Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Jugend und Bildung
Gz: JB
GRDrs 227/2019
Stuttgart,
05/16/2019



Weiterentwicklung der Inobhutnahme (Ziffer 1,2,4)
Verbesserung der Anschlusshilfen nach der Inobhutnahme (Ziffer 3)




Beschlußvorlage
Vorlage an
    zur
SitzungsartSitzungstermin
Verwaltungsausschuss
Gemeinderat
Jugendhilfeausschuss
Vorberatung
Beschlussfassung
Kenntnisnahme
öffentlich
öffentlich
öffentlich
05.06.2019
06.06.2019
01.07.2019



Beschlußantrag:

1. Entwicklung im Bereich der Inobhutnahme für unbegleitete minderjährige Ausländer/-innen (UMA ION)

2. Ausbau und Umstrukturierung der klassischen Stuttgarter Inobhutnahme ohne UMA (Stuttgarter ION)
3. Verbesserung der Anschlusshilfen nach der Inobhutnahme
4. Festsetzung eines neuen Entgeltsatzes für die UMA ION und die Stuttgarter ION


Kurzfassung der Begründung:
Ausführliche Begründung siehe Anlage 1

Aktuelle Sachlage und Entwicklung in der Inobhutnahme

In den vergangenen Jahren hat sich die Situation in der Inobhutnahme Minderjähriger in Stuttgart stark verändert. Der Bereich der UMA ION hat sich dynamisch hinsichtlich Aufbau/Abbau entwickelt. Die klassische Stuttgarter Inobhutnahme hingegen hat sich inhaltlich und auch im Hinblick auf die Bedarfslagen stark verändert. Der städtische Träger wird dieser Entwicklung über die vorgeschlagene Umstrukturierung gerecht.

Entsprechend der aktuellen Lage und der Entwicklung in der Inobhutnahme wird mit dieser Gemeinderatsdrucksache berichtet und das weitere Vorgehen aufgezeigt (siehe Beschlussantrag 1+2). Ferner wird über die Festsetzung eines neuen, kostendeckenden Entgeltsatzes (siehe Beschlussantrag 4) und die Verbesserung der Anschlusshilfen nach der Inobhutnahme berichtet (siehe Beschlussantrag 3).

1. Entwicklung im Bereich der Inobhutnahme für unbegleitete minderjährige Ausländer/-innen (UMA ION)

Derzeit sind in der UMA ION 40 Plätze mit 46,1906 Stellen für die pädagogische Betreuung bzw. über Entgelte finanziert vorhanden (siehe Anlage 2). Der Personalschlüssel beträgt 0,83 VK pro Platz für die sozialpädagogische Betreuung rund um die Uhr im Dreischichtbetrieb. Unter Berücksichtigung der Durchschnittsbelegung von Januar 2017 bis Dezember 2018 (13 UMA pro Tag) werden für die UMA ION nur noch 15 Plätze und der Standort Kupferstr. 29 benötigt.

In Bereichen, die nicht unmittelbar mit der UMA ION zusammenhängen bzw. nicht über Entgelte finanziert sind, ist der Aufgabenumfang nur geringfügig zurückgegangen. Für das Sachgebiet UMA, den Bereich Amtsvormundschaften, die Entgeltfinanzierung und den Pflegekinderdienst sind insgesamt
10,38 Stellen vorhanden. Hiervon werden noch 8,75 Stellen für die Aufgabenerfüllung benötigt (siehe Anlage 2). Insgesamt sind 56,5706 Stellen mit KW 01/2020 (GRDrs 925/2014, 383/2015, 714/2015, 650/2016) vorhanden.

25,35 Stellen mit KW 01/2020 werden künftig für die UMA ION und den Bereichen, die nicht unmittelbar mit der UMA ION zusammenhängen, benötigt.

16,6 Stellen für den Betrieb der UMA ION (Beschlussziffer 1.1)
5,5 Stellen für das Sachgebiet UMA (Beschlussziffer 1.3)
1,25 Stellen für Amtsvormundschaften (Beschlussziffer 1.4)
0,5 Stellen für den Bereich der Entgeltfinanzierung (Beschlussziffer 1.5)
1,5 Stellen für den Bereich des Pflegekinderdienstes (Beschlussziffer 3)
25,35 Stellen insgesamt

Personalabbau
Von den bis 31.12.2019 für die UMA ION zur Verfügung gestellten Personalkapazitäten im Umfang von 56,5706 Vollzeitkräften kann an insgesamt 31,2206 Stellen der KW-Vermerk 01/2020 vollzogen werden. Im Gegenzug dazu sollen 23,8807 Stellen als „Schaffung gegen Streichung“ für den Ausbau der Stuttgarter Inobhutnahme eingesetzt werden. Unter der Voraussetzung der Schaffung der erforderlichen Personalressourcen für den Ausbau der Stuttgarter Inobhutnahme kann der KW-Vermerk 01/2020 für 31,2206 Stellen haushaltswirksam vollzogen werden. Der Personalüberhang kann auf den neu zu schaffenden Stellen untergebracht werden.


2. Ausbau und Umstrukturierung der klassischen Stuttgarter Inobhutnahme ohne UMA (Stuttgarter ION)

Für die Stuttgarter Inobhutnahme stehen im Augenblick
21 Plätze in der Kernerstraße zur Verfügung, davon 10 Plätze geschlechtsdifferenziert für Jugendliche ab ca. 13 Jahren und 11 Plätze für Kinder von 0 bis ca. 13 Jahren. Der Personalschlüssel beträgt 0,83 VK pro Platz für die sozialpädagogische Betreuung rund um die Uhr im Dreischichtbetrieb. Für diesen Bereich stehen insgesamt 17,13 Stellen zur Verfügung.


Geplant sind künftig drei Gruppen mit
29 Plätzen.

Gruppe 1: 10 Plätze für männliche Jugendliche und 5 Plätze für weibliche
Jugendliche von 12 – 17 Jahren
Gruppe 2: 8 Plätze für Kinder im Alter von 0 – 6 Jahre
Gruppe 3: 6 Plätze für Kinder im Alter von 6 – 12 Jahre

Für einen rechtskonformen Betrieb der 3 Gruppen mit 29 Plätzen über 24 Stunden in Wechselschicht werden
35,83 Stellen pädagogisches Personal benötigt. Zusammen mit Leitung, Sekretariat und Hauswirtschaft werden für den gesamten Betrieb der Stuttgarter ION 45,16 Stellen benötigt. Derzeit stehen für 21 Plätze insgesamt 21,2793 Stellen zur Verfügung. Folglich werden für den Ausbau auf 29 Plätze und die Neustrukturierung weitere 23,8807 Stellen benötigt.

Gemäß Beschlussziffer 2.1 können diese
23,8807 Stellen haushaltsneutral geschaffen werden (Schaffung gegen Streichung).

Für betreuungsintensive Jugendliche mit teilweise langen Verweildauern, bei denen laufende Hilfen nicht greifen bzw. es keine Vermittlungsperspektive für Anschlusshilfen gibt, sollen künftig die Erziehungshilfeträger in Stuttgart verantwortlich sein und Angebote weiterentwickeln. Diese Jugendlichen werden derzeit in der Stuttgarter ION versorgt. Gibt es für diesen Personenkreis im Einzelfall keine adäquate Lösung, muss das Inobhutnahmesystem mit entsprechenden Personalressourcen in der Lage sein, diese Bedarfe abzudecken.

3. Verbesserung der Anschlusshilfen nach der Inobhutnahme

Eine wichtige und gesetzlich vorgeschriebene Hilfeform für die jugendlichen Geflüchteten ist – neben der Unterbringung in Wohngruppen oder im Betreuten Jugendwohnen – vor allem auch die Unterbringung in Pflegefamilien und in Verwandtenpflege nach § 33 SGB VIII.
Um eine längerfristige gute Begleitung und Betreuung der Pflegeverhältnisse zu gewährleisten, ist es notwendig, die zur Verfügung stehenden 1,5 VK beim Pflegekinderdienst auch über den 31.12.2019 hinaus dauerhaft zu erhalten. Es wird davon ausgegangen, dass sich die Anzahl der Hilfen von jungen Geflüchteten in Pflegefamilien auf die aktuelle Zahl von ca. 30 Pflegeverhältnissen einpendelt.

4. Festsetzung eines neuen Entgeltsatzes für die UMA ION und die Stuttgarter ION

Auf der Grundlage des SGB VIII werden die Kosten für den Betrieb der Inobhutnahme durch Entgelte (früher Pflegesätze) finanziert. Das Entgelt wurde letztmalig über die GRDrs 815/2009 festgesetzt. Seit 2009 erfolgte keine Anpassung an Tariferhöhungen und weitere Kostensteigerungen. Zudem ergeben sich durch die in der Vorlage geplanten Veränderungen höhere Anforderungen an Personal- sowie Sachausstattung. Aus diesem Grund ist eine Anpassung zwingend erforderlich.

Die in dieser Vorlage beschriebenen strukturellen Veränderungen in der Stuttgarter ION erfordern es, zwei getrennte Entgeltsätze für die UMA ION sowie für die Stuttgarter ION festzusetzen. Beantragt wird, den Entgeltsatz der UMA ION auf
331,20 € pro Tag, den Entgeltsatz der Stuttgarter Inobhutnahme auf 483,02 € festzusetzen.


Finanzielle Auswirkungen

Die dargestellten Veränderungen (Reduzierung der Platzzahl, Verbesserung des Personalschlüssels sowie die Erhöhung der Entgeltsätze) sind gegenüber den bisherigen Haushaltsansätzen haushaltsneutral. Es ergeben sich folgende Veränderungen im Ergebnishaushalt (+ Entlastung/- Belastung):
2019 *
2020
2021
Inobhutnahme (Platzabbau/Gebührenerhöhung)
- Mehrertrag Benutzungsgebühren
+219.000
+438.000
+438.000
- Mehraufwand Personal ION-Einr. (gegenüber Planansatz)
-347.000
-694.000
-694.000
- Wenigeraufwand Sachmittel (Honorare, Wachdienste, Ernährung,
Reinigung etc.)
+277.000
+554.000
+554.000
Saldo ION
149.000
298.000
298.000
Wirtschaftliche Jugendhilfe
- Mehraufwand durch höhere Benutzungsgebühren
-219.000
-438.000
-438.000
- Mehrertrag Kostenerstattung UMA (rd. 32% der höheren Benutzungs-
gebühren)
+70.000
+140.000
+140.000
Saldo Wirtschaftliche Jugendhilfe
-149.000
-298.000
-298.000
Gesamtsaldo
0
0
0
* 2019 für 6 Monate (ab 01.07.)
Beteiligte Stellen

Referat AKR und Referat WFB haben die Vorlage mitgezeichnet.

Vorliegende Anträge/Anfragen

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Erledigte Anträge/Anfragen

--



Isabel Fezer
Bürgermeisterin


Anlagen

3

Ausführliche Begründung

Aktuelle Sachlage und Entwicklung in der Inobhutnahme

Die Abteilung Erziehungshilfen des Jugendamts Stuttgart ist für die Versorgung sämtlicher in Stuttgart in Obhut genommener Minderjähriger zuständig und verantwortlich. Diese zentrale Versorgungsverantwortung in einer Hand und unter dem Dach des Jugendamts garantiert eine rasche, lückenlose Versorgung der in Obhut zu nehmenden Minderjährigen und führt damit, im Vergleich zu anderen Städten und Landkreisen, zu einer Entlastung der Fallverantwortlichen in den Beratungszentren. Sie macht es außerdem möglich, dass die sozialpädagogischen Fachkräfte der Inobhutnahmeeinrichtungen die gesetzlich vorgeschriebene Rufbereitschaft des Jugendamts zu sämtlichen Schließzeiten der Beratungszentren (zwischen 16:00 Uhr und 8:00 Uhr sowie an Wochenenden und Feiertagen) lückenlos gewährleisten können.

Für die Inobhutnahme standen bis zum Jahr 2007 31 Plätze an den Standorten Jugendschutzheim Kernerstraße und Eduard-Pfeifer-Haus Geißeichstraße zur Verfügung. Durch Schließung der Einrichtung Eduard-Pfeifer-Haus 2007 und Verlagerung von 11 Plätzen in die Kernerstraße gab es seitdem noch 21 Inobhutnahmeplätze in Stuttgart. Als ab ca. 2014 die Zahl der unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten stetig zunahm, wurde die Zahl der Standorte und Plätze sukzessive analog der Zugangszahlen ausgebaut und angepasst. Seit 2016 ist die Zahl der in Obhut zu nehmenden minderjährigen Geflüchteten stark rückläufig. 2015 mussten noch 1052 minderjährig Geflüchtete in Obhut genommen werden, 2018 waren es nur noch 139 Inobhutnahmen. Dieser Entwicklung wurde, aufgrund der Berichterstattung im Gemeinderat, durch die Schaffung von zusätzlichen personellen und räumlichen Ressourcen Rechnung getragen bzw. erfolgte entsprechend der rückläufigen Entwicklung auch ein Ressourcenabbau.

Parallel zum Rückgang der in Obhut zu nehmenden minderjährig Geflüchteten ist die Zahl der Stuttgarter minderjährigen Jugendlichen und vor allem Kinder massiv gestiegen. Dies entspricht einem bundes- und landesweiten Trend bei der Inobhutnahme von Minderjährigen. Anzumerken ist, dass nicht nur die Anzahl gestiegen ist, sondern auch die Problemlagen massiver und differenzierter geworden sind bei gleichzeitiger Verlängerung der durchschnittlichen Verweildauern in der Inobhutnahme. Diese Entwicklung hat dazu geführt, dass ein Teil der personellen und räumlichen Ressourcen, die für die Inobhutnahme der minderjährigen Geflüchteten zur Verfügung gestellt wurden, aktuell für die massiv gestiegenen Bedarfe der Stuttgarter Minderjährigen genutzt werden muss; ohne dieses Vorgehen wäre die Stuttgarter Inobhutnahme nicht mehr aufnahme- und arbeitsfähig.

Das Jugendamt hat insgesamt dafür Sorge zu tragen, dass für alle Minderjährigen in Krisensituationen und mit dem Bedarf der Inobhutnahme entsprechend den gesetzlichen Vorgaben ein funktionierendes System vorgehalten wird, das mit ausreichend Plätzen und entsprechender Betreuungsqualität und Intensität diese Minderjährigen versorgen kann. Damit dies jederzeit rund um die Uhr und an 365 Tagen im Jahr möglich ist, muss mit einem Auslastungsgrad von durchschnittlich 65 % der vorhandenen Plätze bei den Stuttgarter Minderjährigen und 85 % der Plätze für die minderjährigen Geflüchteten kalkuliert werden.




Es gibt vielfältige Gründe für eine Inobhutnahme von Kindern und Jugendlichen:
Die jungen Menschen in der Inobhutnahme zeichnen sich insbesondere durch folgende Problemlagen aus:
Über die Standardleistungen einer Inobhutnahme hinaus müssen immer mehr besondere Herausforderungen bewältigt werden. Dazu gehören insbesondere Einzelbetreuungen und Assistenzleistungen bei chronisch kranken oder behinderten Kindern und Jugendlichen rund um die Uhr.


In Stuttgart steigerten sich die Inobhutnahmen der Beratungszentren allein zwischen 2015 und 2017 um rund 43 % (Quelle: Geschäftsbericht Jugendamt 2017, S. 21). In den Inobhutnahmeeinrichtungen gab es im selben Zeitraum ebenfalls Steigerungen in der Belegung. Ein genauer Blick auf die Belegung der Stuttgarter ION mit ihren 21 Plätzen im Zeitraum zwischen 01.01.2017 und 31.12.2018 zeigt folgendes:

· Die durchschnittliche Gesamtauslastung betrug 92 %.
· Im Jugendbereich (> 12 Jahre, 10 Plätze) waren in diesen 730 Tagen in etwa einem Drittel des Zeitraums (36,4 % / 266 Tage) 7-10 Plätze belegt und in einem weiteren Drittel des Zeitraums (33,3 % / 243 Tage) die Gruppe überbelegt (11 und mehr Plätze belegt). In der restlichen Zeit waren 6 und weniger Plätze belegt.
· Im Kinderbereich (< 12 Jahre, 11 Plätze) waren in diesen 730 Tagen in mehr als der Hälfte des Zeitraums (55,1 % / 402 Tage) 7-11 Plätze belegt und in 40,3 % des Zeitraums (294 Tage) war die Einrichtung überbelegt (12-17 und mehr Plätze belegt). An 34 Tagen war der Kinderbereich mit 6 oder weniger Kindern belegt.

Wegen Überbelegung der ION im Stuttgarter Kinderbereich zwischen Sommer 2017 bis heute, mussten darüber hinaus bereits mehrmals umliegende Landkreise um Unterstützung gebeten werden.

Die Inobhutnahme von Kindern erfolgt in Stuttgart auch durch das System der Bereitschaftspflegefamilien der Dienststelle 51-00-66. Aus fachlichen Gründen sollte die Inobhutnahme von Kindern unter sechs Jahren möglichst nicht im stationären Setting erfolgen. Trotz der Bemühungen, die Bereitschaftspflege auszubauen und dafür Stellen zu schaffen, kann der Anspruch nicht eingelöst werden. In den derzeit 20 Bereitschaftspflegefamilien werden laufend ca. 25 – 30 Säuglinge oder Kleinkinder versorgt. Bisher stehen für die Gewinnung, Schulung und insbesondere intensive Begleitung der Bereitschaftspflege 2,7 VK zur Verfügung, wovon 1 VK erst mit dem Doppelhaushalt 2018/19 geschaffen wurde und erst im Laufe des Jahres 2018 besetzt werden konnte. Die stark gestiegene Verweildauer und die immer komplexer werdende Situation der Herkunftsfamilien dieser Bereitschaftspflegekinder führen zu einer starken Belastung und permanenten Vollauslastung dieses Systems. Wenn keine Bereitschaftspflegefamilien zur Verfügung stehen, erfolgt die Unterbringung in der Inobhutnahmeeinrichtung Kernerstraße. Für einen weiteren Ausbau der Bereitschaftspflege, der im großstädtischen Milieu nicht unbegrenzt möglich ist, bräuchte es zusätzliches Fachpersonal.

Neben der hohen quantitativen Belegung in der Stuttgarter ION, kommen weitere qualitative Herausforderungen hinzu:

· Fehlende Plätze in der Bereitschaftspflege (bzw. bei Pflegefamilien).
· Fehlende Plätze für Kleinkinder (< 6J. und < 3J.) in Stuttgarter Jugendhilfeeinrichtungen aller Träger.
· Ungeplante Entlassungen aus Jugendhilfeeinrichtungen von Kindern und Jugendlichen, die dort nicht mehr tragbar sind.
· Schwer vermittelbare Kinder aufgrund individueller Problematik und Komplexität des Falles (häufig in Verbindung mit langwierigen familiengerichtlichen Auseinandersetzungen): Für diese Kinder können nur sehr schwer geeignete Pflegefamilien oder stationäre Einrichtungen gefunden werden, was zu langen Verweildauern in der ION führt.
· Bei Kindern und Jugendlichen mit verschiedenen Ausprägungen körperlicher und geistiger Behinderung; das originär zuständige Notaufnahme-System für diese Zielgruppe („Wohnanlage Fasanenhof“) ist selten ad hoc belegbar und diese Kinder und Jugendlichen brauchen i.d.R. 1:1-Betreuung.
· Kinder und Jugendliche mit massiven Verhaltensauffälligkeiten bis hin zu selbst- und fremdgefährdendem Verhalten; hierbei handelt es sich häufig um eine Schnittmenge der Zielgruppen von Kinder- und Jugendpsychiatrie und Jugendhilfe-System. Das Klinik-System hat dabei die Steuerung, so dass hochgefährdete und -gefährdende Kinder und Jugendliche im System der ION verbleiben, bis tragfähige Lösungen gefunden werden, was häufig auch bei dieser Zielgruppe zu langen Verweildauern führt.
· Aufnahmen wegen vorzeitiger Haftentlassung, für die die Hilfeplanung noch nicht greift.
· Teilweise sehr lange Verweildauern, was die subjektive Perspektivlosigkeit der jungen Menschen befördert und gleichzeitig die empfundene Selbstwirksamkeit reduziert.
· Chronische Krankheiten (Diabetes, Seh- und Wahrnehmungsstörungen u.v.m.), die i.d.R. eine Indikation für die Aufnahme in hochspezialisierten Hilfesettings sind.

Damit die hier beschriebene Situation möglichst dauerhaft verbessert werden kann, sind die nachfolgend beschriebenen und mit dieser Vorlage beantragten Veränderungen in Platzzahl, Ausstattung und Finanzierung des gesamten Inobhutnahmebereichs notwendig.


1. Entwicklung im Bereich der Inobhutnahme für unbegleitete minderjährige Ausländer/-innen (UMA ION)

Zu Beschlussziffer 1.1

Aktuelle Lage bei der Betreuung von UMA in der Inobhutnahme (UMA ION)

Im Herbst 2017 wurde bereits mit GRDrs 710/2017 über die rückläufigen Zahlen im Bereich UMA berichtet. Diese Entwicklung hat sich auch im Jahr 2018 fortgesetzt. 2017 wurden insgesamt 228 UMA (inclusive UMA in Gemeinschaftsunterkünften) in Stuttgart aufgenommen, davon blieben insgesamt 43 UMA in Stuttgart zur Versorgung. 2018 wurden insgesamt 139 UMA aufgenommen, davon blieben 32 UMA in Stuttgart zur Versorgung. Nach wie vor ist nicht absehbar, ob dieser Trend aufgrund der politischen Lage weiter anhalten wird oder ob sich ein erneuter Anstieg des Flüchtlingsstroms entwickeln wird.

Auf dem Hintergrund der aktuellen Lage wird mit dieser Gemeinderatsdrucksache wie folgt über den Bereich der UMA Inobhutnahme (UMA ION) bzw. über die Entwicklung im Bereich der Stuttgarter Inobhutnahme (Stuttgarter ION) berichtet und das weitere Vorgehen aufgezeigt:


Sachstand im Bereich der UMA Inobhutnahme (UMA ION)

Sukzessive fand bei der UMA ION bis 31.12.2017 sowohl bei den Standorten als auch bei den Stellen ein massiver Abbau statt, um den rückläufigen Zahlen Rechnung zu tragen. Von den zur Verfügung gestellten Personalkapazitäten im Umfang von 126,36 Vollzeitkräften wurden bereits zum Stellenplan 2018 insgesamt 67,2894 Stellen abgebaut (davon wurden 64,2894 Stellen gestrichen, 4 Ermächtigungen mit einem Stellenumfang von insgesamt 300 % endeten mit Ablauf des 31.12.2017).

Die Standorte für die Unterbringung von UMA wurden auf die Standorte Kernerstr. 36 und Am Klingenbach reduziert. Entgegen der ursprünglichen Planung auf der Basis der Gemeinderatsdrucksache 710/2017, den Standort Am Klingenbach für den Bereich der UMA ION zu nutzen, hat hier aus fachlichen Gründen ein Tausch mit dem Standort Tunzhofer Str. (künftig Kupferstr. 29) stattgefunden.

Seit 2017 hat sich am Standort Am Klingenbach die Arbeit mit den jungen Menschen sehr von Inobhutnahme (Übergangs- und Kurzzeitunterbringung) in Richtung Hilfe zur Erziehung weiterentwickelt (längere Verweildauern und eine befristete Beheimatungsoption). Um in den Einrichtungen für Ruhe und Kontinuität zu sorgen, wurde daher am Standort Am Klingenbach die in der Gemeinderatsdrucksache 710/2017 beschlossene neue stationäre Einrichtung für UMA eingerichtet und zunächst der Standort Tunzhofer Str. für die UMA ION belassen.

Da dieser Standort aufgegeben werden muss, wird die UMA ION künftig am Standort Kupferstr. untergebracht. Der Tausch ist kostenneutral. Die erforderliche Platzkapazität entsprechend der derzeitigen Entwicklung kann an diesem Standort ebenfalls vorgehalten werden. Ferner wurden durch die Vermeidung eines kompletten Umzugs Kosten und Ressourcen eingespart.

Weitere Planungen in der UMA ION

Über die Gemeinderatsdrucksache 710/2017 wurde festgelegt, dass die eingesetzten Personalressourcen entsprechend abgebaut werden, wenn der Auslastungsgrad in der UMA ION drei Monate lang unter 85 % liegt. Entsprechend dieser Vorgabe werden freiwerdende Stellen im Bereich UMA ION nicht mehr nachbesetzt. Vorhandene Überhänge aus dem Bereich UMA ION werden zur Sicherung des Betriebs der Stuttgarter Inobhutnahme eingesetzt.

Aufgrund der rückläufigen Belegung im UMA-Bereich soll eine erneute Reduzierung der Platzzahl in der UMA ION auf 15 Plätze erfolgen. Um der gesamten Entwicklung in der Inobhutnahme (UMA ION + Stuttgarter ION) Rechnung zu tragen, muss der gesamte Bereich der Inobhutnahme den neuen Bedarfen angepasst werden. Ausführliche Erläuterungen zur Entwicklung der Stuttgarter ION können unter Beschlussziffer 2 dieser Drucksache entnommen werden. Bedarfsgerecht soll die Struktur der gesamten Inobhutnahme (inclusive UMA) ab sofort angepasst werden.
Finanzielle Auswirkungen

Die jährlichen Aufwendungen in Höhe von 1.549.001 € können bei einer Auslastung der UMA ION von 85 % durch die entsprechenden Erträge aus Kostenerstattungen des Landes gedeckt werden. Gegenüber der bisherigen Planung ergibt sich ein Mehraufwand bzw. Mehrertrag von 140.000 €.

Sachstand bei den Stellenbedarfen, die nicht in unmittelbarer Verbindung mit der Betreuung der UMA in der ION stehen.

Die Unterbringung, Versorgung und Betreuung von UMA ist eine Pflichtaufgabe der Jugendämter (§ 42 a SGB VIII Vorläufige Inobhutnahme von ausländischen Kindern und Jugendlichen nach unbegleiteter Einreise).

Sach- und Personalkosten, die sich unmittelbar aus der Betreuung der UMA in der ION ergeben, können kostendeckend über das Land finanziert werden. Kosten und Stellen in Bereichen, die außerhalb der Betreuung von UMA in der ION anfallen, aber in direktem Zusammenhang mit den zu betreuenden UMA stehen, werden nicht über das Land finanziert.

Im Einzelnen handelt es sich hierbei um folgende Bereiche:


Zu Beschlussziffer 1.3 Sachgebiet UMA (bisher Sonderdienststelle 51-FJ-2UMA)

Aufgrund der rückläufigen Zahlen hat in diesem Arbeitsfeld bereits ein starker Personalabbau stattgefunden. Von den insgesamt für die Sonderdienststelle für unbegleitete minderjährige Ausländer/-innen zur Verfügung gestellten 14 Stellen (inclusive einer Stelle für Leitung und einer Stelle für Sekretariat) wurden bereits 8 Stellen zum 31.12.2017 gestrichen. Da die Zahlen nach wie vor rückläufig sind, wurde im Zusammenhang mit der freiwerdenden Stelle der Leitung die Sonderdienststelle ab 01.10.2018 in ein Sachgebiet überführt und den Beratungszentren Vaihingen (Wirtschaftliche Jugendhilfe) und Möhringen (Sozialarbeit) zugeordnet. Die Funktion der Leitung wurde nicht mehr nachbesetzt. Aufgrund der hohen Rückstände im Bereich der Wirtschaftlichen Jugendhilfe erfolgte eine Nachbesetzung in der Sachbearbeitung in diesem Arbeitsbereich. Die Situation hinsichtlich den Bedarfen an Stellen stellt sich wie folgt dar:

a) Wirtschaftliche Jugendhilfe für UMA

Die Wirtschaftliche Jugendhilfe (WJH) ist ein Fachdienst im Jugendamt, der die finanziellen Mittel für den festgestellten Jugendhilfebedarf nach dem SGB VIII bereitstellt und die verwaltungstechnischen Abläufe im Rahmen der Hilfegewährung fachlich und rechtmäßig steuert (z.B. Entgeltsätze für den städtischen Träger bewilligen und auszahlen, Kostenerstattungen beim Land geltend machen, überwachen und einnehmen). Die Aufgaben der WJH sind gesetzliche vorgeschriebene Aufgaben.

Derzeit sind in diesem WJH/UMA-Bereich 4 Stellen zugeordnet und werden auch weiterhin bis Ende 2020 benötigt. Zum 01.01.2021 kann die enthaltene Stelle der Leitung abgebaut werden, so dass dann nur noch 3,0 Sachbearbeiterstellen zur Verfügung stehen.

Derzeit sind im Bereich WJH noch 274 laufende Fälle mit Hilfen zur Erziehung zu bearbeiten.


Darüber hinaus sind noch 310 Altfälle aus den Vorjahren abzuschließen. Diese hohen Rückstände sind u.a. der Tatsache geschuldet, dass aufgrund der Unsicherheiten in diesem Arbeitsbereich der Personalabbau bereits Mitte 2017 und nicht erst wie geplant Ende 2017 erfolgt ist.

Die zum 01.10.2018 freigewordene Stelle der Leitung wurde nicht mehr in der Leitungsfunktion, sondern aufgrund der angespannten Arbeitssituation in der Sachbearbeitungsfunktion nachbesetzt. Es ist sehr wichtig, dass die Altfälle zeitnah abgearbeitet werden, damit alle Gelder vom Land abgerufen werden können. Bis Ende 2019 stehen insgesamt noch 3 Stellen für die Sachbearbeitung WJH und 1 Leitungsstelle zur Verfügung. Für die Aufgabenerfüllung im Bereich der WJH werden weiterhin zwingend 4 Stellen für die Sachbearbeitung WJH benötigt.

b) Sozialer Dienst mit Alterseinschätzung für UMA

Der Soziale Dienst für UMA erfüllt zentrale hoheitliche Pflichtaufgaben während der Clearing-Phase gemäß §§ 42a-f SGB VIII. Innerhalb von 7 Werktagen muss die
Alterseinschätzung durchgeführt sein und geklärt werden, ob ein UMA umverteilt wird. Die Umverteilung wird organisiert und koordiniert. Für UMA, die in Stuttgart bleiben, werden Hilfen zur Erziehung geplant und vorbereitet (ggf. Krisenintervention und Kinderschutzaufgaben). Auch in diesem Arbeitsbereich ist bereits zum 31.12.2017 ein Abbau von insgesamt 5 Stellen (4,5 Stellen Sozialer Dienst, 0,5 Stelle Alterseinschätzung) erfolgt. Im Bereich des Sozialen Dienstes steht derzeit nur noch eine 1,0 Stelle befristet bis 31.12.2019 zur Verfügung.

Legt man die 139 Aufnahmen von UMA für 2018 der aktuellen Personalbemessung zugrunde, ergibt sich hier ein Stellenbedarf von 0,99 Stelle. Diese Berechnung beinhaltet nicht den Stundenbedarf von 2-3 Stunden/Woche für die Alterseinschätzung. Ferner ist hierbei ebenfalls nicht abgedeckt der wöchentliche Bedarf von ca. 2 Stunden für Gremienarbeit, die auch von dieser Stelle übernommen werden muss, da die Leitungsstelle komplett entfallen ist. Aus diesem Grund wird ganz dringend die bis 31.12.2019 vorhandene 1,0 Stelle für den Sozialen Dienst/Alterseinschätzung UMA weiterhin benötigt.

c) Sekretariatsstelle

Da die Ressourcen im Sozialen Dienst für UMA eher knapp bemessen sind, übernimmt das Sekretariat nicht nur die üblichen Sekretariatsaufgaben, sondern auch Datenbankeingaben/-verwaltung, Quotenmeldungen und statistische Auswertungen, Organisation der Umverteilung, Terminierung/Koordinierung von Alterseinschätzungen sowie die Bearbeitung von Honorarabrechnungen. Von der bis 31.12.2019 zur Verfügung gestellten 1,0 Stelle werden im Umfang von 0,5 Stellen weiterhin dringend benötigt. Im Umfang von 0,5 Stellen können zum 31.12.2019 abgebaut werden und der KW-Vermerk 01/2020 vollzogen werden.

Alle unter a) - c) aufgezeigten Arbeitsbereiche sind zum nächsten Doppelhaushalt erneut zu überprüfen bzw. die Bedarfe zu ermitteln.






Zu Beschlussziffer 1.4 Amtsvormundschaften § 55 SGB VIII (51-00-22)

Das Jugendamt ist gesetzlich verpflichtet dafür Sorge zu tragen, dass für UMA anstelle der Eltern über einen Amtsvormund/Amtspfleger eine umfassende rechtliche und persönliche Verantwortung übernommen und die Aufgabe der parteilichen Interessenwahrnehmung erfüllt werden.

Stand 01.03.2019 werden in diesem Aufgabenfeld 20 UMA im Rahmen von Amtsvormundschaften betreut, auf der Basis des Zahlenmaterials von 2017 und 2018 ist mit durchschnittlich 30 bis 40 Neuzugängen zu rechnen.

Für diesen Aufgabenbereich stehen bis 31.12.2019 insgesamt 2,38 Stellen zur Verfügung. Zur Aufgabenerfüllung im Bereich der Vormundschaften UMA werden 1,25 Stellen weiterhin dringend benötigt. 1,13 Stellen können abgebaut werden und damit der KW-Vermerk 01/2020 an diesen Stellen vollzogen werden kann. Der Bedarf/ein Stellenabbau ist erneut zum nächsten Doppelhaushalt 2022/2023 zu prüfen.


Zu Beschlussziffer 1.5 Entgeltfinanzierung (51-FJ-31)

Die in der GRDrs 710/2017 dargestellten Arbeitsbereiche der Dienststelle Entgeltfinanzierung sind unverändert fortgeführt und Strukturen für einen Regelbetrieb aufgebaut worden. Die bedeutende Rolle, die den Finanzierungs- und vor allem den (Einnahmen-) Controllingaufgaben bezogen auf die UMA, zugewachsen ist, wird auch weiterhin erhalten bleiben.
Das bisherige hohe Arbeitsaufkommen hat sich verstetigt. Diese Aufgaben können ohne die derzeit zur Verfügung gestellte 0,5 Stelle/EG 12 nicht geleistet werden. Folglich wird die bis 31.12.2019 zur Verfügung gestellte 0,5 Stelle weiterhin benötigt. Die Aufgabenentwicklung bzw. ein möglicher Stellenabbau ist zum nächsten Doppelhaushalt 2022/2023 zu prüfen.

Finanzielle Auswirkungen

Die jährlichen Aufwendungen in Höhe von 712.000 €, die unter den Beschlussziffern 1.3, 1.4, 1.5 und unter 3. dargestellten Personalbedarfe, sind im Haushalt 2018/2019 veranschlagt sowie im Haushaltsentwurf 2020/2021 vorgesehen, jedoch nicht über Entgeltsätze refinanziert:



2. Ausbau und Umstrukturierung der klassischen Stuttgarter Inobhutnahme ohne UMA (Stuttgarter ION)

Zu Beschlussziffer 2.1 Ausbau/Umstrukturierung der Stuttgarter Inobhutnahme

a) Derzeitige Situation in der Stuttgarter Inobhutnahme (Kernerstraße)

In 2017/2018 waren in der Kernerstraße die 21 Plätze der ION zu 92 % ausgelastet. Dieser hohe Auslastungsgrad bedeutet konkret, dass z. B. der Kinderbereich mit 11 Plätzen phasenweise mit bis zu 17 Kindern belegt war und für dann noch anstehende Inobhutnahmen andere Lösungen, z. B. in umliegenden Landkreisen gefunden werden mussten. Damit Aufnahmen bzw. Inobhutnahmen auch in Spitzenzeiten jederzeit möglich sind, darf die durchschnittliche Auslastung 65 % nicht übersteigen. Damit ist genügend Puffer eingebaut, um z. b. auch mehrere junge Menschen (Geschwistergruppen) jederzeit aufnehmen zu können.
Derzeit beträgt der Personalschlüssel 0,83 Stellen pro Platz und es stehen für die 21 Plätze 17,13 Stellen zur Verfügung. Aufgrund der vielen Kleinkinder, der großen Altersspanne und der Zunahme der Kinder mit körperlichen und/oder psychischen Beeinträchtigungen, ist die Betreuung in der Kernerstraße im Augenblick in 3 Gruppen organisiert. Dies ist zwingend erforderlich, um den verschiedenen Altersklassen und Problemlagen gerecht werden zu können und um die vom KVJS/Landesjugendamt vorgegebene Geschlechtertrennung zu gewährleisten.

Bei der zwingend fachlich gebotenen Altersdifferenzierung in drei kleinere Gruppen (anstatt zwei große Gruppen – wie bisher), reichen die kalkulierten 0,83 VK pro Platz nicht mehr aus; für die einzelnen Gruppen ergeben sich – je nach Alter und Zielgruppe - vielmehr unterschiedliche Betreuungs- und Stundenbedarfe.

Um der gesetzlichen Verpflichtung zur ION mit der hierzu erforderlichen pädagogischen Betreuung und Aufsicht nachzukommen, wurden seit 2018 die Personalressourcen für die 13 UMA-Plätze in der Kernerstraße im Umfang von 10,79 Stellen voll für die Stuttgarter ION eingesetzt; dies wurde möglich, weil es im UMA-Bereich der Kernerstraße in 2018 nur wenige Aufnahmen gab.

Aber auch mit einer Personalgesamtkapazität von 27,92 Stellen (17,13 Stellen Bestand Stuttgarter ION + 10,79 Stellen aus dem Bestand UMA ION) kann die erforderliche Intensität der pädagogischen Betreuung nicht gewährleistet werden. Um die Betreuung und Versorgung rund um die Uhr im Rahmen der gesetzlichen und fachlichen Vorgaben leisten zu können, ist eine Erhöhung des Personalschlüssels unbedingt erforderlich.

b) Geplantes Vorgehen – Erhöhung der Plätze für die Stuttgarter Inobhutnahme (Kernerstraße)

Um bei der derzeitigen Bedarfssituation die angestrebte Auslastung in der ION von ca. 65 % zu erreichen, ist eine Erhöhung der Platzzahl für die Stuttgarter ION notwendig. Dies bedeutet in der Konsequenz, dass in der Kernerstraße die bisherigen 13 Plätze für die UMA in Plätze für die Stuttgarter ION umgewidmet werden müssen. Die Umwandlung dieser 13 Plätze kann allerdings nicht 1:1 erfolgen, da es für die ION vom KVJS andere Vorgaben (als vorübergehend für UMA) hinsichtlich Geschlechtertrennung und Zimmergröße gibt. Unter Beachtung dieser Vorgaben ist eine maximale Belegung in der Kernerstraße mit 29 Plätzen möglich.

Das kritische Gemengelage (hohe Auslastung, viele kleine Kinder und junge Menschen mit intensivem/besonderen Betreuungsbedarf) überfordert das ION-System in der Kernerstraße massiv und hat zur Folge, dass dort zukünftig keine „jungen Menschen mit besonderem/intensivem Betreuungsbedarf“ und keine UMA mehr betreut werden können. Für die UMA gibt es weiterhin einen extra Standort: aktuell Tunzhofer- zukünftig Kupferstraße.

Für die Zielgruppe der „Betreuungsintensiven jungen Menschen mit besonderen Bedarfen“ für die kein passendes Angebot oder keine Perspektive in der Stuttgarter Jugendhilfe vorhanden ist und die bisher auch in der Inobhutnahme mitversorgt werden, sollen zukünftig die freien Träger in Stuttgart im Rahmen der Hilfen zu Erziehung die fachliche Verantwortung übernehmen. Derzeit ist allerdings unklar, ob und in welchem Umfang die freien Träger in Stuttgart dafür gewonnen werden können.


c) Geplantes Vorgehen – Erhöhung der Personalkapazität und Differenzierung der Gruppenstruktur in der Kernerstraße

Neben den Vorgaben des KVJS, der fachlichen Differenzierung hinsichtlich Alter, Geschlecht und Besonderheiten der Zielgruppen und der damit verbundenen Umstellung von 2 auf 3 Gruppen in der Kernerstraße, gibt es auch zwingende arbeitsrechtliche Vorgaben für einen Dreischichtbetrieb.

Die alte und neue Struktur der Stuttgarter ION in der Kernerstraße stellt sich wie folgt dar:


Bisherige GruppenstrukturNeue Gruppenstruktur
Stuttgarter ION 1
"Eduard-Pfeiffer-
Gruppe" (0-14 Jahre)
11 PlätzeStuttgarter ION
Gruppe 1 (12-17 Jahre)15 Plätze
insgesamt,
davon:
Stuttgarter ION 2 "Ju-
gendschutzgruppe" (12-17 Jahre)
10 Plätze
für männliche junge Men-schen10 Plätze
… und UMA13 Plätze
für weibliche junge Men-schen5 Plätze
Gruppe 2 (0-6 Jahre)8 Plätze
Gruppe 3 (6-12 Jahre)6 Plätze
Gesamt: 34 PlätzeGesamt: 29 Plätze
3. Verbesserung der Anschlusshilfen nach der Inobhutnahme

Zu Beschlussziffer 3.1 Pflegekinderdienst

Neben den Anschlusshilfen in stationären Wohngruppen und im Betreuten Jugendwohnen ist auch die Hilfe in Pflegefamilien oder in Verwandtenpflege für UMA fachlich notwendig und rechtlich geboten. Diese Hilfeart wird von den Vormündern beantragt und muss damit auch realisiert werden.

Die Unterbringung von UMA in Pflegefamilien hat sich von 2015 bis 2018 wie folgt entwickelt:
2015
2016
2017
2018
UMA in Verwandtenpflege
6
40
31
21
UMA in Gastfamilien
11
21
18
8
Gesamt
17
61
49
29
4. Festsetzung eines neuen Entgeltsatzes für die UMA ION und die Stuttgarter ION

Zu Beschlussziffer 4.1 Festsetzung eines Entgeltsatzes

Auf der Grundlage des SGB VIII werden die Kosten für den Betrieb der Inobhutnahme durch Entgelte (früher Pflegesätze) finanziert. Das Entgelt wurde letztmalig über die GRDrs 815/2009 auf 287,63 € festgesetzt. Seit 2009 erfolgte keine Anpassung an Tariferhöhungen und weitere Kostensteigerungen.

Eine Neukalkulation des Entgeltsatzes ist aus mehreren Gründen dringend erforderlich.


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