Protokoll: Gemeinderat der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
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VerhandlungDrucksache:
745/2011
GZ:
RSO 7831-10.00
Sitzungstermin: 22.09.2011
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: OB Dr. Schuster
Berichterstattung:-
Protokollführung: Frau Huber-Erdtmann
Betreff: Vorbereitung der Volksabstimmung über ein
S 21-Kündigungsgesetz

Vorgang: Verwaltungsausschuss vom 21.09.2011, öffentlich, Nr. 322

Ergebnis: einmütige Zustimmung


Beratungsunterlage ist die Vorlage des Referats Recht, Sicherheit und Ordnung vom 08.09.2011, GRDrs 745/2011, mit folgendem

Beschlussantrag:

1. Für die Vorbereitung und Durchführung einer Volksabstimmung, die voraussichtlich am 27.11.2011 stattfinden wird, wird von einem Gesamtaufwand von 717.000 € ausgegangen.

Für die Finanzierung wird im Teilergebnishaushalt 120, Statistisches Amt, Amtsbereich 1201210 - Statistiken und Wahlen im Haushaltsjahr 2011 - einem überplanmäßigen Aufwand wie folgt zugestimmt:

- Kontengruppe 400 - Personalaufwendungen 225.000 €
- Kontengruppe 420 - Aufwendungen für Sach- und Dienstleistungen 108.000 €
- Kontengruppe 440 - sonstige ordentliche Aufwendungen 384.000. €

Die Deckung des entstehenden Aufwands erfolgt durch unechte Deckungsfähigkeit aus der Kostenerstattung des Landes in Höhe von geschätzt 500.000 €; der darüber liegende Aufwand aus Mitteln der Deckungsreserve.

2. An die Mitglieder der Stimmbezirksvorstände und Briefabstimmungsvorstände sowie an die erforderlichen Hilfskräfte nach § 4 Volksabstimmungsgesetz (VAbstG) i. V. m. § 13 Landtagswahlgesetz (LWG) werden zum Ersatz ihrer Auslagen die in § 6 Abs. 3 der Satzung über die Entschädigung für ehrenamtliche Tätigkeit vorgesehenen Pauschalentschädigungen gezahlt.

3. Die Verwaltung wird ermächtigt, bis zu 49 Aushilfskräfte außerhalb des Stellenplans einzustellen.


StR Conz (FDP) betont, dass seine Fraktion zu hundert Prozent zur Verfassung von Baden-Württemberg stehe, gerade auch zu ihren plebiszitären Elementen. Die jetzt diskutierte Volksabstimmung weise jedoch verfassungsrechtlich offensichtliche Probleme auf. Unabhängig von der juristischen Betrachtung entspreche sie sicher nicht den Intentionen der Väter der Verfassung. Trotzdem wolle der Landtag die Volksabstimmung durchzuführen.

Von den Kosten in Höhe von 717.000 €, die allein in Stuttgart anfielen, solle die Stadt Stuttgart 217.000 € tragen. Dies widerspreche dem Konnexitätsprinzip, denn "wer bestellt, muss auch zahlen". Die FDP sei der Meinung, dass das Geld der Steuerzahler weit sinnvoller verwendet werden könnte, z. B. für die Schulsozialarbeit oder die Sanierung der Straßen. Aufgrund dieser Bedenken sehe sich die FDP außerstande, der Vorlage zuzustimmen.

Auch StR Dr. Schlierer (REP) hält das Landesgesetz zur Volksabstimmung, das wohl den Landtag passieren werde, für ganz offensichtlich - und das sei auch in einer Stellungnahme der Stadt zu lesen - verfassungswidrig. Die Intention, die der Verfassungsgesetzgeber in Artikel 60 verfolgt hat, werde hier für ein Vorhaben missbraucht, das ausschließlich einer bestimmten politischen Zielsetzung entspreche. Dieser Umgang mit der Verfassung sei höchst problematisch, und er werde auch dadurch nicht geheilt, dass es dafür eine Mehrheit im Landtag gibt. Wenn man sich also an die Verfassung halte wolle, könne man der Umsetzung nicht zustimmen.

StR Rockenbauch (SÖS) ist der Auffassung, OB Dr. Schuster dürfe nicht als Meinung der Stadt äußern, dass er die Volksabstimmung für verfassungswidrig hält. Der Oberbürgermeister müsse sich entscheiden und entweder aktiv werden, wenn er das Gesetz als verfassungswidrig empfindet, oder solche einseitigen Stellungnahmen unterlassen. Wenn eine Stellungnahme der Stadt zu so einem wichtigen Thema abgegeben wird, gehöre es sich seiner Meinung nach, dass der Gemeinderat vorher darüber berät und abstimmt. Er gehe davon aus, dass eine demokratische Mehrheit zustande gekommen wäre, das Prozedere genau so durchzuführen.

Seine Fraktionsgemeinschaft stehe zur Volksabstimmung, sie sage aber auch klar, dass die Volksabstimmung den demokratischen Mangel des Projektes Stuttgart 21 nicht werde heilen können, weil die Bürgerinnen und Bürger nur über den Finanzierungsanteil des Landes abstimmen. Die Argumente gegen Stuttgart 21 blieben auch nach der Volksabstimmung richtig.

OB Dr. Schuster erklärt, er werde - so wie StR Rockenbauch auch - weiterhin das vertreten, was er für richtig hält. Im Übrigen sei er kein Verfassungsorgan des Landes; deshalb könne er nicht im Vorfeld rechtlich gegen eine Volksabstimmung vorgehen. Außerdem sei er durch Recht und Gesetz daran gebunden, die Aufforderung, als Stadt die Volksabstimmung vorzubereiten, zu befolgen. Dass andere über demokratische Beschlüsse hinweggehen, sei eine andere "Baustelle", über die man jetzt nicht zu diskutieren brauche. Er bitte aber, darüber einmal nachzudenken.


Abschließend stellt der Vorsitzende fest:

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