Landeshauptstadt Stuttgart
Oberbürgermeister
Gz:
GRDrs 848/2019
Stuttgart,
09/03/2019



4. Fortschreibung des Luftreinhalteplans Stuttgart - Anhörung



Beschlußvorlage
Vorlage an
    zur
SitzungsartSitzungstermin
Ausschuss für Stadtentwicklung und Technik
Gemeinderat
Beratung
Beschlussfassung
öffentlich
öffentlich
24.09.2019
26.09.2019



Beschlußantrag:

Die Verwaltung wird beauftragt, zur 4. Fortschreibung des Luftreinhalteplans Stuttgart im Rahmen des öffentlichen Anhörungsverfahrens folgende Stellungnahme abzugeben:



Begründung:

Zu 1.: Kenntnisnahme des Entwurfs der 4. Fortschreibung des Luftreinhalteplans

Ausgangslage und Entwicklung

Die positive Wirkung der jahrelangen und vielfältigen Aktivitäten der Landeshauptstadt Stuttgart sowie vieler Partner zur Verbesserung der Luftsituation im Stuttgarter Stadtgebiet ist in den letzten Jahren immer deutlicher erkennbar geworden. So konnte im vergangenen Jahr (2018) beim Luftschadstoff Feinstaub PM10 erstmals überhaupt an allen Messstellen im Stadtgebiet – also auch am Neckartor – die Zahl der gesetzlich zulässigen Überschreitungstage (insgesamt 35 pro Jahr) eingehalten werden. Der Wert lag an der Messstelle Am Neckartor bei 20 Tagen, nachdem 2017 noch 45 Überschreitungstage registriert wurden. Die zulässigen Jahresmittelgrenzwerte bei PM10 werden bereits seit 2011 an sämtlichen Stationen erreicht. Diese erstmalige Einhaltung aller Feinstaubgrenzwerte an sämtlichen Messstellen im gesamten Stadtgebiet ist ein Erfolg des gemeinsamen Engagements von Stadt, Land und vielen weiteren Akteuren bei der Luftreinhaltung.

Auch beim Luftschadstoff Stickstoffdioxid (NO2) sind Verbesserungen zu verzeichnen. So wurde im Jahr 2018 die Anzahl der zulässigen Überschreitungsstunden (18 pro Jahr) zum zweiten Mal in Folge an allen Messstellen im Stadtgebiet eingehalten. Auch konnten bezogen auf den Jahresmittelwert an den Messstationen der hochbelasteten Straßenabschnitte Rückgänge der Werte erreicht werden. So lag der Wert an der Messstelle Arnulf-Klett-Platz bei 46 µg/m3 Luft (2017: 56), an der Messstelle Hohenheimer Straße bei 65 µg/m3 Luft (2017: 69) und an der Messstelle Am Neckartor bei 71 µg/m3 Luft (2017: 73). Weitere Verbesserungen haben sich im bisherigen Verlauf des Jahres 2019 ergeben. Die von der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (LUBW) veröffentlichten Halbjahreswerte für die drei Messstationen in Stuttgart stellen sich wie folgt dar: Arnulf-Klett-Platz 45 µg/m3; Hohenheimer Straße 55 µg/m3 und Am Neckartor 56 µg/m3.

Gleichwohl zeigen die Immissionsmessungen der LUBW, welche das rechtlich verbindliche Messnetz in Stuttgart betreibt, damit auch, dass an verschiedenen Stellen des Stadtgebiets der Grenzwert für die Stickstoffdioxidlangzeitbelastung (Jahresmittelwert) noch immer überschritten wird. Die Luft in Stuttgart wird besser und sauberer – aber nicht schnell genug, insbesondere beim Jahresmittelwert von NO2 an den genannten Messstellen.

Gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG müssen die zuständigen Behörden einen Luftreinhalteplan aufstellen, wenn ein Immissionsgrenzwert für einen Luftschadstoff zuzüglich einer für den Luftschadstoff geltenden Toleranzmarge überschritten wird. Mit einem Luftreinhalteplan soll durch geeignete Maßnahmen sichergestellt werden, dass die Luftschadstoffbelastungen dauerhaft so verbessert werden, dass die Grenzwerte eingehalten werden bzw. der Zeitraum der Überschreitungen verringert wird. Für die Erstellung von Luftreinhalteplänen in Baden-Württemberg sind die Regierungspräsidien zuständig.

Gegenwärtig gilt die 3. Fortschreibung des Luftreinhalteplans Stuttgart vom November 2018 sowie die Ergänzung zur 3. Fortschreibung vom Juni 2019. Der Entwurf der 4. Fortschreibung ist Gegenstand dieser Vorlage. Zum Hintergrund der 3. Fortschreibung sowie der kurze Zeit später vorgelegten Ergänzung dieser 3. Fortschreibung wird auf GRDrs 758/2018 und GRDrs 270/2019 verwiesen.

Der nun vorliegende Entwurf der 4. Fortschreibung des Luftreinhalteplans Stuttgart umfasst insgesamt fünf Einzelmaßnahmen (M1 bis M5). Sie werden in dieser Begründung bewertet bzw. kommentiert.

Verfahrensablauf und Organisatorisches

Die in den Entwurf der 4. Fortschreibung des Luftreinhalteplans Stuttgart aufgenommenen Maßnahmen hat das Regierungspräsidium Stuttgart mit dem Verkehrsministerium Baden-Württemberg abgestimmt und mit der Landeshauptstadt Stuttgart erörtert.

Der Planentwurf wurde am 12. August 2019 der Öffentlichkeit vorgestellt und lag von diesem Tage bis zum 11. September 2019 öffentlich aus. Bis zum 25. September 2019 kann zu dem Planentwurf gegenüber dem Regierungspräsidium Stuttgart Stellung genommen werden. Die Landeshauptstadt Stuttgart hat auf frühzeitigen und begründeten Antrag hin eine einmalige Fristverlängerung bis zum 27. September 2019 gewährt bekommen. Im Rahmen dieser öffentlichen Auslegung äußert sich die Landeshauptstadt Stuttgart als Träger öffentlicher Belange zu dem Planentwurf auf Basis des Gemeinderatsbeschlusses dieser Gemeinderatsdrucksache.

Der vollständige Text des Entwurfs der 4. Fortschreibung des Luftreinhalteplans ist als Anlage beigefügt sowie online abzurufen unter https://rp.baden-wuerttemberg.de/rps/Abt5/Ref541/Luftreinhalteplan/541_%20s_luft_stutt_LRP_4_Erg_019_Planentwurf.pdf.

Zu 2.: Maßnahmen ohne Änderungen

M3 Aufstellen von Filtersäulen

Die Aufstellung sowie der Betrieb von 20 Filtersäulen in der Hohenheimer Straße und 10 Filtersäulen in der Pragstraße wird vollumfänglich durch die Landesregierung finanziert. Die LHS unterstützt bei der Einrichtung sowie der Standortfindung.

Die Landeshauptstadt Stuttgart unterstützt diese Maßnahme im Rahmen des Gesamtkonzepts der 4. Fortschreibung des Luftreinhalteplans.

M5 Geschwindigkeitsbeschränkung auf der B27 als Zulaufstrecke zur Hohenheimer Straße

Die Landeshauptstadt Stuttgart sieht im vorliegenden Kontext Geschwindigkeitsreduzierungen grundsätzlich als ein überlegenswertes Instrument an. Die genannte Strecke ist die letzte Zulaufstrecke auf das Stadtgebiet von Stuttgart, die außerhalb geschlossener Ortschaften noch ohne dauerhafte Geschwindigkeitsbeschränkung auf 80 km/h versehen ist. Die Maßnahme dient nicht zuletzt der Verstetigung des Verkehrszuflusses.

Die Landeshauptstadt Stuttgart unterstützt diese Maßnahme im Rahmen des Gesamtkonzepts der 4. Fortschreibung des Luftreinhalteplans.

Zu 3: Maßnahmen mit Änderungen

M1 Einzelstreckenverkehrsverbot

Der Zeitplan zur Umsetzung des vorgesehenen Einzelstreckenverkehrsverbots ist aufgrund eines hohen Planungsaufwandes der erforderlichen Verkehrszeichenstandorte für die geplanten Streckenzüge sowie der dazugehörigen größeren Streckenabschnitte ausgesprochen ambitioniert. Dies gilt nicht zuletzt, da im Sinne der Vorwegweisung zur frühzeitigen Information der Verkehrsteilnehmer für die größeren Streckenabschnitte zahlreiche Standorte für Ankündigungsschilder an den Entscheidungspunkten zur Umfahrung geplant und umgesetzt werden müssen.

Änderungsbedarf sieht die LHS in folgenden Punkten:


Die Landeshauptstadt Stuttgart unterstützt diese Maßnahme mit den oben aufgeführten Änderungsvorschlägen und Anmerkungen im Rahmen des Gesamtkonzepts der 4. Fortschreibung des Luftreinhalteplans.

Die LHS regt zudem an, die Auswirkung der Verlagerungsverkehre auf die Lärmentwicklung darzulegen.

M2 Geschwindigkeitsbegrenzung auf 40 km/h

Die Landeshauptstadt Stuttgart sieht im vorliegenden Kontext Geschwindigkeitsreduzierungen grundsätzlich als ein überlegenswertes Instrument an. Jenseits der verkehrlichen und immissionsseitigen Fragen wirkt sich Tempo 40 auf die Lärmentwicklung senkend aus und trägt zu einer erhöhten Sicherheit des Verkehrs und geringeren Unfallrisiken bei. Hinzu kommt, dass die Maßnahme die bestehenden Tempo-40-Bereiche auf Steigungsstrecken arrondieren und insgesamt zu einem einheitlicheren Geschwindigkeitsniveau in der Stadt führen würde. Gleichwohl sind hinsichtlich einer abschließenden Bewertung der Maßnahme die Ergebnisse der gegenwärtig seitens des Landes noch laufenden gutachterlichen Berechnungen zu sichten und zu prüfen.

Hinsichtlich der praktischen Umsetzung weist die LHS auf folgende Punkte hin:


Die Landeshauptstadt Stuttgart unterstützt diese Maßnahme mit den oben aufgeführten Hinweisen und Anmerkungen im Rahmen des Gesamtkonzepts der 4. Fortschreibung des Luftreinhalteplans.

Auf die noch ausstehende Bewertung der Ergebnisse der gegenwärtig seitens des Landes noch laufenden gutachterlichen Berechnungen wird erneut verwiesen. Die Prognose der Wirkung der Maßnahme hat die genannte präzise räumliche Abgrenzung zu berücksichtigen und etwaige Verkehrsverlagerungen aufzuzeigen.

M4 Ausbau des Parkraummanagements

Eine räumliche Ausweitung des Parkraummanagements (PRM) auf weitere Stadtgebiete (5. Umsetzungsstufe) ist seitens der LHS bereits vorgesehen (siehe hierzu GRDrs 353/2019). Dabei ist ein Ausbau des PRM abhängig von entsprechen­den Be­schlüssen des Gemeinderats der LHS. Aufgrund der umfänglichen Planungs­zeiträume (u.a. Festlegung der endgültigen Umsetzungsgebiete), umfangreicher Beschaffungs­vorgänge (u.a. Parkscheinautomaten) und des Erfordernisses zur Einstellung neuen Personals ist eine vollständige Inbetriebnahme der 5. Stufe des PRM vor Mitte 2021 nicht realistisch.

Gleichwohl unterstützt die Landeshauptstadt Stuttgart die räumliche Ausweitung des PRM im Rahmen des Gesamtkonzepts der 4. Fortschreibung des Luftreinhalteplans.

Die vorgeschlagene zeitliche Ausweitung des PRM wird hingegen abgelehnt. Die verkehrliche und damit auch die emissions- und immissionsseitige Wirkung dieser Maßnahme wird skeptisch gesehen. Darüber hinaus verursacht diese Maßnahme erhebliche Mehrausgaben, v.a. bezüglich neuen Personals für die Kontrollen, und lässt zugleich nur geringe Einnahmen erwarten, da nachts und an Sonn- und Feiertagen die PRM-Gebiete weit überwiegend mit Anwohnerfahrzeugen belegt sind, die keine (separaten) Gebühren entrichten.

Belastbare gutachterliche Berechnungen zu dieser seitens des Landes vorgeschla­genen zeitlichen Ausweitung des PRM liegen derzeit noch nicht vor. Im Lichte der Ergebnisse der Gutachten wird sodann auch die Frage bezüglich alternativer gleichwertig wirksamer Maßnahmen zu prüfen sein.

In Summe unterstützt die Landeshauptstadt Stuttgart diese Maßnahme hinsichtlich der räumlichen Ausweitung des PRM im Rahmen des Gesamtkonzepts der 4. Fortschreibung des Luftreinhalteplans bei gleichzeitiger Ablehnung der zeitlichen Ausweitung.

Weitere Anmerkungen zum Entwurf der 4. Fortschreibung des Luftreinhalteplans

Die Landeshauptstadt Stuttgart regt an, dass das Land Baden-Württemberg weitere alternative Maßnahmen zur Verbesserung der Luftschadstoffsituation prüft, darunter beispielsweise eine regionalweite abgestimmte Zuflussregulierung für Stuttgart. Für den Fall, dass das Land solchen Überlegungen nähertritt, weist die LHS nachdrücklich auf die Notwendigkeit und Bedeutung eines umfassenden Moni­torings hin. In welchem Maß entstehende Verkehrsverlagerungen zu einer Verkehrs­zunahme in den Streckenzügen führen und evtl. Störungen des ÖPNV bewirken, muss aus Sicht der LHS einer Evaluation unterzogen werden. Die Kriterien für eine solche Evaluation sind mit den Fachämtern der LHS abzustimmen.

Im Rahmen der Umsetzung des bestehenden zonalen Verkehrsverbots für Diesel-Kfz bis einschließlich Abgasnorm Euro 4 ab 1.1.2019 wurden die Ausnahme-Tatbestände mit Erlass des Ministeriums für Verkehr Baden-Württemberg angepasst, u.a. bezüglich der Härtefallregelung sowie der Ermöglichung einer Zufahrt zu definierten P+R-Anlagen im Stuttgarter Stadtgebiet. In der anstehenden 4. Fortschreibung des Luftreinhalteplans sollten diese neuen Regelungen explizit aufgenommen werden. Es wird daher um Ergänzung im Sinne einer Konkretisierung der Regelungen für das seit 1.1.2019 geltende zonale Verkehrsverbot für Diesel-Kfz bis einschließlich Abgasnorm Euro 4 gebeten.




Finanzielle Auswirkungen

Für die von der LHS zu finanzierenden Maßnahmen und Stellenbedarfe sind im Laufe der Haushalts- und Stellenplanberatungen 2020/2021 und künftiger Haushalte und Stellenpläne durch Einzelbeschlüsse entsprechende Ressourcen zu beantragen. Dies gilt entsprechend für die Wirtschaftsplanung der SSB und die zugehörigen Beschlüsse des SSB-Aufsichtsrates.

Hinsichtlich der Finanzierung von Maßnahmen aus der 4. Fortschreibung des Luftreinhalteplans Stuttgart erwartet die Landeshauptstadt Stuttgart eine maßgebliche Beteiligung des Landes Baden-Württemberg.

Die tatsächlich erforderlichen Ressourcenbedarfe können erst nach Inkrafttreten des Luftreinhalteplans konkretisiert werden. Voraussichtlich werden bei den folgenden Maßnahmen in folgenden Kategorien bei der LHS finanzielle Auswirkungen entstehen.

M1 Einzelstreckenverkehrsverbot

Für die Umsetzung dieser Maßnahme werden Planungs- und Investitionskosten anfallen.

M2 Geschwindigkeitsbegrenzung auf 40 km/h

Für die Umsetzung dieser Maßnahme werden Planungs- und Investitionskosten anfallen. Seitens der SSB fallen ggf. zusätzliche Fahrzeuginvestitionen sowie laufende Personal- und Betriebskosten an.

M3 Aufstellen von Filtersäulen

Die Maßnahme wird vollumfänglich vom Land finanziert. Bei der LHS fallen daher keine unmittelbaren Kosten für die Planung, Umsetzung und den Betrieb der Filtersäulen an.

M4 Ausbau des Parkraummanagements

Für die Umsetzung dieser Maßnahme werden Planungs-, Investitions-, Betriebs- und Personalkosten anfallen.

M5 Geschwindigkeitsbegrenzung auf der B27 als Zulaufstrecke zur Hohenheimer Straße

Für die Umsetzung dieser Maßnahme werden Planungs- und Investitionskosten anfallen, wobei sich die Zuständigkeit der LHS auf den Abschnitt Hohenheimer Straße bis Anschlussstelle Tränke erstreckt.



Beteiligte Stellen

Die Referate AKR, SOS, SWU, T und WFB haben mitgezeichnet.




Fritz Kuhn

Anlagen

1. Planentwurf 4. Fortschreibung des Luftreinhalteplanes Stuttgart


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