Protokoll: Gemeinderat der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
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268/HH
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VerhandlungDrucksache:
GZ:
Sitzungstermin: 19.10.2023
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: OB Dr. Nopper
Berichterstattung:
Protokollführung: Frau Faßnacht as
Betreff: Allgemeine Aussprache über den Doppelhaushaltsplan-Entwurf 2024/2025

Diese Niederschrift ist Teil der Haushaltsplanberatungen.


Beratungsunterlagen sind der Entwurf des Doppelhaushaltsplans 2024/2025 sowie die weiteren dem Gemeinderat zu den Haushaltsplanberatungen vorliegenden Unterlagen (siehe Sitzung des Gemeinderats vom 21.09.2023, Niederschrift Nr. 226/HH).

Zum Entwurf des Haushaltsplans 2024/2025 werden folgende Anträge eingebracht:

Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN Nrn. 1.000 - 1.231 und 3.006

CDU-Fraktion Nrn. 2.000 - 2163

SPD-Fraktion Nrn. 3.000 - 3.217 und 1.023

Fraktionsgemeinschaft Die FrAKTION
LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei Nrn. 4.000 - 4.373

Fraktionsgemeinschaft PULS Nrn. 5.000 - 5.115

FDP-Fraktion Nrn. 6.000 - 6.004

Fraktion FW Nrn. 7.000 - 7.092

AfD-Fraktion Nrn. 8.000 - 8.070

StRin Yüksel (Einzelstadträtin) Nrn. 9.000 - 9.069

Die Anträge stehen elektronisch zur Verfügung. Sie sind dem Protokoll daher nicht beigefügt.

Die Reden werden von Dolmetscherinnen in die Gebärdensprache übersetzt und im Livestream ins Internet übertragen.


OB Dr. Nopper eröffnet die Sitzung und informiert, dass im Ältestenrat eine Redezeit von jeweils 12 Minuten vereinbart wurde, auf deren Einhaltung man achten werde. Er ruft die Rednerinnen bzw. Redner der Fraktionen nacheinander auf. Sie sprechen vom Rednerpult aus. Die Vertreterin der Fraktionsgemeinschaft PULS begleitet ihren Beitrag mit einer Präsentation. Alle Reden sind nachfolgend im leicht überarbeiteten Wortlaut wiedergegeben.

StR Peterhoff (90/GRÜNE):
"Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Dr. Nopper, liebe Bürgermeister*innen, liebe Kolleg*innen, liebe Zuschauer*innen, das sind besondere Haushaltsberatungen heute. Für mich persönlich, das erste Mal in dieser Rolle, aber ich denke auch für uns alle, weil, irgendwie sind die Haushaltsberatungen schon ein bisschen ungewöhnlich, auch, was den Vorschlag angeht. Die letzten zwei Haushalte waren Rekorde. Ich kann mich noch an das vorletzte Mal erinnern, das danach betitelt wurde: 'So viele Stellen wie noch nie'. Damals waren es 828 nach uns. Und das letzte Mal war es ein Budget von Investitionen von 1,2 Mrd. EUR und 900 Stellen. Und jetzt sind wir eine Haushaltsberatung später. Wir haben nach wie vor eine gute Finanzlage. Aber die Abhängigkeit von der Gewerbesteuer nimmt zu. Wir hören die warnenden Worte von unserem Kämmerer. Und wir haben nichtsdestotrotz ein hohes Volumen im Vorschlag. Und deswegen ist auch nachvollziehbar, dass man versucht, es maßvoll zu machen.

Aber was nicht nachvollziehbar ist, ist, dass der Haushaltsvorschlag in vielen Punkten den Weg der letzten Jahre verlässt. Ausnahme sind die Unternehmen und die Grundsatzbeschlüsse, die wir haben bei den Stadtwerken, bei der SSB, aber auch bei der SWSG. Aber neben Positivem fehlt es eben bei Grundaufgaben. Ja, wir haben Geld für Brücken, aber wir haben eben nicht die Mittel für Straßen, Bäume und Brunnen. Wir haben Geld für Fahrzeuge bei der Feuerwehr, aber nicht für den Bevölkerungsschutz und die Grundaufgaben. Wir haben Geld für einzelne Sportgebäude, aber nicht für die breite Förderung. Wir haben Mittel für den Rosenstein, aber mit 8 Mio. EUR nicht ansatzweise genug. Wir haben Mittel für Soziales, aber eben nur halb so viel. Und wir haben Mittel für Bauprojekte, aber nicht alle Projekte, die in Bau gehen könnten in den nächsten zwei Jahren, sind auch finanziert. Und es fehlt vor allem an Zukunftsaufgaben. Wir haben den Klimaschutz, wir hatten die Riesen-Unterschriftsaktion letztes Jahr mit großer Feier. Und da sind jetzt eben 30 Mio. EUR ein "Kleckerlesbetrag". Das ist eigentlich ein Witz. Alleine schon die Mittel, die wir für eine Sanierung eingestellt haben das letzte Mal, waren 50 Mio. EUR per annum, und die übertrifft es da schon bei Weitem. Wir haben das Thema Verkehrswende. Ja, wir haben die Sanierungshilfe für die SSB und Ortsbusse. Aber die Themen Rad- und Fußverkehr, die fehlen einfach komplett und auch die Zukunftsthemen B14 und Lebenswerte Stadt. Und hier muss investiert werden, und hier muss es auch schneller gehen. Und da protestiert auch "Aufbruch" zu Recht, da müssen wir jetzt schneller vorankommen.

Und wir haben den Abbau des Investitionsstaus. Wir waren seit 2009 ja alle zusammen gut unterwegs. Wir haben Schulen, Gebäude, Infrastruktur saniert und das Hochbauamt kontinuierlich 'hochgebaut', damit die Umsetzung hier schneller vorangehen kann. Und wir dürfen jetzt eben keine Vollbremsung machen und alles zurückfahren, was wir in den letzten Jahren hier aufgebaut haben. Und wir haben ein zukunftsfähiges Stuttgart, aber wir haben eben Hunderte unbesetzte Stellen. Und wir verlieren in den nächsten Jahren die Generation der Boomer, also die von den geburtenreichen Jahrgängen. Und wir haben gleichzeitig einen Fachkräftemangel. Da können wir jetzt - oder da müssen wir jetzt - hingehen, aufbauen und eben ein attraktiverer Arbeitgeber werden.

Unser Fazit ist: Das ist ein Haushalt ohne Plan. Es fehlt an Grundaufgaben. Zukunftsaufgaben werden aus unserer Sicht zu stark verschlafen oder nicht angepackt. Wir haben den Investitionsstau, der nicht genug abgebaut wird. Und wir haben die Funktionsfähigkeit der Verwaltung, die nicht ausreichend angegangen wird. Und hinzukommt, dass wir hier jetzt auch keine Grundlinie sehen. Wir hatten in den letzten Haushalten immer irgendeine Linie, irgendeine Message, also ich habe Sie auf jeden Fall nicht erkannt. Und das muss aus unserer Sicht anders gehen. Ja, wir dürfen nicht im Übermaß investieren, da gibt es einige, die das tun wollen. Aber es braucht schon einen Plan für die Zukunft. Und ich möchte es jetzt an ein paar Themen festmachen:

Wir haben die Energiewende. Und wir nehmen das Ziel Klimaneutralität 2035 sehr ernst. Wir hatten gestern ein großes Interview vom Alt-Oberbürgermeister Fritz Kuhn, der ja damals 'Weltklima in Not' noch aufgesetzt hat, der gesagt hat, wer Ziele hochschraubt, der muss auch Mittel hinterlegen. Da hat er recht. Das müssen wir jetzt auch eben tun. Und da sind 30 Mio. EUR, verglichen an den 11 Mrd. EUR, die investiert werden sollen, die McKinsey ja vorgerechnet hat, das sind 800 Mio. im Jahr, die muss nicht komplett die Stadt machen, aber wir müssen ja diejenigen anstoßen, die investieren sollen, und da müssen wir die Förderungen und die Pakete, die es da gibt, auch anpacken. Das ist die PV-Offensive, das ist das Energiespar- und das Heizungsprogramm, das sind alleine 59 Mio. EUR. Und wir müssen auch sehen, wie wir Wärmenetzanschlüsse usw. voranbringen. Und wir müssen da was draufpacken. Wir müssen die Bürger*innen mehr ansprechen, mehr mitnehmen. Und wir wollen da ein Programm anpacken, dass wir Solar-Scouts, die es ja von der 'Graswurzel' jetzt schon gibt, Ehrenamtliche, die Leute unterstützen, dass sie PV aufs Dach machen, die wollen wir koordinieren und vorantreiben, damit wir hier weiterkommen.

Und wir haben das Thema Klimaschutz. Klimaanpassung mag jetzt irgendwie nicht so das sexy Thema für viele sein. Wir haben da die Themen Baumprogramm, Hecken, Hitzeschutz, Bio-Essen. Das mag jetzt vielleicht irgendwie alles so klingen nach grünen Klientel-Themen. Aber das sind alles Themen, damit kann man richtig CO2 einsparen, und die müssen wir auch bitte weitermachen. Wir haben das Thema Grün in der Stadt, da wird alleine schon an den Grundausgaben gekürzt in Höhe von 9 Mio. EUR. Das wollen wir weitermachen. Und wir wollen mehr investieren für zusätzliches Grün in der Stadt. Wir wollen Geld in die Hand nehmen für Wasser, für Hochwasserschutz, für Versickerungen, für Brunnen, für Trinkquellen, für all das. Und wir wollen ein großes Schwammstadt-Projekt angehen am Bismarckplatz für rund 1 Mio. EUR. Liebe CDU, ich glaube, am Bismarckplatz, da würde ein bisschen Abkühlung auch in der Debatte ganz guttun. Wir haben das Thema Hitzeschutz. Wir sind jetzt schon eine der heißesten Großstädte. Da wollen wir Mittel in die Hand nehmen, damit wir Kleinmaßnahmen machen können und die Leute auch vor einer heißer werdenden Stadt schützen können. Und es gibt dieses Thema Klimarelevanz in Vorlagen. Das mag jetzt irgendwie nach "nicht so wichtig" klingen, aber wir brauchen doch als Rat eine gute Entscheidungsgrundlage, und deswegen ist das für uns eine der Grundlagen, die wir auch angehen müssen.

Und wir müssen die Zukunft im Blick haben. Und da blicke ich auf die Generation von morgen. Und gerade für die Jugend fehlen hier zentrale Aufgaben im Haushalt. Wir haben die Schul-Sozialarbeit, wir haben das Thema Digitalisierung von Schulen. Hier fehlen Millionen. Wir haben das Thema Ganztag, wir haben das Thema Schulbauten, wo einige hier fehlen. Wir haben das Thema Kitas, und da müssen wir vor allem an das Thema Fachkräfte ran, da müssen wir die Ausbildung auch angehen, da müssen wir die Personalgewinnung angehen. Und wir müssen auch den Zuschuss für die Träger aufstocken, weil das ist natürlich die Basis für die Grundversorgung, die wir hier in dieser Stadt brauchen. Und wir müssen die Jugend mitnehmen. Da geht es um die Stärkung der Schulsozialarbeit, da geht es über den Übergang von Schule zu Beruf. Und wir müssen Themen wie Jugendhäuser, -farmen, Spielplätze, all das müssen wir angehen, und all das ist viel zu wenig berücksichtigt im Haushalt.

Und wir haben das Thema Sozialer Zusammenhalt. Da geht es uns um das Thema Zusammenleben in den Quartieren. Das wollen wir stärken. Wir haben die Stadtteilhäuser, die Begegnungsstätten, auch hier müssen wir deutlich draufsatteln. Wir müssen Raum für Begegnung schaffen, für den Austausch untereinander. Und wir müssen soziale Quartiersentwicklung anpacken, so wie z. B. auf dem Fasanenhof es ja schon gemacht wird. Und wir wollen die inklusive und altersgerechte Stadt im Rahmen der Strategischen Sozialplanung auch voranbringen. Und wir haben das Thema Integration nicht nur gerade in der Debatte, da müssen wir auch Vieles jetzt bei den Mitteln machen. Wir müssen bei dem Thema Betreuung und Unterstützung auch Mittel geben. Und da geht eben 50 % nicht. Und da geht es auch nicht, dass jetzt Deutschkurse, also die Grundlage für Integration, hier rausgestrichen werden im Vorschlag. Da müssen wir jetzt Geld für aufnehmen. Und da geht es dann auch weiter bei den Deutschkursen, beispielsweise die städtischen Deutschkurse, bei denen es auch Kinderbetreuung gibt. Wir schließen ja einen kompletten Teil der zu Integrierenden auch aus, wenn wir solche Programme nicht weitermachen.

Dann das Thema Vielfalt umsetzen. Und da habe ich mir bei der roten Liste gedacht, also Chancengleichheit, da ist irgendwie so ein blinder Fleck. Also ich zähle jetzt einfach nur ein paar Sachen auf, die wir beantragen, die auch gemacht werden müssen: 100 % Mensch, Frauen helfen Frauen, Frauenberatungszentren, Ordnungspartnerschaft gegen häusliche Gewalt - das sind alles Themen, die fehlen komplett. Und diese müssen wir natürlich in dieser Stadt für eine Chancengleichheit auch weiter angehen.

Wir haben das Thema Kultur: Kultur müssen wir auch zukunftsfähig machen und neue Initiativen dauerhaft etablieren. Und nein, die Kultur ist nicht die Spielwiese vom Gemeinderat, sondern die Kultur muss eben auch in der Grundförderung eigentlich schon im Vorschlag drin sein. Und wir ergänzen, aber wir wollen natürlich die Initiativen und die Projekte, die da sind, auch weitermachen. Corona hat an vielen Stellen auch Schwierigkeiten hinterlassen. Und deswegen wollen wir z. B. für Stadtteilfeste auch Mittel geben, damit wir diese stabilisieren können, aber auch größere Projekte angehen, wie das Haus für Film und Medien und das Haus der Kulturen, wo wir ja jetzt auch an der Fläche dran sind.

Wir haben die Stadt von morgen und die Zukunftsprojekte müssen wir auch angehen. Wir haben die B14, wir haben die lebenswerte Stadt, die zu wenig berücksichtigt sind. Wir haben das Thema Stadt am Fluss. Dies müssen wir jetzt auch bemerkbar machen. Wir haben da das Projekt der Eisenbahnbrücke, welches wir ab dem Jahr 2025 auch angehen wollen als einen Park über dem Neckar. Dieses Projekt wollen wir machen. Wir haben - einige mögen sie für tot halten - aber die IBA findet schon statt. Da ist einfach nichts drinnen, Herr Aufsichtsratsvorsitzender! Das verstehe ich auch nicht. Es gibt aber Projekte! Wir haben in Münster die Baugenossenschaft. Da können wir doch drum herum die Straße schöner machen. Wir haben das Projekt Vernetzung Untertürkheim. Wir haben Weißenhof. Wir haben in Vaihingen die Idee des Circuleums. Das müssen wir doch einfach machen, dort eine Aufenthaltsfläche machen, und dann kriegen wir auch 2027 immerhin was hin.

Wir haben das Thema Rosenstein. Habe ich schon gesagt, 8 Mio. EUR reichen bei weitem nicht aus. Wir sollten auch das angehen, bei diesem Großprojekt, was insgesamt wahrscheinlich eine Milliarde EUR kosten wird, das man jetzt auch angehen muss. Wir haben eigene Projekte! Wir wollen, dass die Stadt das Statistische Landesamt erwirbt und dann eben auch in den nächsten Jahren dazwischen nutzt. Da haben wir ein großes Potenzial. Wir wollen auch ein Budget für Zwischennutzungen bei Gebäuden, die die Stadt gekauft hat. Da haben wir nämlich viele. Da haben wir noch einiges vor. Ich schaue zum Kaufhof rüber. Da brauchen wir doch überall auch Zwischennutzungen und Belebungen, solange bis wir den Plan haben und da wollen wir auch Mittel bereitstellen. Wir müssen bauen was geht. Ich nenne einfach nur zwei Beispiele. Wir haben den Campus in Feuerbach. Da gibt es ein Energiekonzept. Das sind wir eigentlich schon mitten im Prozess, aber Mittel bereitgestellt sind nicht. Wir haben die Feuerwehr. Wir haben den Bereich - ich schaue in Richtung Freie Wähler - Q16 bis Q17. Der Bereich, wo die Feuerwehr jetzt bauen muss, weil sonst kann im NeckarPark kein Wohnraum gebaut werden. Dann müssen wir dieses Projekt aber auch angehen. Dann müssen wir die Investitionsmittel hier bereitstellen.

Jetzt komme ich zum Thema nachhaltig mobil - fehlt nämlich im Haushalt. Immerhin ein Drittel der versiegelten Fläche ist irgendwie Verkehrsfläche! Wir müssen hier darüber nachdenken, wie wir diese Flächen in der Stadt weiterentwickeln. Wir können nicht nur den ÖPNV betrachten, den Radverkehr und den Fußverkehr. Beim Radverkehr und beim Fußverkehr müssen wir die Mittel auch bereitstellen, so wie es in den Zielbeschlüssen ist. Wir haben das Ziel 40 EUR. Jetzt braucht es Personal, jetzt braucht es Mittel! Wir wollen aber auch auf die Bürger*innen hören - Thema Bürger*innenrat Klima. Da müssen wir die Projekte umsetzen. Da gibt es die Idee von uns, zwei Superblocks zu machen und wir sagen konkret, wo. Da gibt es auch konkrete Ideen vor Ort. Dann braucht man auch niemanden beschäftigen. Jetzt habe ich die zukunftsfähige Stadt gar nicht gesagt. Das Thema Stuttgart-Zulage wurde ja draußen schon genannt. Das ist ein wichtiges. Die Personalentwicklung müssen wir vollmachen. Die Digitalisierung auch nicht nur mit 13 %, sondern bitte schneller anpacken. Dann wird die Linie klar in diesem Haushalt. Wir gehen in die Zukunft bei den Schulen, bei den Kitas, bei der Stadtentwicklung. Wir setzen auf die Zielbeschlüsse nachhaltig mobil, Fahrradstadt, Klimaneutralität. Wir hören auf die Bürger*innen und setzen die Mittel für den Bürger*innenrat Klima um. Wir machen Stuttgart zukunftsfest. Das ist unser Plan für Stuttgart. Lasst uns gemeinsam hier Stuttgart gut aufstellen für die Zukunft. Danke!"


StR Kotz (CDU):
"Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren hier im Saal, aber vor allem auch an der Internetübertragung! Es geht wieder los nach zwei Jahren. Der Doppelhaushalt steht an und Kollege Peterhoff hat es ja auch schon angesprochen: Ja, wir starten Haushaltplanberatungen in einer angespannten Zeit, gerade was auch die Finanzsituation und die Wirtschaftssituation angeht. In unserer Stadt vielleicht sogar ein bisschen mehr wie in anderen Städten Deutschlands oder auf der Welt. Weil wir natürlich in den letzten Jahrzehnten, in den letzten Jahren sehr stark von der Gewerbesteuer profitiert haben. Von ganz großen Unternehmen, von ganz kleinen Unternehmen, aber von einer insgesamt extrem starken Wirtschaft. Das, was uns am Horizont aufgezeigt wird, was die wirtschaftliche Entwicklung bundesweit angeht, aber auch nochmal in Stuttgart, in der Region Stuttgart speziell, lässt nicht zwingend nur Gutes hoffen. Die Automobilindustrie ist immer noch in einem großen Veränderungsprozess. Ich glaube, es kann noch keiner so richtig einschätzen, wohin die Reise geht. Ehrlicherweise mache ich mir um Zuffenhausen einen Tick weniger Sorgen wie um Untertürkheim, wenn ich das Kundenportfolio und die Produktpalette anschaue, aber es geht natürlich auch um die Zuliefererbetriebe. Es geht um den Maschinenbau. Es geht um die Banken, die momentan ja in einer tollen wirtschaftlichen Welle schwimmen - Stichwort Zinsanpassung. Aber das wird sich relativieren, wenn der Markt sich darauf wiedereinstellt und die Erträge zwischen dem Geldverleih und der Geldauszahlung von Zinsen nicht mehr das Delta haben wird, was wir in der Vergangenheit erlebt haben.

Wir haben in den letzten Jahren immer wieder auch Haushaltplanberatungen in Krisen gemacht. Denken Sie an die Eurokrise, an die Bankenkrise, an die erste Flüchtlingswelle 2015/2016, die Coronakrise. Jetzt sind wir wieder in einer Flüchtlingskrise. Es gab immer Gründe, um durchaus auch mal kritisch, vielleicht auch mal ein Stück weit pessimistisch in die Zukunft zu schauen. Im Nachhinein muss man sagen, Stuttgart ist immer gut durchgekommen, auch besser durchgekommen wie andere Städte. Das ist natürlich kein Automatismus. Das heißt nicht, weil es die letzten Krisen so war, dass es automatisch zwingend auch bei der nächsten so ist, auch wenn wir uns das natürlich wünschen. Und ich bin froh, wenn der Kollege Peterhoff da auch ein Stück weit von Verantwortungsbewusstsein gesprochen hat. Ist ja nicht bei jeder Fraktion im linken Block dieses Rathauses so, dass man entsprechend verantwortungsvoll die Ausgabenseite sich anschaut. Zum zweiten müssen wir uns aber auch anschauen, was die Stadt leisten kann. Das Thema Bauprojekte: Wir diskutieren immer viel in Gemeinderatssitzungen, wir beschließen viel in den Haushaltsplanberatungen. Aber was können wir wirklich umsetzen? Was schafft ein Hochbauamt? Wir schaffen nicht deswegen zu wenig, weil wir zu wenig Stellen geschaffen haben oder, weil wir schlecht strukturiert oder organisiert sind, sondern weil es einfach letztendlich ein solches Maß an Menge ist, was wir gerne umsetzen würden oder was auch für diese Stadt notwendig ist in den Bereichen Kita, Bürgerhäuser, Feuerwehrgebäude, Schulen etc., dass wir schauen müssen, was wir wirklich hinkriegen. Aber natürlich auch dort, wo es um soziale Bereiche geht, auch dort ist die Men-und-Women-Power ein Stück weit begrenzt. Dann hilft es uns natürlich auch nicht, immer nur unendlich viele Stellen zu schaffen, sondern wir müssen auch schauen, was ist wirklich real nachher in den zwei Jahren.

Es wurde in den letzten Tagen viel über den Entwurf der Verwaltung/des Oberbürgermeisters gesprochen. Kollege Peterhoff hat es angesprochen. Es ist ein extrem teurer Entwurf, im Volumen deutlich mehr wie in den vergangenen Doppelhaushalten. Egal, ob unter schwarzem oder grünem Oberbürgermeister - es ist nicht nur eine Inflationssteigerung, es ist auch eine wirklich habhafte Steigerung. Das überrascht auch nicht mit zweimal 100 Mio. EUR Zuschüsse an unsere SSB für den Ausbau des ÖPNV, mit 150 Mio. EUR in unsere Wohnungsbaugesellschaft, um entsprechend guten und günstigen Wohnungsbau zu machen. Nachfinanzierung von Schulprojekten mit über 80 Mio. EUR, die wir in den vergangenen Haushalten schon beschlossen haben, aber wegen der Baupreissteigerung oder weiterer Planungen unsere Budgets nicht reichen. Wir wollen alle die EURO 2024 in Stuttgart erleben. Die momentan zu erlebende Nationalmannschaft zeigt ja auch wieder ein bisschen die Richtung, dass es auch Spaß macht, wenn wir das 2024 haben. 21 Mio. EUR, die wir hier noch entsprechend ansetzen müssen und die der Oberbürgermeister vorschlägt. Nicht zuletzt natürlich über 80 Mio. EUR direkt zugeordnete Kosten, was die Flüchtlingsunterbringung in unserer Stadt angeht. Die CDU-Fraktion hat im Übrigen einen Antrag gestellt, dass wir das auch mal nicht nur an den großen Posten von Unterkünften, Anmietungen, Verpflegung und diesen Dingen wissen wollen, sondern dass wir auch mal in der Gänze all die Dinge, die über freie Träger laufen, die über die Volkshochschule laufen, Kurse, Integration, Sozialarbeiter etc., dass wir wirklich mal einen Überblick bekommen, wie stark wir da auch investieren.

Und jetzt ist es natürlich üblich, und zwar egal welcher Couleur der Oberbürgermeister angehört hat, dass es in diesen Reden Kritik am Oberbürgermeister gibt und zumindest seit 2004 habe ich noch nie erlebt, dass der Rat gesagt hat, dies sei ein toller Entwurf, wir können eigentlich gleich die Dritte Lesung heute machen und beschließen ihn einfach so. Insofern ist es natürlich auch so ein bisschen Show-Geschichte der Fraktionen, hier entsprechend in die Runde zu gehen. Aber ich glaube, was man schon mal sagen muss, weil das natürlich auch beim Kollegen Peterhoff so ein bisschen ankommen konnte bei der Öffentlichkeit: Der städtische Haushalt ist in keinem einzigen Euro zurückgefahren worden gegenüber dem vor zwei Jahren. Es gab keine einzige Kürzung, keine Position, keine Summe, die gestrichen wurde. Wir sprechen bei allen Bereichen, im Sozialen, in der Kultur, bei der Bildung, bei den Feuerwehren, bei den Kitas, bei ganz vielen Bereichen immer nur um die Frage, wieviel satteln wir nochmal oben drauf! Es ist in keiner Weise ein Streichhaushalt, der da als Entwurf gefahren wurde. Es wurde nichts, wie der Kollege Peterhoff gesagt hat, zurückgefahren. In keiner Weise wurde etwas zurückgefahren! Es wurde der Status fortgeschrieben und noch draufgesattelt mit diesen großen, dreistelligen Millionenbeträgen, die ich Ihnen genannt habe.

Alle sagen jetzt, wir müssen an das System der Haushaltsplanberatung in Stuttgart, wo wir ja auch ein bisschen einmalig sind, auch mit einem starken und selbstbewussten Hauptorgan. Wir müssen rangehen und uns auch mal unterhalten auf dem Weg in zwei Jahren, ob man es nicht anders und besser machen kann - wahrscheinlich wäre es am besten, wir würden gleich mal alle unsere Kalender zücken und einen Termin für das Gespräch vereinbaren -, weil irgendwann wird man in zwei Jahren plötzlich wieder dastehen und sagen, 'ach, sind jetzt wieder Haushaltsplanberatungen und wir haben uns da eigentlich keine strukturellen Gedanken gemacht'. Aber auch das gehört vielleicht ein bisschen mit dazu.

Thema 'Ansatz der CDU-Fraktion': Wir sehen ganz entscheidend das Thema Digitalisierung. Wir müssen bei der Digitalisierung stärker vorankommen, und zwar sowohl in der Verwaltung wie auch bei den Schulen. Deswegen möchte die CDU-Fraktion das volle von der Fachverwaltung vorgeschlagene Digitalisierungspaket mit über 165 Mio. EUR im Doppelhaushalt angehen. Was man damit erreichen kann im ganz Kleinen, sehen wir ja momentan bei der Ausländerbehörde: Seit wir eine digitale Terminvereinbarung haben, sind die Schlangen auf der Eberhardstraße weg, ist das Thema erledigt. Ich frage mich manchmal, warum hat man dies nicht schon acht Wochen vorher gemacht? Wir hätten uns viel Bashing in dieser Republik erspart. Aber, da zeigt es sich einfach mal, was man mit Man-und-Woman-Power und Finanzmitteln in der Digitalisierung auch erreichen kann und wie so häufig zählt eben auch bei diesem Thema die alte erkannte Regel "Halber Einsatz bringt gar keinen Erfolg, voller Einsatz bringt den vollen Erfolg!" Das gilt im Übrigen auch zum Beispiel auch für das Thema Soziales, wo der Kollege Peterhoff auch schon etwas kritisch angemerkt hat, dass irgendwie die 50 %-Quote jetzt fachlich zumindest nicht so richtig zu begründen war in vielen Thematiken.

Wir wollen in die Personalbindung- und gewinnung einsteigen, in die Bindung noch viel mehr wie in die Gewinnung, weil es immer leichter ist, eine Mitarbeiterin oder einen Mitarbeiter zu halten und ihn hoffentlich zu motivieren, dass er auch dableibt, als eine vakante Stelle wieder neu zu besetzen. Aber auch da sagen wir: 'Ja, das, was die Fachverwaltung, die Personalverwaltung vorschlägt, was mit dem Gesamtpersonalrat abgestimmt ist, dies wollen wir vollumfänglich unterstützen', weil natürlich ohne Man-und-Woman-Power, ohne gute und engagierte Frauen und Männer in unserer Verwaltung überhaupt nichts gut gelöst werden kann. Wir schlagen aber auch vor, dass wir uns mal wieder als Stadt Stuttgart, vielleicht sogar als Konzern Stadt Stuttgart einer großen Organisationsuntersuchung unterziehen. Wir sind der Meinung, gerade jetzt, wo wir mit der Digitalisierung nochmal große Schritte machen, macht es Sinn, sich vorher nochmal anzuschauen, sind unsere Prozesse, sind unsere Verfahren, sind unsere Strukturen wirklich noch State of the Art? Das letzte Mal gab es das vor über 20 Jahren. Damals allerdings unter einer ganz anderen Prämisse. Damals hat man es gemacht, um Geld zu sparen. Es war Haushaltkonsolidierung. Man wollte schauen, wo kann man irgendwelche Dinge, Stellen, streichen oder abschaffen. Nein, dieses Mal ist die Haltung natürlich eine ganz andere. Wir wollen, dass wir mit den Kolleginnen und Kollegen, von denen wir leider zu wenig in den nächsten Jahren haben werden - die demografische Entwicklung spielt da ja leider gegen uns - wir wollen diese Untersuchung haben, damit wir entsprechend schauen, wie wir mit unserem Personalkörper möglichst gute Arbeit für die Bürgerinnen und Bürger machen. Das wollen wir in einer großen Untersuchung uns anschauen. Dafür wollen wir 3 Mio. EUR mit Ihnen gemeinsam beschließen, damit wir da in Zukunft wirklich gut aufgestellt sind.

Wir wollen eine bessere, sichere und saubere Innenstadt mit weniger Straftaten, mit weniger Drogenhandel und mit Menschen, die sich wohlfühlen, auch abends in U-Bahn-Haltestellen und auf der Königstraße. Wir wollen das angehen und wollen dafür 6 Mio. EUR in die Hand nehmen. Mit unterschiedlichsten Angeboten, die wir gerne miteinander diskutieren, aber so kann es mit Sicherheit nicht bleiben. Das weiß jeder, der sich samstagabends nach 23 Uhr auf der Königstraße bewegt. Wir wollen die Wirtschaftsförderung unterstützen, die City Initiative Stuttgart, Stuttgart Marketing, weil wir alle wissen, dass ohne Wirtschaft, ohne die Einnahmen, ich habe es eingangs gesagt, alles überhaupt nichts ist. Wir werden zu dem Thema Förderprogramme - Kollege Peterhoff hat das Thema Klimaneutralität angesprochen - wir werden vor allem dort als CDU Akzente setzen, wo wir durch Zuschussprogramme weitere private Investitionen auslösen, damit wir 2035 entsprechend erreichen können - wir kümmern uns übrigens auch um die Hecken und die Bäume, Herr Kollege Peterhoff, da haben wir fast eine Mehrheit miteinander mit unseren zwei Fraktionen -, dass wir dieses entsprechend tun. Stichwort Bürgerklimarat - auch dazu noch ein Wort: Wenn der Bürgerklimarat fordert, und ich zitiere: 'Wir empfehlen eine weitere Prüfung, um den Lasten- und Warenverkehr kleiner und mittelständischer Unternehmen, aber auch Parkdienste mit Förderprogrammen zu unterstützen, sodass die Flotte sukzessive auf Batteriefahrzeuge umgestellt werden kann. Dabei sollen alle Verantwortlichen zusammen diskutieren und ein Förderprogramm entwickeln.' Wenn dann als Beantwortung rauskommt, wir fördern Lastenfahrräder für Mittelstand und Handwerk, lieber Kollege Körner, dann mag das ein kleiner Mosaikstein sein. Aber es ist gewiss nicht das, um 2035 eine klimaneutrale Flotte in Stuttgart zu haben. Bei den Bauprojekten, ich habe es gesagt, vieles ist wünschenswert. Wir werden abwägen können und müssen, was ist finanzierbar, was kriegen wir hin und was können wir in den zwei Jahren anpacken.

Ich möchte schließen mit dem Dank an die gesamte Verwaltung - ich darf die Personalratsvorsitzende explizit nennen - bitte geben Sie das an ihre vielen Kolleginnen und Kollegen weiter. Ich freue mich auf die Diskussion über die Stuttgart-Zulage. Das ist ein Thema, das jetzt sein muss. Das wollen wir miteinander diskutieren und hoffentlich zu einem guten Abschluss bringen. Danke an die Kämmerei für die Vorbereitung, an unseren Finanzbürgermeister. Es stehen spannende Wochen vor uns. Wir werden vieles Neues kennenlernen. Ich weiß nicht, was ein feministisches Pornofestival ist, aber ich werde es kennenlernen in den nächsten Wochen. Insofern freue ich mich auf die Diskussion. Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!"

StRin Meergans (SPD):
"Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Bürgermeister*innen, liebe Kolleginnen, liebe Zuschauer*innen im Saal und auch vor dem Livestream! Wir als SPD-Gemeinderatsfraktion arbeiten eigentlich immer - egal, ob in den Haushaltsberatungen oder nicht -, an einer sozial gerechten Stadt, die allen eine gute Zukunft ermöglicht und die 2035 klimaneutral sein wird. Wir arbeiten an einer funktionierenden Stadt, die ihre Pflichten erfüllen kann, die Dienstleistungen für die Bürger*innen zur Verfügung stellt und die Digitalisierung vorantreibt. Wir arbeiten an einer lebenswerten Stadt für alle, die Teilhabe organisiert, die gesellschaftlichen Zusammenhalt fördert und die Klimaanpassung endlich anpackt. All das findet sich in unseren 218 Haushaltsanträgen wieder. Diese werden heute eingebracht und - ich möchte nicht vom Oberbürgermeister gemaßregelt werden, von daher bemühe ich mich die Redezeit einzuhalten -, dann kann man eben nicht alle 218 Anliegen im Detail vorstellen.

Die Haushaltsberatungen sind das Königsrecht des Gemeinderats. Doch ich muss ganz ehrlich sagen, Herr Oberbürgermeister, ich habe Sie selten so sehr verflucht wie in den letzten Wochen. Für uns zeichnet sich der Haushaltsentwurf durch nicht wahrgenommene Verantwortung für ganz wesentliche Bereiche dieser Stadt und ihrer Menschen aus. Es ist eben nicht Aufgabe des Gemeinderats, absolute Notwendigkeiten beantragen zu müssen, notwendige Mittel für laufende Bauprojekte, kein umfassender Unterhalt der bestehenden Infrastruktur, keine ausreichenden Mittel für Schulen und Kitas, und das Kulturamt - ich sehe den Herrn Gegenfurtner da hinten - existiert ja in der grünen Liste noch nicht mal! IBA '27: Fehlanzeige. Die Digitalisierung als Schlüssel für bessere Zustände in hochbelasteten Bereichen unserer Verwaltung: radikal zusammengekürzt. Dringend anzugehende Zukunftsprojekte wie das Rosensteinviertel und der Klimaschutz: nicht ansatzweise ausreichend berücksichtigt im Haushaltsentwurf. An der Sicherheitsinfrastruktur gespart - ich will an der Stelle nur die Feuerwache 3 und die Feuerwehrhäuser der Freiwilligen Feuerwehren nennen. Und ganz ehrlich: Wo ist eigentlich dieses Haus der Kulturen, das der Oberbürgermeister angeblich mit so viel Nachdruck unterstützt? Und ich muss sagen, eines hat uns ganz besonders geärgert: Herr Oberbürgermeister, Sie haben in Ihrer Einbringung Projekte genannt, die aufgrund Ihres Haushaltsentwurfs umgesetzt werden können. Und gleichzeitig haben Sie die notwendigen zusätzlichen Mittel gar nicht eingestellt. Ich möchte da die Turn- und Versammlungshalle in Hedelfingen nennen, auch den Schulcampus Feuerbach, und wir fragen uns ganz ehrlich: Ist das eigentlich Strategie oder wissen Sie das nicht besser? Unabhängig davon, was die Antwort ist, beides beunruhigt uns.

Kurz haben wir uns deshalb überlegt, ob wir so einen Haushaltsentwurf nicht eigentlich zurückgeben können, um uns dann aber doch zu überlegen, dass wir uns lieber der Aufgabe stellen, diesen Haushaltsentwurf auf Trab zu bringen. Ich muss sagen, das war für ehrenamtliche Stadträtinnen und Stadträte schon eine ganz schöne Zumutung. Das sieht man rein auch an der Zahl der Anträge. Wir haben in den letzten Wochen viel Zeit und viel Kraft investiert, mit unseren Anträgen einen vernünftigen Weg für die kommenden Jahre aufzuzeigen, und daher gilt schon jetzt, sozusagen zwischendrin in den Beratungen, mein Dank meinen engagierten Fraktionskolleg*innen und unserer Fraktionsgeschäftsstelle, die diesen ersten Kraftakt wirklich super bewältigt haben und einfach einen herausragenden Job gemacht haben.

Wir haben - das haben die Kollegen für ihre Fraktionen je auch schon in Anspruch genommen - im sozialen Bereich viele Dinge in vollem Umfang beantragt. Hierzu zählen unter anderem Hilfen für ältere Menschen, für Geflüchtete oder für Personen in anderen schwierigen Lebenslagen, sei es eine Suchterkrankung, sei es eine psychische Erkrankung oder auch Wohnungslosigkeit. Hier waren in der grünen Liste häufig nur 50 % des angemeldeten Bedarfs berücksichtigt, aber das ist im Sozialbereich wie im normalen Leben auch: Wenn man friert, braucht man eine ganze Decke und keine halbe.

Der Zugang zur Mobilität ist ein ebenso wichtiger Bestandteil sozialer Gerechtigkeit und hier nimmt für uns der ÖPNV eine ganz zentrale Rolle ein. Das Sozialticket für 24,50 € im Monat - perspektivisch auch als Deutschlandticket - war ja ein wichtiger sozialpolitischer Schritt. Doch nicht zuletzt die Armutskonferenz im Mai hat uns vor Augen geführt, dass eben nicht alle Menschen mit Bonuscard sich 24,50 € im Monat leisten können und dass sie erst recht kein Abo abschließen können. Deshalb wollen wir prüfen, ob für uns ein 9,00 €-Stadtticket für Bonuscard-Inhaber umsetzbar ist, um allen Menschen Mobilität zu ermöglichen in ihrer Stadt, in ihrem unmittelbaren Lebensraum.

Wir wollen den von uns im letzten Doppelhaushalt durchgesetzten Kulturpass weiterführen, der mit einem 100-EUR-Gutschein allen 16-Jährigen das Kennenlernen und Teilhabe an der vielfältigen Stuttgarter Kulturlandschaft ermöglicht - wie wir finden, ein absolutes Erfolgsmodell, das auch seitens der Verwaltung wunderbar umgesetzt worden ist, da sind wir sehr zufrieden und ringen um Mehrheiten, dass das auch weitergehen kann.

Vor der Tür haben uns Strafzettel erwartet. Zu Recht, weil wir immer noch nicht den Rechtsanspruch auf Kindertagesbetreuung erfüllen können; und dabei ist die Kindertagesbetreuung so wichtig für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, im Übrigen auch für die Wirtschaft, Kollege Kotz, aber insbesondere auch für Bildungsgerechtigkeit und den Zugang zu frühkindlicher Bildung, damit alle Kinder in dieser Stadt einen guten Start haben. Und unseres Erachtens gefährdet dieser Haushaltsentwurf die bestehende Kita-Landschaft. Weil angesichts der Kostensteigerung das schlicht für die Träger nicht mehr finanzierbar ist. Deshalb ist finanzielle Unterstützung dringend notwendig und wir wollen 13 Mio. EUR pro Jahr mehr in die Kitas geben. Für die Träger, aber auch zur Unterstützung der Inklusion und auch zur Fachkräftegewinnung und -erhaltung.

Wir wollen diese Stadtverwaltung, die in vielen Bereichen von konservativen Kräften jahrelang kaputtgespart worden ist, wieder zum Funktionieren bringen. Menschen, die nachts vor unseren Behörden campieren, um einen begehrten Termin zu bekommen, hohe Prozesskosten aufgrund von Papierakten und lange Bearbeitungszeiten sprechen nicht für eine funktionierende Stadt. Wir wollen Prioritäten setzen und uns auf das Dringende und Wichtige in der Digitalisierung konzentrieren. Für uns sind das die Bereiche, an denen die Stadt mit den Stuttgarter*innen zu tun hat, und diejenigen Dinge, die ganz enorme Verbesserungen für die Verwaltungsabläufe bringen, insbesondere in den Bereichen, die heute besonders belastet sind. Denn eines ist für uns klar: Es liegt an den Rahmenbedingungen und sicher nicht am Engagement der Kolleg*innen in der Stadtverwaltung, dass so vieles hier nicht läuft.

Wir wollen die Verwaltung mit insgesamt 200 Stellen verstärken - die Digitalisierung ist da noch nicht dabei, weil wir da noch erfahren müssen, was die Bedarfe sind für die von uns priorisierten Prozesse. Unser Fokus in unserem Stellenplanantrag liegt auf den besonders belasteten Bereichen im Amt für öffentliche Ordnung, auch im Liegenschaftsamt beispielsweise, in den technischen Ämtern und auf der Personalgewinnung und -erhaltung. Und im Zuge der Personalgewinnung und -erhaltung warten wir ganz gespannt auf den längst überfälligen endgültigen Vorschlag der Stadtverwaltung zur Stuttgart-Zulage. Wir wollen nach wie vor immer noch eine tarifliche Stuttgart-Zulage, die mit ver.di anständig ausgehandelt wird und die den Kolleg*innen schlicht Planungssicherheit bietet.

Bei den Schulinvestitionen dürfen wir trotz der hohen Ermächtigungsübertragung nicht auf die Bremse treten, denn moderne und intakte Schulgebäude sind ein wichtiger Aspekt für die Bildungsgerechtigkeit der Kinder und Jugendlichen in dieser Stadt. Um den Sanierungs- und Investitionsstau der vergangenen Jahre und Jahrzehnte abzubauen, müssen wir eben kontinuierlich neue Vorhaben in die Umsetzung bringen. Ja, das dauert. Ja, das bindet über eine Zeit Mittel. Und wir müssen auch weiterplanen, sonst geraten wir in eine Situation, aus der wir eigentlich gerade herauskommen. Und bis alle Schulen gute räumliche Bedingungen haben, bis alle Schulen durchdigitalisiert sind, wollen wir so schnell wie möglich Internet in jedes Klassenzimmer bringen, damit die Schulen auch angemessen mit den vielen Endgeräten, die in den letzten Jahren in unsere Schulen gekommen sind, arbeiten können.

Es ist für uns ein Skandal, dass im Haushaltsentwurf quasi alle Förderprogramme im Klimaschutz auslaufen sollen. So wird das nichts mit der Klimaneutralität 2035! Um die Programme weiterzuführen, beantragen wir in den kommenden 5 Jahren rund 93 Mio. EUR. Kein Wunder, dass die Antragsvolumina so hoch sind, die aus dem Rat kommen. Wir regen darüber hinaus aber auch Ausweitung an, beispielsweise ein Kredit- und Bürgschaftsprogramm für die Hauseigentümer*innen, die es sich eben nicht leisten können, ihr Gebäude sanieren zu lassen, denn die brauchen wir auch, weil im Klimaschutz Tempo gefragt ist. Weil wir alle miteinander unser Klimaneutralitätsziel 2035 ja auch erreichen wollen. Für uns ist eine zusätzliche wichtige Maßnahme auch endlich eine schlagfertige Projektleitung, die dafür sorgt, dass der Klimafahrplan konsequent verfolgt wird. Wir wollen die Empfehlungen des Klimabürger*innenrats ernst nehmen und schon direkt in diesem Haushalt angehen. Deshalb haben wir ein Maßnahmenpaket mit ersten Maßnahmen in Höhe von 6,8 Mio. EUR gestrickt und wir wollen in Erfahrung der letzten Hitzesommer ganz schnell was zum Hitzeschutz tun und haben ein Paket von 1,5 Mio. EUR mit kleinen Maßnahmen, die aber für die Menschen in dieser Stadt im Sommer große Abhilfe schaffen können.

In einer Einschätzung, Herr Oberbürgermeister, müssen wir Ihnen Recht geben. Sie haben in Ihrer Einbringung gesagt, alles hat seine finanziellen Grenzen, auch in Stuttgart. Und auf die Stadt werden noch enorme finanzielle Herausforderung zukommen, wenn man nur mal an die Investitionen denkt, die im Klimaschutz noch notwendig werden, und insbesondere dann, wenn man den Klimaschutz und die Klimawende sozial verträglich gestalten will. Allein wird das die Stadt Stuttgart nicht stemmen können. Auch eine finanzstarke Kommune wie Stuttgart wird dabei Unterstützung brauchen. Und jetzt ist die Frage, was bedeutet das für uns? Für uns bedeutet das, dass wir in diesem Doppelhaushalt angesichts der enormen Herausforderungen der Zukunft die wichtigen Aufgaben angehen müssen, dass wir aber auch auf Sicht fahren müssen und das zwingend Notwendige dann am Ende auch beschließen.

Liebe Kolleg*innen, wir freuen uns auf die weiteren Beratungen und auch auf den Austausch mit Ihnen. Auf das Ringen um Mehrheiten und vor allem um die besten Lösungen für diese Stadt. Schon heute möchten wir uns bei den Mitarbeiter*innen der Stadtverwaltung, insbesondere der Stadtkämmerei und der Haushaltsabteilung, bedanken. Sie sind jetzt erst mal wieder am Zug, unsere Anträge zu bearbeiten, und wir freuen uns darauf, dass Sie uns wie gewohnt kompetent durch die Beratungen begleiten werden."

StR Rockenbauch (Die FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei):
"Die Welt brennt. Und wenn die Welt brennt, dann steht Stuttgart vor großen Herausforderungen und große Herausforderungen verdienen umfassende und entschiedene Antworten. Diese umfassenden und entschiedenen Antworten haben wir für Stuttgart formuliert. 370 Anträge, die ich Ihnen nun ausführlich vorstellen werde. Nein, Spaß beiseite, natürlich ist das Ganze auch so gewichtig geworden, weil, Herr Oberbürgermeister, Ihr Vorschlag zu mager ist. Wir finden, das, was in dieser Stadt Not tut, das muss auch in diesen Haushaltsberatungen verhandelt werden. Deswegen so viele Anträge. Es ist schon erstaunlich, wie wenig in Ihrem Haushaltsentwurf wirklich Substanzielles drinsteckt, und fast unmöglich bei dem Milliardenvolumen. Wir beschließen ja da fünf Milliarden. Wir wollen dort ordentlich umverteilen für eine ökologische und soziale Stadt.

Aber vorneweg, ich habe manchmal die Sorge, dass in diesem Rat nicht alle wirklich Antworten auf die großen Herausforderungen finden wollen. Offensichtlich ist das Doppelpass-Spiel von rechten Populisten bei der CDU und den Menschenfeinden bei der AfD so erfolgreich, dass bewusst auch mit der CDU-Führung hier in Stuttgart wir uns immer weiter in eine Spirale von Hass und Hetze begeben. Liebe CDU, wegen Euch beschäftigen wir uns in diesem Rat - und das sind wirklich keine kommunalpolitischen Themen - plötzlich mit Abschiebung und Grenzen an Europa, und wenn das so weitergeht, wollt Ihr dann die Mauer um Europa? Ja, wann ist es dann soweit, bis der Schießbefehl kommt und bis man sagt, ist doch gut, dass die Menschen im Mittelmeer ertrinken? Wir stemmen uns gegen diesen Rechtsruck. Keine Angst, die, die bei der CDU das nicht wollen. Wir stemmen uns dagegen, aber wir brauchen auch SPD und GRÜNE dafür. Im Bund und hier. Und deswegen: Es darf jetzt nicht sein, dass im Bund GRÜNE und SPD schier in Schockstarre den Rechten nachgeben und anfangen, humanitäre Werte zu opfern an den EU-Außengrenzen. Aber wir müssen auch hier in Stuttgart gegenhalten und deswegen brauchen wir für diesen Haushalt, glaube ich, eine klare ökologische und soziale Mehrheit, um diesen Rechtsruck zu verhindern. Wir müssen jetzt in Stuttgart dagegenhalten und reparieren, wir brauchen hier echte Lösungen für eine sozial gerechte und eine klimaangepasste und klimagerechte Stadt.

Um dieses Ziel zu erreichen, müssen wir einiges ändern. Wir müssen nur mal aus dem Fenster schauen: Wo ist denn in Stuttgart die Verkehrswende? Wann können sich denn endlich Kinder sicher dort auf unseren Straßen bewegen? Wo sind die Bäume, die Bänke, die Brunnen, die Bäche? Wann kommt denn endlich die B14? Dieser grandiose Wettbewerb, wann wird er denn umgesetzt? Wo ist die Wärmewende? Okay, wir haben jetzt einen Plan. Die Maßnahmen fehlen noch, die Umsetzungsorganisation auch, aber vor allem fehlt noch das Förderprogramm, damit das Ganze für die Menschen am Ende überhaupt bezahlbar bleibt. Herr Nopper, in Ihrem Entwurf, da fehlt einfach mal schlicht die Klimaanpassung. Aber trotzdem an der Stelle auch der Tipp an die Mehrheit und die GRÜNEN hier im Rat: Es ist natürlich schon klimapolitisch schizophren, wenn man von Klimaanpassung redet und kleinen Maßnahmen, die da jetzt nötig sind, und dann beschließt man mal geschwind die Bebauung des Rosensteins. Dieser klimapolitische Sündenfall - für die Verkehrswende schlecht, aber auch für den Klimaschutz schlecht - der ist aber auch eine Geld- und Ressourcenverschwendung. Jetzt schon Millionen und ihr wollt noch mehr Millionen und am Ende wird es Milliarden kosten, das zu entwickeln, das brauchen wir doch für die Stadt, die schon da ist, um sie klimagerecht und sozialgerecht umzubauen.

Herr Nopper, es ist werbewirksam, wenn man bei Unterzeichnung Klimaneutralität und Bürger*innenhaushalt dasteht und lächelt. Aber dann nichts davon im Haushalt drin zu haben - wo ist denn ein Budget für die Forderungen des Bürger*innen-Klimarats? Ich weiß nicht, wie Sie sowas machen können. Ich habe den Eindruck, die Klimakatastrophe ist noch gar nicht bei Ihnen angekommen, und das in einer Zeit, wo der Planet wahlweise brennt, vertrocknet oder ersäuft. Es ist doch Fakt: Der Klimanotstand ist jetzt. Die Klimakatastrophe ist da. Und das heißt - und das ist entscheidend für uns hier im Rat - es ist jetzt völlig egal, ob man den Klimawandel leugnet oder man ihn bewusst verzögert. Am Ende kommt es aufs Gleiche raus: Es gibt keinen Klimaschutz in Stuttgart. Und solange wir das so machen, da freuen sich die Profiteure der Klimakrise, die fossilen Konzerne, die Automobilkonzerne, die Banken und die Versicherungen, die diese ganze Weltzerstörung noch absichern und finanzieren, aber auch die Superreichen, die mit ihren Yachten, mit ihren Protzautos in Stuttgart das Klima beschädigen. Ja, lieber Kollege Kotz, und die freuen sich natürlich, wenn Sie jetzt hier den Rat spalten, wenn Sie auf Flüchtlinge schimpfen. Die freuen sich, weil, dann schauen wir nicht auf sie und ihre Profite, die sie machen mit der Klimazerstörung. 226 Menschen haben allein vom letzten Jahr auf dieses Jahr mal geschwind 82 Milliarden EUR mehr Vermögen. 82 Milliarden mehr Vermögen! Was könnten Kommunen damit Gutes tun für ihre Bürgerinnen und Bürger! Ich glaube, wir müssen uns hier ehrlich machen und auch sowas klar auf den Tisch bringen. Und ja, das ist Bundespolitik. Aber dann an die Ökosozialen: Dann lasst uns wenigstens die Profiteure, die es bei uns gibt, mit unseren Instrumenten, diejenigen, die von unseren Milliardensubventionen in sozialen Zusammenhalt, in Infrastruktur so gute Profite machen wie noch nie, dann lasst uns wenigstens die endlich angemessen an der Bewältigung der Krise beteiligen. Erhöhen Sie mit uns die Gewerbesteuer! Das ist jetzt nötig, weil wir brauchen das Geld für den Umbau unserer Stadt.

Lasst uns endlich in diesem Rat ehrlich machen und die Tatsache anerkennen, dass es auf einem endlichen Planeten kein unendliches Wachstum geben kann. Wir haben nicht mehr viel Zeit zum Umsteuern. Und wenn jetzt die CDU wieder von China anfängt, liebe Leute, dann ist das im Jahre 2023 zum Verzweifeln. Keine Sorge, ich mache das hier schon jetzt 19 Jahre und ich habe mir angewöhnt, statt zu verzweifeln, einfach mal öfter mit den Töchtern zu kuscheln. Das hilft wirklich, guter Tipp. Ich habe meine große Tochter diesmal sogar um Rat gefragt: 'Du, ich muss da eine Rede halten, es geht ums Geld und Welt retten. Was soll ich den Politikern sagen? Die hören mir nicht zu.' Sie hat mir natürlich keine Antwort gegeben. Ich war dann gerade beim Zähneputzen, fünf Minuten später, da kommt sie reingestürmt und sagt: 'Kauft Pferde'. Und ich: 'Was? Gott, was habe ich in meiner Erziehung falsch gemacht?' Also ich und meine Frau haben gar nichts mit Pferden am Hut, aber ich erinnere mich so an diesen Spruch 'Das Glück der Erde liegt auf dem Rücken der Pferde' und denke, 'okay, Welt retten und das, was sie glücklich macht, zu verbinden, ist mal ein Ansatz'. Und sie erklärt mir dann auch noch ganz cool: 'Ja, Papa, also guck mal, die Pferde, die sind doch viel besser als die Autos.' Und das finde ich dann schon einen ganz guten Ansatz, eigentlich, es ist logisch: Statt so einem Blechding hat man was Warmes, mit dem man auch kuscheln kann und was Gescheites machen kann. Also vielleicht doch nicht alles mit der Erziehung falsch gemacht. Ich leiste aber immer noch Widerstand und sage meiner Elfjährigen: 'Aber Moment mal, was soll ich denn jetzt den Menschen sagen wie uns, die sich keine Pferde leisten können?' 'Ja, da musst Du sagen: Verschenkt Pferde!' Eigentlich auch ganz clever: Warum sollte das Glück nur einem gehören? Es ist diese Superpower, die Kinder noch haben, sich selber zu erkennen im Anderen, heißt doch, dass wenn man Glück verschenkt, dass man am Ende mehr Glück hat, weil zwei glücklich sind.

Ich finde das einen ganz guten Ansatz, den wir öfters beherzigen sollten, z. B., wenn es darum geht, Schwimmbäder für unsere Kinder in dieser Stadt kostenlos zu machen. Ich gebe aber immer noch nicht auf und sage: 'Wie soll denn das gehen mit den Pferden, hier mitten in der Stadt?' 'Papa, ganz einfach, das machen wir wie in Minecraft: Zack, Straße weg. Bumm, Baum hin. Zack-Bumm Baum.' Ich bin begeistert, wir müssen vielleicht nicht alles wörtlich nehmen, was ich Ihnen da sage, aber zuhören sollten wir und davon lernen. Und ich habe gelernt, dass, wenn wir die Welt retten wollen, da müssen wir endlich in dieser Stadt über das reden, was uns verbindet. Das, was uns glücklich macht. Und, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir müssen es machen in diesem Haushalt, das ist das Entscheidende. Und deswegen - übertragen auf Stuttgart, und ich habe so viel heute gehört von der lebenswerten Stadt, die hier zumindest eine Mehrheit vor sich herträgt. Wie sieht denn die lebenswerte Stadt aus, die wir alle wollen? Wäre es denn wirklich so schlimm, wir würden das mit der IBA machen? Wäre es denn wirklich so schlimm, man könnte in Stuttgart die Mieten endlich wieder bezahlen? Wir haben dazu einen Antrag gestellt, der wirklich hilft. 100 Mio. EUR für einen Boden- und Wohnungsbaufonds, damit das in städtischer Hand geregelt werden kann. Wäre es denn wirklich so schlimm, wenn unsere Kinder wieder auf der Straße Fußball spielen könnten, wenn man sicher mit Fuß und Rad sich vorwärtsbewegen könnte und wenn wir Mobilität endlich als Daseinsvorsorge anerkennen würden und dann Schritt für Schritt das Ganze kostenlos entwickeln? Erst einmal anfangen mit den Kindern und den Armutsbetroffenen. Und das schon in diesem Haushalt. Wir haben das beantragt.

Wäre es denn wirklich so schlimm, liebe Kollegen, wenn wir die Menschen in unserer Stadt schützen würden vor der Hitze, die in unserer Stadt immer mehr zunimmt? Bäume, Bäche, Brunnen, Aufenthaltsqualität in unseren Straßen und wir können wieder durchatmen! Wir haben 40 Mio. EUR, nicht klein-klein, 40 Mio. EUR pro Jahr dafür beantragt, damit wir unsere Stadt klimagerecht umbauen können. Wie wäre es? Und wäre das so schlimm, dass wir, statt Milliarden in Beton zu investieren, in Steine, in Tunnel, in neue Arenen, in Opernhäuser, das Geld in die Menschen investieren? In die Menschen zum Beispiel in der Strategischen Sozialplanung, die wir dringend hier brauchen? In Kitas, damit die 'Kitastrophe' aufhört, dass wir dieses Geld in die Hand nehmen, damit unsere Schulen und unsere Kitas repariert werden können? Meine Töchter, die kann ich nicht aufs Klo lassen in der Schule, so wie es da gerade aussieht. Dass man wieder auf den Spielplätzen spielen kann und da nicht nur Bauzäune stehen. Dass wir in die Quartiere investieren und das soziale Leben dort besser funktioniert und wir den sozialen Zusammenhalt endlich stärken. Wäre das so schlimm, wenn wir kulturelle Teilhabe stärken? Und in diesem Haushalt der Freien und Tanz- und Theaterszene endlich auch mal ein Dach über den Kopf geben? Wir wollen das und wir haben das beantragt. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wäre das so schlimm, wenn wir den Menschen, die schon unterwegs sind in den Initiativen, die es gibt in unserer Stadt, die dabei sind, das Gemeinsame, das Klima dann zu retten, die zu unterstützen, z. B. die Initiativen, die für eine Essbare Stadt kämpfen oder für den Zusammenhalt? Wäre es wirklich so schlimm, wenn wir den Menschen in der jetzigen Situation, wo viele ohnmächtig sind, ein Stück Gestaltungsmacht geben? Wir halten es für eine gute Idee und haben deswegen einen wirksamen Bürgerhaushalt mit einem Budget von 10 Mio. EUR pro Doppelhaushalt beantragt, damit Bürger mitgestalten können, wenn es um ihre Stadt geht.

Und ich komme zum Schluss. Wäre es wirklich so schlimm, wenn wir unsere Stadtverwaltung so stark machen, dass sie als Herzkammer des Gemeinwesens, als Garant für das Allgemeinwohl funktionieren kann? Ich sage mal sinnbildlich aber auch ganz konkret, dass, wenn es brennt, die Feuerwehr wirklich kommt. Dass die Verwaltung uns hilft bei der Entfaltung von uns als Bürgerinnen und Bürger. Und um das möglich zu machen, haben wir in diesem Haushalt zusätzlich 670 Stellen beantragt. Und, liebe Kolleginnen und Kollegen, wäre es denn wirklich so schlimm, wenn wir den Beschäftigten in der Stadt die gleiche Anerkennung zollen, die Sie hier im Rat schon den Bürgermeister*innen hier gezollt haben, und dass wir endlich in Stuttgart eine tarifierte Zulage von 470 € einführen? Wäre das wirklich so schlimm? Wir glauben nicht, wir glauben, das wäre an der Zeit, liebe Kolleginnen und Kollegen! Deswegen abschließend an die ökosoziale Mehrheit: Liebe Kolleginnen und Kollegen, wäre das wirklich so schlimm, wenn wir aufhören über das 'Welt retten' zu reden und endlich damit anfangen? Wir sind dazu bereit, aber klar ist, das geht nur gemeinsam."

StRin Hübsch (PULS):
"Jetzt geht es nicht um Pferde, aber wird auch eine schöne Geschichte, eine Geschichte der PULS-Fraktion. Und natürlich haben wir eine Präsentation, wir sind schließlich PULS. Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, liebe Kolleg*innen auf der Bürgermeister*innen-Bank, auch im Rat, liebe Mitarbeiter*innen in der Verwaltung, liebe Zuschauer*innen, hallo Stuttgart!

Ein Vorwort: Mit jedem Doppelhaushalt schreiben wir ein Stückchen Stuttgarter Geschichte. Wenn ich mit offenen Augen durch die Stadt gehe, wird mir bewusst, was Alltag in dieser Stadt alles bedeutet und was es in dieser großen Stadt alles zu bedenken gibt. Kinder, die über die Straße müssen, um in ihre Kita oder in die Schule zu gehen, die gerne Sport machen, die kulturelle Bildung erfahren wollen und sollen, die später in einer begrünten Branddirektion als Feuerwehrfrauen oder -männer arbeiten und auf dem Weg dorthin an den menschenunwürdigen Schlangen vor der Ausländerbehörde vorbeikommen und unbewusst oder bewusst merken, dass wir viel mehr Bäume und Schatten in der Stadt brauchen, weil es jeden Sommer heißer und heißer wird. Jugendliche, die sich darüber freuen, kostengünstig mit Bus und Bahn zu fahren und sich auf öffentlichen Plätzen aufhalten, auf denen sie akzeptiert sind und sich wohlfühlen, ohne Geld ausgeben zu müssen. Und drum herum all die Baustellen, die uns klarmachen, wir können nicht mehr so bauen wie bisher. Wir müssen Abfälle reduzieren, wir müssen zirkulär werden und auf graue Energie achten. Und all das braucht Konzepte und Menschen, die diese Konzepte erarbeiten und umsetzen, die gut bezahlt werden und Anerkennung bekommen. Stoffe, Stellen, Speicherstadt. Und für uns die Frage, wie schaffen wir das?

Prolog: Zu Beginn der Geschichte waren wir eigentlich noch guter Dinge, auf die Erzählung unseres Oberbürgermeisters aufsetzen zu können. Doch schon bald fiel uns auf, dass es sich bei der grünen Liste nicht um eine geistreiche Lektüre, sondern vielmehr um einen Groschenroman handelt, dem wichtige Seiten fehlen, der keine klare Struktur aufweist und jeglichen Handlungsstrang vermissen lässt. Auch wenn wir in vielen Themen nicht dieselbe Meinung teilen, so hätten wir doch erwartet, dass Sie, Herr Oberbürgermeister, den Anspruch haben, eine aktive Rolle bei der Gestaltung unserer Zukunft einzunehmen. Wir Rät*innen sind keine beruflichen Schriftsteller*innen. Wir schreiben die Geschichte im Ehrenamt. Und warum ist das wichtig? Weil wir uns dennoch der Verantwortung bewusst sind, die wir tragen und tragen müssen. Denn auch diese Erzählung kommt nicht ohne Enttäuschung und Tragik aus. Sie besteht aus Gewinner*innen und auch aus Verlierer*innen, aus Freud und Leid. Saß der Geldbeutel die letzten Haushalte noch lockerer, so müssen wir in diesem Jahr deutlich achtsamer mit den Mitteln jonglieren, eine Ausgewogenheit finden zwischen den vielen Bedürfnissen der vielen verschiedenen Protagonisten in dieser Stadt. Einen Auszug unserer Themen und Herzensprojekte stelle ich Ihnen jetzt in den nachfolgenden fünf Kapiteln vor:

Kapitel 1 - Klimaanpassung und ganzheitlicher Klimaschutz. Wir befinden uns, wie viele Vorredner*innen das schon angesprochen haben, an einem entscheidenden Wendepunkt in der Geschichte und wir können die Herausforderungen der Zukunft nicht mehr ignorieren. Der Klimawandel bedroht unsere Umwelt, Naturkatastrophen häufen sich auch in Stuttgart und die soziale Ungleichheit wächst. Aber gleichzeitig haben wir auch noch die Möglichkeit, positive Veränderungen herbeizuführen. Dazu müssen wir allerdings jetzt die mutigen Weichen stellen. Etwa, indem wir Stuttgart zu einer grün-blauen Schwammstadt machen, und damit die Gefahren durch Hitze und Starkregenereignisse zumindest soweit wie möglich abfedern. Dazu brauchen wir eine langfristige Wasserstrategie und einen wachsenden Etat für Grünsanierung in der Stadt. Wir fordern Biodiversität, Permakultur und eine ökologische Landwirtschaft. Außerdem setzen wir auch auf vorsorgende Klimaleitplanung und ein Hitzeschutz-Sofortprogramm sofort ab dem nächsten Jahr. Stuttgart geht konsequent den Weg zur zirkulären Stadt. Wir wollen Stuttgart zur Modellstadt für klimaschonende Baukultur und klimaschonenden Hoch- und Tiefbau machen. Unsere Bibliothek der Dinge, die Einführung einer Verpackungssteuer und viele weiteren Maßnahmen lenken uns immer weiter hin zu einer ressourcenschonenden und zugleich bürgernahen Kreislaufökonomie. Weil, da kommt es eben auch darauf an. Da müssen alle mitgenommen werden.

Bekanntermaßen ist Lebensmittelwertschätzung eine Herzensangelegenheit von PULS. Nachdem wir auf unseren Antrag hin letztes Jahr Stuttgart zur Foodsharing-Stadt gemacht haben, gehen wir diesen Weg nun konsequent weiter. So wollen wir mit unserem Antrag für eine 'krumme Kantine' regionalen Landwirten krummes und rein aus optischen Gründen abgelehntes Obst und Gemüse abnehmen und für unsere städtischen Kantinen verwenden und machen Stuttgart mit einem Pilotprojekt in Hedelfingen Stück für Stück zur Essbaren Stadt.

Kapitel 2 - Stadttransformation und Mobilität. Ja, wir haben einen Fluss in der Stadt, und ja, da passiert schon was. Auch wenn noch in kleinen Schritten. Mit einem Fluss-Festival am Neckar wollen wir 2024 die Stadt am Fluss beleben. Wir wollen Sichtbarkeit für Stadtentwicklung, Kunst und Kultur schaffen und ein Bewusstsein für die Bedeutung von sauberem Wasser. Außerdem glauben wir wie andere hier auch und im Gegensatz zu Ihnen, Herr Dr. Nopper, und im Gegensatz zu den Kolleg*innen der FDP an die IBA. Zahlreiche IBA-Projekte, einschließlich des Forschungsprojekts S 210, das die Wiederverwendung der Kelchstützen von S 21 fürs Zirkulieren in Vaihingen untersucht, sollen deshalb umgesetzt werden. Wir streben an, Stuttgart nach dem Vorbild von London und Paris, zwei großartige Städte, zu einer 'Walkable City' zu machen und den Radverkehr zu fördern. Nacht-Straßenlärm soll dank Tempo 30 ab 22 Uhr eingedämmt werden. Der neue Stadtraum B14 wird mit einem Budget für Initiativprojekte unterstützt. Außerdem wollen wir uns in der Stadt nicht nur sicher von A nach B bewegen, sondern auch passgenauen Raum zum Wohnen haben, nicht zu groß, nicht zu klein. Und deshalb setzen wir uns ein für die Umnutzung von leerstehenden Gebäuden, wie die Schwabenbräu-Passage in Bad Cannstatt oder den schon genannten Kaufhof in der Eberhardstraße zur Förderung von initiativen, innovativen Wohnprojekten. Ein kuratiertes Erdgeschosszonen-Management lässt uns Flächen neu denken und belebt den lokalen Handel und, Herr Kotz, das Handwerk.

Kapitel 3 - Kultur und Begegnung, die Eckpfeiler der Demokratie. Flächen wollen wir auch für die Themen Kultur und Subkultur schaffen. Begegnungen brauchen Raum. In Proberäumen, in Spielstätten und auf der Bühne kommen Menschen zusammen, die Diskussionen anregen, den Finger in die Wunde legen, Hoffnung schenken und für eine demokratische Gesellschaft gerade in Zeiten wachsender Spaltung tragend sind. So bündeln wir mit der neuen 'Arbeitsgruppe Zwischennutz' das Engagement von verschiedenen städtischen Ämtern, um kreative Zwischennutzungen von Leerstand voranzutreiben und setzen uns für bezahlbare Proberäume für Musik, Tanz und Theater ein, um die lebendige Nachwuchsszene zu fördern. Und nirgendwo treffen mehr Menschen zusammen als im öffentlichen Raum. Deshalb möchten wir diesen in kreativen und konsumfreien Räumen erlebbar machen, z. B. indem wir Musikboxen aufstellen, die Passant*innen ganz zwanglos bespielen können.

Kapitel 4 - Teilhabe und Chancengleichheit. Apropos konsumfreie Räume: Im Blick auf Kinder und Jugendliche setzen wir uns dafür ein, bewährte Angebote zu stärken und dauerhaft zu etablieren. Dazu gehört die Fortführung des bereits erwähnten Circuleums in Vaihingen, das Projekt 'Mein Schlossplatz" auf dem Kleinen Schlossplatz, die Fortführung der Urban Sports Area am Österreichischen Platz hier auf dem Bild, großartiger Ort, und die Unterstützung der Arbeit des Teams Tomorrow. Alles Projekte und Orte, an dem unterschiedliche Menschen zusammenkommen. Was hier schon gelebt wird, wünschen wir uns an allen Stellen. Eine Stadt, die von Weltoffenheit und gemeinsamen Miteinander geprägt ist. In Sachen Antidiskriminierung blicken wir deshalb auch ins Rathaus hinter unseren eigenen Mauern und fordern die längst überfällige Einrichtung einer Beschwerdestelle beim Haupt- und Personalamt sowie weitere Stellen nach dem Teilhabe-Chancengesetz. Kostenlose Menstruationsprodukte an Schulen, in Jugendhäusern und für städtische Mitarbeiterinnen sollen dafür sorgen, dass niemand aufgrund der Menstruation finanzielle oder soziale Nachteile erfahren muss. Zudem wollen wir für Empfänger*innen von Hilfeleistungen den Zugang zu Verhütungsmitteln erleichtern und beschleunigen. Hier wäre noch ein Absatz zum Pornofilmfestival, den ich aus Zeitgründen aber weglasse.

Kapitel 5 - Offenes Rathaus 2.0. Um den Sprung aus den Geschichtsbüchern hinaus ins 21. Jahrhundert zu schaffen, dürfen wir die Digitalisierung nicht ausbremsen. Dafür brauchen wir deutlich mehr neue Stellen bei DO.IT, dem Amt für Digitalisierung, als bisher vorgesehen sind. Und last but not least geht es natürlich um unsere Mitarbeiter*innen, die Schlüsselfiguren, ohne die in der Erzählung hier gar nichts laufen würde. Um die Arbeitsbedingungen in der Verwaltung peu à peu zu verbessern, und ich weiß, wovon ich spreche, ich war ja selbst mal Verwaltungsmitarbeiterin, unterstützen wir die geplanten Maßnahmen zur Personalerhaltung und Personalgewinnung voll umfänglich. Selbstverständlich für alle Mitarbeitenden und insbesondere in den pädagogischen Berufen des Jugendamts. Und auch die vieldiskutierte Stuttgart-Zulage befürworten wir ausdrücklich. Gleichzeitig wirft sie für uns aktuell noch viele Fragen auf und wir erwarten, dass die Verwaltung zeitnah darlegt, wie die Zulage geschaffen und umgesetzt werden kann.

Ich komme zum Ende - Epilog. Mit der Umsetzung der von uns vorgelegten Anträge stellen wir uns ein Stuttgart vor, das in zehn, zwanzig Jahren nicht ein Ort ist, an dem es sich irgendwie so, ganz gut aushalten lässt, sondern obendrein auch noch ein richtig, richtig schöner Ort. Ein Stuttgart mit neu angelegten Mikrowäldern im Stadtgebiet und deutlich mehr Grünflächen. Ein Stuttgart, das Kindern ausreichend Betreuungsmöglichkeiten bietet, Schatten auf Spielplätzen spendet und eine lebendige Kulturszene beheimatet, zufriedene Mitarbeiter*innen in den Verwaltungen, ausreichender und an die Bedürfnisse angepasster Wohnraum. Und während wir uns mit all den vielen Abschnitten dieser Kapitel beschäftigen, wird uns einmal mehr klar, welche Verantwortung wir nicht nur für die vielen Schauplätze der Story, sondern eben auch für die große Menge unserer Protagonisten tragen. Es geht um Alles und um Alle. Und an der Stelle gebührt unser Dank auch allen aktiven 'Stadtmacher*innen', den unzähligen Vereinen, Initiativen, engagierten Bürger*innen, den tollen Mitarbeiter*innen in den Fachverwaltungen, einigen, manchen, ein paar Ratskolleg*innen, und allen, die zu einem Happy End der Stadt beitragen. Sie und Ihr habt unserer Fraktion wertvolle Impulse mitgegeben und uns mit euren Ideen und eurem Tatendrang inspiriert. Persönlich wünsche ich mir, dass wir als PULS noch lange an den Geschichten des Buchs mitschreiben dürfen. Es wäre uns eine Ehre. Vielen Dank."

StR Dr. Oechsner (FDP):
"Herr Oberbürgermeister, meine Damen und Herren Bürgermeister, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich fange erst mal mit der IBA an. Die IBA in Stuttgart ist tot, habe ich gesagt, und dies meine ich auch so, ganz einfach, weil die Idee, die dahintergestanden hat, eine ganz andere war. Die Idee war, neue Bauformen, energiesparende Baumethoden, neue Wohnformen auszustellen auf einem kleinen, beschränkten Gebiet in Stuttgart. Und jetzt ist es eine internationale Bauausstellung im Umland und eine internationale Baustellen- oder Baugrubenausstellung in Stuttgart. Und, meine Damen und Herren, dafür brauchen wir kein Geld auszugeben, ganz einfach.

Das Zweite wäre, das 'Steuerfass' habe nicht ich jetzt aufgemacht. Und, Herr Rockenbauch, ich halte es Ihnen zugute, dass Sie natürlich keine Ahnung haben von Steueraufkommen, von Steuereinnahmen und von Steuergenerierung, weil Sie immer und immer wieder nach der Steuererhöhung schreien. Uns wird ja vorgeworfen, wir würden immer und immer wieder nach Steuersenkung schreien, was wir gar nicht tun, aber die Gewerbesteuer, die trifft eben nicht nur Ihre Intimfeinde, die Autoindustrie, sondern die trifft auch den Klein- und Mittelstand in ihrer persönlichen Steuer. Und wenn Sie sich nur ein bisschen auskennen würden, dann wüssten Sie, dass bis 380 Punkte es da eine Verrechnungsmöglichkeit gibt und darüber hinaus nicht. Und wenn Sie die noch erhöhen wollen, dann treiben Sie die letzten kleinen Handwerker aus dieser Stadt heraus. Machen Sie es, mal sehen, ob Sie dann noch machen können! Und das Dritte, Herr Kotz, es ist schon erstaunlich, dass Sie den Vorschlag vom Herrn Oberbürgermeister so hoch loben und im Anschluss daran ungefähr 150 Millionen aufrufen, die da nicht drin sind. Also entweder es ist ein toller Haushalt, dann könnte man ihn einfach so verabschieden, oder er ist halt doch nicht ganz so gelungen und man muss eben doch noch 150 Millionen im Jahr drauflegen - im Jahr, wohlgemerkt - bei dem, was ich zumindest im Kopf, ohne die Liste zu haben, zusammengerechnet habe.

Also insgesamt - zum Glück heißt es hier nicht 'Vorstellung der eigenen Vorhaben', sondern 'Allgemeine Aussprache zum Haushalt' -, muss man sich natürlich schon über dieses Haushaltsverfahren Gedanken machen. Übrigens, für eine Organisationsuntersuchung über die Gesamtstadt wäre ich sofort dabei, also die gesamte FDP. Alleine schon deswegen, weil wir zu neuen Entscheidungsmöglichkeiten finden müssen. Es kann doch das Top-down nicht sein, dass immer der Bürgermeister zuerst gefragt werden muss, dann der Amtsleiter, danach der Abteilungsleiter und dann kommt es zu dem, der eigentlich Ahnung hat, der eigentlich entscheiden müsste. Da muss man doch die Frage stellen: Wie können wir neue Entscheidungsformen finden in Ämtern, die 300, 400, 500 Mitarbeiter haben? Da kann nicht einer entscheiden, dann wird es nie was. Und zwar mit allem, nicht nur mit der IBA nicht.

Also, wir sitzen da, kriegen eine rote Liste und daraus einen Auszug, nennt sich grüne Liste, und sind hilflos, weil wir - vor zwei Jahren hatten wir 90 oder 95 haushaltsrelevante Mitteilungsvorlagen, diesmal waren es über 200 mit Inhalten, die alle in sich wichtig sind. Dann könnten wir doch eigentlich gleich ein halbes Jahr vorher die rosarote Liste - sie soll ja rot sein, aber sie ist einfach nicht rot, sie ist halt rosa - die rote Liste verschicken, möglichst digital, dahinter gibt es eine Ankreuzmöglichkeit 'unterstützen wir / unterstützen wir zu soundsoviel Prozent'. Dann wissen wir am Anfang schon, was kriegt eine Mehrheit. Dann kann das gleich einmal in den Haushalt und den Rest diskutieren wir dann, die Kleinigkeiten, die Dinge, die uns bewegen. Und was ganz wichtig ist: Ein Haushaltsentwurf muss sich doch richten nach gesetzlichen Pflichtaufgaben, nach notwendigen Aufgaben und nach Gemeinderatsbeschlüssen. Da sitze ich hier Stunde um Stunde um Stunde in Sitzungssälen und Besprechungsräumen, ringe mit Links, manchmal mit Rechts, ringe mit den Grünen, mit den Roten, mit den Schwarzen, um am Schluss irgendeine Entscheidung zu treffen. Und die muss mir nicht mal gefallen. Aber die Entscheidung ist demokratisch legitimiert durch dieses Hauptorgan. Und dann muss die Verwaltung dieses hier ja auch umsetzen. Und zwar ohne Wenn und Aber, und das gehört dann in einen Haushalt, ohne Wenn und Aber.

Ich fange jetzt mal mit dem Personal an. Natürlich sind da eine ganze Menge Stellen drin in diesem Haushaltsentwurf. Natürlich, die sind ja auch alle gar nicht schlecht, die sind sogar alle wichtig. Aber es sind noch lange nicht alle, die wir als Hauptorgan - übrigens auf Anregung der Verwaltung - beschlossen haben, im Prinzip beschlossen haben, als wir das Amt für Digitalisierung aus der Taufe gehoben haben. Das kann doch nicht sein, dass wir ein Amt DO.IT nennen und niemand tut was. Weil sie keine Stellen haben. Das geht doch nicht! Es ist ja nur in der Systematik so. Ich höre ja manchmal diese verwirrten Aussagen 'Oje, Stellen, viel zu viele Stellen, das kostet alles viel zu viel Geld'. Also, die Systematik - ich versuche, es auch der Verwaltung zu erklären. Ich bin ja selbstständig. Also, wenn mir morgen der Herr Kotz über den Weg läuft und sagt, 'Du, bei mir im Betrieb läuft es nicht mehr so, brauchst du einen Hausmeister?', dann sage ich, 'ja, ich stell dich jetzt ein'. Bin ich aber der Herr Erste Bürgermeister Dr. Mayer, dann sagt der zum Kotz: 'Nein, ich habe nämlich keine Stelle. Ich habe zwar Bedarf, aber keine Stelle.' Und weil im öffentlichen Dienst ich zu jedem, den ich einstelle, eine Stelle brauche, muss ich die Stelle halt nun mal schaffen. Und da zählt die Argumentation, 'es gibt einen unheimlich angespannten Arbeitsmarkt, wir kriegen die eh nicht besetzt', die zählt natürlich nicht. Und dann kann natürlich nicht sein, dass von 233 beantragten Stellen im Bereich der Digitalisierung - und wir befinden uns in Stuttgart in der Steinzeit der Digitalisierung - wir 30 Stellen in der grünen Liste finden. Machen wir mal ein Beispiel: Mit großem Brimborium wurde BIM (Building Information Modelling) in Stuttgart vorgestellt. Aber keine einzige Stelle, um das irgendwie auch noch weiterzumachen. Eine schöne große Darstellung, aber keine Stelle, um das jemals ins Laufen zu bringen. Das ist doch Irrsinn! Da müssen die Stellen her. Ob das 233 sein müssen, weiß ich nicht. Aber ganz bestimmt auch keine 30. Und dazwischen ist die Wahrheit. Und die Wahrheit muss jetzt, obwohl das eigentlich nicht unsere Aufgabe ist, der Gemeinderat machen. Vielen Dank, dass Sie das machen, 59 andere und ich, sind 60. Und der Herr Oberbürgermeister, der hat ja das Seine schon getan.

Kommen wir noch einmal zu einem zentralen Punkt der Versorgung der Menschen in dieser Stadt. Das Jammern über den Bildungsabsturz in Baden-Württemberg ist ja riesig groß. Da sind die Grünen dran schuld und dann sind die Schwarzen dran schuld gewesen, weil sie den Grünen das nicht richtig überlassen haben, oder irgendjemand, und am Schluss ist die FDP immer schuld, ist mir schon klar. Aber auf jeden Fall will ich doch mal eines feststellen: Als Schulträger ist man in der heutigen Zeit dafür zuständig, die optimalsten Gebäude zu erstellen und vor allem zu erhalten. Und jetzt guck ich in Ihre grüne Liste rein und da finde ich gar nichts. Da finde ich weder Mittel für begonnene Bauten - die Frau Meergans hat es schon gesagt - ich finde aber auch keine Mittel für Weiterplanungen oder für Neuplanungen. Ich finde vor allem auch keine Mittel für die Digitalisierung der Schulen. Wir wollen die digitale Schule. Wir müssen sie haben. Dann müssen wir aber auch Geld in die Hand nehmen. Dann reicht halt nun mal ein halber Klassensatz iPads pro Stufe nicht ganz aus. In Stuttgart hat jedes dritte, jedes vierte Kind ein Tablet, es gibt aber schon Klassenräume ganz ohne Tafel, also der Unterricht findet völlig digital statt, bloß leider kann der arme Schüler da nicht so richtig folgen, denn er hat es ja nicht in der Hand. Und das ist übrigens auch eine soziale Frage. Klar gibt es genügend Leute, die ihren Kindern iPads kaufen können. Dann fallen die anderen halt hinten runter. Man könnte sagen: Toll, wäre eine totale FDP-Linie, ist es aber eben nicht! Wir haben natürlich die kompletten Mittel dafür eingestellt, damit die Schulen auf Vordermann bleiben und damit die Schulen weiterentwickelt werden können über die nächsten Jahre.

So ist es bei den Kitas auch. Für Angebot und Nachfrage, für Umstellung, da ist genügend da. Für Planung oder Neubau neuer Kitas, obgleich das eine gesetzliche Pflichtaufgabe ist - die kann einem gefallen oder auch nicht, aber sie ist nun einmal da und wir erfüllen sie nicht - sind keine Mittel da. Die müssen wir einstellen, das werden wir auch tun bzw., das heißt, ich hoffe, dass wir das gemeinsam tun, dass man da vorankommt.

Das Nächste zum Personal: Seit 14 Jahren bin ich im Personalbeirat. 14 Jahre besprechen wir, dass wir immer mehr Abgänge haben als prognostiziert. Die geburtenstarken Jahrgänge, also ich zum Beispiel, kommen erst noch und gehen. Dann gibt es eine Untersuchung - der Gemeinderat ist total dafür und will das auch - das müssen wir machen, dass wir die Leute besser unterstützen, dann gibt es die GRDrs 48/2023 und was passiert? Im Haushaltsvorschlag sind gerade mal die Pool-Stellen drin. Alles andere, Gewinnung, Erhaltung, das ist alles nicht verwirklicht. Und so könnte ich jetzt weitermachen, was ich nicht kann, weil nämlich schon 11 Minuten und 51 Sekunden vergangen sind.

Kurz und gut: Die FDP hat sich dann entschieden, wir machen das nicht, wir schreiben keine 130 bis 150 Anträge. Nein, wir gehen in die gleiche Systematik, wir machen etwas Vernünftiges, wir machen eine gelbe Liste, in der eigentlich alles drin ist. Wir könnten jetzt abstimmen, gehen wir raus, gehen wir heim, dann ist alles gut. Nein, nein, da fehlt bestimmt etwas, vielleicht ist auch ein bisschen zu viel drin. Wir müssen dazu kommen, dass wir vernünftige Vorschläge haben, um uns dann darüber zu unterhalten. Übrigens, mein Lieblingsthema, das habe ich ja noch gar nicht gesagt: Wir müssen mehr Geld in die Hand nehmen für den Erhalt und die Pflege und den Bau unserer Radwege, Fußwege, der Gewässer, der Brunnen, der Straßen auch, da müssen wir mehr Geld in die Hand nehmen. Das Geld kommt natürlich aus der Steuer, Herr Rockenbauch. Aber Sie wollen sie ja erhöhen. Da diskutieren wir jetzt nicht. Ich bin fertig. Vielen Dank!"

StR Schrade (FW):
"Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren. Der Doppelhaushalt, den wir in diesem Herbst beraten, steht in einer ganzen Reihe von Haushalten, die wir im Laufe der Wahlperiode bereits beraten und beschlossen haben. Seit 2019 gab es ja nicht nur die beiden regulären Doppelhaushalte, sondern auch vier Nachtragshaushalte, anhand derer deutlich wird, dass die letzten Jahre turbulent waren. Zudem, auch darauf will ich hinweisen, haben wir in der jüngeren Vergangenheit außerhalb von regulären Haushaltsplanberatungen Beschlüsse gefasst, die den Stadthaushalt gehörig belasten werden. Wir haben beschlossen, die SSB mit 100 Mio. EUR pro Jahr zu unterstützen, um den klimafreundlichen ÖPNV zu verbessern, weiter auszubauen und damit attraktiver zu machen. Wir geben 300 Mio. EUR aus, damit die Stadtwerke Stuttgart die Energiewende vorantreiben können. Die SWSG erhält 200 Mio. EUR, damit sie ihren Gebäudebestand energetisch ertüchtigen und gleichzeitig neue Wohnungen bauen kann. Und wir haben das kostenlose 49-Euro-Ticket für alle städtischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschlossen, damit ihnen der Umstieg auf den ÖPNV erleichtert wird.

Angesichts dieser Rahmenbedingungen haben wir bei unseren Haushaltsanträgen einmal mehr ganz bewusst auf große und visionäre Vorschläge verzichtet. Solche Vorschläge erregen zwar Aufsehen, wenn große Summen im Raum stehen, aber das Geld fließt oft nicht ab, erzielt also zunächst wenig Wirkung. Ein Beispiel: In den Beratungen zum Doppelhaushalt 2022/2023 hat der Gemeinderat beschlossen, für die klimaneutrale Sanierung städtischer Gebäude ab dem Jahr 2023 ein Budget in Höhe von 50 Mio. EUR pro Jahr bereitzustellen. Wir Freie Wähler standen und stehen diesem hohen Betrag kritisch gegenüber, weil wir davon ausgehen, dass das Budget aufgrund der Auslastung der städtischen Bauämter und aufgrund fehlender Handwerker gar nicht verbaut werden kann. Da uns bis jetzt nicht gesagt werden konnte, was mit dem Geld finanziert wurde und wie viel davon abgeflossen ist, erwarten wir Aufklärung im Laufe der Beratungen.

Der Kritik, dass der Haushaltsentwurf viele Lücken aufweist, schließen wir Freie Wähler uns an. Mit unseren Anträgen wollen wir offensichtliche Mangelsituationen kenntlich machen und einige dieser Lücken durch die Bereitstellung der benötigten Gelder schließen. Als besonders prägnantes Beispiel für eine Lücke will ich die Neubau- und Erweiterungsvorhaben für Stuttgarter Schulen nennen. Nicht ein einziges Projekt aus diesem Bereich hat es aus der Anmeldeliste der Ämter auf die grüne Liste geschafft. Dabei umfasst die Liste der Schulbauvorhaben zahlreiche Projekte und ist noch lange nicht abgearbeitet. Nachdem das Schulbauprogramm durch Stellenschaffungen in früheren Haushaltsplanberatungen und den mühsamen Aufbau von personellen Ressourcen beim Schulverwaltungsamt und beim Hochbauamt nun endlich Fahrt aufnimmt, darf es keinesfalls durch fehlende finanzielle Mittel ausgebremst werden. Wenn uns Bildungsgerechtigkeit ein hohes Ziel ist, dann muss die Stadt als Schulträger liefern und für zeitgemäße und ordentliche Schulgebäude sorgen. Deshalb wollen wir Freie Wähler die Gelder für die wichtigen Schulneubau- und -erweiterungsvorhaben im kommenden Doppelhaushalt unbedingt zur Verfügung stellen.

Das Thema Bildungsgerechtigkeit führt direkt zur nächsten Großbaustelle. Dass die Kita-Bauten in der grünen Liste sind, freut uns. Angesichts der Mangelverwaltung bei Betreuungsplätzen halten wir es aber für notwendig, dass nicht nur Kitas gebaut werden, sondern auch viel unternommen wird, um die freien Träger, auf die die Stadt bei der Kinderbetreuung dringend angewiesen ist, auskömmlich zu finanzieren. Wir halten an unserem langjährigen Ziel fest, die freien Träger bei den Fachpersonalkosten mit 100 % zu fördern, und hoffen natürlich, dass wir diesem Ziel näherkommen werden.

Was uns Freie Wähler ebenfalls beschäftigt, ist der Zustand der Verkehrsinfrastruktur. An der Sperrung der Rosensteinbrücke in Bad Cannstatt, den Schäden an weiteren Brücken und am Zustand von Straßen, Wegen und Plätzen kann man gut erkennen, dass der Pflege und dem Erhalt der Verkehrsinfrastruktur dringend eine höhere Priorität eingeräumt werden muss. Deshalb wollen wir mehr Geld in den Erhalt der Verkehrsinfrastruktur investieren und die Budgets des Tiefbauamts erhöhen. In unseren Anträgen für das Tiefbauamt geht es aber nicht allein um den Straßenbau, sondern auch um Maßnahmen in den Bereichen Klimaanpassung, Energieeinsparung, Sicherheit und Barrierefreiheit, also beispielsweise um Brunnen und Wasserspiele, Hochwasserschutz oder um taktile Leitlinien für sehbehinderte und blinde Menschen.

Mit dem Ziel, den Bestand an Bäumen und Hecken im Stadtgebiet zu pflegen, haben wir finanzielle Mittel zur Fortsetzung des Klimawandelanpassungskonzepts im Zuständigkeitsbereich des Garten-, Friedhofs- und Forstamts beantragt. Denn ausgerechnet die Maßnahmen zum Erhalt des Baumbestandes durch kontinuierliche Nachpflanzungen und die dringend erforderliche Intensivierung der Pflege von Jung- und Bestandsbäumen, Baumquartieren und Obstbäumen sind nicht in der grünen Liste enthalten. Damit das Amt seinen vielfältigen Aufgaben nachkommen kann, haben wir zudem Mittel für die Neugestaltung von Kinderspielplätzen, die Sanierung von Grünanlagen, die Instandhaltung und Weiterentwicklung der Friedhöfe sowie zum Neubau von Betriebsgebäuden und zur Beschaffung von Arbeitsmaschinen und Fahrzeugen beantragt.

Den Klimaschutz und die Energiewende wollen wir Freie Wähler durch die Unterstützung der Förderprogramme im Energiebereich voranbringen. Neben den Förderprogrammen Wärmenetzanschluss, Solaroffensive, Beleuchtungssanierung und Wärmepumpen wollen wir auch das Heizungsaustauschprogramm fortsetzen und Geld für kostenfreie Energieberatungen bereitstellen. All diese Maßnahmen können und sollen Hauseigentümer dazu motivieren, ihre Gebäude in einen klimafreundlichen Zustand zu versetzen. Wenn wir in diesem Bereich vorankommen wollen, brauchen wir zudem mehr gut ausgebildete Handwerker. Ohne diese Handwerker werden Energieeinsparungen, mehr Klimaschutz und Klimaanpassung im Gebäudesektor nicht möglich sein. Deshalb unterstützen wir die Aktivitäten der Kreishandwerkerschaft Stuttgart, mit denen vor allem mehr Schulabgänger für das Handwerk gewonnen werden sollen.

Wichtig ist uns Freien Wählern einmal mehr die Feuerwehr. Die Vorkommnisse der letzten Jahre haben gezeigt, welche Bedeutung dem Katastrophenschutz und damit auch der Berufsfeuerwehr und den Freiwilligen Feuerwehren zukommt. Dieser Bedeutung wird die grüne Liste nicht einmal ansatzweise gerecht, weil selbst unerlässliche Lehrgänge oder die Dienst- und Schutzkleidung für die zusätzlichen Feuerwehrleute, die derzeit eingestellt werden, nicht im Haushalts-Entwurf enthalten sind. Klar ist auch, dass die Mittel für die Planung des Führungszentrums für Sicherheit und Gefahrenabwehr im NeckarPark und für die Sanierung und den Neubau von Gerätehäusern der Freiwilligen Feuerwehr bereitgestellt werden müssen. Die Reinigung der Feuerwehrhäuser, die die Freiwillige Feuerwehr bisher in Eigenregie und auf ehrenamtlicher Basis erledigt, soll künftig ausgeschrieben und vergeben werden. Auch dafür haben wir Gelder beantragt. Was wir ebenfalls fortsetzen und verbessern wollen, ist die Förderung des Ehrenamts bei der Feuerwehr. Neben der Bereitstellung von Mitteln für den sogenannten Digitalpakt 2, für die Förderung von Kinder- und Jugendgruppen oder die Erhöhung des Sachkostenzuschusses für die Brandschutzerziehung liegt uns Freien Wählern die Anpassung der Feuerwehrentschädigungssatzung besonders am Herzen. Wir erwarten, dass die Verwaltung unserem Antrag vom 14. März nachkommt und dem Gemeinderat einen konstruktiven Vorschlag zur Anhebung der Aufwands-, Einsatz- und Funktionsentschädigung vorlegt.

Neben vielen anderen Vorhaben und Maßnahmen im Sportbereich wollen wir auch diesmal wieder finanzielle Mittel für die Instandsetzung von Schwimmbädern und den Ausbau der Wasserflächen im Haushalt bereitstellen. Seit der Schließung des Stadtbades in Bad Cannstatt und des Schwimmbeckens im Pflegestift Münster sind die Wege zum nächsten Schwimmbad und zum nächsten Schwimmkurs für Viele länger geworden. Dem Vorschlag des Schwimmvereins Cannstatt, beim Mombach-Bad ein Lehrschwimmbad namens Mombach Water Cube zu errichten, wollen wir deshalb gerne zum Erfolg verhelfen.

Wie Sie sehen, haben wir uns einige Schwerpunkte vorgenommen, mit denen wir in die Beratungen gehen. Zu vielen anderen Themen gibt es ebenfalls Anträge von uns, zu manchen aber auch nicht, weil wir nicht zu jedem Thema Anträge stellen konnten. Im Rahmen der Lesungen werden wir sicherlich dem einen oder anderen Antrag der anderen Fraktionen zu einer Mehrheit verhelfen, was ja auch im Sinne der Beratungen ist. Einen Antrag zum Stellenplan werden wir noch nachreichen.

Gestatten Sie mir zum Ende meiner Rede noch einige kritische Anmerkungen zum Verfahren der Haushaltsplanberatungen. Nicht nur wir Freie Wähler haben den Eindruck, dass jetzt noch einmal alles wesentlich aufwändiger und unübersichtlicher ist, als es das bei früheren Haushaltsplanberatungen war. Allein die Fülle von über 200 haushaltsrelevanten Mitteilungsvorlagen, von denen es vor zwei Jahren etwa 100 gab, und die fast 100 Seiten starke rote Liste machen deutlich, dass es zumindest für kleine Fraktionen kaum zu schaffen ist, die Unterlagen zu sichten und zu erfassen. Die formalen Anforderungen, die von der Kämmerei neu hinzukamen, führten teilweise zu einem erheblichen zeitlichen Mehraufwand zu zweiseitigen Anträgen und auch zu Problemen mit der Technik. Außerdem sind manche der Mitteilungsvorlagen leider so gestaltet, dass man sich darin nur schwer zurechtfindet. Da alle, von der Kämmerei über die Ämter und Referate bis hin zu den Fraktionsgeschäftsstellen und uns Stadträten unter der immensen Arbeitsbelastung leiden, plädieren wir Freie Wähler für ein konstruktives Nachdenken, wie die Vorbereitungen für die Haushaltsplanberatungen künftig deutlich einfacher und mit weniger Zeitaufwand gestaltet werden können. Zum Schluss meiner Rede geht ein herzliches Dankeschön an den Sitzungsdienst, an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die die Haushaltsanträge ins System brachten, an die Stadtkämmerei und an alle anderen Beteiligten. Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit."

StR Köhler (AfD):
"Sehr geehrte Damen und Herren, gerne wird sich ja im Rahmen von Haushaltsdebatten bei den Bürgerinnen und Bürgern, bei den Unternehmen und den Unternehmerinnen bedankt für die Leistungsbereitschaft, für das Erbringen der Gelder. Für Gelder, die wir regelmäßig ausgeben, wird sich natürlich zu Recht bedankt. Man tut manchmal so, so kommt es mir manchmal vor, als hätte es im Rathaus ein Unternehmen, das sich bei seinen Kunden bedankt, weil es so einen hohen Umsatz generiert, ob der guten Produkte, die man selbst anbietet. Natürlich eine Illusion. Tatsächlich konfiszieren wir erst einmal das Geld der Bürger, ihr erarbeitetes Geld, wir nehmen es ihnen - ist hart formuliert, aber es ist so -, unter Strafandrohung weg. Dieser überaus banale Sachverhalt ist heutzutage für manchen aber offensichtlich schon zur hochabstrakten Denkaufgabe geworden. Daher könnte man fast an dieser Stelle ein Lob den Finanzämtern geben, ein herzliches Dankeschön ans Finanzamt aussprechen, denn nichts, wirklich nichts, funktioniert in diesem Land so gut wie die fiskalische Auf- und Eintreibungsmaschinerie, meine Damen und Herren.

Ich will auch noch ein bisschen was über das politische Umfeld sagen, in dem dieser Haushalt stattfindet, das politische Umfeld hat durchaus mit dem Haushalt zu tun, aus meiner Sicht und aus der Sicht der AfD insgesamt. In einem Land, in dem bereits Durchschnittsverdiener mehr als die Hälfte ihres Einkommens zwangsweise weggenommen bekommen, denn alles andere wäre ja bekanntlich herzloser Manchesterkapitalismus, in so einem Land wird die Abgabenflut selbst zur zentralen Stellschraube für Armut und Wohlstand. Diese Abgabenflut sorgt dafür, dass der Antagonismus, die Gegensätzlichkeit zwischen Arbeitnehmern und Unternehmen schwindet, dass stattdessen der Antagonismus, die Gegensätzlichkeit zwischen Bürger und Staat, zunimmt. Das geht mit einer zunehmenden Delegitimierung der Ausgabenpolitik selbst aller staatlichen Ebenen zusammen. Das spürt man bei den Leuten, die Leute begreifen, wie hoch ihre Abgaben sind. Sie haben zunehmend den Ruf: 'Für dieses habt ihr Geld, für jenes aber nicht.' Das nimmt zu. In diesem Antagonismus zwischen Bürger und Staat, da befindet sich die AfD als Partei der Bürger auf ihrem Erfolgskurs. Das ist ein Teil davon für den Erfolgskurs der gesamten so genannten, von manchen so genannten, rechtspopulistischen Bewegungen, was auch immer.

Da haben Sie auch mal einen Hinweis, meine Damen und Herrn, auf den generellen Betrachtungsrahmen, den wir hier anstellen, den wir als Partei auf diesen Haushalt haben, auf einen Doppelhaushalt, ist ja schon mehrfach genannt worden, der auf Rekordniveau sich befindet, mit Rekordeinnahmen, die man überrascht oder überraschend zur Kenntnis genommen hat, prompt aber ebenso auch mit den darauffolgenden Rekordausgaben. Rekordeinnahmen, die verständlicherweise nicht auf Dauer gestellt sind, da sind wir uns wohl alle einig. Wir alle wissen, welche Krisenzeichen in diesem grünen Wirtschaftswunderland Deutschland sich mittlerweile so am Wolkenhimmel abzeichnen. Genauso wie wir wissen, dass die Rekordausgaben dieses Haushalts, wie sie jetzt erfolgen, schwer wieder einzufangen sind und eine Neigung haben, sich auf Dauer zu stellen. Rekordausgaben - das ist schon in der Eingangsrede des Oberbürgermeisters neulich bei der Einbringung gesagt worden -, Rekordausgaben für soziale Leistungen bis 2025, die steigen rund 160 Mio. EUR auf 1,1 Mrd. EUR. Rekord bei den Stellenzuwächsen, auch wenn ich gelernt habe, dass es nicht ganz so schlimm ist, bei den Stellenzuwächsen mit laut Oberbürgermeister zusätzlichen 750 Stellen für Kita, Erziehung, für Flüchtlingsbetreuung, für Jobcenter, ein Teil auch für Digitalisierung. Und ganz, ganz prägnant, mit einer Rekordanmeldung der Ämter und Referate, eine Vervielfachung seit 2018 auf insgesamt 2,9 Mrd. EUR.

Offenbar benötigen die Bürger dieser Stadt immer mehr infrastrukturelle und monetäre und sonstige weitere Ressourcen seitens der Kommune. Der Staat, diesmal in Form der Kommune, soll es richten, weil die Menschen, die jetzt in der Stadt leben, weil sie immer mehr Gruppen in der Stadt haben, die immer mehr Betreuung beanspruchen und sich immer weniger selbst zu helfen wissen, und weil sich ein nie gekannter bürokratischer Aufwand in der Kommune breitgemacht hat. Und die Menschen, die das richten könnten oder auch nur richten wollten, die sind offensichtlich immer weniger in ausreichender Zahl vorhanden. Ich erinnere an die 1.500 Stellen, die unbesetzt sind, die wir vor uns herschieben, die wir eigentlich besetzen müssten, und an die 1,2 Mrd. EUR, die wir als nicht umgesetzte Maßnahmen wie einen Berg vor uns herschieben. Eine Stadt in der Klammer ihrer eigenen Überforderung, ihres eigenen Helfersyndroms. Und wenn ich an diese nicht besetzten Stellen denke oder auch an die 1,2 Mrd. EUR, die wir vor uns herschieben, kann man schon ein bisschen auch von einem Phantasie-Haushalt sprechen, wenn wir da jetzt überlegen, wie wir diese Stellen herbeischaffen wollen, die wir da voraussichtlich dann beschließen werden.

Die Stadt rennt also unter dem Banner des grünen Wirtschaftswunders in ihre eigene Verschuldung hinein. Die 305 Mio. EUR Defizit für 2025, die prognostiziert sind, sind erst der Anfang eines von der Kämmerei dauerhaft erwarteten Defizits die nächsten Jahre. Man hört ja das leise Flehen aus der Kämmerei, dass man bitteschön doch seine eigenen Vorschläge immer mit entsprechenden Deckungsvorschlägen gegenrechnen soll. Ich könnte Ihnen den Gefallen tun. Wir verzichten als AfD auf das Förderprogramm Privates Laden genauso wie auf das Förderprogramm Wärmepumpe, genauso, wie wir auf den Klima-Investitionsfonds gerne verzichten und stattdessen die Stuttgarter Eigentumsförderung, das SEP, das Stuttgarter Eigentumsförderungs-Programm mit 12 Mio. EUR 2024 und weiteren 12 Mio. EUR auf 2025 verzigfachen, weil bei diesen hohen Zinssätzen und der hohen Inflation eine Eigentumsförderung das Gebot der Stunde ist. Und wir verzichten auch gerne auf die völlig unverhältnismäßige und planlose Förderung der SWS. Kapitalzuschuss, auf den können wir verzichten. Und der macht die Mittel frei dann für ein vollständiges Fort- und Ausbildungszentrum der Feuerwehr in voller Größe. Der macht die Mittel frei für eine von uns beantragten Interimsbrücke, die den Individualverkehr über den Neckar in Cannstatt wieder fließen lässt, genauso, wie er Gelder freimacht für die zerfallende Infrastruktur, um der entgegenzuwirken, genauso wie um die baulichen Verhältnisse an den Schulen wirklich in den Griff zu kriegen. Und natürlich, selbstverständlich, auch die Sicherheit in der Innenstadt endlich auf das Niveau zu hieven, wie es vor zwanzig Jahren einmal war.

Meine sehr verehrten Gemeinderäte und Gemeinderätinnen, ich werde hier jetzt keine klimatologische Debatte führen, keine Sorge, mache ich nicht. Lassen Sie mich trotzdem ein paar Worte zur klimatologischen Steuerbelastung oder zur Gesamtbelastung für die Bürger verwenden. Es sind ja nicht allein, niemand weiß das so ganz genau, geplant sind so 400 Mio. EUR, die jährlich von der Stadt mindestens bis 2035 dafür ausgegeben werden sollen. Sich selbst hat die Stadt ja die Klimaneutralität insgesamt mit 12 Mrd. EUR Kosten für die Bürger von McKinsey schönrechnen lassen. Tatsächliche Kosten natürlich wie immer mit nach oben offenem Ende auf der Skala. Das macht dann 'Pi mal Daumen' schon vor diesem Haushalt weit über 40.000 EUR Belastung für die Stuttgarter Bürger. Das ist Klimapolitik mit der Brechstange. Wobei man sich aussuchen kann, was mehr Ausdruck eines gewissen Irrsinns ist - die finanzielle Überforderung der Bürger oder der Aberwitz, mit der man jährlich 5.500 Heizungen herausreißen will mit all den Belastungen, die das erzeugen würde. Das ist auch ein klimapolitisches Phantasma, ist ja gar nicht möglich. Das alles, das muss man sich klarmachen, das alles ohne jede wirklich bindende internationale Vereinbarung, allein, anstatt das gesamte Land, und mit ihm, speziell unsere Kommune, als klimapolitischer Musterknabe vor, damit in China ein Tag länger CO2 emittiert werden kann. Das ist so berechnet, eine zuverlässige Zahl. Das kommt hier so technokratisch daher, so vermeintlich überlegen, rational, und ist doch nur Ausdruck eines vollkommen unüberlegten Dogmatismus und einer volkswirtschaftlichen Verschwendung, die ihresgleichen sucht. Wir sagen als einzige Partei klipp und klar den Bürgern da draußen, wir werden dabei nicht mitmachen. Wir werden dafür sorgen, dass diese Beschlüsse zurückgenommen werden. Das kann schneller kommen als man denkt. Ich danke Ihnen."

StRin Yüksel (Einzelstadträtin):
"Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, meine sehr geehrten Damen und Herren, zunächst möchte ich damit beginnen, der Verwaltung für ihre Vorarbeit und für die Vorbereitung der Haushaltsplanberatungen zu danken, insbesondere, da der Haushalt ja gerade für die Verwaltung immer ein sehr großer Kraftakt ist. Anschließen darf ich aber auch sogleich mit Kritik. Denn leicht haben Sie es uns bei diesen Haushaltsplanberatungen im Vorfeld wirklich nicht gemacht. Bereits die Systematik der grünen und roten Liste war nicht einheitlich, mit teilweise unterschiedlichen Überschriften, nicht immer passender Reihenfolge, mit Zusammenfassung vieler Projekte und Vorhaben, sodass man sie kaum finden konnte. Und das war wirklich mühsam, bis man teilweise herausgefunden hatte, was im Verwaltungsvorschlag tatsächlich berücksichtigt wurde und was man noch beantragen musste. Hinzu kamen die verlangten Tabellen unter jedem Antrag zu den finanziellen Auswirkungen, von der Mehrarbeit beim elektronischen Einstellen der Anträge ganz zu schweigen, das hätte man wirklich besser machen und vorbereiten und auch besser kommunizieren können. Wir üben das Mandat hier ehrenamtlich aus und sind hier auf die gute Vorarbeit der Verwaltung wirklich angewiesen.

Dann hätte ich es auch wirklich begrüßt, wenn von allen Amtsleitungen, aber auch von der Bürgermeisterbank, die entsprechenden Informationen und Unterlagen für die jeweils für sie wichtigen Themen zum Haushalt nicht nur den Fraktionen, sondern zeitgleich auch mir als Einzelstadträtin überlassen worden wären. Bei mir kam das Ganze nämlich nicht immer an. Stellvertretend für alle, die dies getan haben, darf ich mich an dieser Stelle aber auch ausdrücklich bedanken, und zwar bei Prof. Dr. Ehehalt, der Amtsleitung des Gesundheitsamtes, nicht nur für die wirklich gut und nachvollziehbar zusammengestellten Unterlagen, sondern auch dafür, dass er sogar an Wochenenden bestehende Fragen zum Haushalt beantwortete, aber auch bei Frau Häußler vom Gesamtpersonalrat, vielen Dank dafür.

Nun aber zum vorgelegten Haushaltsvorschlag. Dieser ist zwar schlimm, aber hat durchaus vernünftige und gute Ansätze. Da sollte man wirklich auch fair bleiben. Zum Beispiel in Hinsicht auf die geplanten und wichtigen Investitionen in die Infrastruktur, im Hinblick auf die Stärkung der Eigenbetriebe oder im Hinblick auf die Investitionen in die Digitalisierungsoffensive. Die teilweise guten Ansätze sind aber oftmals nicht zu Ende gedacht bzw. nicht durchfinanziert und lückenhaft. Zum Beispiel wieder im sozialen Bereich, was ich wirklich nicht nachvollziehen kann, nachdem bei den letzten Haushaltsplanberatungen doch gerade dieser Punkt kritisiert wurde. Ich habe dementsprechend 70 ausformulierte eigene Anträge gestellt mit ähnlichen Schwerpunkten wie auch bei den letzten Haushaltsplanberatungen, wobei sehr viele Sammelanträge darunter sind und die Gesamtzahl der einzelnen Punkte bzw. Anträge insoweit in einem höheren dreistelligen Bereich liegen dürfte. Auf nur einige wenige möchte ich hier eingehen, bei denen ich davon ausgehe, dass sie nicht auch von den anderen Fraktionen gestellt worden sind.

Und beginnen möchte ich hier mit der Ausländerbehörde. Mit dem Thema, das zuletzt bundesweit durch die Medien ging. Ich habe einige Anträge gestellt, um die Zustände beim Amt für öffentliche Ordnung, aber vor allem bei der Ausländerbehörde zu verbessern. Lediglich auf zwei Anträge möchte ich hier eingehen und bitte um Ihre Unterstützung. Zum einen das Servicetelefon. Ein Antrag betrifft das Servicetelefon, das ja beim Welcome-Center angesiedelt ist. Die Ausländerbehörde ist weiterhin telefonisch praktisch nicht erreichbar. Sie hat zwar dem Welcome-Center Stellenanteile für das dort geführte Servicetelefon zur Verfügung gestellt, dies ist aber befristet bis 2023. Hiermit kann das Servicetelefon aber nur drei Stunden täglich dann besetzt werden. Dementsprechend habe ich 2 Stellen beantragt, damit hier zum einen eine Hotline für die Kunden der Behörde und zum anderen eine weitere Hotline für die Arbeitgeber in dieser Stadt ganztägig besetzt werden können, und zwar angesiedelt beim Welcome-Center, das Stellen, die wir schaffen, auch besetzen kann.

Der zweite Antrag in diesem Bereich betrifft nicht die Organisation, sondern insgesamt die Untersuchung der Zusammenführung der Bereiche Einwanderung und Integration. Ich hätte gerne untersucht, welche Auswirkungen eine Neustrukturierung der Ausländerbehörde und eine Zusammenführung der Bereiche Einwanderung und Integration hätte, wie dies nicht nur von den Sachkundigen im Internationalen Ausschuss, sondern auch hier von einigen Stadträten durchaus gefordert wurde. Ich habe eine Anfrage zu den benötigten Mitteln gestellt, z. B. bei einer möglichen Beauftragung des Verbandes für kommunales Management mit einer entsprechenden Untersuchung.

Ein weiterer Schwerpunkt bei meinen Anträgen liegt wieder beim Thema Personal. Auch wenn die letzten Haushalte Personalhaushalte waren und auch, wenn wir die letzten Jahre wirklich viele Stellen geschaffen haben, um die Versäumnisse der Jahre zuvor nachzuholen, auch wenn im Verwaltungsvorschlag in diesem Haushalt wiederum viele Stellen enthalten sind, viele unverzichtbare und gerade strategisch wichtige Stellen fehlen im Verwaltungsvorschlag. Alleine mit Stellenschaffung kommen wir doch einfach nicht weiter, diese müssen auch besetzt und gehalten werden können, deshalb ist mir wirklich nicht nachvollziehbar, dass von den angemeldeten Stellen für neue Maßnahmen, Personalgewinnung und -erhaltung, weniger als die Hälfte im Verwaltungsvorschlag enthalten sind. Das ist doch genau die Stelle, wo die Verwaltung ansetzen sollte, um Personalprobleme der Stadt ernsthaft angehen zu können. Hier habe ich die Schaffung aller angemeldeten Stellen beantragt. Was ich ebenfalls so gar nicht verstehen konnte, waren die Beweggründe der Verwaltungsspitze, von den knapp 220 angemeldeten Stellen für Digital MoveS und Smart City Stuttgart gerade mal 30 Stellen in den Verwaltungsvorschlag aufzunehmen. Das wurde hier ja mehrfach heute angesprochen. Wir haben doch unstreitig ein großes Problem mit fehlendem Personal, eine hohe Fluktuation mit hohen Krankenständen und vieles mehr, da sollten wir doch dementsprechend schauen, dass wir vorhandenes Personal klug und effektiv einsetzen. Das geht aber nur mit einem schnellstmöglichen Ausbau der Digitalisierung. Jetzt haben wir auch noch glücklicherweise einen Ersten Bürgermeister, dem die Digitalisierung in der Stadtverwaltung ein großes Anliegen ist. Und dann kriegt er gerade mal 13 % der angemeldeten Stellen. Ursprünglich wollte ich ja wie die CDU hier die gesamten Stellen beantragen. Aber ich möchte auch wirklich mal die Beweggründe der Verwaltung erfahren, lediglich diese 30 Stellen zu schaffen, und habe deshalb erst einmal nur eine Anfrage gestellt, werde aber nach Beantwortung meiner Anfrage höchstwahrscheinlich da - ob es noch 190 Stellen werden, weiß ich nicht -, aber einige Stellen mehr beantragen.

Auch im Bereich Soziales und Gesundheit habe ich viele Anträge gestellt, unter anderem für die Aufstockung des Frühstückangebots durch den Verein Frühstück für Kinder. Ich will aber auch auf diese ganzen vielen Anträge hier gar nicht eingehen. Ich gehe davon aus, dass von den Fraktionen wieder im Bereich Soziales viele übereinstimmende Anträge vorliegen und möchte deshalb nur auf einen einzigen Antrag von mir eingehen, den die anderen Fraktionen mit großer Wahrscheinlichkeit nicht gestellt haben. Wir haben ja im letzten Haushalt bei der Strategischen Sozialplanung das Thema Einsamkeit verankert. Was mir aber ebenfalls sehr wichtig ist, ist die stadtübergreifende Vernetzung und der Ausbau von intergenerativen Beziehungen und Projekten, sprich, die Beziehung zwischen Alt und Jung oder Jung und Alt. Intergenerative Kontakte sind ja bislang zumeist familiäre Kontakte. Es ist aber so, dass durch die oft geforderte örtliche Flexibilität auf dem Arbeitsmarkt oder aus anderen Gründen familiäre Netzwerke auseinanderbrechen. Dementsprechend kann die Familie auf Dauer nicht das alleinige Standbein des Austausches zwischen Alt und Jung sein. Und wir haben einen dringenden Bedarf an Generationenbegegnungen außerhalb der Familie. Das würde ich gerne stadtübergreifend behandeln und bei der Strategischen Sozialplanung angliedern wollen, dies mit einer 50-Prozent-Stelle. Eine Behandlung des Themas im Rahmen von Age-friendly-Cities ist so umfassend und stadtübergreifend, wie ich mir das vorstelle, übrigens nicht möglich.

Zum Thema Kultur. Ich möchte ja nicht sagen, dass ich die grüne Liste diesbezüglich nachvollziehen kann. Aber - wir haben in den letzten Haushalten unglaublich viel Geld in die Kultur gesteckt. Wir hatten immer mehr Neuaufnahmen in die institutionelle Förderung. Natürlich mit sehr positiven Folgen, wie, dass wir mehrfach als Kulturhauptstadt Deutschlands ausgezeichnet wurden. Dessen ungeachtet bzw. gerade deshalb bin ich der Auffassung, dass wir in diesem Bereich ein wenig vorsichtiger agieren sollten. Ich habe zwar selbst einige Anträge aus dem Bereich der Kultur gestellt, war aber vor allem bei den Neuaufnahmen diesmal wirklich zurückhaltend. Hier würde ich mich sehr freuen, wenn die beantragten Mittel für das Planetarium durchgingen. Da haben wir ja schon im letzten Haushalt einiges gemacht, sodass wir mit diesen Mitteln das Planetarium insgesamt auf solide Füße setzen würden. Wichtig ist mir auch die Wiederaufnahme der Stuttgarter Buchwochen in die Förderung.

Meine Damen und Herren, auch wenn unsere Gesellschaft nicht ganz so polarisiert ist wie die in anderen Ländern, z. B. in den USA oder der Türkei, auch bei uns nimmt die politische Polarisierung zu. Rechtsextremismus, Populismus und Rassismus fordern uns als Gesamtgesellschaft. Es ist ja in diesem Zusammenhang immer wieder zu hören - Wehret den Anfängen! Die Anfänge haben wir zwischenzeitlich längst hinter uns gelassen. Es wäre wünschenswert, wenn bei all den berechtigten Diskussionen hierzu, auch bei den Haushaltsplanberatungen, wir dies nicht aus dem Blick verlieren würden. Die Demokratie ist keine Selbstverständlichkeit und bei dieser Entwicklung auch mehr als gefährdet. Ich fand es deshalb wieder wichtig, Mittel vor allem im Bereich der Demokratieförderung bei jungen Menschen zu beantragen, z. B. Hallo Demokratie, Partnerschaft für Demokratie, Initiative Hotel Silber, Tomorrow Campus von Team Tomorrow oder aber auch die Respektlotsen. Ich würde mich selbstverständlich auch freuen, wenn auch die vielen anderen Anträge von mir, die ich gestellt habe, durchgingen, z. B. auch mein Antrag zur Unterstützung der Kreishandwerkerschaft, bei der Akquise von Auszubildenden. Auch ich habe den Antrag gestellt, Herr Kotz. Allerdings nicht in Gänze, sondern abgeschwächt, nachdem auch die Handwerkerschaft große Probleme hat, Auszubildende zu finden. Und ich fand den Antrag durchaus sinnvoll. Nicht jeder, der das Abitur macht, muss auch studieren, sondern ist auch woanders ganz gut aufgehoben.

Zum Schluss darf ich noch mitteilen, dass ich nicht Teil irgendeiner Haushaltskoalition bin, dementsprechend werde ich bei den Haushaltsplanberatungen mir alle Anträge aus allen Fraktionen mit Ausnahme der AfD anschauen und hier gegebenenfalls auch zustimmen. Ich wünsche gute Haushaltsplanberatungen, danke!"

OB Dr. Nopper erteilt StR Rockenbauch auf dessen Bitte hin nochmals das Wort. Dieser geht folgendermaßen auf die Wortbeiträge der StRe Köhler und Dr. Oechsner ein: "Wenn sich hier diejenigen, die mit Rechtsextremismus in ihrer Partei echt ein enormes Problem haben, heute hinstellen, und so offensichtlich klar wird die soziale Brutalität ihres ganzen Programmes, wie gerade eben, dann ist das eines Kommentares würdig. Sie stellen das Gemeinwesen, die Kommune, wie Raubritter dar, um am Ende das Geld, das wir hier in der Kommune einsetzen, um Zusammenhalt zu garantieren, umzuverteilen - so haben Sie es gesagt - für eine Verzehnfachung des Eigentumsprogramms. Das ist wirklich soziale Kälte, die schmerzt. Ich bin mir sicher, die Menschen gehen dem nicht auf den Leim, weil, sie wissen genau, eine starke Kommune, die den sozialen und kulturellen Zusammenhalt fördert - an dem Sie sägen -, die ist der beste Schutz vor Menschen wie Ihnen.

Und dafür ist es wichtig, dass wir auch über Steuern reden. Man kann das ja so launisch-lustig machen, aber wir müssen uns doch an ein paar Stellen ehrlich machen! Bei all dem notwendigen Guten, das wir heute gehört haben, sind wir einige der wenigen Fraktionen, die auch sagen, wo es herkommt. Milliarden umverteilen von Rosenstein. Milliarden umverteilen von Betonprojekten, und ja, auch wir reden über die Steuern. Ich weiß, Sie sind da persönlich befangen, betroffen, wie auch immer man das sehen möchte bei der Gewerbesteuer, Herr Oechsner. Aber ich will Sie beruhigen, weil ich Sie sehr schätze. Sie wissen ganz genau, dass von 30.000 Unternehmen in dieser Stadt mal 11.000 überhaupt Gewerbesteuer bezahlen. Und dann sind es 25 von denen alleine über 50 % der Gewerbesteuer kommen. Ich glaube, da sind Sie nicht dabei, da müssen Sie sich gar keine Sorgen machen. Alleine aus den Sektoren Finanzen, Banken, Automobil und Informationstechnologie kommt über 60 %. Wussten Sie? Vielleicht sind Sie doch bei den Topverdienern dabei, dann trifft es Sie zu Recht. Aber bei den 60 % dieser Branchen, da sind Sie auch nicht dabei. Der Handel, der Apotheker, das sind 10 %. Da müssten Sie doch eigentlich, so clever sind Sie, erkennen, dass, wenn wir die anderen hier in Stuttgart fair beteiligen, an dem, was wir ihnen wieder zurückgeben, dann nützt es ihnen mit guter Kita, guter Infrastruktur, Digitalisierung und all den Projekten, die Sie für Gruppen und Brunnen vorgeschlagen haben, aber keinen Vorschlag machen, wie sie es finanzieren. Das nützt ihnen und hilft ihnen, deswegen hoffe ich, dass wir auch Sie gewinnen, weil ich schätze Sie sehr, für den sozialen Zusammenhalt in dieser Stadt sind Sie notwendig, und vielleicht haben Sie ja jetzt die Chance dafür, dem auch rechtzugeben."


StR Dr. Oechsner (FDP) entgegnet:
"Also, es ist ja eine Aussprache, keine Debatte, deswegen sprechen wir uns jetzt einmal aus. Herr Rockenbauch, es ist folgendermaßen. Sie sprechen ja immer von Gerechtigkeit, es gibt auch sowas wie Steuergerechtigkeit. Und ich habe überhaupt nichts dagegen, dass man Menschen am Gemeinwesen steuerlich beteiligt. Darum geht es ja auch gar nicht. Und Sie haben es zu Recht gesagt, nur 11.000 Unternehmen zahlen Gewerbesteuer. Und selbst wenn diese 11.000 Unternehmen Gewerbesteuer zahlen und davon nur 10 % Kaufleute, Einzelkaufleute sind, die mehr Steuern zahlen als ein vergleichbarer Arbeitnehmer, ist das nicht mehr steuergerecht. Und wir sprechen da nicht von persönlicher Betroffenheit. Machen Sie sich keine Angst um meine Finanzen. Sondern da sprechen wir von einem 'neu denken von Steuer'. Und wenn Sie unbedingt alle beteiligen wollen, dann stimmen Sie doch - ach können Sie nicht, haben doch keine Bundespartei - aber dann stimmen Sie mal den Ideen zu, dass man wirklich alle Bürger über die Einkommensteuer an den Finanzen der Kommune beteiligt. Das funktioniert nämlich auch, dann brauchen Sie nämlich gar keine Gewerbesteuer, dann machen Sie nur noch einen Messbetrag für Kapitalertragsgesellschaften. Ein großer Unterschied. Dann haben Sie nämlich die Einzelkaufleute raus. Und dann wird ein Schuh draus. Dann nimmt nämlich jeder, nach dem, wie viel er Steuern zahlt, Einkommensteuer, also nach seiner Steuerkraft - sprich sozial gerecht - an den Unternehmer und der Kommune teil. Da denken Sie jetzt mal darüber nach. Und wenn Sie das zu Ende gedacht haben, dann unterhalten wir uns gerne bei mir im Büro. Vielen Dank."


Nachdem sich keine weiteren Wortmeldungen ergeben, hält OB Dr. Nopper fest, dass man am Ende der heutigen Allgemeinen Aussprache über den Doppelhaushaltsplan-Entwurf 2024/2025 angelangt ist. Er dankt für die Beiträge und schließt die Sitzung.

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