2. Die Kosten für das Projekt einschließlich externer Begleitung betragen entsprechend vorläufiger Kalkulation des Gesundheitsamts ca. 495.500 EUR. Mittel stehen hierfür im THH 530 Gesundheitsamt nicht zur Verfügung. Externe Fördermittel sind nicht zu erwarten. Die Gesamtkosten sind daher überplanmäßig zu decken. In Abhängigkeit einer möglichen Aktivierungsfähigkeit der erforderlichen Hard- und Software und der konkreten Ausschreibungsergebnisse sind hierzu - gegebenenfalls über eine weitere Beschlussvorlage - noch die erforderlichen Mittelbewilligungen im Ergebnis- und Finanzhaushalt 2021 herbei zu führen.
Begründung: Im Einvernehmen mit dem Land Baden-Württemberg sollen als Teil eines Projekts des Städtetags und in Kooperation mit Herrn Professor Dr. Thorsten Lehr (Universität des Saarlands) unterschiedliche kulturelle Veranstaltungen mit einem Schwerpunkt im popkulturellen Bereich und Jugendbereich durchgeführt werden, die über die aktuell laut Corona-Verordnung geltenden Regelungen hinausgehen. Der Ansatz der Landeshauptstadt besteht darin, hieraus übertragbare Erkenntnisse abzuleiten, so dass solche Veranstaltungen auch bei höheren Inzidenzen sicher realisierbar sind. Weitere grundlegende Ziele des Projekts sind: 1. Besser verstehen … unter welchen Bedingungen und in welchen Bereichen (k)ein erhöhtes Infektionsrisiko besteht. Dies dient der differenzierteren Ausgestaltung der Corona bedingten Maßnahmen. 2. Sicherheit erhöhen … durch die gezielte Verhinderung von Situationen, die mit einem erhöhten Infektionsrisiko einhergehen. Dadurch werden das Infektionsrisiko gesenkt sowie Quarantänemaßnahmen vermieden. 3. Ermöglichen … eines smarten Öffnungskonzepts mit hoher Nachhaltigkeit und Übertragbarkeit auch auf andere Kommunen. Hierdurch werden Kultur und öffentliches Leben gefördert. Methoden Entsprechend der nachfolgend dargestellten Maßnahmen wird bei den Veranstaltungen im Rahmen des hier vorgestellten Projekts nach Möglichkeit alles vermieden, was zu einer potenziellen Ansteckung führen könnte. Innenraum Distanztracking: Dieses ermöglicht eine genaue und zuverlässige Ermittlung von engen Kontaktpersonen und die fortlaufende Verbesserung des Hygienekonzepts. Hierzu erhält der Besucher beim Betreten der Location einen Sender (Schlüsselanhängerformat), der vom RTLS (Real-Time Location System, engl. für Echtzeit-Lokationssystem) erfasst wird und so zu jedem Zeitpunkt die genaue Position des Besuchers innerhalb der Location erkennt. Durch die Kommunikation der Sender untereinander kann ermittelt werden, welche Sender sich für wie lange in unmittelbarer Nähe zueinander befunden haben. Durch die Verwendung von Ultrabreitband-Technologie kann die Distanz bis auf 10 cm genau hochpräzise ermittelt werden. Im Falle eines Infektionsereignisses können so gezielt automatisiert und unter Wahrung der datenschutzrechtlichen Bestimmungen die Personen ermittelt werden, die ein erhöhtes Risiko aufweisen, sich infiziert zu haben. Das entlastet die Gesundheitsämter bei der Kontaktpersonennachverfolgung und ist ressourcenschonend in Hinblick auf Test- und Laborkapazitäten. Durch das RTLS Format ist es auch möglich, „Hot Spots“ zu identifizieren. Das sind Orte in den Gebäuden, an denen es vermehrt zu kritischen Kontakten kommt. Der Betreiber kann dadurch das Hygienekonzept fortlaufend überprüfen bzw. dies auch bei Bedarf bereits während der Veranstaltung verbessern, wodurch der Schutz der Besucher*innen sich deutlich erhöht. Warnung bei Risikokontakten: Wird ein festgelegter Mindestabstand unterschritten, werden die betroffenen Personen über den oben genannten Sender im Schlüsselanhängerformat gewarnt (z.B. durch Vibration und / oder Signalton). Potenziell gefährliche Begegnungen werden somit sofort erkannt und können dadurch von jedem Einzelnen umgehend vermieden werden. Kontaktpersonennachverfolgung: Durch IT-gestützte Prozesse zur Kontaktpersonen-Nachverfolgung wird die verschlüsselte Kontaktdatenübermittlung mittels App (voraussichtlich Luca App, aber auch andere Apps möglich) gewährleistet. Dadurch werden die Gesundheitsämter maßgeblich entlastet. Ergänzt werden die Maßnahmen durch eine Teststrategie und Hygienemaßnahmen: Voraussetzung für den Zutritt ist der Nachweis eines negativen Testergebnisses, der Nachweis eines vollständigen Impfschutzes oder ein Genesenen-Nachweis gemäß § 2 SchAusnahmV. Des Weiteren werden die AHA-L-Maßnahmen verpflichtend umgesetzt. Wissenschaftliche Begleitung des Projekts Es erfolgt die fortlaufende wissenschaftliche Evaluation der Maßnahmen hinsichtlich Praktikabilität, Verbraucherakzeptanz und Infektionsschutz durch Herrn Professor Dr. Thorsten Lehr (Universität des Saarlands), so dass bereits von Beginn des Projekts an ein Erkenntnisgewinn besteht. Wie bei solchen Projekten üblich, wird ein auflagenfreies Ethikvotum eingeholt. Zudem werden alle datenschutzrelevanten Aspekte geprüft und von den Teilnehmenden ggf. entsprechende Einwilligungserklärungen eingeholt. Interessenbekundung / Auswahl Da die Teilnahme an einem solchen Vorhaben infolge der zeitweiligen Öffnung einen relevanten wirtschaftlichen Vorteil für einen Teil der teilnehmenden Unternehmen darstellen kann, werden die Teilnehmenden nach Rücksprache mit dem Rechtsamt der Landeshauptstadt durch eine Interessensbekundung gewonnen. Dabei sollen nach einer kurzen Frist alle eingehenden Bewerbungen geprüft und nach den in der Interessensbekundung genannten Kriterien und Bewerbungskonditionen bewertet werden. Bei gleicher Bewertung ist ein Losverfahren zulässig. Die Kriterien werden von der Gesundheitsverwaltung gemeinsam mit Herrn Professor Lehr und in enger Abstimmung mit dem Rechtsamt aufgestellt. Das Kulturamt wird die Künstlerauswahl sowie die Programmgestaltung beratend begleiten. Das Projekt wird durchgeführt, wenn dafür Interessenten aus der Stuttgarter Club- und Kulturbereich bereitstehen und zum Zeitpunkt der Auftragsvergabe die personellen Kapazitäten bei der wissenschaftlichen Begleitung durch die Universität des Saarlandes vorhanden sind. Projektbeginn und Projektdauer Das Land Baden-Württemberg hat zugestimmt, dass das Projekt unabhängig von den aktuellen Regelungen der CoronaVO durchgeführt werden kann. Mit Zustimmung des Gemeinderats kann das Projekt jederzeit gestartet werden. Das Projekt ist auf eine Gesamtdauer von 9 Monaten angelegt. Es sind 2 Monate zur Vorbereitung eingeplant. In dieser Zeit muss das technische System auf die entsprechende räumliche Gegebenheit geplant und angepasst werden und weitere Vorarbeiten (z.B. Ethikantrag, Datenschutzkonzept, Kontakt-App-Anpassung, etc.) durchgeführt werden. Die eigentliche Projektdurchführung ist auf 3 Monate angelegt. In diesem Zeitraum sind aufgrund des technischen Setups zeitnahe Ergebnisse über kritische Hot-Spot Zonen und Anpassungen des Hygienekonzepts möglich. Vier Monate sind zum Abschluss und Nachbereitung des Projektes eingeplant, inklusive Berichtserstellung und detaillierter wissenschaftlicher Auswertung. Abgrenzung zu anderen Projektvorhaben Mit einer Ausschreibung eröffnete die Landesregierung im Mai die Möglichkeit, weitere Modellvorhaben für alle Lebensbereiche, die noch nicht oder noch nicht sofort durch das stufenweise Öffnungskonzept der CoronaVO abgedeckt sind, zuzulassen. Ein von der Landeshauptstadt Stuttgart gestellter Antrag konnte aufgrund der gegebenen Rahmenbedingungen leider nicht berücksichtigt werden, obgleich das Konzept dem Grunde nach für gut befunden wurde.
Im weiteren Austausch mit dem Städtetag und dem Land konnte eine Zustimmung zur Durchführung des Projekts außerhalb der genannten Ausschreibung eingeholt werden, da das Vorhaben der Landeshauptstadt insbesondere durch die technischen Anwendungen eine Übertragbarkeit der Ergebnisse auch bei höheren Inzidenzraten ermöglicht und dadurch einen sehr wichtigen Beitrag leistet.
Des Weiteren kann das Projekt hinsichtlich der folgenden Aspekte von anderen Projektvorhaben abgegrenzt werden:
· Jede Form der Risikobegegnung wird erkannt: Risikobegegnungen sind in diesem Zusammenhang als Kontakte zu verstehen, bei denen ein ansteckungsfähiger Mensch einen anderen anstecken kann. Wenn es bei einer Veranstaltung wenige bzw. keine Risikobegegnungen gibt, dann ist diese Art der Veranstaltung unter den vorgegebenen Bedingungen auch bei höheren / hohen Inzidenzen sicher durchführbar. Dies kann durch das Innenraum Distanztracking ermittelt werden.
b) wie hoch die Wahrscheinlichkeit von Krankheitsübertragungen in Abhängigkeit unterschiedlich hoher Inzidenzwerte ist.
- UWB / RTLS (Planung der IT-Infrastruktur, Koordinierung des Aufbaus gemeinsam mit dem Veranstaltungsort, Überwachung der Funktionalität, Fehlerbeseitigung, Kommunikation mit Hersteller, etc.)
- Planung und Einkauf von Hardware (Kabel, Ladegeräte, etc.)
- Einweisung in die Nutzung der Tracker, Erstellung eines entsprechenden YouTube Tutorial und eines Dokuments mit Hinweisen und FAQs
- Überwachung der Studie und regelmäßige Rückmeldung über kritische „Hot Spots“
- Koordinierung der Schnittstellen zur Kontakt App
- Ansprechpartner für Gesundheitsämter und Veranstalter
- Koordinierung des Abbaus der IT-Infrastruktur
- Wissenschaftliche Auswertung im Anschluss inkl. Erstellung eines wissenschaftlichen Berichts
· Mithilfe bei der Installation der technischen Ausstattung (die technische Ausstattung wird im Rahmen des Projekts zeitlich befristet, unentgeltlich zur Verfügung gestellt). Mitarbeitende der Universität des Saarlandes werden mit vor Ort sein.
· Sofern kein Impf- oder Genesenennachweis vorliegt, erfolgen die tägliche Testung des Personals der teilnehmenden Institution in Eigenregie.
· Einlasskontrolle der Besucher/-innen anhand der Testergebnisse, der Impfnachweise oder der Genesenen-Nachweise (Barcode-Scanner).
· Ausgabe, Einsammeln der Sender (Innenraum-Distanztracking) an alle Besucher/-innen und Aufladen der Sender.
· Installation der im Rahmen des Projekts verwendeten App auf dem Smartphone.
· Beim Betreten und Verlassen der Räumlichkeit: Identifizierung durch Scannen eines QR-Codes. Damit sind die Kontaktdaten, das Datum und die Uhrzeit des Besuchs zurück verfolgbar (ersetzt Papierlisten).
· Während des Aufenthalts in der Location: Tragen des Senders im Schlüsselanhängerformats.
· Nach dem Besuch der Location: Bei positivem Testergebnis auf freiwilliger Basis, datenschutzkonform verschlüsselte Kontaktdatenübermittlung mittels App mit automatisierter Erkennung möglicher Kontaktpersonen. Diese erfolgt nur dann, wenn der Kontakt im kritischen Zeitfenster erfolgt ist und die Abstandsregeln nicht erfüllt waren.