbruchsituation gebe. Die LHS habe Verhandlungen mit der Telekom aufgenommen, dass 5G und Mobilfunk aus dem Vertrag nachträglich nochmals ausgeklammert würden. Hier spreche sie jedoch lediglich für die Stadt Stuttgart.

Herr Bahde geht auf die Frage ein, welche Fähigkeiten eigentlich eine Stadt wie Stuttgart haben muss und welche Voraussetzungen vorliegen müssen, um eigenständig ein Breitbandnetz aufbauen zu können. Hierzu merkt er an, die derzeitigen Voraussetzungen in der LHS seien dafür denkbar schlecht. So gebe es kein Netz in kommunaler Hand. Eine passive Infrastruktur (Leerrohre, Trassen) sei natürlich vorhanden, aber de facto müsste die Stadt komplett neu beginnen, um ein solches Netz aufzubauen. Dafür würden, wenn die Finanzierung geklärt wäre, Tiefbaukapazitäten, die es derzeit und über Jahre hinaus am Markt nicht gebe, benötigt. Andererseits, dies sei von der Wirtschaftsförderung der Region mitverhandelt worden, könne die Deutsche Telekom auf drei Jahre auf die notwendigen Bauunternehmen zurückgreifen. Selbst zu bauen wäre für die LHS also schwierig. Aus Kostengesichtspunkten würde es in diesem Fall Sinn machen, einen sogenannten synergetischen Ausbau durchzuführen (Netzaufbau im Zuge von Verkehrswegesanierungen). Untersuchungen belegten, dass ein solcher
synergetischer Ausbau in einem Stadtgebiet wie Stuttgart bis zu 50 Jahre andauere. Selbst wenn es sich nur um 40 Jahre handeln sollte, wäre dieser Zeitraum viel zu lang, da so die Bedürfnisse der Bürgerschaft und insbesondere der Unternehmen nur ansatzweise erfüllt werden könnten. Insofern halte er einen städtischen Netzaufbau unter Kosten- und zeitlichen Gesichtspunkten sowie unter dem Gesichtspunkt nicht vorhandener Baukapazitäten für schlichtweg nicht möglich. Einer der Hauptgründe für die Verhandlungen mit der Telekom sei gewesen, der angesprochenen "Rosinenpickerei" ein Ende zu setzen und gemeinsam die Druckpunkte der Unterversorgung zu definieren. Ziel sei, unterversorgte Gebiete mit auszubauen, die Stand heute ansonsten wahrscheinlich über Jahre hinaus nicht erschlossen würden.


Durch den Vorsitzenden wird anschließend unterstrichen, heute werde nicht darüber entschieden, ob die Telekom das Breitbandnetz erhalte, sondern es solle eine Gesellschaft, eine Kooperationsvereinbarung, die zusammen mit der Telekom die Region mit schnellem Internet und 5G-Leitungen ausstattet, beschlossen werden. Beispielsweise bestehe die Rolle der LHS darin, Leerrohre zur Verfügung zu stellen, und möglich sei auch, mit den SWS in dieses Geschäft im Rahmen der zu beschließenden Kooperation einzusteigen. In den letzten drei Jahren sei allerdings im SWS-Aufsichtsrat kein Antrag auf Einstieg in den Breitbandnetzausbau gestellt worden, jedenfalls nicht in der Weise, dass Entsprechendes zur Beschlussfassung gestellt worden wäre. Immer mal wieder hätten sich Diskussionen auch zum Thema Elektro-Ladeinfrastruktur ergeben, aber die Antwort des Vorstandes, auch in von ihm geführten Vorbesprechungen, sei stets gewesen, die SWS müssten sich auf die Frage der Netzübernahme und auf urbane Energiesysteme mit Wind und Photovoltaik konzentrieren. Dies könnten zwar die Vertreter der SPD-Gemeinderatsfraktion, die StRe Körner und Pfeifer, dort ansprechen, allerdings wären seines Erachtens damit die Stadtwerke angesichts der ihm vorliegenden Zahlen zu Zeitabläufen und Finanzierungen etc. überfordert. Von daher sei er froh über das Angebot der Region, dem im Übrigen die SPD-Mitglieder des Regionalparlaments zugestimmt hätten, da diese ebenfalls Chancen für die Region in dieser Vorgehensweise erkannten. Ein weiteres Jahr zu diskutieren, wäre fahrlässig. Auch die Bundestagsfraktionen artikulierten mit Nachdruck großen Entwicklungsbedarf beim Breitbandausbau. Von dort werde übereinstimmend erklärt, benötigt werde nun ein großer Schritt. Entsprechendes befinde sich auch im Koalitionsvertrag, allerdings sei in diesem Papier der Fehler gemacht worden, diese Aufgabenstellung auf zu viele Personen/Ministerien aufzuspalten. Schon vor diesem Hintergrund sei es eine Illusion zu glauben, die SWS könnten den Breitbandausbau selbst schultern. In diesem Unternehmen müsse der Aufbau anderer Geschäftsfelder Vorrang haben.

Von StR Perc werden Bestrebungen vermisst, die derzeitige Situation, nämlich dass die SWS ein solches Projekt nicht stemmen können, zu ändern. Wenn darüber Einigkeit bestehe, dass Stuttgart perspektivisch selbst solche Kompetenzen benötige, müssten doch irgendwann entsprechende Weichenstellungen erfolgen, damit solche Kompetenzen aufgebaut werden könnten. An die SWS sollte ein Signal ausgesandt werden, dass der Gemeinderat dort solche Kompetenzen angesiedelt haben möchte. Dies werde nicht heute und nicht morgen möglich sein, dessen sei sich seine Fraktion bewusst, aber wenn nicht einmal darüber diskutiert werden könne, werde dies nie der Fall sein. Von daher werde die Bitte geäußert, dies aufzugreifen.

Dann, so der Oberbürgermeister, sei eine perspektivische Diskussion über die Aufgabenstellung der SWS erforderlich. Im Rahmen einer solchen Diskussion würde er den Stand bei den Themen Elektromobilität, Ladesäulen und v. a. m. hinterfragen, um zu klären, welche Aufgabenerledigungen eigentlich von den SWS gewünscht werden. Eine Alternative zu der Kooperationsvereinbarung lasse sich damit allerdings nicht beschreiben, diese werde dennoch benötigt.

StR Conz (FDP) verweist darauf, dass neben der Telekom auch noch andere Telekommunikationsanbieter wie Telefonica und Vodafone bereits Leitungen verlegt haben. Leitungen seien notwendig für den Aufbau der Infrastruktur, und diese Infrastruktur werde zudem für den Mobilfunkbereich (5G) benötigt. Er spricht sich mit Nachdruck gegen eine Vertagung aus.

Abstimmungsteil

Durch den Vorsitzenden wird auf den Antrag Nr. 371/2018 "Breitbandausbau unter Kontrolle der öffentlichen Hand entwickeln" der Fraktionsgemeinschaft SÖS-LINKE-PluS vom 21.11.2018 hingewiesen. Dieser Antrag werde demnächst beantwortet. Nach der Beantwortung, so schlägt er StR Rockenbauch vor, könne dieser Antrag, der heute nicht auf der Tagesordnung stehe, wieder aufgerufen werden.

Als möglich erachtet StR Rockenbauch, die Punkte 2 "Entwicklung energieeffizienter Netze" und 3 "Datenschutz durch öffentliche Kontrolle garantieren!" dieses Antrags heute auszuklammern. Die Grundsatzentscheidung, Antragspunkt 1 "Ein kommunales Netz für alle Anbieter", dürfe heute nicht verschoben werden. Dieser Antragspunkt sei heute auch der weitestgehende. Dies bestätigt OB Kuhn und stellt dazu fest:

Der Gemeinderat lehnt die Antragsziffer 1 des Antrags Nr. 371/2018

"Ein kommunales Netz für alle Anbieter"
Die Stadt Stuttgart baut aus und betreibt das Glasfasernetz in Stuttgart als Eigenwirtschaftsbetrieb oder durch ein Tochterunternehmen der Stadtwerke, wie es ursprünglich angedacht war (GRDrs 514/2018, Seite 7). Für die Kooperation in der Region wird die Form eines Zweckverbandes gewählt.

mehrheitlich bei 7 Stimmenthaltungen ab.

Zum zweitweitestgehenden Antrag, dem Antrag Nr. 162/2019 "Bürgerbeteiligung bei Breitbandausbau" der Fraktionsgemeinschaft SÖS-LINKE-PluS vom 06.05.2019, stellt OB Kuhn fest:

Der Gemeinderat lehnt den Antrag "Die Durchführung einer Bürgerbeteiligung zu den Themen Breitbandausbau, Smart City und 5 G-Mobilfunk im Vorfeld der Beschlussfassung über GRDrs 392/2019 und 278/2019" bei 6 Ja-Stimmen mehrheitlich ab.

Nachdem der Oberbürgermeister den Antrag Nr. 170/2019 "Gigabit Region Stuttgart, Konzentration auf Breitband" der Bündnis 90/DIE GRÜNEN-Gemeinderatsfraktion vom 08.05.2019 aufgerufen hat, erklärt StR Dr. Fiechtner zur Geschäftsordnung, da die
Sitzung bereits länger als vier Stunden andauere, könnten keine wirksamen Abstimmungen mehr stattfinden. Da der
Oberbürgermeister und EBM Dr. Mayer dieser Einschätzung widersprechen, bittet StR Dr. Fiechtner um Nennung der entsprechenden Rechtsnorm. Dem nachkommend verweist EBM Dr. Mayer auf § 39 der Geschäftsordnung des Gemeinderats (GOG). Dort werde ausgeführt, dass der Gemeinderat von der Geschäftsordnung, soweit gesetzliche Vorschriften nicht entgegenstehen, abweichen könne. Im vorliegenden Fall, so EBM Dr. Mayer, gebe es in der Gemeindeordnung (GemO) keine entgegenstehenden gesetzlichen Vorschriften. Nach dieser Erklärung zieht StR Dr. Fiechtner seinen Antrag zurück.

Daraufhin stellt OB Kuhn zum Antrag Nr. 170/2019 fest:

Der Gemeinderat lehnt den Antrag

1. Alle Inhalte in den seitens der Landeshauptstadt abzuschließenden Verträgen zur "Gigabit Region Stuttgart GmbH" (GRS), die 5G- oder Mobilfunk betreffen, werden gestrichen.

2. Die oben genannte Beantwortung unserer Fragen durch die Wirtschaftsförderung, die nicht 5G- oder Mobilfunk betreffen, wird dem Protokoll angehängt und dient als inhaltliche Präzisierung der Beschlüsse.

bei 26 Ja-Stimmen und 26 Gegenstimmen sowie 1 Stimmenthaltung ab.

Von StR Winter wird dieses Abstimmungsergebnis bedauert. Dieses sei, obwohl eigentlich eine politische Mehrheit für diesen Antrag bestanden habe, zustande gekommen, da bereits einige Ratsmitglieder die Sitzung verlassen hätten. Seine Fraktion werde dem Beschlussantrag der GRDrs 278/2019 dennoch zustimmen. Er bringt seine Auffassung zum Ausdruck, dass es begrüßenswert wäre, wenn im Rahmen der Umsetzung zu der Frage "Wie werden wir 5G umsetzen und Ähnliches" ein Beteiligungsprozess gefunden werden könnte.

Darauf abhebend, dass der Oberbürgermeister an der Abstimmung über den Antrag Nr. 170/2018 nicht teilgenommen hat, erklärt StR Kotz, er empfinde es schon als etwas peinlich, dass die bürgerlichen Kräfte im Gemeinderat die Vorlage des Oberbürgermeisters hätten "retten müssen". Verweisend auf die nun stattzufindende Abstimmung über die GRDrs 278/2019 entgegnet OB Kuhn, an der Abstimmung über diesen Beschlussantrag werde er selbstverständlich teilnehmen und dem Beschlussantrag zustimmen.



Er stellt abschließend zu der GRDrs 278/2019 fest:

Der Gemeinderat beschließt bei 5 Gegenstimmen und 2 Stimmenthaltungen mehrheitlich wie beantragt.

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