Protokoll: Gemeinderat der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
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VerhandlungDrucksache:
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GZ:
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Sitzungstermin: 24.07.2014
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: OB Kuhn
Berichterstattung:der Vorsitzende
Protokollführung: Frau Gallmeister
Betreff: Verabschiedung der aus dem Gemeinderat ausscheidenden Mitglieder

Die nachfolgenden Reden sind in teilweise redigiertem Wortlaut wiedergegeben.

Eingeleitet wird die Verabschiedung der ausscheidenden Stadträtinnen und Stadträte durch OB Kuhn:

"Wir haben heute die letzte Sitzung des bestehenden und 2009 gewählten Gemeinderats. Ich habe nachgelesen, dass in der Zeit, als ich noch nicht hier war und in den gut eineinhalb Jahren, in denen ich jetzt Oberbürgermeister bin, der Gemeinderat bienenfleißig im Wortsinne gearbeitet hat. 2.300 Stunden wurden getagt und beraten in der Summe in diesen fünf Jahren. Es gab 3.500 Anträge in den fünf Jahren - 58 pro Monat. Sie kommen damit auch Ihrer Hauptaufgabe, nämlich die Verwaltung anzustoßen, zu überprüfen, nach. Da ist extrem viel inhaltlich gearbeitet worden. Und das alles, das sage ich an die Adresse der Öffentlichkeit, in einem Ehrenamt. Allein 2.300 Stunden Sitzung, da kommt die Vorbereitung dazu, dann kommen die Außentermine dazu. Es ist sehr viel, was die Kolleginnen und Kollegen in den letzten fünf Jahren geleistet haben.

Ich bin persönlich überrascht und positiv beeindruckt gewesen von der Ernsthaftigkeit der Diskussionen auch in den Ausschüssen, die dieser Gemeinderat geführt hat. Es wird extrem gut vorbereitet, die Verwaltung muss manchmal sehr bedacht sein, dass sie den Vorbereitungsstand mindestens hält. Wir erleben eine konstruktive, inhaltlich gut durchstrukturierte Arbeit, für die ich mich als Oberbürgermeister dieser Stadt bei Ihnen herzlich bedanken will.

Sie haben nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ viel geleistet.

Ich will einmal rekapitulieren, ohne jeden Anspruch auf Vollständigkeit, welche Themen in diesen fünf Jahren hier verhandelt wurden, welche oft verhandelt wurden und welche von großer Bedeutung für die Stadt waren und sind. Sie haben begonnen mitten in der Banken- und Wirtschaftskrise. Die Rettungsgeschichten der Banken waren gerade beschlossen, dann kam der neue Gemeinderat ins Amt. Die Folgen, vor allem die der Wirtschaftskrise, auch die zurückgehenden Einnahmen beim Gemeindehaushalt, haben Sie zu tragen gehabt. Kein einfacher Start, aber Sie haben sich stets damit auseinandergesetzt.

Dominant in diesen fünf Jahren war das Thema Stuttgart 21. Die Schlichtung im Haus, die verschiedenen Beschlüsse dazu, der Volksentscheid, vieles andere mehr. Es war ein kontroverses Thema, aber es hat sich keiner einfach gemacht mit dem Thema bei allen Unterschieden, die inhaltlich auch heute noch bestehen. Aber es war ein dominantes und wichtiges Thema für die Zukunft der Stadt.

Sie haben städtebaulich Vieles entschieden. Auch was Einkaufen angeht. Ich nenne nur die Themen Gerber, Milaneo, Breuninger, die große Bedeutung haben und die in diesem Jahr noch, jedenfalls zwei davon, eröffnen werden. Das waren dominante Themen für die Frage: Wie geht die Entwicklung der Stadt im Stadtinneren weiter?

Es gab Themen wie die Stadtbibliothek bis hin zu ihrer Eröffnung. Das Hotel Silber, das wir beschlossen haben. Das Stadtmuseum. Der Neubau der Cranko-Schule. Der Hospitalhof. Ich kann und will nicht alles vollständig aufzählen. Aber ich will rekapitulieren, dass dies Themen waren von einer großen Bedeutung für die Stadt, die in diesen fünf Jahren entweder entschieden oder auch umgesetzt und vollzogen wurden.

Ich nenne die Gründung der Stadtwerke. Langfristig ein Thema von einer großen Bedeutung, denn wenn man die Anteile an der Energieversorgung, am Wasser, verkauft und dann zehn Jahre später wieder als Stadtwerke gründet, dann trifft man ja eine folgenschwere und wichtige Strukturentscheidung.

Ich nenne die Konzessionsentscheidung beim Thema Energie, was Strom- und Gasnetze angeht, wo der Unterausschuss mit großem Fleiß und mit ganz vielen Sitzungen die Entscheidung vorbereitet hat, die der Rat dann getroffen hat.

Ich nenne das Thema Schulsanierung, das ja ein großes Thema der letzten fünf Jahre war, die Finanzierung zu organisieren und mit der Schulsanierung in großem Programm zu beginnen.

Ich nenne den Kita-Ausbau, wo wir ja gigantische Mittel ausgeben, um dem gesetzlichen Anspruch Folge leisten zu können, dass für jedes Kind - auch unter drei Jahren - ein Kita-Platz vorhanden sein muss.





Ich nenne das Thema Flüchtlingsunterbringung, wo wir die Flüchtlinge, die in diesem und im nächsten Jahr kommen, mit neuen Gebäuden so versorgen können, dass wir Turnhallenunterbringungen, die es ja in der Vergangenheit schon gab, vermeiden können.

Ich nenne die Themen Verkehrspolitik, neue Mobilitätspolitik, Jobticket, Fahrradwege (die leicht beschlossen sind und dann in der Umsetzung vor Ort auch zu Schwierigkeiten oder Widerstand führen können, wie wir es in Bad Cannstatt erlebt haben).

Ich nenne den Ausbau des ÖPNV, ein ganz wichtiges Thema für die Stadt Stuttgart, denn ohne dieses kommen wir nicht weiter im Kampf gegen Stau und auch gegen Feinstaub.

Ich nenne das Thema Wohnungsbau, wo der Rat erst vor Kurzem, nämlich im Doppelhaushalt, eigentlich eine Kehrtwende beschlossen hat zu dem Punkt hin, dass wieder mehr sozial geförderte Wohnungen gebaut werden sollen.

Ich nenne das Thema Kultur, eines der wichtigsten Themen, wo viele Entscheidungen gefallen sind, nicht nur der schon genannte Neubau der Cranko-Schule, sondern auch die Förderung der bestehenden Einrichtungen und zum Teil die Förderung neuer Einrichtungen.

Also extrem viele Themen, man könnte das ausmalen, auch im Sozialbereich, die Stabilisierung der sozialen Netze, die in der Stadt Stuttgart geknüpft sind und stärker geknüpft werden, als das jemals der Fall war.

Und dies alles in einem Gemeinderat nach der Wahl von 2009. Ich will das einmal ganz locker sagen: Der Ausgang der Wahl 2009, vielleicht auch der Landtagswahl, vielleicht sogar der OB-Wahl, war ja nicht für alle gleich begeisternd in diesem Haus. Übrigens, der Volksentscheid und dessen Ausgang war für andere nicht besonders begeisternd. Dieser Gemeinderat hat bei oft grundsätzlichen Meinungsunterschieden immer wieder in anderen Themen zusammengefunden. Es ist eine große demokratische Leistung, dass man mit Erfolgen so umgeht, dass sie den, der unterlegen ist, nicht demütigen, aber auch dass man mit Niederlagen so umgeht, dass man die respektieren kann, die eben nicht Teil der Niederlage waren, sondern die Mehrheit gebildet haben. Und dieses hat der Gemeinderat bei vielen Debatten, die es hier gab, finde ich in bravouröser und souveräner und der Demokratie würdiger Art und Weise geleistet und gemacht. Das wollte ich erwähnen, weil das auch eine Leistung ist, die man darstellen muss, wenn man einen Gemeinderat verabschiedet. Und das will ich ja heute tun.

Es gab nicht immer eine breite Mehrheit, aber es gab oft eine breite Mehrheit - bei der Energieentscheidung, beim Haushalt. Und manchmal gab es ganz knappe Mehrheiten, aber das ist auch richtig so. Es wurde manchmal nach Farben entschieden. Aber nicht immer. Ich habe erlebt in der Zeit, seit ich da bin, dass sehr viele Gemeinderäte zuerst schauen, wie könnte der Inhalt richtig sein, und vielleicht dann noch schauen, passt das irgendwie in die Farbenlehre, an der sie gerade hängen.

Aber in der Summe kann man schon sagen, das ist auch eine Aussage, die ich an die Öffentlichkeit machen möchte: Es geht sehr nach Inhalten zu. Und das ist ein Positivum dieses Gemeinderats.

Es hören heute 23 Stadträtinnen und Stadträte auf. Und ich möchte mich bei allen im Namen der Stadt, im Namen ihrer Bürgerinnen und Bürger und auch ganz persönlich herzlich bedanken. 10 Gemeinderatsmitglieder scheiden aus, die fünf Jahre da waren. Nachher werde ich Erinnerungsmedaillen, Wein, Urkunden und Seidenschals überreichen. Es sind Herr Endreß, Frau Mezger, Frau Hanle, Herr Conz, Frau Kotelmann, Frau Lomba - die heute leider krankheitsbedingt nicht da sein kann -, Frau Schilling, Herr Dr. Stübel, Herr Svejda und Frau Walker. Vier Gemeinderatsmitglieder scheiden aus, die 10 Jahre da sind, nämlich Frau Bergerhoff, Frau Dr. Blind, Herr Can und Herr Gulde. Und dann gibt es viele, die heute ausscheiden, die schon viel länger da sind. Ich beginne nach Jahren mit Frau Küstler, die 11 Jahre da ist. Manche von denen, die lange da sind, sind auch mit Unterbrechungen da. Herr Dr. Schlierer 13 Jahre, Herr Reißig 15 Jahre, Frau Wüst auch 15 Jahre. Und dann haben wir einige Kolleginnen und Kollegen, die 20 Jahre und länger im Rat waren. Ich beginne mit Herrn Fahrion, der den UTA mit seinen bausachverständigen Äußerungen sehr bereichert hat, der 20 Jahre da ist und heute ausscheidet. Ich darf Frau Vetter nennen, die auch 20 Jahre im Gemeinderat ist, aber noch vorher 13 Jahre im Bezirksbeirat in Plieningen war, mit ganz vielen Themen beschäftigt war. Ich erinnere an die Messe jetzt, an den Flughafen, Stuttgart 21 und viele andere Themen, Haushaltspolitik. Auch Sie werden jetzt in den verdienten politischen Ruhestand gehen. Allerdings glaube ich, dass diejenigen, die ausscheiden, irgendwie immer noch politisches Engagement in sich tragen. Und sie sind natürlich als Alt-Stadträtin oder Alt-Stadtrat immer in diesem Haus willkommen und auch in der Öffentlichkeit.

Herr Dr. Kienzle scheidet nach 25 Jahren Gemeinderat heute aus. Auch er hat wie die Vorgenannten viel erreicht, er ist sehr angesehen. Man sieht, dass man mit einer intellektuellen, ruhigen Art und dem zähen Bohren von Themen sehr, sehr weit kommen kann. Ich mache keine Wertungen, das gilt für die Vorgenannten auch, aber bei Herrn Dr. Kienzle eben in besonderer Weise.

Dann Herr Kanzleiter, 27 Jahre in der Summe im Gemeinderat. Ich habe in einer Zitatensammlung von Herrn Rommel einen Spruch gefunden nach dem Muster "der Herr Kanzleiter würde das Parlament mit der ÖTV verwechseln". Seine Arbeit hier in diesem Haus hat die ÖTV jedenfalls überlebt. Und ich habe ihn so erlebt, dass er bei ganz vielen Themen, angefangen bei der Haushaltspolitik, auch bei der Energieentscheidung sehr intensiv mitgewirkt hat. Und, Herr Kanzleiter, ich wünsche Ihnen auch einen sehr angenehmen und guten politischen Ruhestand. Ich will das nochmals sagen: Wer sich 27 Jahre ehrenamtlich in seiner Freizeit für diese Stadt engagiert zu ganz vielen Themen, der hat wirklich die Achtung aller Bürgerinnen und Bürger und auch von mir als Oberbürgermeister verdient. Vielen Dank, Herr Kanzleiter, auch für Sie.





Und dann ist Herr Kauderer insgesamt 30 Jahre im Amt und noch immer guter Dinge. Sie haben mir gesagt, es war bei aller Anstrengung auch eine Bereicherung für Ihr Leben, 30 Jahre unter verschiedenen Themen - beim Wasen angefangen und vielen anderen - die Interessen der Stadt zu vertreten und ungeheuer viel mitzukriegen, was in unserem Gemeinwesen stattfindet. Herr Kauderer, ich hoffe, dass wir uns weiterhin oft sehen, und möchte mich ebenfalls ganz herzlich für Ihre Arbeit bedanken. Sie haben sich verdient gemacht um die Stadt Stuttgart und um den Wasen und um Bad Cannstatt und um die Kübler-Ratssitzung, bei der ich weiterhin gelobe zu erscheinen. Herr Kauderer, alles Gute im Ruhestand, machen Sie es gut. Und nochmals vielen Dank.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren, mit den Gemeinderatsmitgliedern, die ich jetzt gleich verabschieden werde und die ich gerade erwähnt habe, verlassen uns in der Summe 260 Jahre kommunalpolitische Erfahrung. Und davor haben die, die weiter drinbleiben, und die, die nachher neu dazukommen, große Achtung. Wir danken Ihnen für das Engagement, vielen herzlichen Dank."

Anschließend überreicht OB Kuhn den ausscheidenden Stadträtinnen und Stadträten <mit Ausnahme von StRin Lomba, die krankheitsbedingt an der Sitzung nicht teilnehmen kann> die Erinnerungsmedaillen in Bronze, Silber und Gold, den Stadträtinnen einen Seidenschal und den Stadträten Wein aus dem städtischen Weingut. Ein besonderes Geschenk erhalten die Stadträtinnen und Stadträte mit langer Zugehörigkeit.

Die Erinnerungsmedaille erhalten

in Bronze:
Mitglied im Gemeinderat von 2012 - 2014 (2 Jahre) Mitglied im Gemeinderat von 2012 - 2014 (2 Jahre) Mitglied im Gemeinderat von 2009 - 2014 (5 Jahre) Mitglied im Gemeinderat von 2009 - 2014 (5 Jahre) Mitglied im Gemeinderat von 2009 - 2014 (5 Jahre) Mitglied im Gemeinderat von 2009 - 2014 (5 Jahre) Mitglied im Gemeinderat von 2009 - 2014 (5 Jahre) Mitglied im Gemeinderat von 2009 - 2014 (5 Jahre) Mitglied im Gemeinderat von 2009 - 2014 (5 Jahre)


in Silber:
Mitglied im Gemeinderat von 2004 - 2014 (10 Jahre) Mitglied im Gemeinderat von 2004 - 2014 (10 Jahre) Mitglied im Gemeinderat von 2004 - 2014 (10 Jahre) Mitglied im Gemeinderat von 2004 - 2014 (10 Jahre)


in Gold:
Mitglied im Gemeinderat von 2003 - 2014 (11 Jahre) Mitglied im Gemeinderat von 1989 - 1992, 2004 - 2014 (13 Jahre) Mitglied im Gemeinderat von 1999 - 2014 (15 Jahre) Mitglied im Gemeinderat von 1999 - 2014 (15 Jahre) Mitglied im Gemeinderat von 1994 - 2014 (20 Jahre) Mitglied im Gemeinderat von 1994 - 2014 (20 Jahre) Mitglied im Gemeinderat von 1984 - 1989, 1994 - 2014 (25 Jahre) Mitglied im Gemeinderat von 1984 - 1991, 1994 - 2014 (27 Jahre) Mitglied im Gemeinderat von 1984 - 2014 (30 Jahre)

Als Vertreter der ausscheidenden Gemeinderatsmitglieder sprechen die Stadträtinnen und Stadträte Dr. Kienzle, Vetter, Kanzleiter, Kauderer, Conz, Küstler und Dr. Schlierer.


StR Dr. Kienzle (90/GRÜNE):

"Was ist es, liebe Kolleginnen und Kollegen, lieber Herr Oberbürgermeister, meine Damen und Herren, das unser Rathaus bei Jung und Alt so populär macht? Es ist unser Paternoster. Der Paternoster rumpelt seit Jahrzehnten während der Dienstzeiten immer zuverlässig vor sich hin und bewegt die kommunale Demokratie. Hunderte von Stadträten und Beamten hat er schon nach oben gebracht. Und diejenigen, die den Ausstieg verschlafen, die bringt er nach kurzer Durchfahrt durch einen dunklen Zenit schnell wieder nach unten auf den Boden. Der Paternoster ist ein faszinierendes Zwischending zwischen Hamsterrad und Geisterbahn, ein Sinnbild kommunalpolitischer Anstrengungen und Karrieren in Stuttgart.


Fünf Mitglieder der Grünen-Fraktion, für die ich heute, leider zum letzten Mal, zuerst sprechen darf, haben für sich entschieden, aus diesem Kreislauf auszusteigen. Thekla Walker als grüne Landesvorsitzende und Niombo Lomba, die heute leider nicht da ist, werden auf anderen Baustellen politisch verstärkt weiterarbeiten. Tabea Schilling und Peter Svejda - er wird der jüngste Alt-Stadtrat aller Zeiten sein - werden sich beruflich, kulturell und sozial stärker engagieren. Und mich selbst beschlich nach einem Vierteljahrhundert des Auf- und Abfahrens in den hölzernen Aufzugkabinen die schreckliche Vorstellung, vielleicht irgendwann einmal den Absprung nicht mehr zu schaffen und auf ewige Zeiten durchs Rathaus kreisen zu müssen - zusammen mit Euch.

In so feierlichen Situationen wie der jetzigen greift man gerne zum Dichter, beispielsweise zu Hermann Hesses Gedicht 'Stufen': 'Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.' Hesse will uns damit sagen, dass aller Anfang sexy ist. Und genau das ist heute ja eigentlich das Hauptthema. Denn die alten Neuen und die jungen Neuen, denen gratuliere ich und wünsche ihnen viel Begeisterung, Kraft, Ideen und Illusionen. Ohne Illusionen schafft man die langen Sitzungen und die vielen Querelen sicher nicht und hält sie nicht durch. Lernen Sie von den alten Hasen, lassen Sie sich von ihnen aber nie die Ohren langziehen, denn Sie sind frei gewählte Vertreter der Stuttgarter Bürgerschaft. Das verpflichtet einerseits zur Demut, andererseits aber zu Selbstbewusstsein gegenüber Verwaltungen, Interessengruppen und Parteien. Hesses Anfangszauber hat noch einen zweiten Teil, der wird nicht so gerne zitiert, der geht so: 'Es muss das Herz bei jedem Lebensrufe bereit zum Abschied sein und Neubeginne'. Gute Demokraten müssen ihr Mandat beizeiten auch wieder gelassen abgeben können, damit andere und sie selbst etwas Neues beginnen können. Heute gehen ja auch 260 Jahre kommunale Erfahrung, wie der Oberbürgermeister ausgerechnet hat. Aber nach dem Abschied von Amt und Mandat einfach ins Privatleben abzutauchen, das ist eine gewaltige Verschwendung erworbener Erfahrungen und Kompetenzen. Auch wenn das im Eifer des Rathausalltags gerne vergessen wird, glauben Sie mir, es gibt ein Leben außerhalb des Paternosters. Die Zivilgesellschaft bietet an allen Ecken und Enden Möglichkeiten, sich nützlich zu machen und der Stadt Bestes zu suchen. Und oft entwickelt sich gerade dort und nicht hier bei uns im Rathaus Neues.

Kommunalverwaltung ist ein Gemeinschaftswerk sehr Vieler. Herzlichen Dank all denen, die die Rathausmaschine in den ganzen 25 Jahren nach meiner Beobachtung perfekt am Laufen gehalten haben. Dank den stillen Helden, die die Papierberge von grauen Gemeinderatsdrucksachen erarbeiten, verschicken, vortragen und, meistens wenigstens, auch umsetzen. Dank dem Sitzungsdienst für die Hektoliter von Kaffee und die Sturzbäche von Mineralwasser, die wir getrunken haben, Dank auch den ProtokollantInnen, die meine Wortbeiträge ins Schriftdeutsche übersetzt haben. Nach einem Vierteljahrhundert notorischer Nörgelei an der Verwaltung fühle ich mich berechtigt festzustellen, dass Stuttgart doch eine überdurchschnittlich gute Verwaltung mit Ämtern von höchster Reputation hat und dass Stuttgart über eine ganze Reihe hochbegabter, fähiger Unternehmenstöchter verfügt, von denen ich an erster Stelle und ausdrücklich, weil ich es vielleicht am besten beurteilen kann, die SSB nennen will, die die Mängelrügen, die heute in der Stuttgarter Zeitung aufgeführt waren, gewiss sofort

bearbeiten wird. Der Gemeinderat, das zeigt das Beispiel von der SSB-Kritik, kann dankbar sein, dass ihm immer zuverlässig fachlich versierte Journalisten im Nacken sitzen und alles von oben beobachten. Nichts trägt besser bei zur Qualität, zur Motivation und zur Moral von Stadtratsarbeit. Ohne eine kritisch recherchierende, meinungsstarke und auch unabhängige Presse verkümmert die öffentliche Kontrolle. Ich hoffe, dass uns eine vielfältige Stuttgarter Presselandschaft erhalten bleibt und danke sehr unseren kritischen Begleitern auf der Pressetribüne, die von den gegenwärtigen Strukturproblemen als erste und ganz besonders betroffen sind.

Stuttgart ist liebenswert, widersprüchlich und auch kauzig. Hier wird ja nicht nur geschraubt, gebaut und gehandelt, sondern auch vorausgedacht und nachgedacht, reflektiert und mitempfunden. Dieser multiple Sozialcharakter der Stadt speist sich aus unseren vielfältigen Kultureinrichtungen und Bildungseinrichtungen, den Theatern, den Museen und den Kulturvereinen. Und nach unserem Gottesdienst gerade, muss ich sagen, muss man auch die Kirchen, die sich zu Recht immer mehr in die Stadtpolitik einmischen, mit dazu nehmen. Es sind mentale Kraftzentralen der Stuttgarter Bürgerschaft. Und Respekt, liebe Kolleginnen und Kollegen, quer durch alle Fraktionen, dass Sie bei der Kulturförderung niemals von Bord gegangen sind. Aber es ist nicht die Aufgabe des Stadtrats, stolz und zufrieden nach hinten zu blicken. Er soll in die Zukunft blicken, und da sehe ich durchaus noch Berge von Problemen auf dem Weg zu einer gesunden, inklusiven, mobilitätsgerechten, umweltbewussten, energetisch gut aufgestellten und vorbildlich CO2-armen Stadt.

Lieber Oberbürgermeister Fritz Kuhn, liebe Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir Stadträte, die wir jetzt gleich Altstadträtinnen und Altstadträte sind, verabschieden uns von Ihnen und lassen Sie und Euch mit neuer Besatzung für die nächsten fünf Jahre im Paternoster kreisen, nicht ohne Rundumdank für die Verständigungsbereitschaft, die die Kommunalpolitik so menschlich macht. Die Dialektik von Streit und Versöhnung funktioniert in der Hegel-Stadt Stuttgart glücklicherweise ganz gut. Bei einigen zu großen Großprojekten hat das nicht geklappt, was ich durchaus als tragische Niederlage für den ganzen Rat empfunden habe. Ich persönlich muss mich jetzt noch zum Schluss für einige kraftfahrzeugverachtende Äußerungen und eine gewisse ironische Unernsthaftigkeit in Wort und Schrift entschuldigen. Ich sage verbindlich zu, ab sofort damit aufzuhören, zumindest vor der Vollversammlung des Gemeinderats. Alles Glück also, neuer Gemeinderat, bleiben wir dran, alle zusammen für die Zukunft unserer Stadt zu arbeiten, denn sie braucht es. Vielen Dank."


StRin Vetter (CDU):

"Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, meine Damen und Herren auf der Bürgermeisterbank, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Verwaltung, liebe Angehörige, geneigte Presse, meine Damen und Herren, 33 Jahre Kommunalpolitik, das sind biblisch gesehen eine Generation: 20 Jahre Stadtrat und 13 Jahre Bezirksbeirat. Während meiner Amtszeit habe ich mit drei Oberbürgermeistern zusammenarbeiten dürfen. Drei unterschiedliche Temperamente, drei Welten.


Die erste Zeit mit Herrn Oberbürgermeister Manfred Rommel, ein begnadeter Staatenverbinder, einer, der immer alle mitnahm, einer von uns. Er ging mit den Staatsoberhäuptern gleichermaßen um wie mit den Menschen auf der Straße. Ein kleines Beispiel: Als Herr Rommel anfing, sein erster Winterwahlkampf, da standen wir auf der Straße, es war kalt, eine Traube von Menschen um uns herum, wir froren alle fürchterlich, und ich auch. Da drehte sich der Herr Rommel um, krempelte seine Hosenbeine hoch, zeigte blütenweiße Unterhosen und sagte: 'Frau Vetter, so müssen Sie sich anziehen'. Die Leute klatschten, waren mitgenommen, und ich glaube, es waren etliche von ihnen auch gewonnen, ihn zu wählen. Er hatte die Gabe, Ärgerliches in Humor zu verpacken. Er setzte sich nicht nur für die Menschen in Stuttgart ein, sondern für das ganze Land. Trotz seines Namens oder gerade wegen seines Namens bewies er, wie sich Deutschland nach dem Krieg geändert hatte. Deswegen freue ich mich besonders, dass der Stuttgarter Flughafen jetzt seinen Namen trägt.

Der Nachfolger Dr. Wolfgang Schuster war überschäumend von Ideen, wobei die meisten Anstöße nicht nur Stuttgart betrafen, sondern immer öfter die Region einbezogen wurde. Er war kunstsinnig oder ist kunstsinnig, aber auch pragmatisch. Als er aus dem Gemeinderat einen unqualifizierten Redebeitrag, der von Unwissenheit und Verdrehungen zeugte, hörte er zu und sagte dann ganz unaufgeregt: 'So, jetzt wissen wir das auch', und ging zur Tagesordnung über. Während seiner Amtszeit fing die Umstrukturierung des Klinikums an. Aus fünf Stuttgarter Krankenhäusern wurde ein Klinikum mit zwei Standorten. Die Frage tat sich auf, ob das Klinikum städtisch bleiben würde oder privatisiert werden sollte. Bei der Gemeinderatsklausur in Bad Herrenalb wurde in einer Nachtsitzung in einem sehr kleinen Kreis, bestehend aus Personalrat, Vertretern der Stadt Stuttgart und Stadträten, um diese Form gerungen. Das Endergebnis kennen Sie alle, das ist der bis heute gültige und auch schon verlängerte Vier-Seiten-Vertrag. Die Klinik gehört immer noch zur Stadt.

Nach einem reichlichen Jahr Zusammenarbeit mit Oberbürgermeister Kuhn beeindruckt mich besonders seine Pünktlichkeit. Seine allgegenwärtige Ironie ist treffend, manchmal kaum wahrnehmbar, zwischendurch sogar gutmütig - man muss sie nur verstehen. Herr Oberbürgermeister Kuhn, Sie sind Oberbürgermeister der ganzen Stadt Stuttgart. Da gibt es Intelligente, weniger Begabte und schlichte Gemüter. Und der Gemeinderat soll ja ein Abbild der Stadt sein.

Meine Damen und Herren, ich stehe hier auch im Namen von Frau Mezger und Herrn Endreß, um allen zu danken, die mit uns zu tun hatten. Ich danke allen Kolleginnen und Kollegen für die Zeit und die Hilfen, die Sie uns geschenkt haben. Die Zusammenarbeit war ausgezeichnet. Und sollte ich mal einen von Ihnen beleidigt oder geärgert haben, dann war das unwillentlich. Oder nur mit klitzekleiner Absicht. Ich danke den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und deren Chefs. Auch hier waren die Auskünfte hilfreich und recht zügig. Auskünfte, die nicht so recht zu dem Problem passten, wurden hinterfragt und zu Lösungen Kompromisse gefunden. Und hier kann ich auch nur Rommel zitieren: 'Ein Kompromiss ist nur dann gut, wenn beide Seiten unzufrieden sind'. Besonderer Dank, und ich glaube, das ist von uns allen, gilt der Protokollführung. Sie glauben gar nicht, wie edel und wie treffend ich fragen und antworten kann.

Diese wunderbare Ausdrucksweise in den Protokollen hat mich immer begeistert.

Unser herzlicher Dank gilt auch unseren Mitarbeitern in der Fraktionsgeschäftsstelle. Was hätten wir ohne Ihre Hilfe getan. Wir bedanken uns bei der Presse für die meist korrekte Berichterstattung. Liebe Pressevertreter, die Bewertung eines Handelns oder von Redebeiträgen fanden wir meist im Kommentar auf der Seite der Berichte. Aber ich habe eine Bitte an Sie: Pflegen Sie Ihr höchstes Gut - die Recherche.

Last but not least, mein, unser größter Dank gilt unseren Familien und Kindern. Ohne sie hätten wir diese Arbeit gar nicht leisten können. Kommunalpolitik hat die Spannweite von Großprojekten bis zur Einzelentscheidung einer Betriebsform. Eines dieser hervorragenden Großprojekte ist unter anderen S 21, welches ich von Anfang an begleiten durfte. Es steht mir nicht zu, dem zukünftigen Gemeinderat Ratschläge zu geben. Nur eine Bitte: Ich wünsche allen Stadträten alles Gute, eine glückliche Hand. Ich wünsche Ihnen, dass Sie sich bewusst sind, dass Sie in einer wunderbaren Stadt leben, dass man hier gut leben kann und dass Sie es in der Hand haben, Stuttgart weiterzuentwickeln, dass es so gut bleibt; für uns alle ist die Stadt Heimat. Ein Zitat aus der 'Sonntag aktuell' vom 13. Juli d. J.: 'Der Traum eines Politikers ist ein selbstbestimmter Abschied'. Diesen Traum erfülle ich mir jetzt und mache den Kerkeling: Ich bin also dann weg. Danke."


StR Kanzleiter (SPD):

"Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Kuhn, liebe Kolleginnen und liebe Kollegen des Gemeinderats, meine Damen und Herren, es ist mir eine Ehre, heute diese kurze Rede zum Abschied aus dem Gemeinderat halten zu dürfen. Als derjenige aus der SPD-Fraktion, der seit 1984 und damit am längsten dabei ist, spreche ich gleichzeitig für meine Kolleginnen und Kollegen Dr. Roswitha Blind, unsere Fraktionsvorsitzende, Monika Wüst, Andreas Reißig und Ergun Can. Wir scheiden heute aus dem Gemeinderat aus, weil wir nicht mehr kandidiert bzw. weil die Stuttgarter Bürgerinnen und Bürger es so entschieden haben. Demokratie lebt vom Wandel, vom Wechsel der Personen und von der Neubestimmung der Inhalte. Dies gilt natürlich auch für die Kommunalpolitik in Stuttgart. Gleich geblieben aber ist in den sechs Wahlperioden, in denen ich diesem Gremium angehört habe, die Notwendigkeit, für Ziele, die man erreichen will, zu kämpfen. Von nichts kommt nichts. Politik ist Auseinandersetzung und sie ist Zusammenarbeit, oft gleichzeitig und schnell wechselnd, sie erfordert meist Geduld und Augenmaß, wie Max Weber formulierte. Denn nur selten werden eigene Vorschläge zum politischen Selbstläufer. Das ist eine Tatsache, die gerade am Anfang meist nicht klar genug gesehen wird.

Urteilsvermögen muss man erlernen. Ich gebe es unumwunden zu, auch ich habe lange gebraucht, bis mir klar war, dass meine superguten Argumente nicht auf Anhieb von der Mehrheit aller Kolleginnen und Kollegen des Gemeinderats und auch der Verwaltung geteilt wurden. Oft stand, man mag es beklagen, die politische Grundüberzeugung anderer dagegen. Man braucht Respekt vor anderen, und man braucht Verbündete.


Deshalb danke ich all den Kolleginnen und Kollegen im Gemeinderat in anderen Fraktionen und auch der eigenen, die bereit sowie willens waren, über Partei- und Fraktionsgrenzen hinweg unsere und meine Vorschläge anzuhören und gemeinsame Projekte und Ziele zu suchen und zu verwirklichen.

Am Ende eines langen Gemeinderatslebens gehört es natürlich dazu, Bilanz zu ziehen. Wert wäre es, auf einige große Entscheidungen des Gemeinderats tiefer einzugehen, auf den Kurs der Stadt in der Energiepolitik, auf die Bankenfusion, die Bankenkrise, auf wichtige Projekte des Städtebaus und der Verkehrsinfrastruktur, aber auch auf kleine, wie z. B. die Entstehung des Projektmittelfonds 'Zukunft der Jugend' aus einem Teil der Erlöse des Energieverkaufs, oder die kontroverse Förderung des Arbeitslosenzentrums SALZ sowie vieles mehr. Es gibt wie immer Licht und Schatten, Streit und Enttäuschung und Freude. Die begrenzte Zeit lässt heute eine tiefere Betrachtung nicht zu. Ein wichtiger Posten in dieser Bilanz allerdings gilt dem Gemeinderat selbst. Und ich bin davon überzeugt, dass der Stuttgarter Gemeinderat über viele Jahre hinweg seine Sache insgesamt gut gemacht hat. Meine Damen und Herren, und ich war dabei. Trotz mancher Fehler, die auch dem Gemeinderat und der Verwaltung passiert sind, steht Stuttgart gut da. Mit Stolz können wir z. B. auf eine starke Wirtschaft und ein vielfältiges Kultur-, Bildungs- und Freizeitangebot verweisen. Stuttgart ist eine internationale Stadt ohne Ghettos für arme und ausgegrenzte Menschen. Und Stuttgart ist eine Großstadt mitten in einer einmaligen Landschaft. Dies alles nicht zuletzt gewollt und ermöglicht durch die kommunale Politik in Stuttgart.

Die Qualitäten Stuttgarts zu pflegen und zu entwickeln, bleibt auch weiterhin gemeinsame Aufgabe der Verwaltung und des Gemeinderats. Deshalb ein Wort zum Gemeinderat als dem von den Bürgern gewählten Gremium. Sein Bild in der Öffentlichkeit sollte ihm wichtig sein. Nur hohe Glaubwürdigkeit sorgt für ein gutes Image, das es ihm erlaubt, seine Aufgabe als Souverän wahrzunehmen. Als Hauptorgan der Stadt hat der Gemeinderat nur dann wirklichen Einfluss auf das kommunale Geschehen, wenn gute Inhalte mit klarer Sprache von stabilen Mehrheiten getragen werden. Auch knappe Mehrheiten reichen im Zweifel aus, sofern die beteiligten Partner zu ihrem Wort stehen. Glaubwürdigkeit und Verlässlichkeit waren mir deshalb immer wichtig. Und ich hoffe am Tage meines Ausscheidens aus diesem höchsten demokratischen Gremium unserer Stadt, dass Sie dies in der Zusammenarbeit erfahren konnten.

Um das Ansehen der Politik ist es derzeit nicht immer gut bestellt. Dies gilt auch für die Kommunalpolitik. Die schlechte Wahlbeteiligung sollte uns dazu ermuntern, darüber nachzudenken, welchen Beitrag wir dazu leisten können, diesen Trend umzukehren. Wir sollten permanent fragen, ob die Politik, für die wir stehen, nicht nur richtig, sondern auch immer verständlich ist. Dazu gehört die öffentliche Debatte. Die Unart, immer mehr Themen in nicht öffentlichen Ausschüssen und Unterausschüssen zu behandeln, ist mitunter bequem, sogar sachgerecht, trägt aber nicht gerade zur Transparenz und der notwendigen Vertrauensbildung bei. Mehr Öffentlichkeit und Mut im Ringen um die besten Lösungen - diesen Vorschlag erlaube ich mir, gleichzeitig verbunden mit Selbstkritik, am Tage meines Ausscheidens als Stadtrat zu machen.


Trotz allem, ich wiederhole es, Stuttgart steht gut da. Dies verdankt die Landeshauptstadt auch ihrer hochqualifizierten Verwaltung. Dies reicht von einer weithin anerkannten, manchmal auch eitlen, aber doch geschätzten Verwaltungsspitze, bis hin zu den unverzichtbaren Diensten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, den Leiterinnen und Leitern unserer Ämter und Betriebe und den Betriebs- und Personalräten der Stadt. Ihnen gebührt mein bester Dank für langjährige gute Zusammenarbeit und Vertrauen.

Der Konzern Landeshauptstadt Stuttgart hat über 20.000 Beschäftigte, für die der Gemeinderat Verantwortung trägt und denen gegenüber er Anerkennung schuldig ist. Mir waren die guten Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten und die gleichzeitig hohe Produktivität stets ein wichtiges Anliegen. Eine hohe Wertschätzung wünsche ich deshalb den Kolleginnen und Kollegen dieser Stadt auch in der Zukunft.

Ihnen allen, Herr Oberbürgermeister, meine Damen und Herren Bürgermeister, und Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen, danke ich für viele interessante Jahre. Ich wünsche Ihnen alles Gute, eine glückliche Hand und unserer Landeshauptstadt insgesamt weiter eine erfolgreiche Entwicklung zum Wohl aller Stuttgarterinnen und Stuttgarter. Ich danke Ihnen."


StR Kauderer (FW):

"Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Kuhn, liebe Stadtratskolleginnen und -kollegen, sehr geehrte Damen und Herren, der letzte Arbeitstag dreier Freier Wähler, die aus dem Ehrenamt als Stadtrat ausscheiden, ist gekommen. Nach zehn Jahren Christoph Gulde, nach zwanzig Jahren Joachim Fahrion und nach dreißig Jahren meine Wenigkeit, nachdem ich auch noch vorher im Bezirksbeirat Bad Cannstatt die ersten Sporen verdient hatte.

Während dieser langen Zeit in diesem hohen Gremium habe ich alle vier Oberbürgermeister nach dem Kriege erlebt. Jeder auf seine Art eine große Persönlichkeit. Sie haben auch in einer Landeshauptstadt gar keine andere Chance. Herr Kuhn, Sie haben vorher versprochen, nach wie vor nach Bad Cannstatt zur Fasnet zu kommen, halten Sie sich Bad Cannstatt warm, wir sind immer noch der größte Stadtbezirk und bestehen darauf. Aber als Nächstes ist das Volksfest. Und Sie sind ja in die Kutsche eingeladen, da haben Sie wieder einmal die Chance, sich unter das Volk zu mischen.

Aber auch auf den Bänken der Stadträtinnen und Stadträte konnten wir viele interessante Menschen kennenlernen. Vor allem vor dem Hintergrund, dass immer wieder neue Gruppen in diesen Rat gewählt wurden, die neue Impulse, Ansichten und Visionen brachten. Alle Mitglieder des Gemeinderates geben ihr Bestes, aber man kann es eben nicht allen recht machen. Oftmals kommen die Entscheidungen auch anders bei der Bevölkerung an.




Wir als Freie Wähler haben und hatten ausschließlich Selbstständige in diesem Gremium. Das bedeutet sehr viel Organisation in den Betrieben und eine gute Planung, um die Sitzungstermine einhalten zu können. Daher ist es für viele junge Leute, die einen Betrieb leiten oder in Führungspositionen tätig sind, fast unmöglich, ca. dreißig Stunden in der Woche zu den verschiedensten Zeiten diese zusätzliche ehrenamtliche Tätigkeit auszuüben. Denn es sind ja nicht nur die Sitzungen, sondern auch das immense Pensum der Vorbereitungen hierfür. Und je kleiner die Fraktion ist, umso mehr kommt auf den Einzelnen zu. Trotz allem Aufwand hat es aber immer Freude gemacht, mitzuwirken an der Weiterentwicklung unserer Stadt, von der gesunden Struktur der Arbeitsplätze, der Entwicklung des Krankenhausangebotes, dem Bildungssystem, den Kulturprojekten, den vielen öffentlichen Einrichtungen und dem Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs, bis hin zum Zukunftsprojekt Stuttgart 21.

Wir haben viel erarbeitet und erreicht. Natürlich gab es auch Enttäuschungen, z. B. das Desaster um die Villa Berg, die nun dem Verfall preisgegeben zu sein scheint, die jahrelange Debatte um den Verbleib der Linie 13 in der Badstraße in Bad Cannstatt, bei der es eine Patt-Situation gab und zu deren Abstimmung extra OB Manfred Rommel geholt werden musste. Die Weilimdorfer haben sich leider durchgesetzt. Die Krailenshalde, für die ich mich so verkämpft habe, oder die langwierigen und zähen Verhandlungen der letzten zwei Jahre zum Übergang von Strom, Gas und Wasser von der EnBW auf die Stadtwerke. Aber ich denke, wir haben es gemeinsam geschafft, die Versorgung der Stuttgarter Bevölkerung sicherzustellen.

Auch den Beschluss zum letzten Doppelhaushalt haben wir Freien Wähler bedauert, denn nun gleitet die Stadt in eine neue Verschuldung, die in ein paar Jahren durch schmerzhafte Sparhaushalte wieder zurückgeführt werden muss. Wenige aus diesem Gremium können sich noch an den Sparzwang in den 90er-Jahren erinnern, der uns und Oberbürgermeister Rommel zu drastischen Sparmaßnahmen zwang. Schulden müssen nämlich nicht nur verzinst, sondern auch zurückbezahlt werden.

Die Verwaltung unserer Stadt leistet Großes. Und wir möchten allen, die dafür arbeiten, unsere Anerkennung und unseren Dank aussprechen. Ihnen, Herr Oberbürgermeister, und allen Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern bis hin zum Postboten. Die vielen Gesetze, Paragraphen, Vorschriften und Bestimmungen machen Ihre Arbeit oft nicht einfach. Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen im Gemeinderat, danken wir für die interessanten Begegnungen, konstruktiven Gespräche und die gegenseitige Achtung. Behalten Sie bei allem Ernst ein gewisses Maß an Humor, denn Humor ist die Fähigkeit, im Leben mit Gegenwind zu segeln.

Zusammen mit meinen Fraktionskollegen verabschiede ich mich bei Ihnen allen. Wir wünschen Ihnen weiterhin persönlich alles Gute, eine konstruktive Redekultur und ein gutes Miteinander zum Wohle aller Bürgerinnen und Bürger und zum Wohle unserer schönen Stadt Stuttgart. Lassen Sie mich mit dem Wort von John F. Kennedy schließen: 'Wenn wir uns einig sind, gibt es wenig, was wir nicht tun können. Wenn wir uns uneins sind, gibt es wenig, was wir tun können.' Vielen Dank."


StR Conz (FDP):

"Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren Bürgermeister, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren, in unserer Fraktionsgeschäftsstelle hängt ein Bild eines Düsseldorfer Künstlers. Darauf ist ein Mann zu sehen und ein Schriftzug zu lesen: 'Bevor man anfängt zu begreifen, ist die Amtszeit abgelaufen'. Als Stadtrat hätte man mit dieser Arbeitsauffassung allerdings keine Chance. Wenn man auf die vergangenen Jahre zurückblickt, versteht man, was in diesen fünf Jahren in unserer Stadt mit ihrer Gesellschaft geschehen ist. Und was geschehen wird. Ein beherrschendes Thema war sicher Stuttgart 21 mit den damit verbundenen Protesten, die zu einer Spaltung in unserer Stadtgesellschaft geführt haben. Deshalb freut es mich umso mehr, dass die Spaltung mittlerweile nahezu überwunden ist und sich Befürworter wie auch Gegner für eine konstruktive Begleitung dieses Jahrhundertprojekts einsetzen. Das tut Stuttgart gut.

Eine weitere Herausforderung, die möglicherweise auch verstärkt aus Stuttgart 21 resultiert, ist die Bürgerbeteiligung - vielfach gepriesen, aber manche Entscheidung dazu ist schwer zu begreifen. Schwer zu begreifen deshalb, weil es doch sehr verwundert, wenn ein Anliegen der Bürger, das auf Platz 2 des Bürgerhaushalts gewählt wurde, nicht die notwendige versprochene Aufmerksamkeit erhalten hat. So zwingt sich doch der Gedanke auf, ob die Forderungen des Bürgerhaushalts bei manchen Fraktionen nur dann Gehör finden, wenn sie in die eigene politische Agenda passen. Nun soll das Abstimmungsverfahren geändert werden, sodass keine missliebigen Ergebnisse entstehen können. Meine Damen und Herren, ich habe doch recht, wenn ich sage: Demokratie sieht anders aus.

Meine Damen und Herren, mit mir verabschieden sich meine Fraktionskollegin Carmen Hanle und mein Fraktionskollege Dr. Günter Stübel aus dem Gemeinderat. Beide haben in ihren Bereichen Soziales und Verkehr viel Herzblut und Engagement eingebracht. Zu tun gibt es jetzt noch einiges: Der Ausbau der Kinderbetreuung und der weiteren Bildungsmöglichkeiten für die junge Generation bleibt eine zentrale Aufgabe in den kommenden Jahren. Ebenso die Mammutaufgabe der Lösung der Stuttgarter Verkehrsprobleme wie Dauerstau und Parkplatzmangel. Ich kann es mir nicht verkneifen, ein Lieblingskind unseres Oberbürgermeisters, das Parkraummanagement, erneut als eine Verwaltung eines Mangels zu bezeichnen. Dabei ist die Aufgabe nicht die Verwaltung eines Mangels, sondern dessen Beseitigung. Ich schlage daher eine Förderung von Tiefgaragenstellplätzen in unserer Stadt vor, die über die gesetzlichen Vorschriften hinaus erstellt werden. In Stadtbezirken mit dem qua Parkraummanagement festgestellten Mangel ergibt sich dadurch die Chance, diesen Mangel mittelfristig und mit moderatem Mitteleinsatz zu beseitigen.

Ich schließe meine Rede mit den Worten Hermann Hesses: 'Damit das Mögliche entsteht, muss immer das Unmögliche versucht werden'. Diesen Satz schreibe ich Ihnen im Namen meiner Fraktion ins Stammbuch und bedanke mich auch im Namen von Carmen Hanle und Dr. Günter Stübel für eine interessante Zeit hier im Gemeinderat, wünsche Ihnen für unsere Stadt eine glückliche Hand und verabschiede mich ganz bewusst mit einem Auf Wiedersehen."


StRin Küstler (SÖS und LINKE):

"Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, sehr geehrte und liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Anwesende, ich habe vor 11½ Jahren zum ersten Mal von dieser Stelle aus gesprochen. Nein, stimmt nicht, das war im Geno-Haus, als ich als Nachrückerin in den Gemeinderat kam als Einzelstadträtin. Zum Ärger mancher Kolleginnen und Kollegen und als frischgebackene Einzelstadträtin hatte ich dann sofort die Haushaltsberatungen vor mir - ohne Fraktion, ohne Geschäftsstelle, ohne Vorkenntnisse, außer was man als politisch denkender Mensch weiß, und habe mich hineingestürzt. Nachdem jetzt viele von Ihnen vorher schon die tausend Aufgaben und tausend Themen erwähnt haben und nachdem der Herr Oberbürgermeister uns auch gesagt hat, welche Sekundärtugenden der Stadtrat hat, will ich genau auf dieses noch zu sprechen kommen: Was brauche ich, um als Stadtrat die Lawine von Vorlagen, von Themen usw. zu behandeln? Ich spreche hier auch für Maria-Lina Kotelmann, unsere Stadträtin, die jetzt ausscheidet und die für die Fraktion eine ganz wichtige Bereicherung war und eine Stütze, weil sie immer neugierig war, Fragen gestellt hat, sich nie zufrieden gegeben hat mit platten Antworten, sondern immer gesagt hat: Aber warum und wieso und kann man nicht dieses und jenes? Und diese Fähigkeit und Eigenschaft ist, glaube ich, sehr wichtig, damit man nicht verknöchert und in Routine verfällt. Das möchte ich hier ausdrücklich würdigen und ihr danken.

Als ich damals gesprochen habe vor 11½ Jahren, habe ich Herrn Oberbürgermeister Dr. Schuster etwas überrascht mit der Bitte, ich möchte nicht nur die Hand heben zum Gelöbnis, sondern ich möchte auch drei Wörter sagen. Das waren natürlich etwas mehr als drei Wörter, wie Sie sich sicher vorstellen können, aber ich möchte einen Satz kurz zitieren. Ich habe gesagt: 'Meine Arbeit beginnt in einem politisch höchst angespannten Augenblick, weil wir nicht wissen, ob und wann ein neuer Irak-Krieg beginnt.' Das war die politische Situation, in der das stattgefunden hat. Und ich habe damals eine Resolution gegen den Krieg angeregt, weil ich Kommunalpolitik nicht eng begrenzt darauf sehe, dass überall der Abfall weggeräumt wird oder dass die Bildungspolitik gefördert wird, sondern dass man auch weiß, welche Stellung die Stadt in der Gesamtpolitik hat. Der Vorschlag wurde aufgegriffen durch die Fraktionen. Sie haben einen Antrag gestellt auf eine Resolution gegen den drohenden Krieg. Ich war nicht auf dem Antrag, wie es damals üblich war, aber der Gemeinderat hat das einstimmig mit allen Stimmen beschlossen. Das fand ich eine wichtige und gute Sache.

Was muss ich mitbringen, wenn ich die Aufgaben bewältigen will? Mir war klar bei den tausend Aufgaben, ich kann nicht alles, ich muss Prioritäten setzen, und ich brauche auch bestimmte Fähigkeiten. Das erste war, man braucht Geduld. Viele Forderungen, die ich seit 2003 und Hannes <Rockenbauch> seit 2004 und die Fraktionsgemeinschaft seit 2009 in allen Haushaltsberatungen immer und immer wieder eingebracht haben, sind dann oft doch letztendlich zu einem guten Ende gekommen. Manchmal war das dann auch so, dass Kolleginnen und Kollegen gemeint haben, sie hätten das Thema erfunden und haben es für sich in Anspruch genommen, z. B. den Bürgerhaushalt.


Das ist aber nicht schlimm, denn es kommt darauf an, dass das Thema durchkommt und nicht am Ende, 'wer hat's erfunden?' Ist also insofern völlig in Ordnung.

Das Zweite, was man braucht, ist Kompromissfähigkeit. Das wurde auch von uns gefordert. Bei vielen Themen hätten wir vielleicht mehr gewollt oder auch Besseres gewollt, siehe Förderung bezahlbarer Wohnungen durch das SIM, wo für uns eine konsequente Bodenvorratspolitik notwendig wäre, oder das Sozialticket, wo wir uns eine konsequente Regelung gewünscht hätten, dass die Leute, die die Bonuscard haben, nicht mehr zahlen müssen, als sie im Regelsatz haben. Aber wir haben am Ende jetzt eine Regelung durchgebracht mit dem Halbpreisticket, und wenn wir festhalten, dass jemand, der nur 391 € im Monat zum Leben hat, jetzt 70,50 € oder 40 € aktuell weniger bezahlen muss, so ist es für diese vielen Menschen, 66.000 Berechtigte, eine große Entlastung, eine große Hilfe.

Große soziale Themen stehen für die Stadtpolitik weiter an, z. B. die UN-Behindertenrechtskonvention. Gute Bildung von den Kleinsten bis hin zur Ausbildung. Und hier hoffe ich, dass die neuen Gemeinderatsmitglieder diese Themen aufgreifen, weitermachen und offen sind für Argumente. Eine weitere Forderung an uns Stadträtinnen und Stadträte für unsere Fraktionsgemeinschaft war Streitbarkeit. Wir haben auch Themen verfolgt, die weiterhin strittig sind und unerledigt geblieben sind. Allen voran Stuttgart 21 mit all seinen schrecklichen Nebenwirkungen und Folgen. Gestritten haben wir auch für kommunale Demokratie und Transparenz, und ich glaube, das ist heute genauso notwendig wie früher. Wir haben es auch nötig gehabt und haben es auch getan: Schwimmen gegen den Strom. Beim geplanten Abriss des Hotels Silber war 2009 die Aussage der Verwaltung, 'das Thema ist durch'. Aus anderen Fraktionen hieß es, Zitat: 'Den Tanker kannst Du nicht mehr stoppen', aber das Haus steht noch, die Einrichtung eines Lern- und Gedenkortes ist beschlossen, und dieser Antrag kam von mir und dann auch von Hannes <Rockenbauch> und von der Fraktion und am Schluss von der Mehrheit des Gemeinderates. Ich bin Stadt und Land dankbar, dass es möglich war, diese Mehrheit für dieses Projekt zu finden, denn ich halte es in unserer Stadt für einen ganz zentralen Punkt, Präsenz zu haben in der Stadtmitte. Wenn Sie sich die Geschichte anschauen und sehen, dass es nach wie vor rechtsradikale, rechtsextreme Bestrebungen gibt, dass es nach wie vor Fremdenfeindlichkeit und Hass gibt, finde ich es ganz wichtig, dass wir diese Stätte haben zum Lernen in der Stadt. Ich bin der Stadt im Übrigen auch dankbar, dass sie eine Haltung einnimmt, z. B. jetzt zu sagen, wir wollen Judenfeindlichkeit, Antisemitismus in unserer Stadt nicht dulden, aber wir wollen gleichwohl die Demonstrationsfreiheit und das Recht auf Meinungsäußerung öffentlich in der Stadt sichern; das halte ich für den richtigen Kurs.

Beim Hotel Silber geht es jetzt darum, den Lern- und Gedenkort zu gestalten und eine bisher einzigartige Bürgerbeteiligung durch Zusammenarbeit von Land, Stadt und bürgerschaftlich Engagierten auf die Beine zu stellen, und da hoffe ich weiter auf die Unterstützung des Gemeinderats.





Heute, nach 11 ½ Jahren zeigt sich noch mehr als 2003, dass die globalen Entwicklungen auf die Stadt durchschlagen. Die internationalen Verflechtungen wirken sich in der internationalen Stadtgesellschaft aus, die kriegerischen Konflikte führen immer mehr Flüchtlinge zu uns. Stuttgart und Stuttgarts Oberbürgermeister sind Mitglieder bei den Mayors for Peace (Bürgermeister für den Frieden) und in der Bewegung gegen Atomwaffen. Die Stadt sollte auch jetzt aktuell sich für Frieden einsetzen. Wir können als Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker keine Weltpolitik machen, aber wir können unsere Stimme erheben. Und jetzt schließe ich wie ich 2003 angefangen habe, mit dem Zitat: 'Wir können durch unsere Arbeit in Stuttgart ein Beispiel geben, wie Konflikte zivil gelöst werden und dass wir das Zusammenleben verschiedener Kulturen für alle menschenwürdig und mit Respekt vor jedem Menschen gestalten wollen'. Das müsste meiner Ansicht nach die Aufgabe der Zukunft sein, die weitergeführt wird, denn es ist ja nicht alles Neuland für uns. Was ich jetzt abstrakt gesagt habe bedeutet konkret, der Stadt geht es nur gut, wenn es allen gut geht und möglichst alle zu Wort kommen. Die Gemeinschaft, dafür steht der Gemeinderat, hat die Verantwortung für die, die sich nicht selbst durchsetzen können. Wir sollten aber auch Strukturen entwickeln, in denen die Leute selbst für sich sprechen und entscheiden können. Bei der partizipativen Altenhilfe und mit dem Inklusionsbeirat gibt es dafür bereits Ansätze. Für die Langzeitarbeitslosen brauchen wir dafür wieder ein selbstverwaltetes Zentrum.

Ich möchte mich zum Schluss bedanken bei meiner Fraktionsgemeinschaft für die kollegiale Zusammenarbeit, für die offene Diskussion, die positive Streitkultur, die dazu dient, dass man seine eigenen Meinungen überprüfen kann und dass man zu klaren Auffassungen kommt. Ich möchte mich bedanken beim Herrn Oberbürgermeister und bei der Stadtverwaltung, bei den städtischen Beschäftigten ganz besonders und auch den Personalräten, denn ohne sie könnten wir unsere Arbeit nicht gut erledigt haben. Ich bedanke mich auch bei den vielen freien Trägern der Wohlfahrtspflege und bei den Vereinen, die uns mit ihren Wünschen und Forderungen konfrontiert und weitergebracht haben. Den neuen Stadträten wünsche ich sehr viel Glück bei ihrer Arbeit und zwar, dass sie bei dieser Arbeit Freude haben, also glücklich sind, und auch Glück haben, dass sie immer die richtige Entscheidung treffen und gute Arbeit machen. Danke schön."


StR Dr. Schlierer (REP):

"Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Beigeordnete, liebe Kolleginnen und Kollegen aus dem Gemeinderat, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich will heute nur ein kurzes Resümee und keine lange Programmrede halten. Als ich vor 25 Jahren in diesen Gemeinderat gewählt wurde, war die Stimmung im Rat noch anders als heute. Und wenn ich die 13 Jahre unter drei unterschiedlichen Oberbürgermeistern Revue passieren lasse, dann will ich zunächst mal festhalten, dass es in diesen 13 Jahren doch viele interessante und manchmal auch widersprüchliche Erfahrungen gab. Was ich nicht vergessen werde, war eine klare Ansage des damaligen Oberbürgermeisters Manfred Rommel im Jahr 1990, als es um den Umgang innerhalb des Gemeinderates zwischen den verschiedenen Fraktionen ging, mit der er damals sehr klar festgestellt hat, dass es in diesem Rat weder Nazis noch sonstige Extremisten gab.

Wenn ich das so Revue passieren lasse, will ich nicht verschweigen, dass nicht alle Erfahrungen, die man im Laufe der Jahre macht, unbedingt vergnügungssteuerpflichtig waren, nicht alle Gremienerlebnisse, nicht alle Sitzungen, aber ich habe die Mitarbeit in der Kommunalpolitik stets als eine interessante persönliche Herausforderung gesehen, eine Herausforderung, für sich selbst eine verantwortungsbewusste und fundierte Entscheidungsfindung herbeizuführen im Interesse der Stadt und mit dem Anspruch, den Dingen wirklich auf den Grund zu gehen. Allerdings sehe ich auch, dass es nicht immer gelungen ist, eine solch fundierte Entscheidung für sich herbeizuführen.

Ich will heute auch ein paar selbstkritische Anmerkungen machen. Zunächst halte ich es für eine bemerkenswerte Erfahrung, dass die zunehmende Komplexität vieler Sachverhalte, ich denke an die Vorschriften, die immer mehr werden, an die vielen Sachgrundlagen, die man eigentlich wissen müsste, um alle Zusammenhänge zu verstehen, es immer schwerer macht, wirklich fundierte Abwägungen zu treffen. Weiß man denn immer, ob man tatsächlich alle wichtigen Gesichtspunkte in seine eigene Entscheidungsfindung eingestellt hat? Die Fülle der Drucksachen, die wir im Rahmen unserer Arbeit eigentlich bis aufs letzte Jota hin gelesen und geprüft haben müssten, macht es schwer, immer den Durchblick zu behalten. Natürlich kann man in einer Fraktion Arbeitsteilung praktizieren, aber wir müssen uns selbst die Frage stellen: Ist das wirklich noch möglich, alles so zur Kenntnis zu nehmen, wie es erwartet wird? Und wird es nicht trotz mancher neuer Kommunikationsmittel, die uns die Recherche erleichtern, die uns manche Erkenntnisgewinnung leichter machen, in der ehrenamtlichen Tätigkeit immer schwieriger, die notwendige Sachkunde in der Auseinandersetzung mit der Verwaltung zu erwerben? Natürlich sind wir dieses janusköpfige Kommunalparlament, das sich immer zum einen als satzungsgebendes Gremium versteht, sozusagen als Kommunalparlament, und auf der anderen Seite doch auch immer Bestandteil der Verwaltung sein soll. In dieser Auseinandersetzung mit der Verwaltung muss man aber, um auf Augenhöhe debattieren und dann entscheiden zu können, eigentlich auch immer die gleiche Sachkunde haben.

Und lassen Sie mich noch eine Frage anschließen. Inwieweit ist man in der Kommunalpolitik eigentlich im Laufe der Zeit Treibender und inwieweit Getriebener? Könnte es nicht sein, dass die Vorstellung der großen kommunalen Spielräume in Wirklichkeit unter dem Diktat der finanziellen und auch der rechtlichen Zwänge immer mehr zu einer Illusion wird? Ich glaube, dass das Fragen sind, denen sich jeder, der hier in dieses Gremium gewählt wird, irgendwann stellen muss.

Ich will aber noch eine abschließende Bemerkung machen: Demokratie braucht den Diskurs der widerstrebenden und widerstreitenden Positionen und Meinungen. Das sind wir nicht zuletzt Georg Wilhelm Friedrich Hegel schuldig, dem wir die grundlegende Einsicht verdanken, dass die Synthese stets die Antithese zur Ausgangsthese voraussetzt. Ich verbinde mit dieser Feststellung die Hoffnung, dass auch die Neuen im Gemeinderat dafür sorgen werden, dass in diesem Rat das gesamte Spektrum einschließlich auch mancher konservativer Positionen repräsentiert bleibt. Schließlich hat ja unser Wappentier bekanntlich selbst auf Fußballhemden nicht nur einen linken, sondern auch einen rechten Flügel.


Und in diesem Sinne, meine sehr verehrten Damen und Herren, wünsche ich dem neuen Gemeinderat eine glückliche Hand, gute Entscheidungen, und dies alles zum Wohle unserer Stadt. In diesem Sinne verabschiede ich mich. Auf Wiedersehen."

OB Kuhn schließt sodann den Tagesordnungspunkt ab.

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