Protokoll: Gemeinderat der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
TOP:
27
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VerhandlungDrucksache:
71/2014 mit Ergänzung
GZ:
KBS
Sitzungstermin: 13.03.2014
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: OB Kuhn
Berichterstattung:-
Protokollführung: Frau Gallmeister
Betreff: Schulentwicklungsplan 2009 - 2020 für die allgemein-
bildenden Schulen der Landeshauptstadt Stuttgart
... (vollständiger Betreff siehe unten)

Da aus technischen Gründen der Betreff nicht in ganzer Länge im oberen Feld wiedergegeben werden kann, wird er hier vollständig aufgeführt:

Betreff: Schulentwicklungsplan 2009 - 2020 für die
allgemeinbildenden Schulen der Landeshauptstadt Stuttgart
- Sachstand und Fortschreibung Schulentwicklungsplan
- Aufhebung weiterer Werkrealschulstandorte
- Perspektiven zur Weiterentwicklung der Sekundarstufe I


Vorgang: Verwaltungsausschuss vom 19.02.2014, nicht öffentlich, Nr. 36

Ergebnis: Einbringung

Verwaltungsausschuss vom 12.03.2014, öffentlich, Nr. 52

Ergebnis: Vorberatung


Beratungsunterlage ist die Vorlage des Referats Kultur, Bildung und Sport vom 04.02.2014, GRDrs 71/2014, mit folgendem

Beschlussantrag:

1. Vom Sachstandsbericht über die Schulentwicklungsplanung 2009-2020 für die allgemein bildenden Schulen der Landeshauptstadt Stuttgart (Anlage 1) wird Kenntnis genommen.

2. In Folge der weiter rückläufigen Schülerzahlen an den Werkrealschulen werden folgende Standorte sukzessive aufgehoben:

a) Die Werkrealschule der Herbert-Hoover-Schule in Stuttgart-Mühlhausen wird spätestens zum Schuljahr 2019/2020 aufgehoben, es werden keine neuen Schülerinnen und Schüler in Klassenstufe 5 mehr aufgenommen.

b) Die Werkrealschule der GWRS Heumaden in Stuttgart-Sillenbuch wird spätestens zum Schuljahr 2018/2019 aufgehoben, es werden keine neuen Schülerinnen und Schüler in Klassenstufe 5 mehr aufgenommen.

3. Die in Anlage 2 dargestellten Perspektiven zur Weiterentwicklung der Sekundarstufe I werden zur Kenntnis genommen. Die Verwaltung wird beauftragt, die darin dargelegten Eckpunkte der weiteren Schulentwicklungsplanung zu Grunde zu legen.


Weitere Beratungsunterlage ist die Vorlage des Referats Kultur, Bildung und Sport vom 05.03.2014, GRDrs 71/2014 Ergänzung, mit folgendem

Beschlussantrag:

Beschlussantrag 2a der GRDrs 71/2014 wird durch folgenden Beschlussantrag ersetzt:

Die Werkrealschule der Herbert-Hoover-Schule in Stuttgart-Mühlhausen kann auch im Schuljahr 2014/2015 Schülerinnen und Schüler in Klassenstufe 5 aufnehmen, die geplante Aufhebung wird zunächst um ein Jahr aufgeschoben. Bertha-von-Suttner-Realschule und Herbert-Hoover-Schule entwickeln bis zum
1. Quartal 2015 gemeinsam ein pädagogisches Konzept mit dem Ziel, zum 1. Juni 2015 beim Land einen gemeinsamen Antrag auf Einrichtung einer
Gemeinschafts- schule zu stellen.


Er habe in den letzten Jahren häufig Kritik am Schulentwicklungsplan geäußert, bemerkt StR Lazaridis (90/GRÜNE). Der zu beschließende Plan zeige aber, wie auch zukünftig eine Schullandschaft in Stuttgart aufgebaut werden könne und wie auch eine Gemeinschaftsschule vernünftig wachsen könne, mit der Realschule als Nukleus.

Die Beschlussanträge der GRDrs 71/2014 sowie der Ergänzung hierzu trage seine Fraktion mit. Begrüßt werde, dass die Herbert-Hoover-Schule und die Bertha-von- Suttner-Schule zu einer Gemeinschaftsschule werden können. Jetzt müssten die entsprechenden Gremienbeschlüsse herbeigeführt und eine Konzeption erarbeitet werden. Seine Fraktion freue sich auf diese Entwicklung, so StR Lazaridis, die seitens seiner Fraktion unterstützt werde.

Die von BMin Dr. Eisenmann vorgelegte Schulentwicklungsplanung lasse eine gewisse Flexibilität zu, auf Veränderungen in der Schullandschaft zu reagieren, merkt StRin Ripsam (CDU) positiv an. Die weitere Aufgabe eines Werkrealschul- standortes sei allerdings nicht erfreulich, weil die Aufgabe von Schulstandorten immer mit viel Unruhe und Sorge begleitet werde. Die grün-rote Landesregierung habe durch die Aufhebung der Grundschulempfehlung wesentlich dazu beigetragen, dass diese Situation eingetreten ist. Teilweise müssen Schulstandorte geschlossen werden, während es an anderen Schulstandorten anfange, zu eng zu werden.

Der Gemeinschaftsschule stehe die CDU eher kritisch gegenüber, erklärt die Stadt- rätin. Sie diene im Prinzip der Schulstandortsicherung, was auch die Maßnahme an der Herbert-Hoover-Schule zeige, indem über den Weg der Gemeinschaftsschule versucht wird, den Schulstandort zu halten. Ihre Fraktion respektiere den Wunsch der beiden Schulen, dass sie den Weg zur Gemeinschaftsschule gehen wollen. Die CDU-Fraktion werde die Entwicklung im Auge behalten.

StRin Gröger (SPD) kündigt die Zustimmung ihrer Fraktion zu beiden Beschluss- anträgen an. Sie gebe der Herbert-Hoover-Schule am Standort Freiberg gerne die Chance, sich zusammen mit den anderen Schulen weiterzuentwickeln. Die Vorlage beinhalte neben der Entscheidung zur Schließung einer Werkrealschule auch Herausforderungen, vor denen die Stadt in nächster Zeit stehe, wie beispielsweise Inklusion und vermehrte Zuwanderung, die einige Schulstandorte vor besondere Herausforderungen stelle, denen nachgegangen werden müsse, da es das Ziel sei, den jungen Menschen die besten Chancen zu geben. Es müssten rasch Lösungen gefunden werden, die auch Kompromisse beinhalten müssten; sie spricht hierbei die zwangsläufig notwendigen Außenstellen für einige Gymnasien an, ohne die es nicht gehen werde.

Deutlich werde in der Vorlage auch, dass an einigen Stellen in der Stadt noch ein enormer Diskussionsbedarf bestehe, was neue schulische Überlegungen angehe. Dazu wolle ihre Fraktion die Verwaltung ermuntern, und ihre Fraktion sei auch der Meinung, dass im zuständigen Ausschuss noch mehr Sachargumente diskutiert werden müssen, um Akzeptanz zu erreichen. Glücklicherweise habe die Stadt einige Standorte, die sich hervorragend dazu eignen, eine neue Schulart, ein neues Bildungssystem aufzubauen. Sie spricht damit die Campus-Lösungen an, von denen es in der Stadt "gar nicht so wenige" gibt, was sehr positiv sei, weil da Schularten zusammengeführt und auch zukunftsfähig entwickelt werden können. Ausgespro- chen positiv ist für StRin Gröger die Aussage in der Vorlage, dass entgegen den allgemeinen Trends Stuttgart steigende Schülerzahlen hat. Dies sollte dem Gemein- derat und der Verwaltung Mut machen, diese Aufgabe auch zügig anzugehen.

Die Stadt Stuttgart als Schulträgerin müsse auf die Entwicklung reagieren, indem sie die entsprechenden Räumlichkeiten zur Verfügung stellt, bemerkt StRin von Stein (FW). Dass es Gemeinschaftsschulen gibt, die zur Rettung von Schulstandorten dienen, werde zur Kenntnis genommen. Erfreut sei ihre Fraktion, was das Thema Freiberg betreffe, darüber, dass ihrem Antrag auf das Moratorium entsprochen wurde, denn es habe gezeigt werden können, dass es einen Schulcampus gibt und dass dort die Gemeinschaftsschule Chancen haben wird.

Sie gehe davon aus, fährt die Stadträtin fort, dass es immer wieder Änderungen geben wird und dass dann jeweils eine Lösung gefunden wird, die dann Schüler, Eltern und Lehrer mitnehmen kann. Ihre Fraktion stimme den Beschlussanträgen daher zu, kündigt die Stadträtin an.

Mit der Ankündigung, dass seine Fraktion den Beschlussanträgen zustimmen wird, verbindet StR Dr. Oechsner (FDP) den Hinweis, dass zumindest in der Stadt die Haupt- und Werkrealschule "am Ausbluten" ist, da immer mehr Schülerinnen und Schüler auf das Gymnasium wechseln. Auch die Gemeinschaftsschule sollte seiner Meinung nach einen Platz in der Schullandschaft haben. Mit der dargestellten Planung habe die Stadt eine Möglichkeit, wie sie auf die veränderten Situationen reagieren kann und als Schulträger ihrer Verantwortung nachkommt.

Im Übrigen würde er es begrüßen, wenn im Zusammenhang mit Ganztagsschulen auch über die Verbesserung der Betreuung in den Halbtagsschulen, und zwar aller Schularten, nachgedacht würde.

Die Realität bestätige, dass das Werkrealschulkonzept, das lange Zeit verfolgt wurde, von Anfang an kein taugliches Konzept war, die bereits zitierte "Abstimmung mit den Füßen über die Hauptschulen" aufzuhalten, bemerkt StR Adler (SÖS und LINKE). Seine Fraktionsgemeinschaft habe im Gegenteil schon immer die Meinung vertreten, dass nicht die Werkrealschul-, sondern die Gemeinschaftsschulorientie- rung richtig war und nach wie vor ist; und zwar nicht primär unter dem Aspekt der Auslastung vorhandener Schulen. Vielmehr würden die Gemeinschaftsschulen für Bildungsgerechtigkeit benötigt, denn es gehe darum, was die Kinder in ihren konkreten Lebensumständen brauchen.

Auch wenn das von BMin Dr. Eisenmann vorgelegte Konzept stark unter dem Aspekt der Auslastung der Schulstandorte stehe, stelle es doch einen Fortschritt dar, fährt StR Adler fort. Es seien auch Forderungen seiner Fraktionsgemeinschaft aufgenommen worden, die noch vor wenigen Jahren als nicht akzeptabel zurück- gewiesen worden seien. Es sei jedoch Tatsache, dass längeres gemeinsames Lernen bei individueller Förderung der Kinder das erfolgreichere Modell ist; dies werde inzwischen von der Mehrheit der Gemeinderatsmitglieder auch so akzeptiert. Seine Fraktionsgemeinschaft halte aber an der Auffassung fest, dass Gemeinschaftsschulen auch einen gymnasialen Abschluss bieten müssen, wenn ihre Potenziale für alle Kinder wirklich effektiv genutzt werden sollen. Dies sehe das Konzept bedauerlicherweise aber nicht bzw. nur ganz marginal vor und bleibe insofern hinter den Möglichkeiten zurück. Da es allerdings Schritte in die richtige Richtung einleite, stimme seine Fraktionsgemeinschaft ihm zu.

Der Versuch, die Hauptschule mithilfe der Werkrealschule zu retten, sei offensicht- lich gescheitert, resümiert StR Dr. Schlierer (REP). Die sinkende Akzeptanz führe dazu, dass zunehmend Schulstandorte aufgegeben werden müssen. Als neues Rettungskonzept werde jetzt die Gemeinschaftsschule präsentiert und das Ganze in ein Zwei-Säulen-Modell eingepasst. Gleichzeitig werde durch den Wegfall der Grundschul-empfehlung der Anreiz verstärkt, dass viele Eltern ihre Kinder auf dem Gymnasium anmelden wollen. Der Stadt bleibe dann immer nur die Möglichkeit, mit den Räumen und der Zahl der Züge, die sichergestellt sein müssen, zu reagieren, woraus wiederum irgendwelche Konzepte entstehen - aber es sei keine klare Linie erkennbar. Die einzige klare Linie habe sein Vorredner beschrieben - den Weg zur "sozialistischen Einheitsschule", die weder im Interesse der Gesellschaft noch im Interesse der Kinder sei. Benötigt werde keine Einheitsschule, sondern eine allen Begabungen und Fähigkeiten entsprechende und gerecht werdende Ausdifferenzierung im Bildungssystem. Dies sei Stand der Wissenschaft.

Mit Blick auf die Beschlussanträge merkt StR Dr. Schlierer an, dass von einem Sachstandsbericht Kenntnis genommen werden müsse, was er auch tue. Ebenfalls nehme er zur Kenntnis, welche weiteren Perspektiven entwickelt worden sind. Seinen Vorstellungen einer wirklich zukunftsgerichteten Bildungspolitik entsprächen diese jedoch nicht.


Abschließend stellt OB Kuhn fest:

Der Gemeinderat beschließt einstimmig wie beantragt (1 Enthaltung).

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