Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Jugend und Bildung
Gz: JB
GRDrs 22/2021
Stuttgart,
01/25/2021



Freiwilliger Verzicht auf Elternbeiträge für städtische Tageseinrichtungen wegen Schließung aufgrund von CoronaVO, Erstattung an freie Träger und Weitergewährung von Betriebszuschüssen



Beschlußvorlage
Vorlage an
    zur
SitzungsartSitzungstermin
Verwaltungsausschuss
Jugendhilfeausschuss
Verwaltungsausschuss
Gemeinderat
Einbringung
Vorberatung
Vorberatung
Beschlussfassung
öffentlich
öffentlich
öffentlich
öffentlich
03.02.2021
08.02.2021
24.02.2021
25.02.2021



Beschlußantrag:

1. Dem pauschalen freiwilligen Verzicht auf die Erhebung der regulären monatlichen El- ternbeiträge (Kostenbeiträge) und des Essensgeldes für den Monat Januar 2021 bei städ- tischen Kindertageseinrichtungen, die von Schließung auf der Grundlage der CoronaVO betroffen sind, wird zugestimmt. Mit diesem Verzicht sind die Schließzeiten ab dem 16. Dezember 2020 bis einschließlich 31. Januar 2021 abgegolten.
Der Verzicht gilt nicht in Fällen, in denen im Schließzeitraum eine Anmeldung zur Notbe- treuung - unabhängig von Dauer und Umfang der Inanspruchnahme - erfolgt ist.

2. Ab dem Februar 2021 wird für jede weitere volle Schließungswoche (7 Kalendertage/5 Betreuungstage) freiwillig auf 25 % der maßgeblichen monatlichen Elternbeiträge verzich- tet. Der Verzicht gilt nicht in Fällen, in denen im Schließzeitraum eine Anmeldung zur Not- betreuung - unabhängig von Dauer und Umfang der Inanspruchnahme - erfolgt ist.
Dieser Verzicht gilt längstens bis zur Beendigung der generellen Schließung der Einrich- tungen durch Rechtsverordnung o.ä.

3. Der städtische Träger verzichtet rückwirkend ab Januar 2021 bis zunächst zum Ende des Kindergartenjahres 2020/2021 auf die Kostenbeiträge für die Zusatzangebote Früh- und Spätbetreuung, sofern diese Angebote von Seiten des Trägers nicht angeboten wer- den können.

4. Die freien Träger der Kindertagesbetreuung erhalten für den Monat Januar 2021 den Ausfall der Teilnahmebeiträge für die Betreuung in Höhe von 85 % des Erstattungsbe- trags des Monats April 2020 erstattet.

Ab Februar 2021 wird für jede weitere volle Schließungswoche (7 Kalendertage/5 Betreu- ungstage) 25 % des Erstattungsbetrags für den Monat Januar 2021 erstattet.

5. Die Betriebskostenförderung der freien Kita-Träger wird trotz der angeordneten Schlie- ßungen ab 16. Dezember 2020 bis zur Beendigung der generellen Einrichtungsschlie- ßung nach CoronaVO nach den geltenden Förderrichtlinien weiter gewährt, ggf. unter An- rechnung von vorrangigen Ersatzleistungen (z.B. Kurzarbeitergeld, Leistungen nach dem Infektionsschutzgesetz) durch Bund oder Land. Die Regelungen des Sozialdienstleister- einsatzgesetzes (SodEG) werden für die Dauer der Weiterförderung angewandt.

6. Die laufende Geldleistung an die Tagespflegepersonen wird trotz der Untersagung der Betreuung für die Monate Dezember 2020 und Januar 2021 in voller Höhe freiwillig weiter gewährt. Ein Kostenbeitrag der Eltern an den Kosten kann gemäß § 90 SGB VIII nicht verlangt werden, sofern die Kinder nicht in Notbetreuung sind. Bei Verlängerung der Un- tersagung der Kindertagespflege ab Februar 2021 erfolgt eine Kürzung der Geldleistung auf 80 % sofern keine Notbetreuung erfolgt.

7. Den Mehraufwendungen bzw. Mindererträgen, wie im Absatz Finanzielle Auswirkungen dargestellt, wird zugestimmt.



Kurzfassung der Begründung:
Ausführliche Begründung siehe Anlage 1

Auf der Grundlage der aktuellen Verordnung der Landesregierung über infektionsschüt- zende Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Virus SARS-CoV-2 (Corona-Verord- nung – CoronaVO) ist der Betrieb von Kindertageseinrichtungen im Zeitraum vom 16.
Dezember 2020 bis zunächst 31. Januar 2021 untersagt. Gemäß § 1a CoronaVO sind jedoch Notbetreuungen für Kinder möglich, deren Eltern/Erziehungsberechtigten be- stimmte Voraussetzungen erfüllen müssen.

Ein Großteil der Eltern/Erziehungsberechtigten ist in der Folge gezwungen, die Betreu- ung selbst zu organisieren, ggf. beim Arbeitgeber Urlaub zu beantragen oder nach al- ternativen Lösungen zu suchen. Für diese Eltern soll auf freiwilliger Basis eine Entlas- tung von den Elternbeiträgen erfolgen.


Beschlussantrag Nr. 1:

Der Gemeinderat hat in seiner Sitzung vom 9. April 2020 dem freiwilligen Verzicht auf die Kostenbeiträge für die städtische Kindertagesbetreuung im Monat April 2020 zuge- stimmt (vgl. Beschlussantragsziffer 1 GRDrs 262/2020). Darüber hinaus hat der Ge- meinderat in der Sitzung am 14. Mai 2020 und in Anlehnung an die CoronaVO den frei- willigen Verzicht auf Kostenbeiträge für die Monate Mai und Juni 2020 (vgl. Beschluss- antrag Nr. 1 GRDrs 359/2020) verlängert. Allerdings beschränkte sich der Verzichtsan- spruch auf die Tage, an denen keine Notbetreuung in Anspruch genommen wurde. Auf der Grundlage der GRDrs 768/2020 hat der Gemeinderat am 8. Oktober 2020 den frei- willigen Verzicht auf die Elternbeiträge und das Essengeld ab Juli 2020 beschlossen für die Dauer von infektionsschutzbedingten Schließungen einzelner Einrichtungen.

Laut § 10 Abs. 9 der aktuell gültigen Satzung der Landeshauptstadt Stuttgart über die Benutzung von städtischen Tageseinrichtungen für Kinder und über die Erhebung von

Kostenbeiträgen vom 29. Juli 2020 besteht kein Anspruch der Eltern/Erziehungsberech- tigten auf Rückerstattung, wenn aus organisatorischen oder personellen Gründen keine Betreuung erfolgen kann.

Die Konferenz der Gesamtelternbeiräte Stuttgart hat sich mit Schreiben vom 11. Januar 2021 mit der Forderung an die Landeshauptstadt bzw. die Gemeinderatsfraktionen ge- wandt, die Beitragszahlungen aller Träger bis zur vollständigen Öffnung der Kinderta- geseinrichtungen in Stuttgart - also gekoppelt an die Fristen der jeweiligen CoronaVO - auszusetzen. Darüber hinaus werden an das Jugendamt eine Vielzahl von Anfragen wegen des Verzichts auf die Elternbeiträge gestellt.

Die Verwaltung schlägt deshalb vor, auf freiwilliger Basis auf die regulären Kostenbei- träge und das Essensgeld zunächst für den Monat Januar 2021 zu verzichten. Damit sollen die Schließungszeiten ab dem 16. Dezember 2020 bis einschließlich 31. Januar 2021 kompensiert werden. Die Abbuchung der Kostenbeiträge und des Essensgeldes für den Monat Januar 2021 wurde von der Verwaltung bereits vorsorglich ausgesetzt.

Die Verwaltung schlägt des Weiteren vor, bei Kindern, die im Schließzeitraum zur Not- betreuung angemeldet sind, nicht auf die Elternbeiträge zu verzichten. In diesen Fällen sollen (unabhängig von Dauer und Umfang der Inanspruchnahme) die regulären Kos- tenbeiträge und das Essensgeld gemäß § 8 ff der Satzung der Landeshauptstadt Stutt- gart über die Benutzung von städtischen Tageseinrichtungen für Kinder und über die Erhebung von Kostenbeiträgen vom 29. Juli 2020 entrichtet werden. Eine tageweise Abrechnung von Notbetreuungstagen ist verwaltungsökonomisch nicht darstellbar. Zu- dem entfaltet eine volle Kostenbeitragspflicht eine gewisse Lenkungswirkung bei der In- anspruchnahme einer infektionsschutztechnisch nicht erwünschten Notbetreuung.

Beschlussantrag Nr. 2:

Da zum gegenwärtigen Zeitpunkt unklar ist, wie lange die per Rechtsverordnung ange- ordnete Schließung der Tageseinrichtungen für Kinder andauert, wird ab Februar 2021 ein nach Wochen gestaffelter Verzicht auf Kostenbeiträge und Essensgeld vorgeschla- gen. Dieser soll längstens bis zur Beendigung der Schließungen der Tageseinrichtun- gen für Kinder per Rechtsverordnung o.ä. gelten.

Der Verzicht auf die Kostenbeiträge und die monatlichen Essensgelder soll in folgender Staffelung erfolgen:

SchließungsdauerGebührenverzicht
7 Kalendertage - 13 Kalendertage
25%
14 Kalendertage - 20 Kalendertage
50%
21 Kalendertage - 27 Kalendertage
75%
28 und mehr Kalendertage
100%

Folgende Voraussetzungen für einen Verzicht auf Kostenbeiträge und Essensgeld werden festgesetzt:

Beschlussantrag Nr. 3:

Der städtische Träger verzichtet ab Januar 2021 auf die Kostenbeiträge für die Zusatz- angebote Früh- und Spätbetreuung, sofern diese Angebote von Seiten des Trägers nicht erbracht werden konnten. Bisher musste satzungsgemäß der Kostenbeitrag für die gebuchte Früh- und Spätbetreuung entrichtet werden, da eine unterjährige Ände- rung der Betreuungszeit grundsätzlich nicht möglich war. Diese Regelung gilt zunächst bis zum Ende des Kindergartenjahres 2020/21.

Auswirkungen auf die freien Träger

Beschlussantrag Nr. 4:

Die Entscheidung, auf Teilnahmebeiträge ganz oder teilweise zu verzichten, liegt in der Entscheidungshoheit der freien Träger.
Die Erstattung erfolgt aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung auf Grundlage des diesbezüglichen Festsetzungsbescheids für den Monat April 2020 (rd. 2,807 Mio. EUR). Hiervon wird für die entgeltliche Inanspruchnahme der Notbetreuung ein pauschaler Prozentsatz in Höhe von 15 % abgezogen. Ein gesonderter Antrag durch die Träger ist hierfür nicht zu stellen.

Eine Individualbetrachtung der in Anspruch genommenen Notbetreuung für jede der rund 450 Einrichtungen der freien Träger ist weder für die Träger noch für die Verwal- tung leistbar, so dass eine pauschale Annahme von 15 % Inanspruchnahme von Not- betreuung gemacht wird.

Die Erstattung der Ertragseinbußen im genannten Umfang erfolgt sowohl für Stuttgarter Kinder als auch für auswärtige Kinder und bezieht sich auf die geförderten Angebote.

Es wird davon ausgegangen, dass die freien Träger ebenfalls auf die Erhebung des Es- sensgeldes verzichten. Da kein Essen ausgegeben wird und somit keine Aufwendun- gen anfallen, ist eine Erstattung nicht erforderlich.

Für mögliche auftretende Einzelfälle (z.B. wenn ein Träger im April 2020 keine Gebüh- ren reduziert hat oder die Einrichtung noch nicht in Betrieb war) kann die Verwaltung Einzelfallentscheidungen treffen.

Für die Monate April, Mai und Juni 2020 erfolgte im Zuge der Erstattung von ausfallen- den Elterngebühren aufgrund der Schließung durch die COVID-19 Pandemie bereits die Bonus- und Familiencard-Erstattungen, die regulär normalerweise über den Ver- wendungsnachweis der Betriebskostenzuschüsse erfolgen. Mit den in dieser Drucksa- che genannten Erstattungen ab Januar 2021 ist somit bereits die Bonus- und Familien- card-Erstattung für den jeweiligen Monat abgegolten und erfolgt nicht zusätzlich über den Verwendungsnachweis 2021.



Beschlussantrag Nr. 5:

Die finanzielle Förderung der Betriebskosten der freien Träger läuft trotz Reduzierung des Angebotes zunächst ohne Einschränkungen weiter. Damit kann die Finanzierung der anfallenden Personal- und Sachausgaben sichergestellt werden.

Sollte es zu Erstattungen von Dritten kommen (z.B. Kurzarbeitergeld, Leistungen nach dem Infektionsschutzgesetz), werden diese bei der Förderung berücksichtigt.

Die Weiterförderung erfolgt unter den Voraussetzungen des zunächst bis 31.03.2021 geltenden Sozialdienstleistereinsatzgesetzes (SodEG), vgl. GRDrs 359/2020.


Beschlussantrag Nr. 6

Die Kindertagespflege ist ein unverzichtbarer Bestandteil der Kindertagesbetreuung in Stuttgart (GRDrs 1094/2018). Es wurde beschlossen (GRDrs 211/2018), angesichts der Entwicklung der Betreuungsplätze in Stuttgart (GRDrs 697/2017) alle Mittel auszu- schöpfen, die Kindertagespflege in Stuttgart nachhaltig zu stärken.
Die finanzielle Förderung der Tagespflegepersonen soll daher wegen des unfreiwilligen Ausfalls der Betreuungsangebote grundsätzlich weiter erfolgen. Die Stadt Stuttgart möchte die Tagespflegepersonen in dieser schwierigen Situation unterstützen, indem das Einkommen der meist selbstständig tätigen Personen sichergestellt wird.

Mit gemeinsamem Rundschreiben vom 15.12.2020 haben Städtetag, Landkreistag und der Kommunalverband Jugend und Soziales (KVJS) Baden-Württemberg empfohlen, die laufenden Geldleistungen nach § 23 SGB VIII im Dezember 2020 und Januar 2021 auch dann nicht zu kürzen, wenn zwischen dem 16.12.2020 und 10.01.2021 keine Not- betreuung erfolgt – auch als Anerkennung dafür, dass die Kindertagespflegepersonen in den letzten Monaten trotz der steigenden Infektionszahlen während der Corona-Pan- demie Kinder betreut haben. Ab 1. Februar 2021 wird die Weiterförderung in Höhe von 80 % empfohlen, sofern keine Notbetreuung erfolgt.


Finanzielle Auswirkungen

Ein pauschaler Verzicht auf die regulären monatlichen Kostenbeiträge und das Essens- geld für den Monat Januar 2021 führt beim städtischen Träger, Teilhaushalt 510-Jugend- amt, Amtsbereich 5103651 Förderung von Kinder in städtischen Tageseinrichtungen, Kontengruppe 330-öffentlich-rechtliche Entgelte, zu Mindererträgen in Höhe von ca.
1.130.000 EUR. Dieser Betrag wird verringert durch Elternbeiträge bei Inanspruchnahme der Notbetreuung, die voraussichtlich im Umfang von 20 % in Anspruch genommen wird. Daher reduzieren sich die Ertragseinbußen um ca. 226.000 EUR, so dass voraussichtlich ein Ertragsausfall für den Monat Januar 2021 in Höhe von ca. 904.000 EUR entsteht.

Die finanziellen Auswirkungen weiterer Schließungen ab 1. Februar 2021 entsprechend der Beschlussziffer 2 können mangels der Kenntnis der endgültigen Dauer (noch) nicht beziffert werden. Es kann derzeit lediglich die Aussage gemacht werden, dass beim städ- tischen Träger Ertragseinbußen in Höhe von ca. 283.000 EUR/Woche entstehen werden. Da auch hier zu erwarten ist, dass die Notbetreuung zu ca. 20 % in Anspruch genommen wird, vermindern sich die wöchentlichen Mindererträge um 56.600 EUR, so dass mit ver- bleibenden wöchentlichen Mindererträgen in Höhe von 226.400 EUR zu rechnen ist.

Die laufenden Geldleistungen der Kindertagespflege für einen Monat betragen ca.
500.000 EUR, diese werden für Dezember 2020 und Januar 2021 unverändert weiterge- zahlt. Bei einer Kürzung auf 80% ab Februar 2021 würden monatlich ca. 100.000 EUR weniger Aufwendungen anfallen. Gemäß § 90 SGB VIII können Kostenbeiträge für die In- anspruchnahme von Angeboten der Förderung von Kindern in Kindertagespflege festge- setzt werden. Da das Angebot wegfällt, kann kraft Gesetz kein Kostenbeitrag erhoben werden, der veranschlagte Ertrag im Amtsbereich 5103657 Finanzielle Förderung/Über- nahme Teilnahmebeiträge, Kontengruppe 320-Zuweisungen und Zuschüsse für laufende Zwecke vermindert sich dadurch um rd. 82.000 EUR.

Bei der Förderung freier Träger, Teilhaushalt 510-Jugendamt, Amtsbereich 5103161 För- derung freier Träger von Tageseinrichtungen und -pflege, Kontengruppe 43100-Zuwei- sungen und Zuschüsse für laufende Zwecke, entsteht ein Mehraufwand in Höhe von ca.
2.386.000 EUR je vollem Monat.

Die geschätzten finanziellen Auswirkungen stellen sich insgesamt wie folgt dar (EUR):

Jan 2021
Feb 2021 ff.
Wenigerertrag Elternbeiträge städtischer Träger
-904.000
-904.000
Wenigerertrag Kostenbeiträge Kindertagespflege
-82.000
-82.000
Wenigeraufwand lfd. Geldleistung Kindertagespfl.
0
+100.000
Mehraufwand Förderung freie Träger
-2.386.000
-2.386.000
Belastung Gesamt
-3.372.000
-3.272.000

Ob und in welchem Umfang sich der Bund an den Einnahmeausfällen der Kitaträger be- teiligt, ist bis zum Zeitpunkt der Vorlagenerstellung nicht bekannt. Entsprechende Initiativen der kommunalen Spitzenverbände stehen noch aus.

Insgesamt sind Mindererträge und Mehraufwendungen im Entwurf zum Nachtraghaushalt 2021 für 2 Schließungsmonate berücksichtigt.



Beteiligte Stellen

Referat WFB hat die Vorlage mitgezeichnet.




Isabel Fezer
Bürgermeisterin


Anlagen

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