4. Grund für die Aufstellung des Bebauungsplans
In dem geltenden Bebauungsplan sind Gewerbegebiete gem. § 8 BauNVO und ein Kerngebiet gem. § 7 Baunutzungsverordnung festgesetzt; in diesem Bebauungsplan ist festgesetzt, dass Vergnügungsstätten nur ausnahmsweise zulässig sind. Durch die Ansiedlung eines großen Spielcenters ist eine Negativentwicklung des Gewerbegebiets zu befürchten. Die heute vorhandene Mischung der baulichen Nutzung, sowohl im Kerngebiet als auch im Gewerbegebiet entspricht der gewollten städtebaulichen Entwicklung und Ordnung am Rand von Stuttgart. Um diese Nutzung insbesondere für Geschäfts-, Büro- und Verwaltungsgebäude, Dienstleistungen und zum Teil für Einzelhandelsbetriebe und produzierendes Gewerbe zu erhalten, ist eine planungsrechtliche Sicherstellung erforderlich. Im Bebauungsplan sollen deshalb weitergehende Nutzungsfestlegungen im Sinne der Baunutzungsverordnung getroffen werden, welche die Ansiedlung von städtebaulich unerwünschten Nutzungen vollständig ausschließt. Dazu gehören neben Spielhallen auch Bordelle, welche nach der BauNVO als Gewerbebetrieb einzustufen sind. Mit dieser Maßnahme wird einer Niveauabsenkung des Gebiets, dem so genannten „trading-down-Effekt“, entgegengewirkt. Wertvolle Flächen stehen so dem ortsansässigen Handwerk und den Gewerbebetrieben zur Verfügung und Flächen für Arbeitsstätten werden im Sinne des Gebietstypenplans gesichert. 5. Planerische Konzeption
Der an die City angrenzende gründerzeitliche Stadtteil des Stuttgarter Westens ist eine der frühen Stadterweiterungen der Stuttgarter Innenstadt. Der in einem gründerzeitlichen Stadtgrundriss angelegte Stadtteil auf dem Talgrund ist im Norden und Westen umgeben von bewohnten Hanglagen. Im Westen am ehemaligen Westbahnhof befindet sich ein Gewerbegebiet. Der Stadtbezirk Stuttgart-West grenzt im Osten an die Stadtbezirke Nord und Mitte, im Süden an den Stadtbezirk Stuttgart-Süd, im Westen und im Norden bilden Wälder den Rand.
2. Bestehende Nutzung In den Hanglagen wird vorwiegend gewohnt. Am Westbahnhof haben sich neben der gewerblichen Nutzung auch einzelne Einzel- und Großhandelsbetriebe niedergelassen. Im Gründerzeitviertel des Stuttgarter Westens bilden Wohn-. Geschäfts-, Büro- und Einzelhandelsnutzungen eine ausgewogene Nutzungsmischung. Das Wohnen macht hier den größten Anteil aus und soll künftig noch mehr gestärkt werden. Der Stuttgarter Westen ist ein lebendiger und überaus beliebter Stadtteil. 3. Geltendes Planungsrecht Im Plangebiet gelten Bebauungspläne alten Rechts (ca. 1865 bis 1935) in Verbindung mit den Baustaffelplänen der Ortsbausatzung Stuttgart von 1935 sowie Bebauungspläne neuen Rechts gemäß BBauG, BauGB und BauNVO ab ca. 1965. Darüber hinaus gilt die Satzung „Vergnügungseinrichtungen und andere im Inneren Stadtgebiet Stgt 884 (1985/18)", die teilweise durch den Bebauungsplan „Vergnügungseinrichtungen und andere im Inneren Stadtgebiet Citybereich Stgt 148“ (2003/22) geändert wurde. Die Satzung ordnet die unterschiedlichen Kategorien von Vergnügungseinrichtungen räumlich zu. Diese räumliche Zuordnung basiert auf dem Gebietstypenplan aus dem Jahre 1979. Die bestehenden Nutzungen sind durch die Ausweisung von Gebietstypen, in Anlehnung an den Gebietstypenplan von 1979, im Lageplan der Satzung für die Vergnügungsstätten von 1985 charakterisiert. Folgende unterschiedliche Nutzungstypen und Planungsziele wurden damit für die Gebiete formuliert: I Erhaltung der Wohnnutzung II Sicherung und Aufwertung der Wohnnutzung III Sicherung und Verbesserung der gemischten Nutzung IV Sicherung der Fläche für Arbeitsstätten In einer Überlagerung der Gebietsabgrenzungen aus den geltenden Satzungen zu Vergnügungseinrichtungen mit den Abgrenzungen der Gebiete aus dem aktuellen Flächennutzungsplan (FNP 2010) sind nur geringe Unterschiede festgestellt worden. Die bestehenden Nutzungen und die Planungsziele für die Gebiete haben sich demnach nicht wesentlich verändert. Nach den Satzungen sind Vergnügungseinrichtungen der Kategorie B, wie Tanzlokale, Diskotheken, Spielhallen sowie Schank- und Speisewirtschaften mit Gewinnmöglichkeiten in Gebietstyp III (Sicherung und Verbesserung der gemischten Nutzung) und Gebietstyp IV (Sicherung der Flächen für Arbeitsstätten) sowie in Gebieten ohne Gebietstyp ausnahmsweise zulässig, wenn die Eigenart der näheren Umgebung erhalten bleibt.
Wettbüros, die für Besucher Spiel- und Unterhaltungsgeräte bereitstellen, sind nicht rechtssicher Bestandteil des Vergnügungsstättenkatalogs der Satzungen aus 1985 und 2003 und daher als gewerbliche Nutzung in den Baustaffel-2-Gebieten und Baustaffel-3- Gebieten sowie in Misch- und Kerngebieten zulässig, sofern nicht der einzelne Bebauungsplan eine abweichende Regelung enthält zu Vergnügungsstätten. Der aktuelle Flächennutzungsplan 2010 stellt für die Hanglagen Wohnen in Kombination mit Grünflächen und im Talgrund Wohnbauflächen, Flächen für den Gemeinbedarf und gemischte Bauflächen dar.
Im Planungsgebiet gelten Erhaltungssatzungen nach § 172 BauGB mit 6 städtebaulichen Gesamtanlagen (W1 bis W6)
Am 02.10.2007 hat der Ausschuss für Umwelt und Technik den Rahmenplan Halbhöhenlagen als Leitlinie für die Entwicklung der Halbhöhenlagen beschlossen, der sich über Teile des Planungsgebiets erstreckt.
Seit 2008 liegt das Einzelhandels- und Zentrenkonzept Stuttgart vor. In diesem werden Zentrentypen ausgewiesen. Im Plangebiet befinden sich 5 D-Zentren und 4 E-Zentren.
4. Anlass für die Aufstellung des Bebauungsplans Es ist zu beobachten, dass seit Ende 2009 die Zahl der Bauanträge für Spielhallen in der Stadt und insbesondere auch im Stadtbezirk Stuttgart-West überdurchschnittlich angewachsen ist. Die Liberalisierung der Zulässigkeit von Wettbüros durch den Europäischen Gerichtshof (EuGH) wird zudem, aller Voraussicht nach dazu beitragen, dass die Zahl der Wettbüros ebenfalls anwachsen wird. Im Regelfall sind Spielhallen mit dem Instrument der „ausnahmsweisen Zulässigkeit“ im Stuttgarter Westen nicht auszuschließen, da die Eigenart der näheren Umgebung vorrangig nach der festgesetzten Baustaffel bestimmt wird. Im Stadtbezirk Stuttgart-West ist in weiten Teilen die Baustaffel 2 festgesetzt, die wie ein Mischgebiet nach § 6 BauNVO einzustufen ist und überwiegend durch gewerbliche Nutzungen in den Erdgeschossen geprägt ist. In zentralen Bereichen haben sich die Baustaffel-2-Gebiete sogar in die Richtung von Kerngebieten entwickelt. Daher ist die Ausnahme in Misch- und Kerngebieten sowie in Baustaffel 2- bzw. Baustaffel 3-Gebieten in der Regel zulässig. In Gebietstyp I und II bietet die geltende Vergnügungsstättensatzung ein wirksames Instrument für die Ablehnung von Spielhallen-Bauanträgen. Wettbüros hingegen sind in der geltenden Vergnügungsstättensatzung nicht rechtssicher erfasst.
Mit der Aufstellung des Bebauungsplans „Vergnügungseinrichtungen und andere im Stadtbezirk Stuttgart-West“ (Stgt 265.1) wird daher eine differenzierte Regelung der Zulässigkeit von Vergnügungsstätten - insbesondere von Spielhallen und Wettbüros – entsprechend den städtebaulichen Zielen der Stadt angestrebt. Gegenwärtiger Anlass für die Änderung der Vergnügungsstättensatzung im Stadtbezirk Stuttgart-West ist ein Bauantrag für das Flurstück 7743, Rosenbergstraße 63 zur Nutzungsänderung von Feinkostladen im Erdgeschoss in eine Spielothek und ein Bistro. Für die Spielothek ist eine Fläche von 106 m² im Erdgeschoss vorgesehen. Das Bauvorhaben liegt im Bereich des Bebauungsplans 1905/28 in Verbindung mit der Baustaffel 2 gem. Ortsbausatzung. Hiernach ist das Bauvorhaben allgemein zulässig. Nach den geltenden Satzungen zu Vergnügungseinrichtungen befindet sich die Rosenbergstraße 63 im Gebietstyp III, hiernach sind Spielhallen ausnahmsweise zulässig. Die Rosenbergstraße 63 befindet sich gemäß Einzelhandels- und Zentrenkonzept in einem E-Zentrum. Das Bauvorhaben befindet sich gegenüber der Rosenbergkirche und dem benachbarten, geplanten Mehrgenerationenprojekt mit einer Kindertagestätte, 12 Familienwohnungen und 12 altengerechten Wohnungen. Darüber hinaus wurden bereits im Jahr 2009 und Anfang 2010 Bauanträge in der Rotenwaldstraße 152 und 132 für Spielhallen gestellt. Für das Gewerbegebiet Rotenwaldstraße am Westbahnhof wurde deshalb bereits im Januar 2010 der Bebauungsplan „Rotenwaldstraße/Westbahnhof“ (Stgt 251) aufgestellt, um die gewerbliche Nutzung dort zu stärken und um einer Niveauabsenkung (Trading-down-Effekt) durch die Ansiedlung von Spielhallen entgegen zu wirken. Es ist zu prüfen, ob die beiden Bebauungsplanverfahren (Stgt 251 und Stgt 265.1) zusammengeführt werden können. Es ist beabsichtigt, für die gesamte Stadt – einschließlich der äußeren Stadtbezirke - die Regelungen bezüglich der Vergnügungseinrichtungen neu zu fassen. Hierfür wird im Herbst 2010 ein Gutachten zur Erstellung einer stadtweiten Vergnügungsstättenkonzeption beauftragt, die in verbindliches Planrecht umgesetzt werden soll. Wegen des Fristablaufs im Baugenehmigungsverfahren Rosenbergstraße 63 ist es notwendig, die erforderliche Bebauungsplanänderung für den Stadtbezirk Stuttgart-West vorzuziehen. Der vorliegende Bebauungsplan soll inhaltlich mit dem gesamtstädtischen Plan abgestimmt und ggf. in diesen integriert werden. 5. Städtebauliche Konzeption Die Baulandflächen im Geltungsbereich sollen auf ihre Eignung für Vergnügungsstätten – insbesondere Spielhallen und Wettbüros - überprüft werden. Ziel ist es, die räumliche Verteilung im Gebiet und die geschossweise Anordnung in den Gebäuden im Einklang mit der jeweils gegebenen städtebaulichen Situation neu zu regeln. Dabei sollen Erkenntnisse aus der Fortschreibung der Konzeption Einzelhandel und Zentren, welches seit dem Jahr 2008 vorliegt (GRDrs 222/2008), Berücksichtigung finden. Es soll untersucht werden, wo Vergnügungsstätten – insbesondere Spielhallen und Wettbüros - nach gegenwärtigen Maßstäben verträglich und somit allgemein zulässig, und wo diese unverträglich und somit unzulässig sein sollen. Hiermit werden insbesondere für die bislang als Ausnahme zuzulassenden Vergnügungsstätten der Kategorie B Regelfestsetzungen getroffen. Darüber hinaus sollen Wettbüros als neue Kategorie erfasst werden. Neben dem Gewerbegebiet am Westbahnhof und den Wohngebieten ist hier insbesondere das Gründerzeitviertel des Stuttgarter Westens in Augenschein zu nehmen. Hier bilden Wohn-, Geschäfts-, Büro- und Einzelhandelsnutzungen eine ausgewogene Nutzungsmischung. Das Wohnen macht hier den größten Anteil aus und soll künftig noch mehr gestärkt werden. Die heute vorhandene Mischung entspricht im Grundsatz der gewollten städtebaulichen Entwicklung und Ordnung. Die vorhandene Nutzungsmischung wird gegenwärtig durch den verstärkten Wunsch, Spielhallen zu etablieren, negativ beeinflusst. Die städtebauliche und wohnungspolitische Zielsetzung wird gefährdet, da durch die Ansiedlung von Spielhallen eine Niveauabsenkung der Gebiete, ein sogenannter „Trading-down-Effekt“, zu befürchten ist. Weiteres städtebauliches Ziel ist eine Aufwertung des öffentlichen Raumes. Das Erscheinungsbild von Spielhallen - insbesondere im Erdgeschoss - steht diesem gestalterischen Ziel oft entgegen (Lichtwerbung, zugeklebte Schaufenster). Für die verträgliche Ansiedlung von Spielhallen und Wettbüros kommen nach gegenwärtiger Einschätzung Bereiche in den Gebietstypen 3 oder 4 in Betracht, die sich innerhalb der A-, B-, C-, und D-Zentren gemäß der Fortschreibung der Konzeption Einzelhandel und Zentren (GRDrs 222/2008) befinden. Für den Stuttgarter Westen sind dies die D-Zentren Schwab-/Rotebühlstraße, Schloß-/Silberburgstraße, Hölderlinplatz, Moltkeplatz, Silberburg-/Paulinenstraße (vgl. Anlage 3). In den übrigen Gebieten des Westens sollen Spielhallen und andere Vergnügungsstätten ausgeschlossen werden. Kerngebietstypische Spielhallen über 100 m² Nutzfläche sollen im Stadtbezirk Stuttgart-West nicht angesiedelt werden, auch nicht in den D-Zentren. Um der Gestaltungsabsicht für den öffentlichen Raum Rechnung zu tragen, ist die Ansiedlung von Spielhallen zumindest im Erdgeschoss nicht gewünscht. Gegebenenfalls ist auch der Ausschluss derartiger Nutzungen in den Obergeschossen vorzusehen. Näheres wird sich aus der in Ziffer 4 angesprochenen Vergnügungsstättenkonzeption ergeben. 6. Verfahren Der Bebauungsplan soll ausschließlich Festsetzungen zur Art der baulichen Nutzung hinsichtlich Vergnügungsstätten treffen. Er soll nach Inkrafttreten zusätzlich zum geltenden Planrecht gemäß Ziffer 3 Satz 1 und ergänzend zu den Bebauungsplänen „Vergnügungseinrichtungen und andere im Inneren Stadtgebiet“ von 1985 und „Vergnügungseinrichtungen und andere im Inneren Stadtgebiet – Citybereich“ 2003 gelten, sofern er nicht bis dahin in das beabsichtigte Verfahren für eine neue Vergnügungsstättensatzung (siehe Ziffer 4) integriert ist. Die Entscheidung über die Genehmigung zum Bauantrag Rosenbergstraße 63 soll auf der Grundlage des Aufstellungsbeschlusses, mit dem formulierten Ziel einer differenzierteren Regelung insbesondere zu Spielhallen und Wettbüros (vgl. Ziffer 5 letzter Absatz in Verbindung mit Anlage 3), zurückgestellt und die Planung durch eine Veränderungssperre gesichert werden. 7. Umweltbelange Der Bebauungsplan ändert bzw. ergänzt lediglich die Festsetzungen zur Art der baulichen Nutzung im geltenden Planungsrecht in Bezug auf Vergnügungsstätten. Ein Eingriff in den Naturhaushalt ist nach dem Naturschutzrecht nicht gegeben. Die Belange des Umweltschutzes werden im weiteren Verfahren ermittelt, bewertet und in die Abwägung eingestellt. Eine Umweltprüfung wird durchgeführt und ein Umweltbericht erstellt. Stuttgart, 26.10.2010 Amt für Stadtplanung und Stadterneuerung gez. Dr.-Ing. Kron Stadtdirektor zum Seitenanfang