Protokoll: Gemeinderat der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
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VerhandlungDrucksache:
1029/2019
GZ:
OB 1517-00
Sitzungstermin: 05.12.2019
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: OB Kuhn
Berichterstattung:-
Protokollführung: Frau Faßnacht de
Betreff: Konvent der BürgermeisterInnen
- Beschluss neuer Zielsetzungen

Vorgang: Ausschuss für Klima und Umwelt vom 29.11.2019, öffentlich, Nr. 19

Ergebnis: einmütige Zustimmung


Beratungsunterlage ist die Vorlage des Herrn Oberbürgermeisters vom 12.11.2019, GRDrs 1029/2019, mit folgendem

Beschlussantrag:

1. Der Bekräftigung und Fortführung des seit 2009 bestehenden Engagements Stuttgarts im Konvent der BürgermeisterInnen wird zugestimmt.

2. Dem Ziel, bis 2030 die CO2-Emissionen gesamtstädtisch um mindestens 40 % gegenüber dem Basisjahr 1990 zu reduzieren, wird zugestimmt.

3. Den weiteren Zielen der Initiative, die Anpassungsfähigkeit an den Klimawandel zu erhöhen sowie die Verfügbarkeit von sicherer, nachhaltiger und bezahlbarer Energie sicherzustellen, wird ebenfalls zugestimmt.


StR Rockenbauch (FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei) hält die in der Vorlage festgehaltenen Ziele für unverständlich und gemessen an den Herausforderungen auch für gefährlich, da sie nicht den wissenschaftlichen Erkenntnissen entsprächen. Deshalb frage er sich, warum Stuttgart in einem Konvent mitmachen sollte, der nicht vorhat, das Nötige, nämlich bis 2030 klimaneutral zu sein, zu tun. Die Quintessenz dieser Vorlage sei, "wir können gerne mitmachen, es kostet uns nichts, in Stuttgart ist schon alles mit den vorliegenden Aktions- und Masterplänen auf dem richtigen Weg". Dies jedoch sei eine Illusion, die man nicht unterstützen wolle. "Nichts ist gut, so wie wir gerade handeln. Wir riskieren das Überleben der Menschheit, wenn wir so weitermachen!"

OB Kuhn stellt klar, Stuttgart sei bereits seit 2009 an dem Konvent der BürgermeisterInnen beteiligt. Dieser habe die Ziele formuliert, gegenüber 1990 bis zum Jahr 2030 den CO2-Ausstoß um 40 % zu reduzieren. Außerdem wolle die Initiative sich weitere Ziele setzen, um z. B. die Anpassungsfähigkeit an den Klimawandel zu erhöhen. Der Vorsitzende erinnert an die in der letzten Woche stattgefundenen Beratungen, wo mit großer Mehrheit zustimmend vorberaten worden sei, dass Stuttgart im Jahr 2030 bei einer Reduzierung des CO2-Austoßes von 65 % liegt. Sofern der Gemeinderat zustimmt, weiter an dem Konvent teilzunehmen, sei es selbstverständlich die Aufgabe des Oberbürgermeisters oder der delegierten Bürgermeister, die Ziele der tatsächlichen Lage der Bedrohung entsprechend zu optimieren. Dafür werde man um breite Unterstützung in vielen deutschen und europäischen Städten werben.

Auf die wichtige Beschlussfassung im AKU verweist auch StR Boy (90/GRÜNE). Demnach werde man die Reduktion von CO2 bis 2030 um 65 % reduzieren, was für eine Industriestadt wie Stuttgart ein sehr ambitioniertes Ziel sei, für das alles darangesetzt werden müsse, um es zu erreichen. Mit Blick auf eine 100 %-Reduzierung, fordert er dazu auf, ehrlich und realistisch zu bleiben: Auf Bundesebene entscheide die Politik über zwei Gesetze: Den CO2-Preis auf 10 € zu heben werde keinerlei Wirkung entfalten und einen Kohleausstieg auf Bundesebene bis 2038 erachte man für viel zu spät. Beide Gesetze entfalten auch Folgen für Stuttgart, nämlich, dass man die Klimaneutralität bis 2030 einfach nicht erreichen kann. Sollten diese Ziele angepasst werden, so könne man gerne eine neue Zieldiskussion aufmachen. Momentan halte man dies nicht für sinnvoll.

StRin Schanbacher (SPD) macht darauf aufmerksam, der AKU habe ein einstimmiges Votum gefasst, jedoch habe man die Diskussion im Gemeinderat selbst noch nie geführt. Ihres Erachtens ist es sehr wichtig, zu definieren, wann genau die Stadt Stuttgart klimaneutral werden will. Sie sei sehr froh darum, dass diese Diskussion in 1. Lesung zumindest im Ansatz geführt wurde mit dem Ziel, 65 % Reduktion bis 2030 und 95 % Reduktion bis 2050. Ihre Fraktion habe beantragt, die Beteiligungsunternehmen der Stadt dabei genauso in den Blick zu nehmen. Somit werde man auch dazu in den nächsten Monaten Diskussionen führen, ebenso über das "Wie steigen wir aus Kohle, Öl, Erdgas aus?" Diese Diskussion werde nicht nur von einem amtsunabhängigen Fachbeirat begleitet werden, sondern auch von den Bürgerinnen und Bürgern Stuttgarts, die ein Recht haben zu erfahren, wie weit sind wir als Stadt bei den Klimazielen. Neben dem Setzen ehrgeizigerer Ziele sei es erforderlich, dafür ambitioniertere Maßnahmen zu ergreifen, mit denen diese Ziele ernsthaft verfolgt und erfüllt werden können. Stuttgart habe zusätzlich zu den bereits beschlossenen Maßnahmen, von denen die Hälfte im Umbau der Energieversorgung stecke, 24 Mio. t CO2 einzusparen! Der SPD sei wichtig, dass das Klima richtig geschützt wird, und zwar wirksam und sozial. Dazu habe man Vorschläge gemacht und freue sich auf die weiteren Diskussionen dazu. Was die Ziele im Konvent der BürgermeisterInnen angeht, so sei es wichtig, diese Ziele weiter anzupassen.

StR Walter (PULS) stimmt seinen Vorrednern insofern zu, als der Rat sich bereits verständigt hat, dass eine Reduktion um 40 % bis 2030 nicht ausreichend ist. Und in der GRDrs 1029/2019 heiße es, dass die Teilnehmenden dieses Netzwerks aufgefordert sind, bis 2030 die CO2-Emissionen gesamtstädtisch um mindestens 40 % zu reduzieren. Somit seien die in Stuttgart bereits gesteckten höheren Ziele davon nicht betroffen. Er halte es für richtig anzusprechen, dass lediglich 40 % bis 2030 nicht das Ziel der Stadt Stuttgart sind, sondern mehr vorgesehen ist, doch sehe er keinen Grund, der Vorlage zu widersprechen.

StR Rockenbauch weist der Vollständigkeit halber darauf hin, dass das alte Ziel des Konvents einmal war, 20 % CO2-Reduktion bis 2020 zu erreichen, und das neue Ziel nun mindestens 40 % lautet. Aufgrund der Notwendigkeiten seien alle verpflichtet, alles zu tun, um das Leben zukünftiger Generationen zu schützen. Vorschläge hierfür habe er im AKU gemacht, doch seien diese mit Verweis auf die schwarze Null im Haushalt abgelehnt worden. Er betrachte die GRDrs 1029/2019 als Beruhigungsvorlage. Das Klima mache jedoch keine Kompromisse. Trotz Bundesregierung, Europäischer Kommission und vielleicht der UN müsse man sich nicht davon abhalten lassen, wenigstens in Stuttgart die notwendigen Ziele zu setzen. Als Aufgabe des Oberbürgermeisters sieht er, nicht zu beruhigen oder zu verhandeln, "sondern klar zu sagen, dass so ein Bündnis nur dann einen Sinn macht, wenn wir 2030 klimaneutral sind".

StR Körner erinnert an die Beratung im Ausschuss für Klima und Umwelt, wo die Aufgabe für Stuttgart gut beschrieben worden sei. Wenn man die Ziele, die am Freitag beschlossen worden sind, erreichen wolle, so heiße dies, dass weitere 23 bis 25 Mio. t CO2 zusätzlich noch eingespart werden müssen, zu dem, was ohnehin an Einsparung auf den Weg gebracht wurde. Ohne Frage müsse man jedoch mehr tun und dazu könnten die städtischen Liegenschafen einen Beitrag leisten in einem Umfang von ungefähr 120.000 t der zusätzlich notwendigen 25 Mio. t CO2. Folglich sei genau dies nicht der Punkt, auf den der Schwerpunkt der Maßnahmen zu legen sei, um Stuttgart einem ambitionierten Ziel näherzubringen. Die Diskussion im akademischen Elfenbeinturm über Ziele sei wenig hilfreich, wenn man sich nicht ab und zu damit beschäftigt, mit welchen konkreten Maßnahmen relevante Ziele erreicht werden können. Mit der Investition in den Umbau der Energieversorgung der Stadtwerke ließen sich 5 Mio t CO2-Einsparung erreichen. Das Entscheidende sei somit, sich über konkrete Maßnahmen auseinanderzusetzen.

StR Rockenbauch wendet sich gegen den Eindruck, Zieldefinitionen seien etwas Abstraktes oder Unwirksames. Ganz konkret habe er bereits 2007 im Rahmen der Haushaltsplanberatungen 500 Mio. € für energetische Gebäudesanierungen beantragt und 500 Mio. € für erneuerbare Energieproduktion. Ohne eine klare Zielrichtung könne eine Verwaltung keine Planung mit dazu notwendigen Maßnahmen entwickeln. Daher fordere er einen gesamtheitlichen Plan, der von den Gebäuden und der Energieproduktion über Landwirtschaft und Verkehr bis hin zum Konsum zur Transformation der Wirtschaft die nötigen CO2-Tonnen einspart, die es braucht, um das Klima zu retten.

StR Kotz beantragt zur Geschäftsordnung das Ende der Debatte. Die Wortmeldungen hätten nichts mehr mit der zur Abstimmung stehenden Vorlage zu tun, darüber hinaus habe man nächste Woche einen ganzen Tag in öffentlicher Sitzung Zeit, um über die aufgerufenen Fragen zu diskutieren und Beschlüsse zu fassen. OB Kuhn fragt, ob hierzu Gegenrede gewünscht wird und stellt fest, dass dies nicht der Fall ist.


Er lässt über den Beschlussantrag der GRDrs 1029/2019 abstimmen und stellt fest:

Der Gemeinderat beschließt bei 10 Nein-Stimmen und 1 Enthaltung mehrheitlich wie beantragt.

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