Protokoll: Gemeinderat der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
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VerhandlungDrucksache:
881/2023
GZ:
AKR 3182, 0300
Sitzungstermin: 30.11.2023
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: OB Dr. Nopper
Berichterstattung:EBM Dr. Mayer
Protokollführung: Frau Sabbagh fr
Betreff: Linden-Museum - Restitution von Kulturgütern: Aufgabenübertragung auf den Oberbürgermeister im Einzelfall und Auftrag zur Änderung der Hauptsatzung hinsichtlich einer dauerhaften Übertragung

Vorgang: Verwaltungsausschuss vom 29.11.2023, öffentlich, Nr. 744
Ergebnis: einmütige Zustimmung mit Maßgabe


Beratungsunterlage ist die Vorlage des Referats Allgemeine Verwaltung, Kultur und Recht vom 27.11.2023, GRDrs 881/2023, mit folgendem

Beschlussantrag:

1. Dem Oberbürgermeister wird gem. § 44 Abs. 2 Satz 1 Var. 3 GemO jeweils einzelfallbezogen die Entscheidung über die Restitution bezüglich der folgenden Objekte des Linden Museums übertragen:
2. Der Gemeinderat befürwortet eine dauernde Übertragung der Entscheidung über die Restitution von Kulturgütern des Linden Museums auf den Oberbürgermeister gem. § 44 Abs. 2 Satz 2 GemO. Die Verwaltung wird beauftragt eine entsprechende Änderung der Hauptsatzung der Landeshauptstadt vorzubereiten und dem Gemeinderat zur Beschlussfassung vorzulegen.


StR Ebel (AfD) spricht sich im Namen seiner Fraktion gegen die Übergabe von Kunst- und Kulturobjekten an wen auch immer aus. Die Abgabe der Benin-Bronzen vor ca. einem Jahr an Nigeria zeige Ergebnisse. Diese Gegenstände seien der Öffentlichkeit nicht mehr - auch nicht der nigerianischen - zugänglich. Er unterstelle, dass hier auch Finanzmittel geflossen seien. Der VA habe der Vorlage am Vortag mit Maßgabe einmütig zugestimmt. Er bittet die Verwaltung um Erläuterung der Maßgaben. Die politische Verantwortung für solche Maßnahmen trage der Gemeinderat, der sich nicht hinter dem Oberbürgermeister verstecken sollte.

EBM Dr. Mayer berichtet aus dem VA, dieser habe sich auf die Maßgabe verständigt, dass vor den Restitutionen, die für die Stadt Stuttgart von der Verwaltung entschieden würden, eine Mitteilungsvorlage an den Gemeinderat erstellt werde. Darin solle vermerkt werden, dass restituiert werden solle und aus welchem Grund. Er betont, auch mit Blick auf die Benin-Bronzen und andere restituierte Gegenstände, wenn man etwas widerrechtlich erlangt habe, könne man einen fortgesetzten Besitz nicht darauf stützen, dass man sich besser darum kümmern werde als der ursprüngliche, rechtliche Eigentümer. Bei den Benin-Bronzen spielten seines Erachtens die Vorgänge innerhalb Nigerias für die Restitutionsfrage keine Rolle. Aus den Diskussionen vor Ort könne die Stadt keine Eigentumsposition ableiten. Insofern sei die Rückgabe aus seiner Sicht zwingend gewesen, zumal es sich um ein bestens dokumentiertes geschichtliches Ereignis - Plünderung durch das britische Militär - handle. Für die Stadt seien die Restitutionsfragen in erster Linie keine politischen, sondern wissenschaftliche Fragen. Die wissenschaftliche Provenienzforschung werde sehr sorgfältig und mit großer Übersicht am Linden-Museum, das diesbezüglich internationale Wertschätzung erfahre, durchgeführt.

Ihm stelle sich die Frage, so StR Goller (AfD), wozu der Gemeinderat hier überhaupt entscheide, wenn ein Jurist die Entscheidung des Gemeinderats als irrelevant einordne, da sie juristisch vorweggenommen sei. An dieser Stelle merkt EBM Dr. Mayer an, er habe nicht gesagt, dass dies irrelevant sei. Vielmehr liege es in den Möglichkeiten des Gemeinderats, die Verwaltung zu bestimmten rechtsgeschäftlichen Handlungen zu bevollmächtigen. In diesem besonderen Fall habe die Verwaltung für den Gemeinderat eine besondere Information dergestalt vorgesehen, dass dieser vor einer Restitutionsentscheidung künftig immer eine Mitteilungsvorlage erhalten werde. Wolle eine Fraktion das Thema zum Gegenstand einer politischen Auseinandersetzung machen, stehe es ihr frei, dies im Wege eines Antrags oder einer Anfrage einzubringen.




OB Dr. Nopper stellt fest:

Der Gemeinderat beschließt mit 4 Gegenstimmen mehrheitlich mit der Maßgabe, dass der Gemeinderat vor einer Restitutionsentscheidung künftig immer eine Mitteilungsvorlage erhält.

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