Protokoll:
Gemeinderat
der Landeshauptstadt Stuttgart
Niederschrift Nr.
TOP:
301
13
Verhandlung
Drucksache:
836/2021
GZ:
SWU
Sitzungstermin:
02.12.2021
Sitzungsart:
öffentlich
Vorsitz:
OB Dr. Nopper
Berichterstattung:
Protokollführung:
Frau Faßnacht
pö
Betreff:
Neufassung der Vormerk- und Belegungsrichtlinien
Vorgang: Ausschuss für Wirtschaft und Wohnen vom 08.10.2021, öffentlich, Nr. 157
Ergebnis: einmütige Zustimmung
Gemeinderat vom 14.10.2021, öffentlich, Nr. 252
Ergebnis: Zurückstellung
Beratungsunterlage ist die Vorlage des Referats Städtebau, Wohnen und Umwelt vom 17.09.2021, GRDrs 836/2021, mit folgendem
Beschlussantrag:
Die Neufassung der Vormerk- und Belegungsrichtlinien (Anlage 1) wird mit folgenden Änderungen beschlossen:
1. Ziffer 3.3 der Vormerk- und Belegungsrichtlinien wird gestrichen.
2. Die Ziffern 3.4, 3.5 und 3.6 werden zu den Ziffern 3.3, 3.4 und 3.5.
StR
Pantisano
(FrAKTION) verweist auf den Antrag Nr. 1306/2021 vom 21.10.2021 und bittet darum, über diesen Antrag abstimmen zu lassen. Über dessen Inhalt habe man bereits in verschiedenen Ausschüssen diskutiert mit dem Ergebnis, im Gemeinderat darüber abzustimmen. Auf Nachfrage des Vorsitzenden erläutert er den Antrag, wo nach dem Punktesystem der Vormerk- und Belegungsrichtlinien bei der Vergabe von Wohnungen an Menschen aus der Vormerkdatei der Punkt Deutschkenntnisse gestrichen werden soll. BM
Pätzold
präzisiert, zu streichen wäre demnach in Anlage 2 der Vorlage die Ziffer IV e.
StRin
Porsch
(CDU) erklärt, ihre Fraktion könne sich dem Antrag nicht anschließen, denn es genüge bereits, wenn einfache Deutschkenntnisse nachgewiesen werden können. Man sei der Meinung, es sei sowohl wünschenswert als auch zumutbar, dass diejenigen Bewerber, die sich zumindest um Deutschkenntnisse bemühen, den Zuschlag für eine Wohnung bekommen.
StRin
Sklenářová
(90/GRÜNE) unterstützt dagegen den Antrag und erinnert an die Debatte darüber im Internationalen Ausschuss, wo ähnlich argumentiert worden sei wie von ihrer Vorrednerin. Der Knackpunkt sei jedoch, dass von denjenigen Menschen, die auf der Vormerkliste stehen, viele nicht deutsche Muttersprachler*innen sind und somit automatisch diskriminiert werden, weil Muttersprachler*innen diese 5 Punkte grundsätzlich bekommen, die anderen jedoch nicht.
OB
Dr. Nopper
wendet ein, es gehe nicht um eine Diskriminierung, sondern darum, den Integrationswillen zu honorieren, wozu auch deutsche Sprachkenntnisse gehören.
StR
Conzelmann
(SPD) erinnert daran, dass die Diskussion um die Neufassung der Vormerk- und Belegungsrichtlinien dadurch Fahrt aufgenommen habe, weil an anderer Stelle ein diskriminierender Passus gestrichen werden sollte. Diese Änderung sei jetzt eingefügt in die Vorlage. Zusätzlich habe die FrAKTION dann auf den Passus hingewiesen, um den es in ihrem Antrag geht, und der aus seiner Sicht auch eine Diskriminierung darstellt. Deswegen werde man dem Antrag zustimmen. Mit Sicherheit habe es auf dem Wohnungsmarkt jemand schwerer, der der deutschen Sprache nicht mächtig ist. Insofern halte man es für kontraproduktiv, in dem Punktesystem eine weitere Benachteiligung für diese Leute vorzusehen. Unter anderem gehe es aber auch um die Dringlichkeit bei der Wohnungssuche, sodass man demjenigen, der dringend eine Wohnung sucht, nicht sagen könne: "Mach doch bitte vorher einen Deutschkurs."
StRin
Yüksel
(FDP) teilt mit, es gebe innerhalb ihrer Fraktion unterschiedliche Auffassungen hierzu. Dies werde sich auch in der Abstimmung widerspiegeln. Bei der Diskussion im Internationalen Ausschuss habe die Verwaltung klargemacht, dass hier einfachste Deutschkenntnisse ausreichen und es folglich keinen Nachweis über die Teilnahme an einem Deutschkurs braucht. Das Problem sei jedoch, dass dies aus der Richtlinie nicht hervorgeht. Sie habe daraufhin angeregt, dies in irgendeiner Form in die Vorlage hineinzubringen. Grundsätzlich sehe sie persönlich keine Diskriminierung darin, wenn einfachste Deutschkenntnisse verlangt werden, denn es sei jedem zumutbar, diese zu erlernen. Die Stadträtin fragt, ob ihre Anregung in die Richtlinie inzwischen eingeflossen sei. Sollte klargestellt sein, dass einfachste Deutschkenntnisse ausreichen, falle die Entscheidung innerhalb ihrer Fraktion anders aus, als wenn erweiterte Deutschkenntnisse verlangt werden.
BM
Dr. Nopper
hält es für möglich, diese Frage bis zur nächsten Sitzung zu klären und die Beschlussfassung der Vorlage so lange zu vertagen. StR
Pantisano
wünscht keine Vertagung, sondern bittet darum, über den Antrag abzustimmen. Er erläutert nochmals die Gründe, weshalb man den Passus streichen sollte. BM
Pätzold
erklärt, die Vorlage sei aus seiner Sicht unverändert. BMin
Dr. Sußmann
ergänzt, Herr Pazerat habe im Internationalen Ausschuss versichert, dass wirklich niedrigschwelligste, einfachste Deutschkenntnisse ausreichend sind - also einfach eine Verständigung in deutscher Sprache. Sie stimmt StRin Yüksel zu, wonach es unklar geblieben sei, wie hier nachjustiert wird. Aber auch sie habe es so verstanden, dass nachjustiert wird.
StRin
Fischer
(90/GRÜNE) berichtet aus ihrer Erfahrung von einer Begleitung von Geflüchteten zum Ordnungsamt: "Man muss dort seinen Antrag abgeben und die Fragen, die der Sachbearbeiter oder die Sachbearbeiterin an die Person richtet, beantworten können." Ihre Fraktion wolle den Passus aber nicht deswegen streichen lassen, sondern weil alle Deutschsprachigen von Geburt an die 5 Punkte sowieso bekommen. Dies sei das Missverhältnis, weil die anderen dies extra nachweisen müssen.
StR
Dr. Mayer
(AfD) hebt hervor, ein Vorteil sei, dass Stuttgart überhaupt ein solches Punktesystem hat, denn damit könne man auf einer besseren, quasi objektiveren Basis die Plätze vergeben. Weil es nicht Wohnungen für alle gibt, gebe es überhaupt dieses Punktesystem. Man könne sich deshalb überlegen, ob die Punkte nur zum Ausgleich von Nachteilen vergeben werden sollen, oder ob man nicht auch für positive Eigenschaften Punkte vergeben möchte - hier z. B. die Deutschkenntnisse. Im Internationalen Ausschuss sei erklärt worden, dass eine Positivpunkt-Vergabe wahrscheinlich aus politischen Gründen nicht durchsetzbar wäre. Dies sei jedoch noch lange kein Grund, diesen einzigen positiven Aspekt wegfallen zu lassen. Aus seiner Sicht hat die Stadt ein Recht darauf, auch eine Positivauswahl treffen zu dürfen, für diejenigen, denen eine Wohnung zugewiesen werden soll.
StRin
Schumann
(PULS) teilt die Argumentation der Antragsteller. Die Aussage, schon rudimentäre Deutschkenntnisse reichten aus, bezeugen ja gerade, dass es eigentlich völlig irrelevant ist, diesen Punkt abzufragen. Sie bittet darum, zur Abstimmung überzugehen.
StRin
Yüksel
erklärt, entgegen ihrer Eingangserklärung werde ihre gesamte Fraktion nach dem Gehörten dem Antrag zustimmen.
StR
Pantisano
verliest die Antragsziffer 1 des Antrags Nr. 1306/2021:
"Wir beantragen:
- Die "Vormerk- und Belegungsrichtlinien für die Vormerkung von Wohnungssuchenden" (GRDrs 836/2021) dürfen Menschen mit Migrationsgeschichte nicht diskriminieren. In der Anlage 2 zum Punktesystem für die Dringlichkeitsdatei wird der Zuschlagspunkt "e - Deutschkenntnisse" ersatzlos gestrichen."
BM
Pätzold
weist außerdem auf folgende redaktionelle Änderungen hin:
"Die Neufassung der Vormerk- und Belegungsrichtlinien wird mit den dort ersichtlichen Änderungen beschlossen.
Insbesondere sind in der Anlage zur Beschlussvorlage bei den Vormerk- und Belegungsrichtlinien unter Ziffer 2.3 und in der Anlage 1 zu den Vormerk- und Belegungsrichtlinien falsche Verweise erfolgt. Richtig ist jeweils der Verweis auf Ziffer 3.3 und nicht Ziffer 3.4. Weiterhin wurde die Nummerierung nach den städtischen Richtlinien geändert - auch hinsichtlich Barrierefreiheit.
Inhaltlich haben die Änderungen keine Auswirkungen, sondern dienen nur der Richtigstellung der Richtlinien."
OB
Dr. Nopper
lässt zunächst abstimmen über den
Antrag Nr. 1306/2021
und stellt dazu mehrheitliche
Beschlussfassung
bei 19 Gegenstimmen und 1 Enthaltung fest.
Anschließend stellt er die
GRDrs 836/2021 einschließlich der o.g. Änderung und den vorgetragenen redaktionellen Änderungen
zur Abstimmung.
Er stellt fest:
Der Gemeinderat
beschließt
bei 3 Nein-Stimmen und 3 Enthaltungen mehrheitlich
wie beantragt.
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