Landeshauptstadt Stuttgart
Referat Städtebau und Umwelt
Gz: StU
GRDrs 372/2014
Stuttgart,
05/16/2014



Satzung über die Veränderungssperre Flurstück 4274/3/Hauptstätter Straße 59 (M 49) im Stadtbezirk Stuttgart-Mitte
gemäß §§ 14 (1) und 16 (1) BauGB




Beschlußvorlage
Vorlage an
    zur
SitzungsartSitzungstermin
Ausschuss für Umwelt und Technik
Gemeinderat
Vorberatung
Beschlussfassung
nicht öffentlich
öffentlich
01.07.2014
03.07.2014



Beschlußantrag:

Auf Grund der §§ 14 Abs. 1 und 16 Abs. 1 BauGB wird die Satzung über die Veränderungssperre für das Flurstück 4274/3/Hauptstätter Straße 59 im Stadtbezirk Stuttgart-Mitte (M 49) beschlossen.

Der Satzungstext ist aus Anlage 1 ersichtlich. Maßgeblich für die Abgrenzung des Geltungsbereichs ist der Lageplan des Amts für Stadtplanung und Stadterneuerung vom 1. April 2014.


Begründung:


Der Ausschuss für Umwelt und Technik hat am 4. Dezember 2012 die Aufstellung des Bebauungsplans „Vergnügungsstätten und andere Einrichtungen im Stadtbezirk Stuttgart-Mitte“ (Stgt 265.5) beschlossen. Mit diesem Bebauungsplan sollen zur Umsetzung der Vergnügungsstättenkonzeption verbindliche Festsetzungen zur Zulässigkeit von Vergnügungsstätten, Bordellen, bordellartigen Betrieben und Wettbüros für den gesamten Stadtbezirk Stuttgart-Mitte getroffen werden. Entsprechend dem Ergebnis der Konzeption ist vorgesehen, Vergnügungsstätten des Spiel-, Erotik- und Sexgewerbes sowie Wettbüros in allen Baugebieten auszuschließen und zur Bedarfsdeckung lediglich in A-, B- und C-Zentren gemäß des 2008 fortgeschriebenen Einzelhandels- und Zentren­konzepts Zulässigkeitsbereiche für Vergnügungsstätten zu definieren.

Diese Zentren wurden im Einzelhandels- und Zentrenkonzept 2008 für jeden Stadtteil gesondert abgegrenzt und klassifiziert.



Die zentralen Versorgungsbereiche der A-, B- und C-Zentren zeichnen sich durch eine hohe funktionale Dichte und ein stabiles Bodenpreisgefüge aus. Sie haben somit die vergleichsweise besten Voraussetzungen, ohne wesentliche negative städtebauliche Auswirkungen die Ansiedlung einer begrenzten Anzahl von Vergnügungsstätten und Wettbüros zu ermöglichen.

In den übrigen Teilen des Stadtbezirks Mitte, einschließlich der D- und E-Zentren, sind Vergnügungsstätten des Spiel-, Erotik- und Sexgewerbes und Wettbüros städtebaulich nicht verträglich und sollen daher ausgeschlossen werden. Auf die allgemeinen Ziele und Zwecke des Bebauungsplanentwurfs „Vergnügungsstätten und andere Einrichtungen im Stadtbezirk Stuttgart-Mitte“ (Stgt 265.5) wird verwiesen (siehe Anlage 3).

Bordelle und bordellartige Betriebe werden nach der Rechtsprechung nicht als Vergnügungsstätten, sondern als Gewerbebetriebe eingestuft. Gleiches gilt je nach Ausgestaltung auch für Wettbüros. Da diese Betriebe - wie Vergnügungsstätten - städtebaulich schädliche Auswirkungen haben können, sollen auch für diese Betriebe Regelungen getroffen werden. Für Wettbüros, die als Gewerbebetriebe einzustufen sind, sollen die entsprechenden Regelungen wie bei Vergnügungsstätten gelten. Für Bordelle und bordellartige Betriebe wird im weiteren Verfahren geprüft, ob diese Nutzungen im „Leonhardsviertel“ und im Zulässigkeitsbereich ausnahmsweise zugelassen werden können. In den übrigen Bereichen sollen Bordelle und bordellartige Betriebe ausgeschlossen werden.

Seit 21. März 2013 bzw. vollständig und bearbeitbar seit 22. April 2013 liegt ein Bauantrag zum Einbau einer Gaststätte und eines Wettbüros als Vergnügungsstätte auf dem Flurstück 4274/3/Hauptstätter Straße 59 in Stuttgart-Mitte vor (Lageplan zum Bauantrag siehe Anlage 4).

Entsprechend der vom UTA am 27. März 2012 beschlossenen gesamtstädtischen Vergnügungsstättenkonzeption befindet sich dieser Standort außerhalb der im Einzelhandelskonzept von 2008 abgegrenzten A-, B- und C-Zentren und damit außerhalb des Zulässigkeitsbereichs für Vergnügungsstätten und Wettbüros. Ein Einbau eines Wettbüros widerspricht somit der beabsichtigten städtebaulichen Entwicklung des Gebiets.

Mit Entscheidung vom 12. August 2013 wurde daher der oben genannte Bauantrag für einen Zeitraum von 12 Monaten bis zum 22. Juli 2014 gemäß § 15 BauGB zurückgestellt. Gegen die Zurückstellung wurde vom Antragsteller kein Widerspruch eingelegt.

Da das Bebauungsplanverfahren bis zum Ablauf der Zurückstellung des vollständigen und bearbeitbaren Bauantrags vom 22. April 2013 voraussichtlich nicht zur Rechtsverbindlichkeit gebracht werden kann, ist zur Sicherung der Planungsziele des sich in Aufstellung befindlichen Bebauungsplans „Vergnügungsstätten und andere Einrichtungen im Stadtbezirk Stuttgart-Mitte (Stgt 265.5)“ eine Veränderungssperre notwendig.


Das Bebauungsplanverfahren wird fortgeführt; als nächster Verfahrensschritt ist der Auslegungsbeschluss zu fassen.

Geltendes Planungsrecht

Im Bereich des betroffenen Grundstücks gilt die Baustaffel 2 der Ortsbausatzung von 1935. Darüber hinaus gelten unter anderem die Satzungen „Vergnügungseinrichtungen und andere im Inneren Stadtgebiet“ (1985/18), in Kraft getreten am 12. Dezember 1985 und „Vergnügungseinrichtungen und andere im Inneren Stadtgebiet-Citybereich“ (2003/22), in Kraft getreten am 30. Oktober 2003. Danach befindet sich der Standort Hauptstätter Straße 59 im Gebietstyp IV Sicherung der Flächen für Arbeitsstätten. In diesem Bereich sind Spielhallen ausnahmsweise zulässig, wenn die Eigenart der näheren Umgebung erhalten bleibt.


Finanzielle Auswirkungen

Keine


Beteiligte Stellen

Keine

Vorliegende Anträge/Anfragen

Keine

Erledigte Anträge/Anfragen

Keine



Matthias Hahn
Bürgermeister


Anlagen

1. Satzung über eine Veränderungssperre
2. Lageplan zur Satzung über eine Veränderungssperre vom 1. April 2014
3. Bebauungsplan "Vergnügungsstätten und andere Einrichtungen im Stadtbezirk Stuttgart-Mitte (Stgt 265.5) - Ziele und Zwecke der Planung (Auszug aus dem Aufstellungsbeschluss GRDrs 906/2012 vom 25.10.2012/05.12.2012)
4. Lageplan zum Bauantrag Einbau einer Gaststätte und eines Wettbüros, Flst.Nr. 4274/3




Satzung über die Veränderungssperre Flurstück 4274/3/Hauptstätter Straße 59
(M 49) im Stadtbezirk Stuttgart-Mitte gemäß §§ 14 (1) und 16 (1) BauGB


§ 1

Für das in § 2 bezeichnete Gebiet (räumlicher Geltungsbereich) besteht eine Veränderungssperre.

§ 2

Der räumliche Geltungsbereich der Veränderungssperre umfasst das Flurstück 4274/3/Hauptstätter Straße 59 im Stadtbezirk Stuttgart-Mitte. Der Geltungsbereich dieser Satzung ist im Lageplan des Amts für Stadtplanung und Stadterneuerung vom 1. April 2014 dargestellt.

§ 3

Im räumlichen Geltungsbereich der Veränderungssperre (§ 2) dürfen

§ 4

Vorhaben, die vor dem Inkrafttreten der Veränderungssperre baurechtlich genehmigt worden sind, Vorhaben, von denen die Gemeinde nach Maßgabe des Bauordnungsrechts Kenntnis erlangt hat und mit deren Ausführung vor Inkrafttreten der Veränderungssperre hätte begonnen werden dürfen sowie Unterhaltungsarbeiten und die Fortführung einer bisher ausgeübten Nutzung werden von der Veränderungssperre nicht berührt (§ 14 (3) BauGB).

§ 5

Diese Satzung tritt am Tage nach ihrer Bekanntmachung in Kraft. Die Geltungsdauer richtet sich nach § 17 BauGB.




Anlage 3

Allgemeine Ziele und Zwecke der Planung


1. Lage des Planungsgebiets und bestehende Nutzungen

Der Stadtbezirk Stuttgart-Mitte umfasst im Wesentlichen in der Tallage die City der Landeshauptstadt Stuttgart mit zentralen Einrichtungen für Handel, Dienstleistungen, Gewerbe, Verkehr, Bildung und Kultur. Im eigentlichen Zentrum um den Schlossplatz als auch in den zentralen Randlagen ist er sowohl durch eine Bandbreite unterschiedlichster (Geschäfts-) Lagen und Quartiere als auch durch zahlreiche kulturhistorische Ensembles, Anlagen und Plätze sowie durch herausragende Kultureinrichtungen gekennzeichnet.

Die an die City angrenzenden bebauten Bereiche sind insbesondere durch eine gemischte Nutzung für Büro-, Geschäfts- und Wohngebäude geprägt. Der Stadtbezirk Stuttgart-Mitte ist umgrenzt von den Innenstadtbezirken Stuttgart-Nord, -Ost, -Süd und -West.

Für Flächen im Plangebiet, in denen heute die Zulässigkeit von Vorhaben gemäß § 34 BauGB beurteilt wird, werden erforderlichenfalls in gesonderten Bebauungsplanverfahren Baugebiete gemäß der Baunutzungsverordnung mit einhergehenden Ausschlüssen von Vergnügungsstätten, Bordellen, bordellartigen Betrieben und Wettbüros festgesetzt.

Flächen, für die gemäß § 9 (6) BauGB Festsetzungen nach anderen gesetzlichen Vorschriften getroffen wurden, werden vom Geltungsbereich ebenfalls erfasst. Die mit diesem Bebauungsplan zu treffenden Festsetzungen gelten nicht für Flächen, für die die Planungshoheit bei anderen Behörden liegt (z. B. bahnrechtlich gewidmete Flächen). Die Kennzeichnung dieser Flächen erfolgt gemäß § 9 (6) BauGB.


2. Geltendes Planungsrecht

Im Plangebiet gelten Bebauungspläne alten Rechts (Württ.BO) in Verbindung mit dem Baustaffelplan der Ortsbausatzung Stuttgart von 1935 sowie Bebauungspläne neuen Rechts gemäß BBauG, BauGB und BauNVO. Für Teile des Plangebiets liegt kein Bebauungsplan vor (Mittlerer Schlossgarten). Die Zulässigkeit von Vorhaben beurteilt sich hier nach §§ 34 und 35 BauGB.

Darüber hinaus gilt die Satzung „Vergnügungseinrichtungen und andere im Inneren Stadtgebiet Stgt 884“ (1985/18), die teilweise durch den Bebauungsplan „Vergnügungseinrichtungen und andere im Inneren Stadtgebiet Citybereich Stgt 148“ (2003/22) geändert wurde. Die Satzung ordnet die unterschiedlichen Kategorien von Vergnügungseinrichtungen räumlich zu. Diese räumliche Zuordnung basiert auf dem Gebietstypenplan aus dem Jahre 1979.



Die bestehenden Nutzungen sind durch die Ausweisung von Gebietstypen, in Anlehnung an den Gebietstypenplan von 1979, im Lageplan der Satzung für die Vergnügungsstätten von 1985 charakterisiert. Folgende unterschiedliche Nutzungstypen (I-IV) und Planungsziele wurden damit für die Gebiete formuliert:

I Erhaltung der Wohnnutzung
II Sicherung und Aufwertung der Wohnnutzung
III Sicherung und Verbesserung der gemischten Nutzung
IV Sicherung der Fläche für Arbeitsstätten.


Nach den Satzungen von 1985/18 und 2003/22 sind Vergnügungseinrichtungen der Kategorie A mit kulturellem, künstlerischem oder sportlichem Angebot sowohl im Citybereich als auch in den Gebieten IV (Sicherung der Flächen für Arbeitsstätten) zulässig. Des Weiteren sind sie in Gebieten II (Sicherung und Aufwertung von Wohnnutzung), III (Sicherung und Verbesserung der gemischten Nutzung) und in Gebieten ohne Gebietstypenfestlegung ausnahmsweise zulässig, wenn die Eigenart der näheren Umgebung erhalten bleibt.

Dabei ist anzumerken, dass nach derzeit geltender Rechtsprechung Vergnügungseinrichtungen der Kategorie A planungsrechtlich nicht als Vergnügungsstätten, sondern als Gewerbebetriebe aller Art bzw. als Anlagen für sportliche oder kulturelle Zwecke eingestuft werden.

Vergnügungseinrichtungen der Kategorie B, insbesondere Tanzlokale, Diskotheken, Spielhallen sowie Schank- und Speisewirtschaften mit mehr als 5 Spielgeräten mit Gewinnmöglichkeiten, sind im Citybereich mit Ausnahme des Erdgeschosses grundsätzlich zulässig. In Gebietstyp III (Sicherung und Verbesserung der gemischten Nutzung), Gebietstyp IV (Sicherung der Flächen für Arbeitsstätten) und in Gebieten ohne Gebietstypenfestlegung sind sie nur ausnahmsweise zulässig, wenn die Eigenart der näheren Umgebung erhalten bleibt.

Vergnügungseinrichtungen der Kategorie C, wie Animierlokale, Nachtbars, Lokale mit Striptease- oder Filmvorführung, Bordelle und bordellartige Betriebe, sind nur im Citybereich zulässig außerhalb der an Fußgängerbereiche, Passagen und Haltestellenzugänge angrenzenden Bereiche. Sie dürfen nicht mehr als 30 % der vorhandenen Geschossflächen der Gebäude einnehmen. Sie sind auch in den oben ausgenommenen Teilen des Citybereichs ausnahmsweise zulässig, wenn sie sich außerhalb des Erd- und des 1. Obergeschosses befinden.

Ausnahmsweise können Einrichtungen der Kategorie C auch in dem besonders bezeichneten Gebiet im „Leonhardsviertel“ dann zugelassen werden, wenn damit eine entsprechende Aufgabe oder Reduzierung einer Einrichtung an ihrem bisherigen Standort im „Leonhardsviertel“ (umgrenzt von Wilhelmsplatz, Katharinenstraße, Pfarrstraße, Hauptstätter Straße) verbunden ist.

Wettbüros, die für Besucher Spiel- und Unterhaltungsgeräte bereitstellen und damit als Vergnügungsstätte einzustufen sind, sind nicht explizit in den Satzungen aus 1985/18 und 2003/22 aufgeführt. Sie sind daher als gewerbliche Nutzung in den Gebieten der Baustaffeln 1, 2 und 3 der Ortsbausatzung von 1935 sowie in Misch- und Kerngebieten zulässig, sofern nicht der einzelne Bebauungsplan eine abweichende Regelung zu Vergnügungsstätten enthält.


In Besonderen Wohngebieten gemäß § 4a BauNVO können Vergnügungsstätten ausnahmsweise zugelassen werden, soweit sie nicht wegen ihrer Zweckbestimmung oder ihres Umfangs nur in Kerngebieten allgemein zulässig sind.

Der aktuelle Flächennutzungsplan Stuttgart (FNP) stellt im Wesentlichen für die Tallage überwiegend gemischte Bauflächen – City mit oberzentralen Funktionen oder Gemischte Baufläche Verwaltung, Flächen für Gemeinbedarf, Wohnbauflächen und Grünflächen/ Parkanlagen – dar. Die Übergänge zu den Hanglagen sind teilweise als Wohnbauflächen und die Hanglagen als Wohnbauflächen in Kombination mit Grünflächen und vereinzelten Flächen für Gemeinbedarf dargestellt.

Im Planungsgebiet gelten Erhaltungssatzungen nach § 172 BauGB mit 15 städtebaulichen Gesamtanlagen (M1 bis M15).

Im Plangebiet liegen die Sanierungsgebiete Stuttgart 9 - Leonhardsviertel, Stuttgart 26–Hospitalviertel und Stuttgart 27–Innenstadt.

Am 02.10.2007 hat der Ausschuss für Umwelt und Technik den Rahmenplan Halbhöhenlagen als Leitlinie für die Entwicklung der Halbhöhenlagen beschlossen, der sich über Teile des Planungsgebiets erstreckt.

Seit 2008 liegt das Einzelhandels- und Zentrenkonzept Stuttgart mit einer Zentren­hierarchie und Typisierung vor. In diesem werden Zentrentypen ausgewiesen. Im Plangebiet für den Stadtbezirk Stuttgart-Mitte ist für den Citybereich ein A-Zentrum ausgewiesen sowie mehrere D- und ein E-Zentren außerhalb des Citybereichs.


3. Festsetzungen

Der Bebauungsplan soll ausschließlich Festsetzungen zur Art der baulichen Nutzung hinsichtlich Vergnügungsstätten und anderer gewerblicher Nutzungen (z. B. Wettbüros, Bordelle und bordellartige Betriebe sowie Imbissstände) treffen. Die Festsetzungen der bisher zu diesen Nutzungen geltenden Satzungen 1985/18 und 2003/22 treten mit Inkrafttreten dieses Bebauungsplanes in seinem Geltungsbereich außer Kraft. Die übrigen Festsetzungen der bestehenden rechtsverbindlichen Bebauungspläne sowie der Ortsbausatzung Stuttgart (OBS) sollen weiterhin gelten.


4. Erfordernis der Planaufstellung

Die Anzahl von Bauanträgen für Spielhallen im Stadtgebiet ist in den letzten Jahren überdurchschnittlich angewachsen. Es ist zu befürchten, dass dies in den Gebieten, in denen bereits heute eine Häufung solcher Einrichtungen zu beobachten ist, zu einer sich fortsetzenden Abwertungstendenz der städtebaulichen Situation (sog. Trading-Down-Effekt) führt. Vor diesem Hintergrund hatte der Gemeinderat das Planungsbüro Dr. Donato Acocella Stadt- und Regionalentwicklung damit beauftragt, eine neue gesamtstädtische Vergnügungsstättenkonzeption zu erstellen.

Parallel zu Standort- und Funktionsanalyse, Zielbestimmung und Konzepterarbeitung fand eine intensive Beteiligung von Politik und Verwaltung statt. Die neue Vergnügungsstättenkonzeption wurde als städtebauliches Entwicklungskonzept gemäß § 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB am 27.03.2012 vom Ausschuss für Umwelt und Technik beschlossen (GRDrs 670/2011).

Die bisher geltenden Bebauungspläne „Vergnügungseinrichtungen und andere im Inneren Stadtgebiet“ Stgt 884 (1985/18) sowie „Vergnügungseinrichtungen und andere im Inneren Stadtgebiet - Citybereich“ Stgt 148 (2003/22) haben unterschiedliche Kategorien von Vergnügungseinrichtungen definiert und räumlich zugeordnet. Diese räumliche Zuordnung basierte auf dem Gebietstypenplan aus dem Jahr 1979 (siehe Ziffer 2).

Die in der Vergnügungsstättenkonzeption vorgesehene ausnahmsweise Zulässigkeit von Vergnügungsstätten innerhalb des ausgewiesenen Zulässigkeitsbereichs sowie der vollständige Ausschluss von Vergnügungsstätten außerhalb des Zulässigkeitsbereiches sind mit dem vorhandenen Planungsrecht nicht zu gewährleisten.

Die Aufstellung dieses Bebauungsplans ist erforderlich, um die vom Gemeinderat beschlossene Vergnügungsstättenkonzeption in verbindliches Recht umzusetzen und entsprechende rechtsverbindliche Festsetzungen zur Regelung der Zulässigkeit von Vergnügungsstätten und anderen Einrichtungen, wie Bordelle, bordellartige Betriebe und Wettbüros, für den gesamten Stadtbezirk Stuttgart-Mitte treffen zu können.

Aus dem konkreten Anlass eines seit kurzem vorliegenden Bauantrages im Gebäude Charlottenstraße 21 B zur Einrichtung einer Spielothek in den Räumen eines baurechtlich genehmigten Gastronomiebetriebs wird die unverzügliche Aufstellung des Bebauungsplans notwendig. Das Vorhaben befindet sich in der Erdgeschosszone eines historischen Gebäudes in exponierter Lage Ecke Charlotten-/Gaisburgstraße. Nach den geltenden Satzungen zu Vergnügungseinrichtungen befindet sich dieser Standort im Gebietstyp III.

Hiernach sind Spielhallen ausnahmsweise zulässig, wenn die Eigenart der näheren Umgebung erhalten bleibt. Das heißt, eine Genehmigung des Bauantrags ist unter Umständen nicht rechtssicher zu verhindern. Gemäß der aktuellen Vergnügungsstättenkonzeption befindet sich der Standort jedoch außerhalb des Zulässigkeitsbereichs. Zur Sicherung der Ziele der Konzeption wäre der Bauantrag abzulehnen.


5. Planerische Konzeption

In Stuttgart hat sich gezeigt, dass die bestehenden Vergnügungsstätten, insbesondere in den Innenstadtrandlagen, zu städtebaulich-funktionalen Unverträglichkeiten und Nutzungskonflikten führen. Diese können unter Umständen zu Trading-Down-Prozessen und zu Verzerrungen des Boden- und Mietpreisgefüges führen.

Dies gilt es zu vermeiden, indem Vergnügungsstätten bewusst in die Hauptgeschäftslagen der größeren A-, B- und C- Zentren integriert werden, die gegenüber städtebaulich schädlichen Auswirkungen unempfindlicher sind.

Städtebaulich verträgliche Standorte für Vergnügungsstätten, insbesondere Spielhallen und Wettbüros, sind gemäß der neuen Vergnügungsstättenkonzeption im Wesentlichen nur in den größeren A-, B- und C-Zentren festgelegt, die gegenüber städtebaulich schädlichen Auswirkungen unempfindlicher sind. Diese Zentren wurden im Einzelhandels- und Zentrenkonzept 2008 (siehe Anlage 3) für jeden Stadtteil gesondert abgegrenzt und klassifiziert (soweit die Voraussetzungen hierfür gegeben waren). Die zentralen Versorgungsbereiche der A-, B- und C-Zentren zeichnen sich durch eine hohe funktionale Dichte und ein stabiles Bodenpreisgefüge aus. Sie haben somit die vergleichsweise besten Voraussetzungen, ohne wesentliche Nachteile die Ansiedlung einer begrenzten Anzahl von Vergnügungsstätten zu ermöglichen.

Der Zulässigkeitsbereich des Stadtbezirks Stuttgart-Mitte umfasst das Gebiet zwischen Hauptbahnhof und Paulinenstraße sowie zwischen Theodor-Heuss-Straße und Hauptstätter Straße bzw. Schlossgarten (siehe Anlage 4). Der Umfang des Zulässigkeitsbereichs wird jedoch nach Prüfung im weiteren Verfahren evtl. noch etwas modifiziert.

Die Vergnügungsstättenkonzeption sieht für den Stadtbezirk Stuttgart-Mitte vor, dass im Zulässigkeitsbereich, mit Ausnahme des „Leonhardsviertels“ (siehe Anlage 4), Spielhallen und Wettbüros sowie Diskotheken, Tanzlokale und Swinger-Clubs nur ausnahmsweise zulässig sind und Vergnügungsstätten des Sex- und Erotikgewerbes auszuschließen sind. Diese Vorgaben der Vergnügungsstättenkonzeption sollen in dem Bebauungsplan umgesetzt werden, wobei für Vergnügungsstätten des Sex- und Erotikgewerbes im weiteren Verfahren geprüft wird, ob diese im Zulässigkeitsbereich ausnahmsweise zugelassen werden können.

Da sich der Zulässigkeitsbereich aus verschiedenen Teilräumen mit unterschiedlichen städtebaulich funktionalen Strukturen zusammensetzt (z. B. Sophienviertel, Calwer Straße/Theodor-Heuss-Straße usw.), sollen für die unterschiedlichen Teilräume außerdem die in der Konzeption aufgeführten spezifischen Feinsteuerungsinstrumente umgesetzt werden.

Hinsichtlich nutzungsspezifischer Störpotenziale zeigt sich, dass die größten Auswirkungen von Vergnügungsstätten und Wettbüros von der Erdgeschosszone ausgehen, da sie hier funktionale Brüche erzeugen, die es in einer Hauptgeschäftslage zum Schutz des zentralen Versorgungsbereiches zu vermeiden gilt. Zur verbesserten Verträglichkeit sollen Vergnügungsstätten und Wettbüros im Zulässigkeitsbereich daher nur in Ober- und Untergeschossen ausnahmsweise zulässig sein (vertikale Steuerung) und durch eine geschossweise Festsetzung nach § 1 Abs. 7 BauNVO im Bebauungsplan geregelt werden.




Zur horizontalen Steuerung der Zulässigkeit von Vergnügungsstätten ist im Rahmen der Konzeption, abgeleitet aus der vorhandenen städtebaulichen Struktur, eine verträgliche Abstandsregelung für Vergnügungsstätten von rund 105 Metern definiert worden. Es ist im weiteren Verfahren zu prüfen, in welcher Art und Weise das städtebauliche Ziel einer Vermeidung der Verdichtung von Vergnügungsstätten durch eine Umsetzung dieser spezifisch für den Stadtbezirk Stuttgart-Mitte festgelegten bereichsbezogenen Mindestabstände erfolgen kann.

Eine Sonderrolle im Bebauungsplan spielt der Bereich des „Leonhardsviertels“ (blaue Abgrenzung Anlage 4). Dieses Gebiet soll im weiteren Verfahren einer genaueren Betrachtung unterzogen werden. Als Ziel wird ein städtebauliches Gesamtkonzept mit einer Mischung aus Wohnen, Kleingewerbe, Gaststätten und den vorhandenen Vergnügungsstätten des Sex- und Erotikgewerbes angestrebt, bei gleichzeitiger städtebaulicher Aufwertung und Definition von Entwicklungszielen. Zum Schutz des Bodenpreisgefüges und zur Wahrung von Entwicklungs- und Sanierungszielen ist beabsichtigt, Spielhallen und Wettbüros auszuschließen. Diskotheken und Tanzlokale, Vergnügungsstätten des Sex- und Erotikgewerbes sowie Bordelle und bordellartige Betriebe sollen hier ebenfalls nicht zulässig sein.

In allen anderen Teilen der Gemarkung Stadtbezirk Stuttgart-Mitte (außerhalb des Zulässigkeitsbereichs) sind oben genannte Vergnügungsstätten auszuschließen.

Aufgrund der besonderen Publikumsorientierung und Kerngebietstypik von Diskotheken und Tanzlokalen sollen diese auch in den Kerngebieten außerhalb der Zulässigkeitsbereiche angesiedelt werden können. Da keine Auswirkungen auf das Boden- und Mietpreisgefüge erwartet werden, sollen Tanzlokale in den Kerngebieten außerhalb der Zulässigkeitsbereiche allgemein und Diskotheken ausnahmsweise (Einzelfallprüfung) zulässig sein.

Bordelle und bordellartige Betriebe werden nach der Rechtsprechung nicht als Vergnügungsstätten, sondern als Gewerbebetriebe eingestuft. Gleiches gilt je nach Ausgestaltung auch für Wettbüros. Da diese Betriebe - wie Vergnügungsstätten - städtebaulich schädliche Auswirkungen haben können, sollen auch für diese Betriebe Regelungen getroffen werden. Für Wettbüros, die als Gewerbebetriebe einzustufen sind, sollen die entsprechenden Regelungen wie bei Vergnügungsstätten gelten.

Bordelle und bordellartige Betriebe sollen mit Ausnahme des Zulässigkeitsbereichs ebenfalls ausgeschlossen werden. Für diesen ist im weiteren Verfahren die Möglichkeit einer ausnahmsweisen Zulässigkeit zu prüfen.

Trotz der vorgesehenen Beschränkung von Vergnügungsstätten bleibt die städtebaulich wünschenswerte innerstädtische Nutzungsvielfalt erhalten.






Vorhandene, baurechtlich genehmigte Vergnügungsstätten und andere Einrichtungen im Sinne dieses Bebauungsplans sollen einen erweiterten Bestandsschutz gemäß § 1 Abs.10 BauNVO dergestalt erhalten, dass Erneuerungen und Änderungen dieser Betriebe zulässig, Erweiterungen und Nutzungsänderungen hingegen nicht zulässig sind.

Mit diesem Bebauungsplan sollen zur Umsetzung der Vergnügungsstättenkonzeption verbindliche Festsetzungen zur Zulässigkeit von Vergnügungsstätten, Bordellen, bordellartigen Betrieben und Wettbüros für den gesamten Stadtbezirk Stuttgart-Mitte getroffen werden.

Im Übrigen sollen die bisherigen Regelungen zu Imbissständen, in denen Außenverkauf im öffentlichen Straßenraum erfolgt, ebenfalls Gegenstand des neuen Bebauungsplans sein. Diese haben sich bewährt und entsprechen nach wie vor den städtebaulichen Entwicklungszielen.


6. Umweltbelange

Der Bebauungsplan ändert bzw. ergänzt lediglich die Festsetzungen zur Art der baulichen Nutzung im geltenden Planungsrecht in Bezug auf Vergnügungsstätten und ähnliche vergleichbare Einrichtungen sowie Imbissständen. Neue Baumöglichkeiten werden nicht geschaffen. Ein Eingriff in den Naturhaushalt nach dem Naturschutzrecht ist nicht gegeben.

Die Belange des Umweltschutzes werden im weiteren Verfahren ermittelt, bewertet und in die Abwägung eingestellt. Eine Umweltprüfung wird durchgeführt und ein Umweltbericht erstellt.

Stuttgart, 25.10.2012/05.12.2012
Amt für Stadtplanung und Stadterneuerung


gez. Dr.-Ing. Kron
Stadtdirektor


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