Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Allgemeine Verwaltung/Kultur und Recht
Referat Wirtschaft/Finanzen und Beteiligungen

Gz: AKR/WFB 9500-02
GRDrs 931/2021
Stuttgart,
11/26/2021



Stellenplan 2022/2023
1. Tax Compliance Management System (TCMS) - Zwischenbericht
2. Stellenplanrelevante Entscheidungen aufgrund der Implementierung eines TCMS - geschäftskreisübergreifend




Beschlußvorlage
Vorlage an
    zur
SitzungsartSitzungstermin
Verwaltungsausschuss
Verwaltungsausschuss
Gemeinderat
Vorberatung
Vorberatung
Beschlussfassung
öffentlich
nicht öffentlich
öffentlich
01.12.2021
08.12.2021
16.12.2021



Beschlußantrag:

1. Vom Zwischenbericht zum Projekt Tax Compliance Management System (TCMS) wird Kenntnis genommen (vgl. Anlage 1). 2. Vom Verhaltenskodex TCMS wird Kenntnis genommen (vgl. Anlage 2). 3. Im Teilstellenplan des Haupt- und Personalamts werden folgende Stellen 3.2 zum Stellenplan 2023

4. Zum Stellenplan 2022 werden im Teilstellenplan der Stadtkämmerei folgende Stellen geschaffen:

5. Zum Stellenplan 2022 wird im Teilstellenplan des Amts für Umweltschutz folgende Stelle geschaffen:
6. Zum Stellenplan 2022 werden im Teilstellenplan des Haupt- und Personalamts 7. Durch die Stellenschaffungen entstehen zusätzliche Personalaufwendungen i. H. v. rund 1,0 Mio. EUR im Jahr 2022 und rund 2,2 Mio. EUR pro Jahr ab dem Jahr 2023. Die erforderlichen Mittel werden im Doppelhaushaltsplan 2022/2023 und der mittelfristigen Finanzplanung berücksichtigt.



Begründung:


Zu Beschlussziffer 1:
Die Landeshauptstadt Stuttgart (LHS) als Körperschaft des öffentlichen Rechts unterliegt mit zahlreichen Tätigkeiten und als Arbeitgeberin selbst verschiedenen steuerlichen Verpflichtungen. Schon durch den speziellen Verwaltungsaufbau und die rechtlich unscharfen Abgrenzungsregelungen zwischen steuerpflichtigen und nicht steuerpflichtigen Betätigungsbereichen der LHS können in der Praxis trotz größter Sorgfalt Fehler in der Steuerdeklaration nicht per se ausgeschlossen werden. Diese Problemlage wird durch die zunehmend an das europäische Recht ausgerichtete nationale Rechtsprechung (Neuordnung der Umsatzbesteuerung der öffentlichen Hand - § 2b UStG) sowie durch die digitale Transformation des Steuererhebungsprozesses zusätzlich verschärft.

Damit hat der Umfang der Steuerpflichten nicht nur für die LHS, sondern für alle größeren Kommunen im Bundesgebiet, ein Ausmaß und eine Komplexität erreicht, die den Aufbau eines umfassenden Managementsystems zur Erfüllung der Anforderungen sowie zur Bewältigung verbleibender Steuerrisiken erforderlich machen. Fehlerhafte oder unvollständig eingereichte Steuererklärungen oder Steueranmeldungen können erhebliche finanzielle Auswirkungen zur Folge haben. Darüber hinaus könnten aus einer fehlerhaften Steuerdeklaration ordnungswidrigkeitsrechtliches Organisationsverschulden sowie strafrechtliche Konsequenzen für die LHS resultieren. Auch im Hinblick auf die Arbeitgeberfürsorge ist die Implementierung eines Tax Compliance Management System (TCMS) daher zwingend erforderlich. Zudem ist ein TCMS wichtig zur Sicherstellung der korrekten, aber für die LHS gleichzeitig nicht nachteiligen Steuerdeklaration.

Konkrete Vorgaben zur Ausgestaltung eines TCMS wurden und werden von der Finanzbehörde nicht gemacht. Ebenso kann bei dem Aufbau eines gesamtstädtischen TCMS kaum auf Erfahrungswerte aus der Praxis zurückgegriffen werden. Die Aufgabe der Stadtverwaltung bestand darin, ein angemessenes und wirksames TCMS zu konzipieren und umzusetzen. Mit einem TCMS werden zwar nicht alle steuerlichen Haftungsrisiken restlos ausgeschlossen, es ist jedoch eine notwendige Voraussetzung für deren Minimierung. Das TCMS identifiziert Risiken und stellt Maßnahmen bereit, die zur optimalen Gewährleistung der steuerlichen Pflichterfüllung dienen. Es besteht gemäß dem Standard des Instituts der Wirtschaftsprüfer IDW PS 980 aus verschiedenen Bausteinen, die im Rahmen des Projekts in eine Gesamtkonzeption zusammengefasst wurden. Das Projekt umfasste dabei neben einer Projektlenkungsgruppe als steuerndes Gremium eine Projektgruppe sowie insgesamt 9 Teilprojektgruppen. Die Schwerpunkte der Projektarbeit lagen in der Erarbeitung einer Gesamtkonzeption eines TCMS (siehe Anlage 1 – Projektzwischenbericht TCMS).

Die für das TCMS notwendigen zentralen und dezentralen Stellenbedarfe wurden im Projekt qualifiziert geschätzt. Bis Ende 2023 soll der dauerhafte Ressourcenbedarf für die Bearbeitung der steuerfachlichen Themen und Prozesse evaluiert werden.


Zu Beschlussziffer 2:
Der Verhaltenskodex ist Teil der TCMS-Kultur und der erste Schritt zu umfassenderen Regelungen. Er ist als Bekenntnis der LHS zur Einhaltung aller steuerlichen Pflichten zu verstehen, die sich in den TCMS-Richtlinien konkretisiert. Er gibt die Grundeinstellung und Verhaltensweise aller Mitarbeiter*innen durch die Verwaltungsspitze vor, die der Einhaltung der steuerlichen Regelungen und Pflichten dient. Er sensibilisiert die Mitarbeiter*innen und schafft eine TCMS-Kultur, ist allerdings weniger handlungsleitend. Es kommt im Wesentlichen darauf an, aus dem Verhaltenskodex eine konkrete Maßnahmenplanung (Kommunikationsprozesse, Risikomanagement etc.) abzuleiten und festzuschreiben. Nach externer Expertise kann der Verhaltenskodex allerdings bereits jetzt als Einzelregelung verabschiedet werden. Der beigefügte Verhaltenskodex (Anlage 2) wurde durch eine externe Firma geprüft und für vollständig erachtet.


Zu Beschlussziffer 3:
Im Rahmen des Projekts TCMS wurde eruiert, wie die rechtskonforme Ermittlung und Anmeldung der Lohnsteuer und Sozialversicherungsabgaben dauerhaft sichergestellt werden kann. Das Ergebnis besteht in dem Aufbau eines Lohnsteuer-Competence-Centers (LCC) beim Haupt- und Personalamt, welches alle stadtweiten (inklusive Eigenbetriebe) lohnsteuerlichen Pflichten sowie die der Lohnsteuerdeklaration erfüllt. Alle lohnsteuerrechtlichen Vorgänge und Fragstellungen könnten an dieser Stelle zentralisiert werden. Ein LCC bedingt nicht zwingend, dass eine neue Organisationseinheit für diese Aufgabe entstehen muss, sondern es bedarf einer grundsätzlichen Verortung.

Im Zuge der Umsetzung von lohnsteuerrechtlichen Prozessen und Maßnahmen aus der Risikokontrollmatrix im Laufe des Kalenderjahres 2022, werden die Aufgaben eines LCC, dessen Aufbau sowie die organisatorische Einbettung in die Abteilung Personalservice des Haupt- und Personalamts eruiert. Daher werden Stellenschaffungen beim Haupt- und Personalamt in der Abteilung Personalservice empfohlen.

Zu Beschlussziffer 4:
Das Projekt sieht die Notwendigkeit zur Einrichtung der neuen und speziellen Funktion eines sogenannten TCMS-Officers, wie sie bereits in vielen privaten Unternehmen installiert ist, nicht zuletzt aufgrund der Verwaltungsgröße der LHS mit ihrer dezentralen Organisationsstruktur sowie ihren vielfältigen und diffizilen Aufgaben, auch für die Stadt Stuttgart.

Diese spezielle Funktion soll im Rahmen des weiteren Aufbaus und der Weiterentwicklung des TCMS geschaffen werden, um insbesondere im Hinblick auf die rechtlichen Anforderungen an eine wirksame Delegation eine klare Zuständigkeit für die Tax-Compliance-Aktivitäten der LHS zu erreichen. Damit nimmt der TCMS-Officer für die Implementierung eines wirksamen TCMS und dessen dauerhaften Umsetzung eine Schlüsselposition ein. In seiner besonderen Funktion muss der TCMS-Officer die inhaltlichen Anforderungen für ein auszugestaltendes TCMS kennen, ein stark ausgeprägtes operatives Geschäftsverständnis besitzen und steuerrechtliche Risiken für die LHS einschätzen können.

Die wesentlichen Aufgaben eines TCMS-Officers sind Umsetzung, Aufbau, Weiterentwicklung und Monitoring des stadtweiten TCMS. Dabei werden die steuerlich relevanten Geschäftsprozesse aller Steuerarten auf steuerliche Risiken hin validiert, mögliche risikominimierende Maßnahmen eingeleitet und nachgehalten sowie die Ämter bei der Implementierung der steuerlichen Prozesse beraten. Darüber hinaus ist es Aufgabe eines TCMS-Officers, die Einhaltung der TCMS-Vorgaben sicherzustellen, eine Risikoüberwachung wahrzunehmen sowie ein entsprechendes TCMS-Reporting aufzubauen und zu betreiben. Daneben stellt der TCMS-Officer die dauerhafte Fortentwicklung von TCMS-Themen sowie die Kommunikation an die Ämter und Eigenbetriebe sicher und fungiert als zentraler Ansprechpartner bei TCMS-Fragen.

Die mit dieser Funktion verbundene zentralen Zuständigkeit für das stadtweite TCMS ist nach Maßgabe des Projekts, der Stadtkämmerei zugeordnet worden. Darüber hinaus wurde die Stadtkämmerei beauftragt, zusammen mit dem Haupt- und Personalamt die Einbettung dieser Funktion in die Stadtkämmerei in der Linie organisatorisch auszugestalten. Zu diesem Zweck wird die Stadtkämmerei das bisherige Sachgebiet Steuern aus der Abteilung Betriebswirtschaft und Beteiligung herauslösen und als neue Abteilung Tax Management innerhalb der Stadtkämmerei implementieren. In dieser neuen Abteilung soll die zentrale Koordinierungsstelle TCMS eingerichtet werden.

Des Weiteren zeigen die Erfahrungen aus den laufenden Betriebsprüfungen bei der LHS, dass die Erwartungen und Anforderungen seitens der Finanzverwaltung an die Erfüllung der ertragsteuerlichen (Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer und Kapitalertragsteuer) und umsatzsteuerlichen Pflichten weiter zunehmen. Parallel hierzu steigt der Beratungsbedarf der Ämter und Eigenbetriebe kontinuierlich an, nicht zuletzt durch die sich immer schneller ändernde Rechtslage (insbesondere die Ausweitung der Unternehmereigenschaft der LHS - § 2b UStG, Abkehr von der Durchschnittsbesteuerung hin zur Regelbesteuerung für die Land- und Forstwirtschaft, steigende Inanspruchnahme von EU und internationalen Waren- und Dienstleistungen, usw.). Die Umsetzung von notwendigen Maßnahmen machen deshalb weitere Stellenschaffungen im Bereich der Umsatz- und Ertragsbesteuerung notwendig.


Zu Beschlussziffer 5:
Die Risikoermittlung im Teilprojekt Energiesteuer hat insbesondere ergeben, dass erheblich gestiegene gesetzliche Vorgaben im Energierecht im Zusammenhang mit der wachsenden Zahl an energieerzeugenden Anlagen umzusetzen sind und dies mit den jetzigen Personalkapazitäten nicht abgedeckt werden kann. Die Konsequenzen bei Nichtbeachtung der o. g. Regelungen sind insbesondere (Teil-)Verluste von Begünstigungen bis hin zu Ordnungswidrigkeiten. Die Stellenschaffung soll diese finanziellen und rechtlichen Risiken für die LHS minimieren und der steuerlichen Pflichterfüllung im Rahmen der gesetzlichen Regelungen dienen.


Zu Beschlussziffer 6:
Zum jetzigen Zeitpunkt kann noch nicht abgeschätzt werden, wie sich geänderte steuerliche Prozesse wie beispielsweise bei der Umsatzsteuer und der Lohnsteuer auf die Arbeit in den Fachämtern auswirken. Daher wird die Einrichtung eines Stellenpools empfohlen.


Zu Beschlussziffer 7:
Da die zur Schaffung vorgeschlagenen Stellen erst besetzt werden können, wenn der Haushalt vollzugsfähig ist und sich durch Bewerbungsverfahren und evtl. erforderliche Nachbesetzungen weitere Verzögerungen ergeben, fallen im ersten Planjahr eines Doppelhaushalts bei neu geschaffenen Stellen regelmäßig noch nicht die vollen Personalaufwendungen an. Daher wäre in 2022 nur die Hälfte der Personalaufwendungen anzusetzen.


Finanzielle Auswirkungen

Aufwendungen im Jahr 2022:
Schaffung von 12,5 Stellen (KW 01/2024) in EG 9a (KeAP 2021: 62.900 €) = ~786.250 €
Schaffung von 1,0 Stelle (KW 01/2024) in A15 (KeAP 2021: 154.800 €) = ~154.800 €
Schaffung von 1,0 Stelle (KW 01/2024) in A 13 gD (KeAP 2021: 125.900 €) = ~125.900 €
Schaffung von 7,5 Stellen (KW 01/2024) in A 12 (KeAP 2021: 111.200 €) = ~834.000 €
Summe für ein ganzes Jahr =~1.900.950 €
Davon die Hälfte der Personalaufwendungen in 2022 (s. Beschlussziffer 7) = ~950.500 €

Aufwendungen ab dem Jahr 2023:
Schaffung von 3,6 Stellen (KW 01/2025) in EG 11 (KeAP 2021: 77.400 €) = ~278.640 €

Für die o. g. Stellen entstehen zusätzliche Personalaufwendungen i. H. v. rund 1 Mio € im Jahr 2022 und rund 2,2 Mio € pro Jahr ab dem Jahr 2023.

Die erforderlichen Mittel werden über die Änderungsliste im Doppelhaushaltsplan 2022/2023 und der mittelfristigen Finanzplanung berücksichtigt.









Beteiligte Stellen

Referat SWU

Amt 14 sieht aus fachlicher Sicht einen weitergehenden Stellenbedarf für das eigene Amt, um die TCMS-Maßnahmen bereits zum jetzigen Zeitpunkt ausreichend begleiten zu können und stimmt daher der Vorlage nicht zu. Da sich nach dem jetzigen Grundsatzbeschluss zum TCMS zunächst der Aufbau und die Umsetzung des TCMS anschließen, werden die Maßnahmen erst sukzessive über die nächsten beiden Jahre wirksam. Aus Projektsicht wird der Stellenbedarf des Rechnungsprüfungsamts daher zunächst bis Ende 2023 zurückgestellt.


Vorliegende Anträge/Anfragen

-

Erledigte Anträge/Anfragen

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Dr. Fabian Mayer Thomas Fuhrmann
Erster Bürgermeister Bürgermeister


Anlagen

Anlage 1: Projektzwischenbericht TCMS
Anlage 2: Verhaltenskodex TCMS


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