Protokoll: Gemeinderat der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
TOP:
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VerhandlungDrucksache:
618/2019
GZ:
T
Sitzungstermin: 18.07.2019
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: OB Kuhn
Berichterstattung:-
Protokollführung: Frau Faßnacht
Betreff: Hauptradroute 22
Einrichtung von Radfahrstreifen und Straßensanierung in der Stresemannstraße in Stuttgart-Nord
- Baubeschluss und Vergabeermächtigung
- Vergabe von Ingenieurleistungen

Vorgang: Ausschuss für Umwelt und Technik vom 16.07.2019, öffentlich, Nr. 395
Ergebnis: einmütige Zustimmung bei 1 Stimmenthaltung

Verwaltungsausschuss vom 17.07.2019, öffentlich, Nr. 387
Ergebnis: einmütige Zustimmung


Beratungsunterlage ist die Vorlage des Technischen Referats vom 04.07.2019, GRDrs 618/2019, mit folgendem

Beschlussantrag:


1. Der Einrichtung von Radfahrstreifen entlang der Stresemannstraße in Stuttgart-Nord im Abschnitt zwischen Oskar-Schlemmer-Straße und Maybachstraße nach den Plänen des Tiefbauamts (Anlagen 2 bis 4) und des Kostenanschlags des Tiefbauamts vom 05.06.2019 (Anlage 1) mit Gesamtkosten in Höhe von 3.704.000 EUR (einschließlich aktivierungsfähiger Eigenleistungen von 204.000 EUR) wird zugestimmt. 2. Die Aufwendungen/Auszahlungen in Höhe von 3.500.000 EUR (ohne aktivierungsfähige Eigenleistungen von 204.000 EUR) werden wie folgt gedeckt: Projekt 7.664921 – Straßenerneuerung 500.000 EUR 500.000 EUR Projekt 7.662931 – Radwege 1.200.000 EUR 1.213.000 EUR 3. Die aktivierungsfähigen Eigenleistungen von voraussichtlich 204.000 EUR werden aus der hierfür im Teilfinanzhaushalt des Tiefbauamts veranschlagten Pauschale gedeckt (nicht zahlungswirksam). Die Mittel werden unter der KontenGr. 481 – Aufwendungen für interne Leistungen auf die v.g. Projekte umgesetzt. 4. Die Verwaltung wird ermächtigt, innerhalb des vorgegebenen Kostenrahmens von 3.500.000 EUR sämtliche erforderliche Bauleistungen ohne erneute Beschlussfassung in den Gremien zu beauftragen.
5. Das Ingenieurbüro Dr. Heinrich GmbH, Heerstraße 109, 71332 Waiblingen, wird mit der Objektplanung (Lph. 6 bis 9) und der örtlichen Bauüberwachung lt. Begründung beauftragt. Für die Leistungen wird ein Gesamthonorar in Höhe von 215.000 EUR (inkl. MwSt.) angesetzt. 6. Für die gemäß Ziffer 5 beim Projekt 7.662931 - Radwege im Haushaltsjahr 2020 benötigten Mittel von 65.000 EUR wird die im Haushaltsplan 2019 veranschlagte Verpflichtungsermächtigung in Anspruch genommen.


BM Pätzold weist darauf hin, dass im Februar 2019 auf der regelmäßig zwischen Stadtverwaltung und ADFC stattfindenden "Radroutine" u. a. die vorliegende Planung besprochen wurde. Dabei habe der ADFC Vorschläge gemacht, die weiteren Standards und Ziele für die Zukunft zu erhöhen. Der ADFC habe gleichzeitig die jetzige Planung nicht abgelehnt, um so keine weitere Verzögerung zu bekommen. Eine Umsetzung der weitergehenden Standards würde das gesamte Projekt, welches nun zügig umgesetzt werden soll, nach Aussage des Technischen Referats verzögern.

StR Ozasek (SÖS-LINKE-PluS) erinnert an den Gemeinderatsbeschluss, Stuttgart zu einer Fahrradstadt zu gestalten. In dem dazu gefassten Ergänzungsbeschluss - aus dem er zitiert - habe man festgelegt, die für 2019 und 2020 in der Umsetzung befindlichen Maßnahmen zu unterstützen und dabei den Qualitätsstandard im Sinne der Ziele des Radentscheids anzupassen. Dies sieht er in der zur Beschlussfassung anstehenden Vorlage nicht gewährleistet. Mit großem Bedauern nehme er zur Kenntnis, dass die Stadtverwaltung den zitierten Ratsbeschluss ignoriert. Das vom Gemeinderat beschlossene Ziel, 25 % Radverkehrsanteil am Modal Split zu erreichen, könne mit diesen Standards nicht erreicht werden. Die Verwaltung habe zudem dem UTA gegenüber bei der Beratung nicht erwähnt, dass das Referat SWU eine vom ADFC angeregte Alternativplanung abgelehnt hat. Nach Auffassung der Fraktionsgemeinschaft SÖS-LINKE-Plus muss das, was vor der Wahl kommuniziert wurde, auch nach der Wahl gelten, ansonsten wäre es eine reine Symbolpolitik. Er beantragt, die Vorlage zurückzuziehen, um sie im Unterausschuss Mobilität unter Einbeziehung der sachkundigen Vertreter*innen der Radinitiativen entsprechend den Standards des Zielbeschlusses anzupassen. Eine Verzögerung des Vorhabens um einige Monate nehme man dafür in Kauf.

Als Beteiligte am Aushandeln der Ergänzung zum Zielbeschluss "Stuttgart wird zur echten Fahrradstadt" berichtet StRin Dr. Lehmann (90/GRÜNE), es sei immer klar gewesen, dass nicht bereits in den nächsten Monaten die Anforderungen so umgesetzt werden können, wie sie im Zielbeschluss formuliert sind. Auch habe man gewusst, dass bereits Radinfrastruktur in der Planung ist. Die Situation in der Stresemannstraße sei heute für Radfahrer, die bergauf fahren, extrem gefährlich und müsse am besten sofort beseitigt werden. Die Alternative wäre gewesen, die Möglichkeit des Parkens für Autos wegzunehmen. Soweit habe man nicht gehen wollen. Es werde jedoch im Zuge des Zielbeschlusses irgendwann der Fall sein, dass parkende Autos an solchen Stellen nicht mehr stehen können. Sie und ihre Fraktion stimmen dieser Planung so zu, denn obwohl man die Mängel sehe, sehe man auch die Chance, die Mängel zu beseitigen.

StRin Kletzin (SPD) lenkt den Blick auf die Diskussion im letzten UTA, an deren Ende der Vorlage mit lediglich einer Enthaltung zugestimmt worden sei. Ihres Erachtens ist die heutige Haltung von SÖS-LINKE-PluS die eigentliche Symbolpolitik. Es gehe darum, an dieser Stelle für ein Miteinander von Radverkehr, Autoverkehr und Fußgängerverkehr zu sorgen. Die Planung sei eine Verbesserung in punkto Sicherheit für den Radverkehr, aber auch für die Fußgänger und für die parkenden Autos, aus denen Fußgänger aussteigen. Es wäre aus ihrer Sicht der falsche Weg, dass man damit anfängt, nur noch den Radverkehr in den Blickpunkt zu stellen. Ihre Fraktion plädiere dafür, dass für alle Verkehrsarten ein befriedigender Zustand erreicht wird, und dies sei mit dieser Planung der Fall.

OB Kuhn wendet sich an StR Ozasek und unterstreicht, die Verwaltung habe einen Vorschlag gemacht, der zu einer deutlichen Verbesserung des Radverkehrs an dieser Stelle führt. Weil man selbst für eine andere Lösung ist, daraus abzuleiten, die Verwaltung fühle sich nicht gebunden an den Grundsatzbeschluss des Rates zur echten Fahrradstadt, halte er für eine Übertreibung, wenn nicht gar für eine Unverschämtheit. Er weist diese Ableitung für die Verwaltung entschieden zurück.

StR Zeeb (FW) lobt die Planung als außerordentlich gute Lösung im Rahmen des Möglichen. Damit bekomme man einen großen, optimal ausgenutzten Straßenraum für alle, die sich dort bewegen.

StR Ozasek weist entschieden zurück, es handle sich um seine persönliche Einzelmeinung. Es gehe vielmehr darum, einen Qualitätsstandard für Hauptradrouten zu definieren. Es sei keine Radinfrastruktur, die ein 8-jähriges Kind oder eine 80-jährige Oma benutzen, obwohl man dies gemeinsam besprochen und beschlossen habe als Standard für die Radinfrastruktur in dieser Stadt. Mit der Umsetzung der vorliegenden Planung falle man weit hinter das zurück, was gemeinsam erarbeitet wurde. Er prophezeit, die Konzeption einer Fahrradstadt werde implodieren, wenn der Rat nicht die Stärke hat, darauf zu bestehen, höhere Standards für den Radverkehr in Stuttgart festzulegen und die Planungen entsprechend dem Ergänzungsbeschluss anzupassen. Er beantragt zur Geschäftsordnung, die Vorlage nicht zu behandeln, und bittet darüber abzustimmen.

OB Kuhn stellt den Geschäftsordnungsantrag über die Nichtbefassung der Vorlage zur Abstimmung und stellt fest, dass dieser Antrag bei 10 Ja-Stimmen und keiner Enthaltung mit großer Mehrheit abgelehnt wird.

Er lässt anschließend über die GRDrs 618/2019 abstimmen und stellt fest:

Der Gemeinderat beschließt bei 6 Nein-Stimmen und 4 Enthaltungen mehrheitlich wie beantragt.
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