Protokoll: Gemeinderat der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
TOP:
302
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VerhandlungDrucksache:
971/2019
GZ:
1001-04
Sitzungstermin: 07.11.2019
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: OB Kuhn
Berichterstattung:-
Protokollführung: Frau Faßnacht
Betreff: Zulagengewährung bei der Ausländerbehörde

Vorgang: Verwaltungsausschuss vom 06.11.2019, öffentlich, Nr. 550
Ergebnis: einmütige Zustimmung

Beratungsunterlage ist die Vorlage des Referats Allgemeine Verwaltung, Kultur und Recht vom 21.10.2019, GRDrs 971/2019, mit folgendem

Beschlussantrag:

1. Die mit GRDrs 935/2015 beschlossene Zulage analog Tarif+ für die Beschäftigten in Sachbearbeiterfunktion bei der Ausländerbehörde, verlängert mit GRDrs 866/ 2018, wird in den Jahren 2020/2021 in voller Höhe weitergewährt. Auch neu eingestellte Beschäftigte erhalten die Zulage.

2. Der Aufwand in Höhe von jeweils bis zu 70.000 EUR in den Jahren 2020 und 2021 wird im Doppelhaushalt 2020/2021 berücksichtigt.

3. Die Verwaltung wird rechtzeitig zu den Haushaltsberatungen 2022/2023 über die aktuelle Personalsituation bei der Ausländerbehörde berichten, damit sachgerecht über eine eventuelle Fortsetzung der Zulage entschieden werden kann.


StRin Yüksel (FDP) schickt voraus, selbstverständlich werde man der Vorlage zustimmen, sei doch die Zulage maßgeblich auf Initiative ihrer Fraktion zurückzuführen. Dennoch gebe es Redebedarf, weil unglaublich viele Beschwerden eingingen, nicht nur von Bürgerinnen und Bürgern, sondern auch von Unternehmen, die wegen der extrem langen Reaktionszeiten bei der Ausländerbehörde größte Schwierigkeiten haben, internationale Fach- und Führungskräfte nach Stuttgart zu bekommen.

Der Gemeinderat sei diesbezüglich keineswegs untätig gewesen, unterstreicht die Stadträtin, sondern habe neben dieser Zulage in den letzten fünf Jahren fraktionsübergreifend sehr viel auf den Weg gebracht, beispielsweise die Auslagerung der Asylstelle in die Jägerstraße, die Schaffung von vielen Stellen, den Einsatz von Behördenlotsen, einer Organisationsuntersuchung usw. Insbesondere die FDP habe in den letzten fünf Jahren zahlreiche Anträge zu diesem Thema gestellt, jedoch hätten sich nur bescheidene Erfolge gezeigt. So habe sich an der Fluktuationsquote, den Krankheitstagen, der telefonischen und elektronischen Erreichbarkeit, an geschlossenen Schaltern, an den Wartezeiten bei der Terminvergabe, an dem Akten- und Bearbeitungsstau trotz der vielen Maßnahmen, die der Gemeinderat auf den Weg gebracht hat, wenig getan. Dies sei für alle Beteiligten und Betroffenen frustrierend und eigentlich unzumutbar. Nach ihrem Eindruck mahlen die Mühlen der Verwaltung bei der Ausländerbehörde ganz besonders langsam, trotz der gesetzlichen Pflichtaufgaben, die sie zu erfüllen habe. Vom Ausländeramt selbst kämen bislang kaum innovative Ansätze und Ideen, zudem werde wenig über den Tellerrand geschaut oder von anderen Ausländerbehörden gelernt. Die Freien Demokraten werden an dem Thema auch in den nächsten fünf Jahren dranbleiben, kündigt sie an.

Mit Blick auf die angemahnte vorausschauende Stellen- und Personalplanung führt BM Dr. Schairer aus, in der Vergangenheit seien häufig die Aufwände und damit Überlastungen entstanden, bevor Planstellen geschaffen worden sind. Er halte nichts von einer gegenseitigen Schuldzuweisung. Derzeit sei man mit großer Intensität dabei, die durchgeführte Organisationsuntersuchung auszuwerten. Die "Flüchtlingsvorlage" und das Fachkräfte-Einwanderungsgesetz werden momentan geprüft. In der nächsten Woche erfolge ein Abstimmungsgespräch mit EBM Dr. Mayer und dem Haupt- und Personalamt, bei dem man eine vorausschauende Stellen- und Personalplanung vorschlagen werde. Er bittet um Verständnis, dass die Dinge z. B. durch Gesetzgebungsvorhaben und/oder durch überraschende Entwicklungen sich verzögern. Manchmal müsse man auch abwarten, bis der Gemeinderat die Stellen genehmigt. Er gehe davon aus, in diesem Haushaltsplan "vor die Lage" zu kommen, wobei dann noch das große Raumproblem - das durchaus erkannt sei - zu bewältigen sei.

StRin Nuber-Schöllhammer (90/GRÜNE) betont ausdrücklich, es gehe nicht um Schuldzuweisung. Die Mitglieder des Gemeinderats haben sich nach ihrem Erleben sehr dafür eingesetzt, dass in der Ausländerbehörde die Situation sich zum Positiven verändert. In den letzten Jahren gehe es jedoch nur außerordentlich langsam voran. Nachvollziehen könne sie, dass es schwierig sei, Fortschritte zu erzielen. Wenn jedoch in der Vorlage heute stehe, dass eine Rückkehr zum Normalbetrieb vor unter zwei Jahren nicht zu erwarten sei, so halte sie dies als Ausblick für problematisch.

StRin Pantisano (Die FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei) unterstützt die Aussagen seiner Vorrednerinnen ausdrücklich. Angesichts der geringen Fortschritte sei es vielleicht nötig, dass OB Kuhn die Ausländerbehörde zur Chefsache macht und für ein schnelleres Vorankommen sorgt.

Auch StR Perc (SPD) teilt uneingeschränkt die Aussagen seitens der Stadträte/-innen. Bereits seit vielen Jahren ziehe sich das Thema hin und auch in den kommenden Jahren sei zu erwarten, dass im Bereich des Ausländerrechts erschwerende Aufgabenstellungen anstehen. So werde das Fachkräfte-Einwanderungsgesetz für die Kommunen zusätzliche Arbeit bedeuten. Dies sei ein absehbarer Aufgabenzuwachs, dennoch waren im Stellenplan 8,3 Stellen eingestellt, die nicht in die grüne Liste übernommen wurden. Somit müsse nun der Gemeinderat in den Haushalts- und Stellenplanberatungen entscheiden, nicht nur die Zulage zu gewähren, sondern auch eine personelle Verbesserung zu erreichen, um die Abwärtsspirale zu stoppen. Eine Entspannung im Ausländeramt zu erreichen, sei man den Mitarbeiter/-innen dort schuldig genauso wie denjenigen, die mit einem Anliegen dort hinkommen, und den Unternehmen, die händeringend nach Fachkräften suchen und auf eine schnelle Bearbeitung angewiesen sind.

OB Kuhn räumt ein, er persönlich sehe das Ausländeramt als eines der "Sorgenämter" in der Verwaltung. Viele der angesprochenen Dinge könne er nachvollziehen angesichts der Höhe der Fluktuation und der Krankheitstage, "wie geht es da zu, wie ist die Ausstrahlung?" Dies gelte vielleicht auch für die Führerschein- und Zulassungsstelle. Er sagt zu, dass sich die Verwaltung mit hoher Priorität den Fragen zuwenden werde und bittet darum, die Problematik nicht durch Schlechtreden weiter zu verschärfen. Er habe die Wortbeiträge nicht so verstanden, unterstreicht er, sondern als offensive Forderung, besser zu werden.


Abschließend stellt er fest:

Der Gemeinderat beschließt einstimmig wie beantragt.

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