Protokoll: Gemeinderat der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
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VerhandlungDrucksache:
595/2018
GZ:
StU 6200-30.3
Sitzungstermin: 27.09.2018
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: EBM Föll
Berichterstattung:-
Protokollführung: Frau Sabbagh
Betreff: Vergabe eines Gutachtens "Geschwindigkeitskonzept für Hauptverkehrsstraßen - 1. Stufe: Tempo 30 nachts"

Vorgang: Ausschuss für Umwelt und Technik vom 24.07.2018, öffentlich, Nr. 357

Ergebnis: ohne Votum Verweisung an Gemeinderat


Beratungsunterlage ist die Vorlage des Referats Städtebau und Umwelt vom 04.07.2018, GRDrs 595/2018, mit folgendem

Beschlussantrag:

1. Der Vergabe eines Gutachtens zur Ermittlung der Wirkungen von Tempo 30 nachts in Hauptverkehrsstraßen, wie in Anlage 2 beschrieben, wird zugestimmt.

2. Die Verwaltung wird beauftragt, das Vergabeverfahren vorzunehmen und das Gutachten zu vergeben.


StR Kotz (CDU) weist zunächst darauf hin, dass die Vorlage eigentlich gar nicht für die Vollversammlung des Gemeinderats vorgesehen gewesen sei. Seine Fraktion lehne Tempo 30 nachts auf Hauptverkehrsstraßen ab. Dort wohnten proportional weniger Menschen als in Wohnquartieren, weshalb man den Verkehr dort bei Tempo 50 bündle. Auf diese Weise schaffe man auch keinen Anreiz, durch die Wohngebiete zu fahren, in denen Tempo 30 oder noch weniger festgelegt sei. Für tagsüber gebe es bislang einen Konsens im Gemeinderat, dieser sollte auch für die Nachtzeit gelten. Seine Fraktion halte eine solche Maßnahme, unabhängig davon, wie das Gutachten ausgehen würde, für falsch und lehne die Vorlage deshalb ab.

Darüber hinaus bittet er, nach der nächsten Kommunalwahl die Ausschüsse so zu besetzen, dass Fraktions- oder Zählgemeinschaften die gleiche Meinung verträten, sodass nachrangige Themen dann nicht - wie im vorliegenden Fall - zusätzlich in der Vollversammlung diskutiert werden müssten.

Dieser Bitte schließt sich StR Peterhoff (90/GRÜNE) an. Er betont den großen Wert einer Geschwindigkeitsbegrenzung nachts, wenn man Ruhe brauche, um sich zu erholen. An den 80 km Hauptverkehrsstraßen in der Stadt wohnten 15.000 Menschen. Allein durch die Reduzierung auf Tempo 30 verringere man die Lärmbelastung um 2,5 dB und durch eine weitere Verkehrsverflüssigung nochmals um 1,5 dB. Seine Fraktion befürworte das Gutachten ausdrücklich.

StR Körner (SPD) kann nicht nachvollziehen, dass man gegen die Vergabe eines Gutachtens sein könne, das aufzeige, wo die Geschwindigkeitsbegrenzung sinnvoll sei und wo nicht. Seine Fraktion stimme der Vorlage mit Freude zu.

StR Ozasek (SÖS-LINKE-PluS) sieht keine wirkliche Erschwernis für die Arbeit des Gemeinderats, wenn gelegentlich Themen - und der Lärmschutz sei immerhin ein bedeutendes - in der Vollversammlung diskutiert werden müssten. Im Übrigen sei die Sitzverteilung im Einigungsverfahren festgelegt worden. Zur Vorlage merkt er an, es gebe eine Pflicht, gegen die starke Gesundheitsschädigung durch Lärm einzuschreiten. Er verweist auf viele Städte, in denen Maßnahmen, auch unter Mitwirkung der CDU, auf den Weg gebracht worden seien. In Stuttgart müssten vollflächig Temporeduzierungen angeordnet werden. Dies ermögliche die Novelle der Straßenverkehrsordnung vom 01.01.2017. Einen entsprechenden Antrag werde seine Fraktionsgemeinschaft in nächster Zeit stellen.

Seine Fraktion benötige kein Gutachten, erklärt StR Zeeb (FW). Die Idee sei weltfremd und im Übrigen nicht kontrollierbar. Einzelne, die den nächtlichen Lärm mit ihren hochgetunten Fahrzeugen verursachten, ließen sich auch von den Tempo 30-Regelungen nicht abhalten.

StR Dr. Oechsner (FDP) äußert Verständnis für beide Seiten. Seiner Ansicht nach sollten in Stuttgart der Lärmschutz in den Hauptverkehrsstraßen, die Zahl der Betroffenen und die gesundheitspolitische Relevanz überprüft werden. Deshalb hielten er und ein weiteres Mitglied seiner Gruppierung das Gutachten für sinnvoll, um auf einer wissenschaftlich fundierten Basis entscheiden zu können.

Natürlich müsse der Lärm an stark befahrenen Straßen eingedämmt werden, so StR Klingler (BZS23). Doch auch Stadtbahnen in Kurvenbereichen, Flugzeuge und selbst Personen verursachten Lärm. Statt Tempo 30 nachts sollten vielmehr an vielen Kreuzungen die Ampeln ab 20:00 Uhr abgeschaltet und mehr Kreisverkehre eingerichtet werden, damit der Verkehr fließe und die zusätzliche Lärmbelastung durch Anfahren und Bremsen wegfalle. Die Situation könne sehr gut von Verkehrsplanern in der Stadtverwaltung bewertet werden, womit ein Gutachten überflüssig sei. Da zudem die Kostenschätzung viel zu grob sei, lehne seine Gruppierung die Vorlage ab.

StR Dr. Schertlen (STd) lehnt die Vergabe eines Gutachtens ebenfalls ab, da man seiner Ansicht nach gleich handeln könne. In der Anlage seien alle relevanten Problempunkte benannt.

Mit Blick auf die Zählgemeinschaft im UTA weist er die Vorwürfe der StRe Kotz und
Peterhoff vehement zurück. Eine Zählgemeinschaft basiere darauf, dass inhaltliche
Nähe nicht - wie z. B. bei einer Fraktionsgemeinschaft - in allen Punkten gefordert sei.


EBM Föll informiert, die exakten Kosten stünden üblicherweise erst nach erfolgter Ausschreibung fest.

Er stellt fest:

Der Gemeinderat beschließt mit 29 Ja- und 20 Nein-Stimmen mehrheitlich wie beantragt.
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