Protokoll: Gemeinderat der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
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VerhandlungDrucksache:
422/2017
GZ:
StU
Sitzungstermin: 20.07.2017
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: OB Kuhn
Berichterstattung:
Protokollführung: Frau Westhaus-Gloël
Betreff: Parkraummanagement für den Stadtbezirk Stuttgart-Ost
Einführungsbeschluss für die 4. Stufe

Vorgang: Ausschuss für Umwelt und Technik vom 11.07.2017, nicht öffentlich, Nr. 332
Ergebnis: Einbringung

Ausschuss für Umwelt und Technik vom 18.07.2017, öffentlich, Nr. 350
Ergebnis: mehrheitliche Zustimmung

Verwaltungsausschuss vom 19.07.2017, öffentlich, Nr. 276
Ergebnis: einmütige Zustimmung


Beratungsunterlage ist die Vorlage des Referats Städtebau und Umwelt vom 03.07.2017, GRDrs 422/2017, mit folgendem

Beschlussantrag:

1. Der Einführung einer Parkraumbewirtschaftung in Kombination mit einer Bewohnerparkregelung nach StVO (Straßenverkehrsordnung) in dem im Lageplan zur Gebietseinteilung der 4. Umsetzungsstufe festgelegten Straßenraum (Anlage 1c) im Stadtbezirk Ost zum 01.12.2018 und den damit verbundenen finanziellen Auswirkungen (Anlage 2) wird zugestimmt. Das darin enthaltene Erweiterungsgebiet O5 wird bei Bedarf zu einem späteren Zeitpunkt umgesetzt, sofern die tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen für die Erweiterung vorliegen.


2. Von dem damit verbundenen zusätzlichen Stellenbedarf wird Kenntnis genommen:
- beim Amt für öffentliche Ordnung in Höhe von insgesamt 15,25 Stellen ab 01.06.2018 und ggfs. weiteren 2,5 Stellen ab 01.06.2019
- beim Amt für Stadtplanung und Stadterneuerung 1,0 Stellen mit der Verlängerung des kw-Vermerks um 2 Jahre (KW 01/2020)
- beim Tiefbauamt insgesamt 6,5 Stellen, davon: 2,5 Stellen mit Verlängerung des kw-Vermerks um jeweils 2 Jahre (KW 01/2020) und 4 Stellen, wovon 1,5 Stellen bereits in der GRDrs 317/2013 vorgesehen waren
- bei der Stadtkämmerei gibt es einen Bedarf an 0,58 Stellen bei Einführung des optionalen Gebietes O5

3. Der erforderliche Sachaufwand im Teilhaushalt 660 - Tiefbauamt - ist, wie in den finanziellen Auswirkungen dargestellt, als Vorbelastung zum Doppelhaushalt 2018/2019 bereitzustellen.

Über die Stellenschaffungen wird im Rahmen des Stellenplanverfahrens 2018/2019 entschieden, und der erforderliche Aufwand ist als Vorbelastung zum Doppelhaushalt 2018/2019 bereitzustellen.


Ob Kuhn erteilt zunächst Herrn Prof. Dr. Maier das Wort. Dieser habe schon im Ältestenrat angemeldet, zum Tagesordnungspunkt sprechen zu wollen.

StR Prof. Dr. Maier (AfD) bemerkt, laut Vorlage sollten für das Parkraummanagement im Stadtbezirk Ost insgesamt 25 neue Planstellen für die Überwachung des ruhenden Verkehrs geschaffen werden. Mit dieser vierten Umsetzungsstufe habe die Dienststelle Verkehrsüberwachung nicht weniger als 154 Planstellen. In den letzten Tagen sei in den Ausschüssen mehrfach darüber diskutiert worden, dass mehrere wichtige Ämter, wie das Garten- und Friedhofsamt und das Hochbauamt, nicht genügend Personal hätten, um die anstehenden Aufgaben so auszuführen, wie es notwendig wäre. Die Verkehrsüberwachung werde "luxuriös ausgestattet" für die Umsetzung einer Verkehrsideologie, die nicht von allen Fraktionen im Gemeinderat mitgetragen werde. Neben den Kosten für das Personal gehe es um mehr als 10 Mio. € für die Anschaffung und Aufstellung von über 1.000 Parkscheinautomaten. Die Maßnahmen zum Parkraummanagement sollten eigentlich durch den Bau von Quartiersgaragen begleitet werden. Davon sei nun nicht mehr die Rede. Im Gegenteil würden neue Vorlagen abgestimmt, die auf die Beseitigung weiterer Parkplätze abzielten. Die AfD-Fraktion werde der Vorlage nicht zustimmen.

OB Kuhn weist darauf hin, dass er die Ankündigung von Herrn Prof. Dr. Maier, zu reden, wie einen Antrag behandelt habe. Er werde künftig zum normalen Verfahren mit der Reihenfolge nach der Größe der Fraktionen zurückkehren und, falls eine Wortmeldung angemeldet werde, zunächst fragen, wer von den Fraktionen reden wolle.

StR Hill (CDU) betont, das Thema Parkraummanagement begleite den Stuttgarter Gemeinderat schon seit vielen Jahren. Angefangen habe das Projekt, das nie ein Projekt ohne Reibungsverluste gewesen sei, im Stuttgarter Westen. Insbesondere in den Bereichen, wo es zu bestimmten Grenzziehungen bei den einzelnen Sektoren gekommen sei, und "ein freihändiges Parken" für manchen nicht mehr möglich gewesen sei, habe es auch Unmut gegeben. Man könne aber nicht darüber hinwegsehen, dass Parkraum in Stuttgart, insbesondere in den hochverdichteten Innenstadtlagen, ein knappes Gut ist, mit dem möglichst effizient umgegangen werden müsse. Über die Jahre habe man festgestellt, dass dieser Parkraum über Gebühr von Pendlern benutzt werde, die ihr Auto morgens in die Stadt fahren und über acht, neun Stunden einen Parkplatz belegten. Dieser Parkplatz stehe dann nicht mehr für Anwohner, für Handwerker und Dienstleister zur Verfügung. Wenn man ein Instrument wie das Parkraummanagement einführe, müsse man auch dafür Sorge tragen, dass es eingehalten wird. Dann könne das Parkraummanagement auch dazu führen, Pendler verstärkt zum Umstieg auf den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) zu bewegen.

Zu bemängeln sei aber, dass Quartiersparkhäuser noch nicht in dem Maße errichtet worden sind, wie zunächst von der Verwaltung in Aussicht gestellt worden sei. Am Bismarckplatz sei es zwar nicht möglich gewesen, eine Quartiersgarage unterirdisch zu errichten, aber die Verwaltung werde auch nicht aktiv, um an anderer Stelle im Stuttgarter Westen ein Quartiersparkhaus zu errichten. Es stehe die Zusage im Raum, dass dort, wo die 100 %-Auslastung dauerhaft überschritten werde, für Ersatzparkraum gesorgt wird. Das Parkraummanagement löse nicht alle Parkplatzprobleme, aber es helfe denjenigen, die einen Parkplatz suchten, diesen zu finden. Bevor es keinen besseren Vorschlag gebe, trage die CDU-Fraktion das Parkraummanagement mit.

Bei der Ausweitung des Parkraummanagements in die vierte Stufe, so StR Peterhoff (90/GRÜNE), gehe es auch um die Lebensqualität. Die AfD-Fraktion zeige mit ihrer Kritik, dass sie verkehrspolitisch in alten Zeiten hängen geblieben sei. Im Gemeinderat sei vor der Einführung des Parkraummanagements hitzig diskutiert worden. Das Modellprojekt im Westen habe aber gezeigt, wie gut das Parkraummanagement funktionieren kann. Inzwischen gebe es eine interfraktionelle Mehrheit für jede Ausweitungsstufe des Parkraummanagements.

Das Parkraummanagement sei nicht umsonst ein Bestandteil des Maßnahmenpakets "Nachhaltig mobil in Stuttgart". In allen Stadtteilen mit Parkraummanagement sei die Zahl der Pendler deutlich zurückgegangen. Das schaffe Entlastung vor allem für die Anwohner, denn der Parksuchverkehr in Wohngebieten mache bis zu 30 % am Gesamtverkehr aus. Die Einführung von Parkraummanagement könne sich auch positiv auf den Modal Split auswirken. In Wien habe der Anteil des ÖPNV deutlich zugenommen und der Individualverkehr abgenommen. Auch in Stuttgart sei man nicht untätig gewesen. Sowohl die Maßnahmen, die den ÖPNV attraktiver machten, als auch das Parkraummanagement könnten zu einem weiteren Anstieg bei den ÖPNV-Nutzern führen. Damit könne Parkraummanagement als Maßnahme zur Luftreinhaltung gesehen werden. Seine Fraktion spreche sich dafür aus, das Parkraummanagement auch im Gebiet O5 so schnell wie möglich einzuführen, aber auch in weiteren Gebieten in Bad Cannstatt oder auch in Vaihingen, wo abzusehen sei, dass der Parkdruck zunehme.

Aus Sicht der SPD-Fraktion sei das Parkraummanagement ein Erfolgsmodell, stellt StR Körner (SPD) fest. Es sei nicht die "eierlegende Wollmilchsau", die alle Probleme löse, aber es erhöhe deutlich die Chancen auf einen Stellplatz für die Anwohnerinnen und Anwohner und sorge insgesamt dafür, dass der unerwünschte Parksuchverkehr deutlich zurückgeht. Wenn man, wie im Westen in jüngster Zeit geschehen, Überwachungspersonal reduziere, funktioniere das Modell allerdings nicht mehr so gut. Deshalb müsse im Haushalt entsprechend nachgebessert werden. Für den Stuttgarter Osten, wo viele Pendler ihr Auto abstellten, sei die Einführung des Parkraummanagements ein wichtiger Schritt. Was das Thema Anwohnergaragen angehe, wolle er daran erinnern, dass im Zusammenhang mit der Vorbereitenden Untersuchung für das Sanierungsgebiet Gablenberg angeregt worden sei, zwei Anwohnergaragen zu erstellen. Darüber müsse angesichts des hohen Parkdrucks noch einmal diskutiert werden. Für das Gebiet Gaisburg, in dem das Parkraumanagement derzeit noch nicht eingeführt werden könne, weil die Zahlen das nicht hergeben würden, habe die Verwaltung ein gutes Instrumentarium gefunden, um bei einer Verdrängung in diesen Bereich schnell reagieren zu können. Seine Fraktion werde der Beschlussvorlage gern zustimmen.

StR Conz (FDP) erinnert daran, dass man im Stuttgarter Westen allein dadurch, dass Schrägparkplätze anstelle von Längsparkplätzen eingerichtet worden seien, über 100 Parkplätze geschaffen habe. Das habe sicher auch zur Akzeptanz und zum Funktionieren des Parkraummanagements beigetragen. Mittlerweile könne man aber auch sehen, dass es vor allem nachts, wenn die Anwohner nach Hause kämen, nicht genügend legale Stellplätze gebe. Das Problem liege auch darin, dass die Zahl der an die Anwohner ausgegebenen Parkausweise zum Teil über der Zahl der legalen Stellplätze liege. Von den schon bei der Einführung des Parkraummanagements im Stuttgarter Westen diskutierten und zugesagten Quartiersgaragen sei bisher keine einzige erstellt worden. Es sei auch keine geplant. Bei der Ausweitung des Parkraummanagements spiele die Schaffung von zusätzlichen Stellplätzen gar keine Rolle mehr.

Zur Lösung der Verkehrsprobleme in Stuttgart müssten mehr Park-and-Ride-Plätze eingerichtet werden. Das werde auch die Situation in weiteren Stadtgebieten entspannen. Weil beim Thema Parkraummanagement verschiedene Aspekte, Vor- und Nachteile zu betrachten seien, würden die Mitglieder der FDP im Gemeinderat bei der Abstimmung unterschiedlich votieren.

OB Kuhn weist darauf hin, dass die Garage des Dillmann-Gymnasiums und die Anwohnerparkgarage Rossbollengässle als Quartiersgaragen für den Westen fungieren.

StR Pantisano (SÖS-LINKE-PluS) macht deutlich, dass es nach Auffassung der Fraktionsgemeinschaft nicht zu wenige, sondern zu viele Parkplätze in Stuttgart gibt. Er erinnert an die Analyse der Stadtverwaltung zu bestehenden Parkplatzflächen, die im Bezirksbeirat West vorgestellt worden sei. Dort sei berichtet worden, dass in der Quartiersgarage unter dem Bürgerbüro Schwab-/Bebelstraße noch sehr viele der Parkplätze, die für die Bewohner zur Verfügung stehen, nicht vermietet seien. Für 100 € im Monat könnten Anwohner aus dem Stuttgarter Westen einen sicheren, überdachten Stellplatz anmieten. Solange diese Parkplätze noch frei seien, gebe es keinen Mangel an Parkplätzen, sondern vielleicht nur einen Mangel an kostenlosen Parkplätzen.

Nachdem keine weiteren Wortmeldungen vorliegen stellt OB Kuhn stellt abschließend fest:

Der Gemeinderat beschließt bei sechs Nein-Stimmen und 1 Enthaltung mit großer Mehrheit wie beantragt.
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