Protokoll: Gemeinderat der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
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VerhandlungDrucksache:
889/2014
GZ:
OB
Sitzungstermin: 18.12.2014
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: OB Kuhn
Berichterstattung:-
Protokollführung: Frau Sabbagh fr
Betreff: Elektromobilität in Stuttgart

Vorgang: Ausschuss für Umwelt und Technik vom 16.12.2014, öffentlich, Nr. 552
Verwaltungsausschuss vom 17.12.2014, öffentlich, Nr. 403

jeweiliges Ergebnis: mehrheitliche Zustimmung


Beratungsunterlage ist die Vorlage des Herrn Oberbürgermeisters vom 02.12.2014, GRDrs 889/2014, mit folgendem

Beschlussantrag:

1. Zur Förderung der Elektromobilität in der Landeshauptstadt Stuttgart und als Maßnahme im Rahmen des fortgeschriebenen Luftreinhalteplans 2014 wird das kostenfreie Parken auf städtisch bewirtschafteten Parkplätzen in der Landeshauptstadt Stuttgart für vollelektrische Fahrzeuge bis 31. Dezember 2017 gestattet. Neben den oben genannten Fahrzeugen wird diese Regelung auch auf von außen aufladbare HybridElektrofahrzeuge, so genannte Plug-In- Hybride, deren Kohlendioxidemission bei höchstes 50 Gramm pro Kilometer liegt und die eine rein elektrische Mindestreichweite von mehr als 30 Kilo- metern vorweisen, ausgedehnt. Der kalkulatorische Gebührenausfall für das freie Parken der oben genannten Fahrzeuge beläuft sich für die Zeit vom 01.01.2015 bis 31.12.2017 auf 625.000 Euro.

2. Der Gemeinderat nimmt Kenntnis von den Maßnahmen und Projekten der LHS zur Förderung der Elektromobilität seit 2012 sowie von den Planungen für die weitere Förderung über 2015 hinaus.


StR Stocker (SÖS-LINKE-PluS) begründet die Ablehnung der Vorlage durch seine Fraktionsgemeinschaft. Das Elektroauto sei nicht ökologisch, denn es müsse produziert werden. Und dabei falle CO2 an, wenn auch nicht in der Stadt, sondern am Produktionsstandort. Auch für die Entsorgung dieser Autos gebe es keine ökologische Technologie, wie bereits StR Dr. Oechsner (FDP) im UTA angemerkt habe.

Problematisch sei, dass die Versorgungssäulen teilweise auf Fußgängerwegen, eine sogar auf einem Radweg, stünden. Dies müsse auf jeden Fall korrigiert werden. Seine Fraktionsgemeinschaft lehne auch die auf den Säulen aufgedruckte Werbung für die EnBW - und damit für Atomstrom - und Daimler ab. Da die EU den CO2- Ausstoß für die gesamte Produktion eines Automobilkonzerns begrenzt habe, gebe jeder Smart, der hier fahre, Daimler die Gelegenheit, die großen SUVs mit hohem CO2-Ausstoß zu bauen.

Er weist darauf hin, dass sich die Verkehrspapiere von OB Kuhn und dessen Energiekonzept beim Verkehr ausdrücklich nur auf die Verwendung von Elektro- autos beschränkten. Darin sehe seine Fraktionsgemeinschaft den falschen Weg. Hier stellt OB Kuhn klar, dass sein Verkehrs- und Energiekonzept nicht nur auf Elektroautos reduziert sei. Auf seine Frage, ob es schlecht sei, wenn er dienstlich mit einem Elektro-Smart in der Stadt unterwegs sei statt mit einer Super-S-Klasse wie seine Amtsvorgänger, antwortet StR Stocker, besser wäre es, wenn er mit einem Fahrrad zu den Geschäftsterminen in der Stadt fahren würde.

Dem Verzicht auf alles, was bei der Herstellung Energie verbraucht, kann StR Kotz (CDU) nichts abgewinnen. Jeder, der sich in Stuttgart für die Elektromobilität einsetze, trage dazu bei, dass es weniger Schadstoffausstoß und damit bessere Luft gebe. Denn die Alternative sei ja nicht, dass diese Menschen zu Fuß unterwegs seien - mitsamt ihrem Gepäck, ihren Akten, ihrem Werkzeug. Diese Menschen würden sonst ein anderes Fahrzeug mit klassischem Antrieb nutzen - mit der Konsequenz, dass der CO2-Ausstoß in Stuttgart um 400 t im Jahr höher läge. Natürlich benötige man Energie zur Produktion eines Autos. Doch sei der Stuttgarter Gemeinderat in erster Linie dafür verantwortlich, angesichts der "dreckigsten Kreuzungen" in ganz Deutschland die Luftproblematik in Stuttgart in den Griff zu bekommen. Und dafür sei die Elektromobilität ein entscheidendes Mittel. Mit der Vorlage löse man nicht die Umweltprobleme weltweit, könne aber einen großen Schritt für bessere Luft in Stuttgart machen.

StR Stopper (90/GRÜNE) legt dar, dass das Elektroauto die Verkehrsprobleme und die durch den Verkehr entstehenden Probleme nicht alleine lösen könne. Es sei jedoch ein wichtiger Baustein, wie auch das Ökoinstitut e.V. in Freiburg in einer Pressemitteilung betone. Dieses empfehle für Stuttgart den Ausbau der Radinfra- struktur, insbesondere für Pedelecs, eine verstärkte Nutzung des ÖPNV, die Einführung einer Regio-Maut und eine weitere Erhöhung des Anteils an Elektro- mobilität. Dem sollte man sich nicht verschließen und deshalb stimme seine Fraktion der Vorlage zu.

Zustimmung signalisiert auch StR Pfeifer (SPD) im Namen seiner Fraktion. Stuttgart habe aufgrund seiner Infrastruktur und seiner Innovationsfähigkeit bundesweit und darüber hinaus eine hohe Popularität bekommen. Natürlich heile die Elektromobilität nicht das gesamte Übel der Welt, doch sei sie ein Baustein, dem weitere folgten. Seine Fraktion unterstütze die Erweiterung des Konzepts und begrüße die zunehmenden Ladevorgänge der Fahrzeuge pro Einwohner im bundesweiten Vergleich.

StR Dr. Schertlen (STd) stimmt ebenfalls zu, auch wenn er, wie er bereits im UTA bemerkt habe, sie für etwas "zu kurz gesprungen" halte. So sehe er in dem kostenlosen Parken, was einer Ersparnis von ca. 50 €/Jahr entspreche, keinen großen Anreiz, sich ein Elektroauto zu kaufen. Sinnvollerweise hätte man hier verstärkt Pedelecs oder E-Bikes fördern sollen, z. B. indem man Ladestationen aufbaue oder Steckdosen mit abschließbaren Kästchen für das Ladegerät installiere. Man hätte auch eine Abwrackprämie für Altfahrräder, die bei "Fahrräder für Afrika" abgegeben werden, einführen können, die die Stadt dann beim Kauf eines Pedelecs bezahle. An dieser Stelle verweist er auf seinen Antrag Nr. 363/2014.

Mit Blick auf die Oberleitungsbusse in Esslingen regt er eine Studie für Stuttgart an. Dazu erklärt OB Kuhn, die Elektrobusse in Esslingen würden aus dem Strommix - Atomstrom und Kohlestrom - betankt, während die Elektrofahrzeuge der Stadt Stuttgart mit erneuerbarem Strom von den Stadtwerken betrieben würden.

Auch StR Prof. Dr. Maier (AfD) signalisiert Zustimmung seiner Gruppierung. Alles, was die Luft in der Stadt verbessere und den Geräuschpegel senke, sei ein Schritt in die richtige Richtung. Allerdings seien die Ladestationen nicht allein Aufgabe der öffentlichen Hand bzw. der EnBW, sondern man müsse hier, soweit möglich, auch die private Seite in die Pflicht nehmen. In den allerwenigsten Tiefgaragen und nur in wenigen Parkhäusern finde man Ladeeinrichtungen. Diese Situation sollte man z. B. durch Steuererleichterungen verbessern.


Abschließend stellt OB Kuhn fest:

Der Gemeinderat beschließt bei 7 Gegenstimmen und 1 Enthaltung mehrheitlich wie beantragt.

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