Protokoll: Gemeinderat der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
TOP:
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VerhandlungDrucksache:
972/2018
GZ:
AKR 0501-01
Sitzungstermin: 20.12.2018
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: OB Kuhn
Berichterstattung:
Protokollführung: Herr Häbe
Betreff: Stellenplanverfahren - Änderung der Kriterien zur Schaffung von Stellen

Vorgang: Verwaltungsausschuss vom 05.12.2018, öffentlich, Nr. 481
Gemeinderat vom 06.12.2018, öffentlich, Nr. 281
jeweiliges Ergebnis: Zurückstellung
Verwaltungsausschuss vom 19.12.2018, öffentlich, Nr. 513
Ergebnis: einmütige Zustimmung bei 2 Enthaltungen

Beratungsunterlage ist die Vorlage des Herrn Oberbürgermeisters vom 10.12.2018, GRDrs 972/2018, mit folgendem

Beschlussantrag:

1. Die Ziffer 1.3.3 der Geschäftsanweisung für die Stellenplanbearbeitung (Neufassung vom 18.10.2012) wird wie folgt neu gefasst:

Eine Arbeitsvermehrung ist nur dann erheblich und bei der Personalbedarfsbemessung zu berücksichtigen, wenn eine Steigerung des Arbeitsumfangs eingetreten ist. Die Mehrbelastung eines Teilbereiches ist nicht zu berücksichtigen, soweit sie innerhalb des Amts (z. B. aufgrund Arbeitsverringerung in anderen Bereichen) oder durch technische oder organisatorische Maßnahmen zeitnah aufgefangen werden kann und die angestrebte Personalausstattung des betreffenden Aufgabenbereiches sachgerecht ist.
Basiswerte und Arbeitsvermehrung sind anhand einzelner oder bei Bedarf anhand mehrerer geeigneter Parameter (z. B. Fallzahlen) durch das antragstellende Amt detailliert nachzuweisen. Für Aufgabenstellungen mit gesetzlich vorgegebenen oder vom Gemeinderat beschlossenen Fallzahlenschlüsseln oder Personalausstattungsrichtlinien sind diese anzuwenden; die in Absatz 1 geforderte Mindeststeigerung des Arbeitsumfangs in den letzten 2 bis 6 Jahren gelten dann nicht. Inwieweit die angestrebte Personalausstattung des betreffenden Aufgabenbereichs sachgerecht ist, ist anhand von nachvollziehbaren Indizien (z.B. Richtwerten, Benchmarks) unter Berücksichtigung der Ausgangssituation darzulegen. Dass die Mehrbelastung eines Teilbereiches nicht durch Umschichtungen oder andere geeignete Maßnahmen innerhalb der zusammenhängenden Organisationsbereiche und/oder innerhalb des Amts aufgefangen werden kann (z. B. aufgrund Arbeitsverringerung) ist durch das antragstellende Amt plausibel darzulegen.

Die Absprache mit dem Haupt- und Personalamt, wie die Arbeitsvermehrung nachgewiesen werden kann, soll so frühzeitig wie möglich erfolgen.

2. Die Verwaltung wird beauftragt, zur Erhöhung der Transparenz zum Stellenplanverfahren 2020/2021 eine zusätzliche Übersicht über alle Anträge auf Stellenschaffung, für die kein rechnerischer Nachweis erbracht werden konnte, zu erstellen. Die Übersicht soll ämterweise in der Reihenfolge der Priorisierung, die die Fachämter bei Einreichung der Schaffungsanträge vorgenommen haben, geordnet sein und für die Vorberatung der stellenplanrelevanten Entscheidung im Personalbeirat zur Verfügung gestellt werden.


Durch StR Rockenbauch (SÖS-LINKE-PluS) wird ausgeführt, gerade das Stellenschaffungskriterium 3 zeige, wie in letzter Zeit mit dem Personal der Stadtverwaltung umgegangen sei. Mit einem enormen Aufwand sei das Personal gedeckelt worden. Trotz hoher städtischer Einnahmen gebe es in vielen existenziellen Bereichen der Stadtverwaltung Personalmangel. Gemeinderatsbeschlüsse könnten daher nicht mehr umgesetzt werden. Mitverantwortlich dafür sei die restriktive Auslegung des Stellenschaffungskriteriums 3. Trotz der heute vorgesehenen Verbesserungen bleibe die Frage, weshalb in finanziell guten Zeiten mit dringenden Aufgaben Personal weiterhin gedeckelt werden soll.

Im Namen seiner Gruppierung beantragt er, in der Beschlussantragsziffer 1, zweiter Absatz, den Satz "Die Mehrbelastung eines Teilbereiches ist nicht zu berücksichtigen, soweit sie innerhalb des Amts (z. B. aufgrund Arbeitsverringerung in anderen Bereichen) oder durch technische oder organisatorische Maßnahmen zeitnah aufgefangen werden kann und die angestrebte Personalausstattung des betreffenden Aufgabenbereiches sachgerecht ist" zu streichen. Es werde nicht als sachgerecht angesehen, dass Stellen trotz Mehraufwands nur dann geschaffen werden dürften, wenn nicht in anderen Bereichen oder durch zeitnahe technische, organisatorische Maßnahmen nachgewiesen werde, dass Arbeitsverringerungen möglich seien, um Mehrbelastungen abzufangen. Erst dann komme dieses insgesamt fragwürdige Kriterium 3 zur Anwendung. Ansonsten wolle sich die Fraktionsgemeinschaft SÖS-LINKE-PluS, da die Vorlage ja eine Verbesserung darstelle, der Stimme enthalten.

Anschließend weist BM Dr. Mayer darauf hin, bei dieser Regelung handle es sich um keine Neuerung, sondern diese sei bereits in der seither geltenden Geschäftsanweisung enthalten, lediglich mit dem Unterschied, dass nun eine gelockerte Formulierung vorgeschlagen werde. Dass die Verwaltung Effizienzgewinne im Rahmen der Beurteilung der Arbeitsmehrung beurteilen dürfe, nichts anderes regele dieser Passus, sei eine personalwirtschaftliche Selbstverständlichkeit. Und dass die Verwaltung in Sachgebieten, in denen sich vielleicht an einer Stelle die Fallzahlen rückläufig entwickelten und an anderer Stelle anstiegen, unter Beachtung des Bruttoprinzips einen personalwirtschaftlich sinnvollen Vorschlag unterbreiten dürfe, beruhe auch auf diesem Absatz. Beispielsweise gelte dies für den Vorschlag "Schaffung gegen Streichung". In Haushaltsplänen gebe es solche Vorschläge häufig, und diese hätten rückblickend fast die besten Erfolgsaussichten. Der Vorschlag "Schaffung gegen Streichung" werde eben durch die Regelung in dem besagten Absatz ermöglicht. Deswegen plädiere die Verwaltung dafür, diese Regelung beizubehalten.

Von einer wichtigen Beschlussfassung spricht StR Körner (SPD). Er erinnert an die ausführliche Beratung in den Haushaltsplanberatungen und bedankt sich ausdrücklich für den im Laufe des Jahres stattgefundenen ausführlichen Diskussionsprozess. Zudem verweist er auf den Antrag Nr. 141/2018 "Weiterentwicklung der Kriterien zur Stellenschaffung - Prozess der Erarbeitung gemeinsam mit Gemeinderat, Gesamtpersonalrat und Verwaltung gestalten" vom 23.05.2018 (CDU, 90/GRÜNE, SPD, SÖS-LINKE-PluS, FW, FDP). Der Vorschlag der Verwaltung, die Arbeitsinhalte der letzten sechs Jahre zu betrachten, sei sehr gut. Von daher stimme die SPD-Gemeinderatsfraktion dem Beschlussantrag gerne zu.

StRin Ripsam (CDU) schließt sich StR Körner an, indem sie vorträgt, in dem stattgefundenen umfassenden Prozess zu den Stellenschaffungskriterien habe man sich immer wieder darüber ausgetauscht, welche Veränderungen bei den seitherigen Kriterien möglich seien, um zu einem vernünftigen Maß zu kommen und um die Möglichkeit zu erhalten, diese Stellen, die über Jahre hinweg einen Zuwachs von unter 20 % aufwiesen, letztendlich so mitzunehmen, wie dies nun die Verwaltung vorschlage. Nach den nächsten Haushaltsplanberatungen müsse man sich die Wirkung der nun anstehenden Entscheidung nochmals anschauen. Solche umfassenden Entscheidungen müssten nach einer gewissen Zeit Prüfungen unterzogen werden, um zu sehen, ob nicht doch nachjustiert werden müsse. Die CDU-Gemeinderatsfraktion gehe davon aus, dass nun der richtige Weg eingeschlagen werde, und von daher werde der Vorlage zugestimmt.

Eine vorausschauende Steuerung bei diesem Thema erwartet StR Dr. Schertlen (STd). Von ihm wird bezweifelt, ob mit einer Formalisierung solche Vorgänge sinnvoll abgedeckt werden können.

Für StRin Deparnay-Grunenberg (90/GRÜNE) geht es darum, den seitherigen Mechanismus - dieser sei in die Jahre gekommen - nachzubessern. Neben der künftigen Berechnung auf sechs Jahre gebe es noch eine qualitative Komponente, die in Bereichen, in denen Mengen nicht einfach quantifiziert werden könnten, genauere Betrachtungen ermögliche. Es handle sich um ein lernendes System; nach den nächsten Haushaltsplanberatungen werde dieses System nochmals angeschaut. Im Personalbericht wünsche sich ihre Fraktion ein Frühwarnsystem, mit dem neben den ohnehin dargestellten Informationen aufgezeigt werde, welche Fluktuationen, Fehlzeiten, offene und nicht besetzte Stellen etc. dargestellt werden. Der Gemeinderat müsse frühzeitig einen besseren Überblick erhalten, um erkennen zu können, in welchen Teilbereichen Handlungsbedarfe bestehen. Im Namen ihrer Fraktion stimmt sie der Vorlage zu.

Nach Einschätzung von StRin von Stein (FW) hat sich gezeigt, dass die seitherigen Kriterien zu ungenau sind und zu nicht adäquaten Stellenbesetzungen geführt haben. Mit der Vorlage, der zugestimmt werde, werde in einen Prozess eingetreten, in dessen Verlauf überprüft werden könne, ob die neuen Kriterien angemessene Stellenbeschreibungen abbilden, um auf neue Aufgaben reagieren zu können.

Für zukünftige Aufgaben, so BM Dr. Mayer an StR Dr. Schertlen gewandt, gebe es eigene Kriterien. Heute gehe es lediglich um das Kriterium 3 "Arbeitsmehrung aus sonstigen Gründen". Daneben gebe es noch das Kriterium Haushaltsneutralität und das Kriterium gesetzliche Aufgabe. Wenn sich eine neue gesetzliche Aufgabe ergebe, stütze sich ein diesbezüglicher Stellenantrag auf das Kriterium 2. Solche Stellenplananträge seien in der Vergangenheit eigentlich immer beschlossen worden. Im Konzern Stadt Stuttgart mit seinen 15.000 Verwaltungsmitarbeitern müsse es verlässliche, transparente und nachvollziehbare Kriterien für die Arbeitsmehrung geben. Dies habe sich auch bewährt. Eine Umfrage, an der sich 20 deutsche Großstädte beteiligt hätten, zeige, dass es in Stuttgart das transparenteste System mit der umfassendsten gemeinderätlichen Einbindung gebe. .

Weiter betont er gegenüber StR Rockenbauch, auf Stellenschlüssel hätten die Stellenschaffungskriterien keine Auswirkungen.

Zum Abschluss dieses Tagesordnungspunktes stellt OB Kuhn fest:

Der Gemeinderat lehnt den Antrag von StR Rockenbauch, den Satz "Die Mehrbelastung eines Teilbereiches ist nicht zu berücksichtigen, soweit sie innerhalb des Amts (z. B. aufgrund Arbeitsverringerung in anderen Bereichen) oder durch technische oder organisatorische Maßnahmen zeitnah aufgefangen werden kann und die angestrebte Personalausstattung des betreffenden Aufgabenbereiches sachgerecht ist" zu streichen, bei 8 Ja-Stimmen mehrheitlich ab.

Danach stellt OB Kuhn fest:

Der Gemeinderat beschließt den Beschlussantrag der GRDrs 972/2018 mehrheitlich bei 8 Gegenstimmen.
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