Protokoll: Gemeinderat der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
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VerhandlungDrucksache:
417/2013
GZ:
StU
Sitzungstermin: 18.07.2013
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: EBM Föll
Berichterstattung:BM Hahn
Protokollführung: Frau Gallmeister
Betreff: BPlan m. Satzung ü. örtl. Bauvorschriften Dorotheen-/
Karlstraße im Stadtbezirk Stuttgart-Mitte (Stgt 235)
- Satzungsbeschluss gemäß § 10 BauGB u. § 74 LBO

Vorgang: Ausschuss für Umwelt und Technik vom 16.07.2013, nicht öffentlich, Nr. 318

Ergebnis: mehrheitliche Zustimmung


Beratungsunterlage ist die Vorlage des Referats Städtebau und Umwelt vom 03.07.2013, GRDrs 417/2013, mit folgendem

Beschlussantrag:

Der Bebauungsplan mit Satzung über örtliche Bauvorschriften Dorotheen-/Karlstraße (Stgt 235) im Stadtbezirk Stuttgart-Mitte wird in der Fassung des Bebauungsplanentwurfs vom 21. November 2012 gemäß § 10 BauGB und § 74 LBO als Satzung beschlossen.
Es gilt die Begründung mit Umweltbericht gemäß § 9 Abs. 8 BauGB vom
21. November 2012, mit redaktionellen Änderungen/Ergänzungen vom 26. April 2013.


Der Geltungsbereich ist im Kartenausschnitt auf dem Deckblatt der Begründung dargestellt.

Pläne zu der im Betreff genannten Angelegenheit sind im Sitzungssaal ausgehängt.


BM Hahn verweist auf den langen Diskussionsprozess zu diesem Vorhaben und die intensive Bürgerbeteiligung, wodurch sich das Projekt im Laufe der Zeit verändert hat. Eine wichtige Frage sei der Erhalt des Hotels Silber gewesen, das nach entsprechenden Planänderungen als eigenständiger städtebaulicher Baustein, aber auch als wichtiges historisches Monument erhalten bleibe. Eine weitere wichtige Problematik war die Bewältigung der Baumassen des Projekts. Es sei gelungen, die Baumassen zu reduzieren und sie im Hinblick auf die Nachbarschaft zu den empfindlichen Denkmälern wie der Markthalle, dem Alten Schloss und dem Waisenhaus verträglicher zu gestalten.

Städtebaulich vorteilhaft an dem Projekt sei die Gliederung des Projekts in vier Blöcke, nachdem es von den Projektherren ursprünglich wesentlich kompakter geplant worden war. Auch sei es gelungen, die Front zum Karlsplatz höhenmäßig dem Waisenhaus und der Markthalle anzugleichen. Die Zufahrten seien aus den öffentlichen Gehwegbereichen herausgenommen worden und die Erdgeschosszonen würden jetzt mit kleinen Ladeneinheiten lebendig. Eine Änderung des Projekts gehe auch dahin, dass dort 22 Wohnungen festgestellt werden könnten. Das Projekt habe sich im Laufe der Jahre, in denen daran gearbeitet wurde, wesentlich verbessert, so BM Hahn. Er bitte daher um die Zustimmung des Gemeinderats.

Namens seiner Fraktion verweist StR Dr. Kienzle (90/GRÜNE) auf den langen und
außerordentlich kontroversen Planungsprozess. Man habe kein Vorhaben in den letzten 20 Jahren - ausgenommen Stuttgart 21 - erlebt, um das so gerungen worden sei und das so viel Streit auch in die Bürgerschaft gebracht habe, das aber auch so viel Engagement und Sachkenntnis hervorgerufen habe. Die Frage mit dem Hotel Silber habe wieder zu einer ganz neuen Diskussion über die richtige Form des Erinnerns in der Stadt geführt. Letzten Endes könne festgestellt werden, dass nach allen Auseinandersetzungen ein Entwurf mit nur noch wenigen Kritikpunkten herausgekommen sei. Seine Fraktion habe die Hoffnung, dass die Dachlandschaft verträglicher wird und dass mit den Bäumen auch noch etwas anders umgegangen wird.


Das Ringen habe sich für die Firma Breuninger, die in der Stadtmitte gehalten werden solle, sowie für das Stadtbild und die Verträglichkeit gelohnt. StR Dr. Kienzle dankt insofern allen Beteiligten aus der Verwaltung und aus der Bürgerschaft.

StR Kotz (CDU) stimmt den Aussagen seines Vorredners "weitestgehend zu" und kündigt die Zustimmung seiner Fraktion zur GRDrs 417/2013 an.

Auch StRin Dr. Blind (SPD) bestätigt, dass es sich bei diesem Bauvorhaben um ein heftig diskutiertes Projekt handelt. Zum Hotel Silber erinnert sie daran, dass es verschiedene, zum Teil "fast abenteuerliche" Ideen gegeben habe, wie Teile des Hotels Silber in die Neubebauung integriert werden könnten. Ihre Fraktion sei sehr froh gewesen, dass nach dem Regierungswechsel im Land im Jahr 2011 Minister Nils Schmid den Erhalt des Hotels Silber durchgesetzt hat. Dies habe dem Projekt auch unter städtebaulichen Aspekten sehr gut getan.

Bezüglich der Baumassenproblematik habe schließlich eine "hervorragende Präsen-tation des Planungsamtes allen die Augen geöffnet", woraufhin die Baumassen auf ein einigermaßen verträgliches Maß reduziert wurden. Sie sei gespannt auf die Diskussionen in der Bevölkerung nach der Fertigstellung des Projektes. Abschließend kündigt StRin Dr. Blind die Zustimmung ihrer Fraktion zur Vorlage an.

StR Zeeb (FW) erinnert daran, dass seine Fraktion einige konstruktive Vorschläge zur Entspannung der Höhensituation bei der Markthalle gemacht habe. Entlang der Holzstraße hätte nach Meinung seiner Fraktion bedeutend höher gebaut werden können, da dies dort unschädlich wäre; auf der anderen Seite hätte man dafür die Bebauung etwas niedriger vorsehen können. Seine Fraktion hätte es begrüßt, wenn von der schwierigen Dachsituation ein Modell zur Verfügung gestanden hätte, um die Überlegungen der Architekten zur Situation am Übergang vom Trauf zum Dach besser beurteilen zu können. Positiv sei andererseits die Präsentation in der Münzstraße gewesen und insgesamt sei seine Fraktion mit dem ausgehandelten Kompromiss zufrieden. Der gesamte Aufwand des Gemeinderats und aller anderen Beteiligten habe sich gelohnt, merkt StR Zeeb zum Ende seiner Wortmeldung an.

Beim Wettbewerb seien sehr unterschiedliche Entwürfe dabei gewesen und er sei eigentlich begeistert gewesen, welcher Entwurf ausgewählt wurde und dass "so ein einmaliges Gebäude in Stuttgart entsteht", erklärt StR Dr. Stübel (FDP). Im Laufe der ausführlichen Diskussionen sei der Entwurf dann u. a. in der Höhe "zurechtgestutzt" worden. Dem "gestutzten" Entwurf stimme seine Fraktion zu und sie sehe dem Baubeginn mit Erwartung entgegen.

StR Rockenbauch (SÖS und LINKE) bestätigt ebenfalls, dass sich die intensiven Debatten um das Projekt gelohnt haben. Gleichzeitig dankt er den zuständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Amts für Stadtplanung und Stadterneuerung, die von Anfang an darauf hingewiesen haben, dass die Vorstellungen des Investors am vorgesehenen Standort "absolut unverträglich" gewesen seien.

Ein großer Erfolg, zu dem neben zahlreichen Bürgerinitiativen auch seine Stadtratskollegin Frau Küstler beigetragen hat, sei der Erhalt des Hotels Silber. Seine Fraktionsgemeinschaft freue sich, dass jetzt eine Mehrheit des Gemeinderats den Erhalt begrüße. An BM Hahn gewandt weist StR Rockenbauch auf die Aussage hin, dass das Hotel Silber zwar ein wichtiger Ort, aber kein Kulturdenkmal ist. Dies könnte dazu führen, dass einer der "Drillinge" an der Karlstraße die Sichtbeziehung zum Hotel Silber störe, was von seiner Fraktionsgemeinschaft im Prinzip immer noch als unangemessen angesehen werde.

Dass seine Fraktionsgemeinschaft dem Bebauungsplan nicht zustimmen werde, hänge aber auch mit dem vorgesehenen Glasdach zusammen, zu dem erhebliche Zweifel bestünden, ob diese Art von Bebauung für die historische Umgebung angemessen sei. Auch die vorgesehene Nutzung sei seines Erachtens falsch. Der Stadtrat verweist hierzu auf die zusätzlichen "Shoppingflächen" und die 22 "wertigen" Wohnungen. Diese Art von Wohnungen werde in Stuttgart wahrscheinlich als Letztes benötigt; was gebraucht werde, sei bezahlbarer Wohnraum, und dazu trage das Projekt nichts bei. Auch aus verkehrstechnischen Gründen werde das Bauvorhaben abgelehnt, da es zu zusätzlichem Verkehrsaufkommen beitrage, was für die Innenstadt nicht angebracht sei.

Seine Fraktionsgemeinschaft hätte sich eine urbanere, stärker durchmischte Planung gewünscht, auch mit Freiraum z. B. für Wohnen und kulturelle Dinge. Die Stadt müsse sich überlegen, wie in Zukunft Stadtentwicklung gemacht werden solle und mit welchen Akteuren. Es dürfe nicht nur auf die finanzstarken Investoren zurückgegriffen werden, die dann die Stadt so gestalten würden, wie es ihren Profitinteressen diene. Diese Investorenplanung passe im Prinzip nicht mehr ins 21. Jahrhundert. Vielmehr müsse, wie beispielsweise beim Olga-Areal, auf die Bürger zugegangen werden. Seine Fraktionsgemeinschaft lehne aus den genannten Gründen den Bebauungsplan ab.

Der Aussage, dass es sich beim Standort des Bauvorhabens um einen sensiblen Bereich der Innenstadt handelt, könne nur zugestimmt werden, betont StR Dr. Schlierer (REP). Positiv sei die erfolgte Reduzierung des Bauvolumens. Nachdem in der GRDrs 417/2013 (Seite 32) aber darauf hingewiesen werde, dass es auch abweichende Planungsmöglichkeiten mit einem deutlich geringeren Bauvolumen und stärkerer Durchgrünung gegeben hätte, habe sich letzten Endes eine mehr oder minder "gesichtslose Investorenarchitektur" durchgesetzt. In dieser Architektur und Bebauung würden sich die Bürgerinnen und Bürger der Stadt nicht wiederfinden. StR Dr. Schlierer kündigt seine Ablehnung der GRDrs 417/2013 an.


Abschließend stellt EBM Föll fest:

Der Gemeinderat beschließt bei 4 Gegenstimmen und 1 Enthaltung mit großer Mehrheit wie beantragt.

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