Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Allgemeine Verwaltung/Kultur und Recht
Gz:
AKR (10-5)
GRDrs
762/2022
Stuttgart,
01/20/2023
Flexibilisierung der Personalgewinnung
Beschlußvorlage
Vorlage an
zur
Sitzungsart
Sitzungstermin
Verwaltungsausschuss
Gemeinderat
Vorberatung
Beschlussfassung
öffentlich
öffentlich
25.01.2023
26.01.2023
Beschlußantrag:
Den folgenden
Maßnahmen zur Personalgewinnung und -bindung
wird zugestimmt.
1. Bei der
Eingruppierung
kann künftig auf die
Anforderungen in der Person (einschließlich Ausbildungs- und Prüfungspflicht)
im Sinne der Nr. 2 und/oder Nr. 7 der Grundsätzlichen Eingruppierungsregelungen (Vorbemerkungen) der Anlage 1 – Entgeltordnung zum TVöD verzichtet werden. § 12 Abs. 2 Satz 6 TVöD findet insoweit keine Anwendung.
2. Bisher kann eine
Arbeitsmarktzulage in besonders zu begründenden Einzelfällen
befristet und zur Personalgewinnung gewährt werden. Künftig ist dies
auch
unbefristet
und auch zur
Personalbindung
möglich.
3. Bei Neueinstellungen werden im Fall eines Wechsels auf eine höher oder niedriger bewertete Stelle künftig „
fiktive“ stufengleiche Höher- oder Herabgruppierungen
durchgeführt.
4. Bei Neueinstellungen
können externe Bewerber*innen künftig
in besonders zu begründenden Einzelfällen übertariflich
einer höheren Stufe zugeordnet werden
als dies aufgrund der beruflichen Erfahrungszeiten bisher möglich ist.
5. Die
Finanzierung der Mehraufwendungen
in Höhe von bis zu 800.000 ab dem Haushaltsjahr 2023 erfolgt innerhalb der Personalkostenbudgets. Die Verwaltung wird im Haushaltsjahr 2023 ermächtigt erforderlichenfalls den daraus entstehenden überplanmäßigen Mittelbedarf aus der Deckungsreserve (Teilplanansatz für Personalaufwand) im Teilhaushalt 900 – Allgemeine Finanzwirtschaft, Amtsbereich 9006120 – Sonstige allgemeine Finanzwirtschaft, Kontengruppe 440 – Sonstige ordentliche Aufwendungen zu decken.
6. Die Anwendung der Maßnahmen wird zunächst
bis zum 31.12.2025 befristet
. Nicht befristet werden dagegen die auf Grundlage dieses Beschlusses getroffenen individuellen Entscheidungen, wie Höhergruppierungen, Stufenzuordnungen und Zulagengewährungen. Über eine eventuelle Verlängerung der Maßnahmen wird unter den Gesichtspunkten ihrer Wirksamkeit, tariflicher Weiterentwicklungen, der Arbeitsmarktlage sowie der Finanzierbarkeit entschieden.
Die Erläuterungen zu den einzelnen Maßnahmen finden sich in der
Anlage
.
Kurzfassung der Begründung:
Ausführliche Begründung siehe Anlage 1
Seit Jahren sehen sich öffentliche Arbeitgeber – so auch die Landeshauptstadt Stuttgart – mit zunehmenden Personalgewinnungsschwierigkeiten konfrontiert. Ursachen hierfür sind bekanntermaßen u.a. in der demografischen Entwicklung, dem vorherrschenden Fachkräftemangel sowie dem damit verbundenen zunehmenden Wettbewerb um qualifizierte Arbeitskräfte zu finden.
Auch wenn seit 2012 wiederholt an sich erfolgreiche Maßnahmen zur Personalgewinnung und -erhaltung beschlossen und ergriffen wurden, verschärft sich die Situation zunehmend. Hierüber hat das Haupt- und Personalamt bereits im September 2021 im Personalbeirat berichtet (siehe GRDrs. 170/2021).
Immer häufiger stehen für freie Stellen nur wenige geeignete Bewerber*innen zur Verfügung, stellenweise werden Positionen sogar mehrmals ohne Erfolg zur Besetzung ausgeschrieben. Trotzdem gelingt es nicht immer, qualifiziertes Personal am Arbeitsmarkt zu gewinnen. Insbesondere in Mangelbereichen muss daher auch in Betracht gezogen werden, den Personalbedarf vermehrt mit sog. Quereinsteigenden zu decken. Damit dies gelingen kann, ist es notwendig die Personalauswahl zu flexibilisieren und weitere stadteigene Qualifizierungsprogramme zu etablieren. Um die Bewerberlage zu verbessern, externe Expertise zu gewinnen und damit eine schnellere Besetzung offener Stellen zu ermöglichen, soll der Fokus künftig stärker auf den Fähigkeiten, Kenntnissen und Erfahrungen liegen und die Möglichkeiten zur Eingruppierung und Bezahlung weiter flexibilisiert werden.
Aktuell wird die Gewinnung von Quereinsteigenden u.a. durch die tariflichen Vorgaben erschwert. Dazu gehören beispielsweise die Regelungen über die Zuordnung Neueingestellter zu den Erfahrungsstufen oder die Anforderungen an die persönliche Qualifikation und damit ggf. verbundene Abstriche bei der Eingruppierung. Neue Ansätze zur Personalgewinnung und -bindung, die zum Teil über die aktuellen tariflichen Möglichkeiten hinausgehen, sind deshalb in diesen Bereichen zur Verbesserung der Personalgewinnung ohne Alternative.
Voraussetzung für die Umsetzung eines Teils der Maßnahmen, insbesondere den Verzicht auf die Ausbildungs- und Prüfungspflicht bzw. die persönlichen Anforderungen nach der Entgeltordnung, ist daher die Bereitschaft, vom Tarifrecht und der Linie des Kommunalen Arbeitgeberverbands (KAV) Baden-Württemberg zumindest teilweise abzuweichen. Die Landeshauptstadt wird sich beim KAV weiterhin dafür einsetzen, dass die beschriebenen Änderungen ins Tarifgefüge aufgenommen werden.
Finanzielle Auswirkungen
Die Finanzierung der Mehraufwendungen in Höhe von bis zu 800.000 EUR ab dem Haushaltsjahr 2023 erfolgt innerhalb der Personalkostenbudgets. Erforderlichenfalls wird ein daraus entstehender überplanmäßiger Mittelbedarf aus der Deckungsreserve (Teilplanansatz für Personalaufwand) im Teilhaushalt 900 – Allgemeine Finanzwirtschaft, Amtsbereich 9006120 – Sonstige allgemeine Finanzwirtschaft, Kontengruppe 440 – Sonstige ordentliche Aufwendungen gedeckt. Für die Folgejahre werden die Mehraufwendungen bei der Aufstellung des Doppelhaushaltsplans 2024/2025 berücksichtigt.
Beteiligte Stellen
Referat WFBAmt 17
Der GPR hat im Rahmen des gesetzlich vorgesehenen Beteiligungsverfahrens zugestimmt.
Vorliegende Anträge/Anfragen
-
Erledigte Anträge/Anfragen
-
Dr. Fabian Mayer
Erster Bürgrmeister
Anlagen
1 - ausführliche Begründung der Einzelmaßnahmen
<Anlagen>
Eine erfolgreiche Personalgewinnung und -bindung ist von vielen Faktoren abhängig, wie z.B. von der Unternehmenskultur, den Strukturen vor Ort, den wahrzunehmenden Aufgaben und Entwicklungsperspektiven, der Bezahlung und der Vereinbarkeit von Arbeit und Privatleben. Hierzu hat die Landeshauptstadt in den vergangenen Jahren bereits zahlreiche erfolgreiche Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen und des Arbeitgeberimages beschlossen und umgesetzt. Die hier dargestellten Maßnahmen sollen insbesondere die Verhandlungsposition der LHS bei der Personalgewinnung und -bindung stärken und können kumulativ zur Anwendung kommen:
1.
Eingruppierung – Möglichkeit des Verzichts auf Anforderungen in der Person
Aktueller Stand:
Ist in einem Tätigkeitsmerkmal als Anforderung eine Voraussetzung in der Person der/des Beschäftigten bestimmt, muss gemäß § 12 Abs. 2 S. 6 TVöD auch diese Anforderung erfüllt sein. Dazu zählen insbesondere bestimmte Vor- oder Ausbildungen sowie bestimmte Zeiten praktischer Erfahrung.
Besondere Schwierigkeiten aus Sicht der Personalgewinnung bereitet Nr. 7 der Grundsätzlichen Eingruppierungsregelungen (Vorbemerkungen) der Anlage 1 – Entgeltordnung (VKA) zum TVöD. Hiernach ist für die Eingruppierung in bestimmten Entgeltgruppen neben der Erfüllung tätigkeitsbezogener Anforderungen zusätzlich auch ein Besuch eines Lehrgangs mit abschließender Prüfung erforderlich (sogenannte
„Ausbildungs- und Prüfungspflicht“
). Diese tarifliche Anforderung gilt nur im Bereich bestimmter kommunaler Landesverbände; dazu gehört unter anderem der Kommunale Arbeitgeberverband Baden-Württemberg. Von der Regelung betroffen sind Beschäftigte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst (Teil A, Abschnitt I Ziff. 3 der Entgeltordnung) sowie im Kassen- und Rechnungswesen (Teil B, Abschnitt XIII der Entgeltordnung). Das bedeutet:
Auf der
Ebene des mittleren Dienstes
setzt eine Eingruppierung ab EG 5 TVöD in den o.g. genannten Bereichen entweder eine der Tätigkeit entsprechende dreijährige, anerkannte Ausbildung voraus oder eine sogenannte Erste Prüfung (Angestelltenlehrgang I). Können Stelleninhaber*innen keine dieser Qualifikationen vorweisen, sind sie im Vergleich zur Bewertung der Tätigkeit eine Entgeltgruppe niedriger einzugruppieren. Um entsprechend der Bewertung der Tätigkeit eingruppiert werden zu können, müssen sie die Erste Prüfung nachholen.
Bewerber*innen mit passenden Fähigkeiten für zu besetzende Stellen, aber ohne entsprechende dreijährige Ausbildung oder Erste Prüfung im Sinne der Entgeltordnung werden von der niedrigeren Eingruppierung abgeschreckt. Je nach bisherigem Werdegang und weiterer Karriereplanung wird das Absolvieren eines zusätzlichen Lehrgangs zum Teil als unattraktiv wahrgenommen. Zudem gibt es bei der LHS sogenannte Mischarbeitsplätze. Diesen Stellen liegt zwar eine entsprechende Bewertung zugrunde, es gibt aber keine passgenaue dreijährige Ausbildung. In der Regel fehlt die klassische Verwaltungsprägung. Daher ist für die Ausübung dieser Tätigkeiten die Erste Prüfung (Angestelltenlehrgang I) oftmals nicht nützlich.
Auf der
Ebene des gehobenen Dienstes
wird für eine Eingruppierung in den Entgeltgruppen 9b bis 12 TVöD der oben genannten Bereiche eine der Tätigkeit entsprechende abgeschlossene Hochschulbildung oder eine Zweite Prüfung (Angestelltenlehrgang II bzw. Abschluss Verwaltungsfachwirt*in) gefordert. Liegt keine der Qualifikationen vor, müssen Stelleninhaber*innen im Vergleich zur Bewertung der Tätigkeit tariflich ebenfalls eine Entgeltgruppe niedriger eingruppiert werden. Für eine Eingruppierung, die der Bewertung der Tätigkeit entspricht, müssen sie die Zweite Prüfung nachholen.
Eine Ausnahme bilden hier nur die sogenannten „sonstigen Beschäftigten, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben“. Die Voraussetzungen für eine Eingruppierung als „sonstige*r Beschäftigte*r“ sind aufgrund BAG-Rechtsprechung jedoch sehr hoch.
Es hat sich gezeigt, dass sich Hochschulabsolvent*innen von Stellen im unteren Bereich des gehobenen Dienstes oft nicht angesprochen fühlen.
Hinzu kommt, dass in manchen Bereichen je nach Prägung der Stelle die Einstellung eines/r Bewerber*in mit Fachwirtabschluss alternativ durchaus sinnvoll wäre, beispielsweise im Finanzbereich oder im Sozial- und Gesundheitsdienst. Jedoch werden Fachwirtabschlüsse im TVöD nicht als Zweite Prüfung anerkannt (Ausnahme: Verwaltungsfachwirt). Auch die relativ neue Abschlussbezeichnung „Bachelor Professional“, die mittels Prüfung bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) erreicht wird und sich auf der Ebene der Fachwirte bewegt, wird tarifrechtlich nicht als Zweite Prüfung anerkannt.
Die Mitgliederversammlung der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) hat ihren Mitgliedsverbänden, bei denen die Ausbildungs- und Prüfungspflicht besteht, zuletzt mit Beschluss vom 16.04.2018 freigestellt, wegen der insbesondere in Großstädten bestehenden Personalgewinnungsprobleme in bestimmten Tätigkeitsbereichen der Verwaltung „zur effizienten Personalgewinnung bei der Eingruppierung zum Erfordernis der ersten Prüfung und/oder der zweiten Prüfung modifizierte Regelungen (Richtlinien) zu beschließen. Hiervon hat z. B. der Kommunale Arbeitgeberverband (KAV) Bayern bereits Gebrauch gemacht. Es steht zu vermuten, dass der KAV
Baden-Württemberg einer Öffnung bzw. Modifizierung der Regelung nicht offen gegenübersteht.
Unabhängig davon regelt Nr. 2 der Vorbemerkungen der Entgeltordnung (VKA) zum TVöD, dass Beschäftigte, die eine von der Entgeltordnung geforderte Vorbildung oder Ausbildung nicht besitzen, im Vergleich zur Stellenbewertung eine Entgeltgruppe niedriger einzugruppieren sind. Eine Ausnahme bilden auch hier nur die sogenannten „sonstigen Beschäftigten“ (s.o.). In wenigen Bereichen sieht die Entgeltordnung zudem eine bestimmte Eingruppierung für „Beschäftigte in der Tätigkeit von …“ vor, z.B. im Bereich der Musikschullehrer*innen oder des Sozial- und Erziehungsdienstes.
Die niedrigere Eingruppierung führt generell in der Praxis nicht selten zu Problemen bei der Personalgewinnung.
Künftige Verfahrensweise:
Vor diesem Hintergrund soll bei der LHS künftig
auf die Anforderungen in der Person der Beschäftigten
im Sinne der Nr. 2 bzw. Nr. 7 der Grundsätzlichen Eingruppierungsregelungen (Vorbemerkungen) der Anlage 1 – Entgeltordnung zum TVöD
verzichtet
werden können. D.h. das Entgelt soll rein nach der Bewertung der Stelle bezahlt werden können, wenn die sonstigen Voraussetzungen erfüllt sind. Um eine Schlechterstellung Bestandsbeschäftigter zu vermeiden, soll auch bei bestehenden Arbeitsverhältnissen entsprechend verfahren werden können.
Durch diese Maßnahme kann künftig ein größerer Bewerberkreis angesprochen, in die Auswahl einbezogen und leichter für eine Einstellung gewonnen werden. Dies kann in vielen Fällen wesentlich zur Stellenbesetzung beitragen. Den Ämtern und Eigenbetrieben steht es jedoch weiterhin frei, im Anforderungsprofil bestimmte Qualifikationen zu fordern, um notwendige Qualitätsstandards in der Aufgabenerfüllung zu gewährleisten und um hochwertige Ausbildungsstandards nicht abzuwerten.
Voraussetzung für die Umsetzung ist allerdings die Bereitschaft, vom Tarifrecht und der Linie des KAV Baden-Württemberg zumindest teilweise abzuweichen. Die LHS ist
als Mitglied des KAV Baden-Württemberg verpflichtet, die Tarifverträge anzuwenden
und diese grundsätzlich weder unmittelbar noch mittelbar zu überschreiten.
Zu berücksichtigen ist auch, dass ein genereller Verzicht auf die tariflich vorgeschriebene Ausbildungs- und Prüfungspflicht zu einem gewissen
Attraktivitätsverlust der (LHS-eigenen) Ausbildung
führen kann. Da jedoch bereits heute nicht ausreichend Absolvent*innen in den Ausbildungs- und Studiengängen zur Verfügung stehen, ist die Öffnung für Quereinsteigende ohne Alternative. Zudem ermöglicht auch weiterhin nur der Abschluss in der verwaltungseigenen Aus- bzw. Weiterbildungsgängen den Zugang zum vollständigen Spektrum der Tätigkeiten bei der Landeshauptstadt. Es wird deshalb auch für Quereinsteigende attraktiv sein, sich entsprechend weiterzuqualifizieren. Zu diesem Zweck bietet die Stadt bereits finanziell geförderte Weiterbildungsangebote. Darüber hinaus wird es unerlässlich sein, aufgabenspezifische Qualifizierungs- und Einarbeitungsprogramme für Quereinsteigende zu entwickeln und umzusetzen. Für diesen Zweck hat der Gemeinderat im kleinen Stellenplan aktuell drei Vollzeitstellen für die Abteilung Personalentwicklung, Aus- und Weiterbildung des Haupt- und Personalamts beschlossen.
Kostenschätzung: Da die Stellenbesetzung entsprechend der Bewertung der Stellen erfolgt, ergibt sich mittel- bis langfristig keine Kostensteigerung gegenüber dem Stellenplan.
2.
Verstärkte Nutzung von Zulagen – hier:
Arbeitsmarktzulage in besonders zu begründenden Einzelfällen
Aktueller Stand:
Über die Regelungen des TVöD hinaus ermöglicht der
KAV Baden-Württemberg
den Arbeitgebern seit einigen Jahren die Nutzung verschiedener Instrumente zur Verbesserung der Personalgewinnung und -bindung insbesondere mittels Zulagen.
Dazu gehören die übertarifliche Fachkräftezulage sowie die Stufenvorweggewährung – beides im Rahmen der
Fachkräfte-Richtlinie
(Arbeitgeberrichtlinie der VKA zur Gewinnung und zur Bindung von Fachkräften, insbesondere auf dem Gebiet der Informationstechnik und von Ingenieurinnen und Ingenieuren, in der Fassung vom 17.04.2018, verlängert bis 31.12.2027 durch Beschluss der Mitgliederversammlung der VKA vom 12.11.2021):
·
übertarifliche Fachkräftezulage aufgrund des o.g. KAV-Beschlusses
Zur Personalgewinnung und -bindung kann – auch wiederholt – befristet für bis zu zehn Jahre eine übertarifliche Fachkräftezulage gezahlt werden. Der mögliche Betrag beläuft sich auf maximal 1.000,00 € brutto monatlich (bei Teilzeitbeschäftigung entsprechend anteilig; etwaige Arbeitsmarktzulagen werden auf den Höchstbetrag angerechnet).
·
Stufenvorweggewährung
aufgrund des o.g. KAV-Beschlusses
Über die Regelungen des § 16 Abs. 2 und 2a TVöD hinaus kann eine höhere Stufe vorweggewährt werden. Dies ist möglich zur Gewinnung von Fachkräften bis zur Stufe 3 sowie zur Bindung von Bestandsbeschäftigten generell bis zur Stufe 3, in besonderen Fällen bis zur Stufe 4.
Diese Instrumente können im begründeten Einzelfall bei Fachkräften mit Fachhochschul- oder Hochschulausbildung und entsprechender Tätigkeit ab Entgeltgruppe 9b bzw. den entsprechenden Entgeltgruppen der Anlage C (Sozial- & Erziehungsdienst) oder Anlage E (Beschäftigte in der Pflege) zum TVöD, im IT-Bereich ab Entgeltgruppe 9a zur Anwendung kommen.
Die Möglichkeiten, die die Richtlinie bietet, wurden bislang in Einzelfällen genutzt und haben Erfolg gezeigt. Dabei wurde fast ausschließlich die Zulagenoption gewählt. Bei den gewährten Zulagen variierte der Zulagenbetrag und bewegte sich in der Regel im unteren Bereich.
Es ist davon auszugehen, dass die Fachkräfterichtlinie angesichts der sich weiter verschärfenden Situation bei der Gewinnung und Bindung von Fachkräften für die LHS künftig eine wichtigere Rolle spielen wird. Als Geschäft der laufenden Verwaltung bedarf die Anwendung der Fachkräfterichtlinie keines gesonderten Gemeinderatsbeschlusses, wenn diese einzelfallbezogen und in begrenztem Umfang erfolgt.
Darüber hinaus hat der KAV Baden-Württemberg die Möglichkeit einer
Arbeitsmarktzulage
im Jahre 2009 eröffnet. Das Instrument kommt bei der LHS schon in verschiedenen Ausgestaltungen erfolgreich zum Einsatz.
Gerade bei der Besetzung von Positionen, die den Mitarbeitenden besondere Qualifikationen oder Spezialwissen abverlangen, kann eine Arbeitsmarktzulage ausschlaggebend sein dafür, dass Bewerber*innen sich für ein Arbeitsverhältnis mit der LHS entscheiden. Derartige Bewerber*innen wissen um ihren Wert und erhalten in der freien Wirtschaft Angebote, mit denen öffentliche Arbeitgeber allein aufgrund der tariflich gegebenen Bezahlung nicht gleichziehen können.
Bislang kann bei der Landeshauptstadt Stuttgart bereits
in besonders zu begründenden Einzelfällen
eine übertarifliche Arbeitsmarktzulage in Höhe von bis zu 20 v. H. der Stufe 2 der jeweiligen Entgeltgruppe (bei Teilzeitbeschäftigung anteilig) gewährt werden zur
Personalgewinnung
(d.h. nur bei Einstellung),
befristet
für eine Dauer von bis zu 5 Jahren. Im Wettstreit mit der freien Wirtschaft reicht dies ggf. nicht aus, da die finanzielle Planungssicherheit der Bewerber*innen durch die Befristung der Zulage eingeschränkt ist. Außerdem kann dieses Instrument bisher nicht zur Personalbindung, d.h. zur Vermeidung von Abwanderung der Mitarbeitenden genutzt werden.
Künftige Verfahrensweise:
In besonders zu begründenden Einzelfällen
soll auch
unbefristet
und auch
zur Personalbindung
eine Arbeitsmarktzulage in der genannten Höhe gewährt werden können.
Kostenschätzung: Es wird mit zusätzlichen Kosten von jährlich bis zu 150.000 € gerechnet.
3.
„Fiktive“ stufengleiche Höher- oder Herabgruppierung bei Neueinstellung
Aktueller Stand:
Wechseln Mitarbeitende während eines laufenden Beschäftigungsverhältnisses auf eine höher oder niedriger bewertete Stelle, greifen die Regelungen des § 17 TVöD für Höher- bzw. Herabgruppierungen: Bei Wechsel auf eine höher bzw. niedriger bewertete Stelle werden
Bestandsbeschäftigte
i.d.R.
stufengleich höher- bzw. herabgruppiert
. Bei Höhergruppierung beginnt die Stufenlaufzeit in der höheren Entgeltgruppe mit dem Tag der Höhergruppierung neu zu laufen; bei Herabgruppierung wird die in der bisherigen Stufe zurückgelegte Zeit auf die Stufenlaufzeit in der niedrigeren Entgeltgruppe angerechnet. Das höhere bzw. niedrigere Entgelt wird vom Beginn des Monats der Höher- bzw. Herabgruppierung an gezahlt.
Werden
externe Bewerber*innen im unmittelbaren Anschluss an ein Arbeitsverhältnis im öffentlichen Dienst
eingestellt, ist nach § 16 Abs. 2a TVöD eine Übernahme der Stufe (ggf. inkl. Laufzeit) nur bei entgeltgruppengleichem Wechsel möglich. Bei Wechsel auf eine höher oder niedriger bewertete Stelle erfolgt eine neue Stufenfestsetzung aufgrund der einschlägigen bzw. förderlichen Berufserfahrung (§ 16 TVöD). Dadurch kann es in Einzelfällen zu finanziellen Abstrichen kommen, da die bisherige Stufe und/oder die bereits erbrachte Stufenlaufzeit verlorengehen können. Die externen Bewerber*innen entscheiden sich dann ggf. gegen das neue Arbeitsverhältnis bei der LHS.
Um eine Einstellung im tarifrechtlichen Sinne handelt es sich auch, wenn
interne Bewerber*innen im nahtlosen Anschluss an ein befristetes Arbeitsverhältnis
mit neuem Vertrag auf einer höher oder niedriger bewerteten Stelle beschäftigt werden. Insbesondere internen Mitarbeitenden ist ein etwaiger finanzieller Nachteil bei einer gefühlten Weiterbeschäftigung kaum vermittelbar.
Künftige Verfahrensweise:
a) Bei Einstellung Externer im unmittelbaren Anschluss an ein Arbeitsverhältnis im öffentlichen Dienst und
b) bei nahtloser Anschlussbeschäftigung Interner an ein befristetes Arbeitsverhältnis
wird künftig
„fiktiv“ eine stufengleiche Höher- oder Herabgruppierung
durchgeführt. So können etwaige Stufenverluste – im Fall einer „fiktiven“ Herabgruppierung
auch Stufenlaufzeitverluste – vermieden werden.
Kosten für diese Maßnahme sind im verhältnismäßig geringeren Rahmen zu erwarten. Zudem werden ggf. Kosten für ein erneutes Auswahlverfahren und negative Auswirkungen durch die verzögerte Stellenbesetzung vermieden. In der Regel geht es hier nur um wenige Stufen oder gar nur eine Stufe Unterschied bzw. um den Stufenlaufzeitverlust.
Die Anrechnung von Stufenlaufzeiten wirkt sich erst zeitlich versetzt in den Folgejahren aus. Für die Bewerber*innen kann dies jedoch einen großen Unterschied ausmachen.
Kostenschätzung: Es wird mit zusätzlichen Kosten von jährlich bis zu 100.000 € gerechnet.
4.
Übertarifliche Stufenzuordnung
Grundlage für die Stufenzuordnung bei Neueinstellung (§ 16 TVöD) sind die einschlägigen und förderlichen beruflichen Erfahrungszeiten. In Bereichen mit akutem Mangel an Bewerbenden kann es dazu kommen, dass die tariflich gegebenen Möglichkeiten für eine erfolgreiche Gehaltsverhandlung im Sinne einer best- und schnellstmöglichen Stellenbesetzung nicht ausreichen.
Daher können
bei Neueinstellung
externe Bewerber*innen künftig
in besonders zu begründenden Einzelfällen zur Personalgewinnung übertariflich einer höheren Stufe zugeordnet werden
als dies aufgrund der beruflichen Erfahrungszeiten bisher möglich ist. Besonders zu begründende Einzelfälle können zum Beispiel vorliegen, wenn auf dem Arbeitsmarkt nur wenige Alternativbewerber*innen zur Verfügung stehen. Nicht selten können derartige Positionen zum Beispiel bis zu einer Besetzung kaum vertretungsweise wahrgenommen werden, ohne dass sich hieraus nachteilige Auswirkungen für die LHS ergeben.
Kostenschätzung: Pro Fall wird mit jährlichen Mehrkosten in Höhe von bis zu 6.050 € gerechnet.
Alle dargestellten Maßnahmen sind nach Einschätzung des Haupt- und Personalamts sowie der Personalstellen der Ämter zur Personalgewinnung und -bindung aus Sicht der Verwaltung zwingend erforderlich, um mit der gebotenen Flexibilität auf die Veränderungen am Arbeitsmarkt reagieren zu können und die Aufgabenerledigung der Stadtverwaltung unter den gegebenen Rahmenbedingungen bestmöglich zu gestalten.
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