Protokoll: Gemeinderat der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
TOP:
245
4
VerhandlungDrucksache:
804/2011
GZ:
WFB
Sitzungstermin: 17.11.2011
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: OB Dr. Schuster
Berichterstattung:-
Protokollführung: Frau Huber-Erdtmann
Betreff: Areal an der Eichstraße (derzeitige Rathausgarage) in
Stuttgart-Mitte
Sachstand und Fortschreibung des Raumprogramms

Vorgang:

Ausschuss für Wirtschaft und Wohnen vom 14.10.2011, öffentlich, Nr. 158
Ergebnis: Einbringung

Ausschuss für Umwelt und Technik vom 25.10.2011, öffentlich, Nr. 490
Ergebnis: einmütige Zustimmung mit folgenden Änderungen:
- die Beschlussantragsziffer 1 wird "freundlich zur Kenntnis genommen"
- die Beschlussantragsziffer 3 wird gestrichen

Verwaltungsausschuss vom 26.10.2011, öffentlich, Nr. 415
Ergebnis: einmütige Zustimmung zum Beschlussantrag in der Fassung des Ausschusses für Umwelt und Technik

Gemeinderat vom 27.10.2011, öffentlich Nr. 214
Ergebnis: Zurückstellung

Ausschuss für Wirtschaft und Wohnen vom 28.10.2011, öffentlich, Nr. 167
Ergebnis: einmütige Zustimmung zum Beschlussantrag in der Fassung des Ausschusses für Umwelt und Technik


Beratungsunterlage ist die Vorlage des Referats Wirtschaft, Finanzen und Beteiligungen vom 06.10.2011, GRDrs 804/2011, mit folgendem entsprechend der Vorberatung im Ausschuss für Umwelt und Technik geänderten (Änderung fett bzw. gestrichen)

Beschlussantrag:

1. Die Fortschreibung des Raumprogramms für den Neubau eines Büro- und Geschäftsgebäudes auf dem Areal in der Eichstraße (derzeitiger Standort der Rathausgarage) wird freundlich zur Kenntnis genommen.

2. Von der aktualisierten Kostenermittlung mit einem Gesamtkostenvolumen von 29,525 Mio. € (ohne Möblierung) und der fortgeschriebenen Wirtschaftlichkeitsberechnung wird Kenntnis genommen.

3. Vom zusätzlichen Personalbedarf einer auf 4 Jahre befristeten 0,5 Stelle beim Amt für Liegenschaften und Wohnen (EG 13) zur Wahrnehmung der mit dem Neubau zusammenhängenden Aufgaben in der Immobilienzentrale für Verwaltungsgebäude wird Kenntnis genommen.

4. Über die Bereitstellung der erforderlichen Finanzmittel und die Stellenschaffung wird im Rahmen der Beratungen zum Doppelhaushalt 2012/2013 entschieden.


StR Klingler (FDP) teilt mit, dass seine Fraktion die Ziffer 1 des Beschlussantrags komplett ablehne, ebenso die Ziffer 3. Die Ziffer 2 nehme sie antragsgemäß zur Kenntnis. Über die Ziffer 4 werde ja erst in den Haushaltsplanberatungen entschieden.

Es habe sich gezeigt, dass die Zurückstellung in den letzten Haushaltsplanberatungen um zwei Jahre dem Projekt gutgetan habe. Daher könne man das Projekt auch noch einmal um weitere zwei Jahre verschieben. Die dafür vorgesehenen Mittel in Höhe von 30 Mio. € ließen sich im laufenden Doppelhaushalt besser einsetzen.

Seit Beginn der Planungen habe sich einiges geändert. So sei das Amt für Liegenschaften und Wohnen anderweitig untergekommen. Untersuchungen hätten ergeben, dass aufgrund der geologischen Rahmenbedingungen kein drittes Untergeschoss für die Tiefgarage errichtet werden kann. Ob die Räumlichkeiten für die Stadtkämmerei notwendig sind, sei noch zu prüfen, und die Archivflächen seien auch nicht vonnöten, da anzunehmen sei, dass der Papierbestand durch die Digitalisierung zurückgeht. Statt der jetzt verfügbaren 284 Parkplätze sollen künftig nur noch 158 Parkplätze entstehen. Alle diese Aspekte hätten seine Fraktion dazu bewogen, diesem Projekt, das sicherlich irgendwann denkbar sei, eine weitere Schleife von zwei Jahren "zu gönnen".

StR Kotz (CDU) konstatiert, dass über die Vorlage in der vom Ausschuss für Umwelt und Technik geänderten Fassung abgestimmt werden soll. Aufgrund dieser Änderungen werde seine Fraktion der Vorlage zustimmen.

StRin Dr. Blind (SPD) verdeutlicht, dass es hier um die Kenntnisnahme eines Sachstands gehe und nicht um einen Beschluss. Diesen werde man erst in den Haushaltsberatungen fassen oder auch nicht. Sie wolle zudem darauf hinweisen, dass die halbe Stelle laut Ziffer 3 definitiv nicht beschlossen werde, da diese Ziffer ja gestrichen worden sei.

Seine Fraktion, so StR Fahrion (FW), lehne die Vorlage aus zwei Gründen ab. Erstens würden die bisher vorhandenen Stellplätze in diesem Areal dringend benötigt, und zwar für die Kunden des Wochenmarkts und der Geschäfte. Zweitens habe er mit Verwunderung die Ausführungen zur Rendite gelesen. Zu einer Rendite würden aber nicht nur die Einnahmen, sondern auch die zukünftigen Ausgaben gehören. Dazu gehöre u. a. der Reparaturansatz und der Ertragsausfall aus der alten Rathausgarage, vielleicht auch noch die Rest-AfA, die aus der alten Rathausgarage ausgebucht und hier in der Rendite mit angesetzt werden müsste. Überschlägig gerechnet komme eine Rendite von null Prozent heraus. Darüber müsste man sich nochmals Gedanken machen.

StR Pätzold (90/GRÜNE) stellt fest, dass das Thema trotz der Änderungen in den drei vorberatenden Ausschüssen schwierig zu sein scheint. Dass man aber am Areal der Rathausgarage etwas machen müsse, sei augenfällig. Wann das geschehen soll, werde man im Rahmen der Haushaltsberatungen besprechen.

EBM Föll ist der Ansicht, dass sich hinsichtlich der Ziffern 1 und 2 eigentlich niemand der Kenntnisnahme des geänderten Beschlussantrags entziehen könne. Die Ziffer 3 sei gestrichen und die Ziffer 4 sei ohnehin eine Selbstverständlichkeit. Aber das müsse jeder für sich selbst entscheiden.

Zur Klarstellung wolle er noch einmal anmerken, dass bereits im Vorfeld der letzten Haushaltsberatungen vor zwei Jahren berichtet wurde, dass es kein drittes Untergeschoss gibt. Der Gemeinderat habe damals der Verwaltung den Auftrag erteilt, die Planung entsprechend fortzuschreiben. Das Ergebnis liege nun mit der Vorlage auf dem Tisch. Jetzt müsse man abwägen, ob das Projekt in der gegenwärtigen Haushaltssituation machbar ist oder nicht.

Der Gemeinderat werde sich aber nicht auf Dauer um das Thema Rathausgaragen-Areal drücken können. Entweder werde eine Neubebauung in einer Konzeption entsprechend dem Wettbewerbsergebnis gemacht, oder die Rathausgarage müsse generalsaniert werden. Nach einer Generalsanierung in Höhe von rd. 6 Mio. € müsste die Rathausgarage in dieser Form auch zwei bis drei Jahrzehnte lang betrieben werden, denn es wäre eine Verschwendung von Steuergeldern, sie einige Jahre nach der Generalsanierung - wenn man vielleicht wieder anderer Meinung ist - abzureißen. Das habe die Verwaltung dargelegt, und sie habe auch deutlich gemacht, dass in dem Gebäude, in dem die Stadtkämmerei untergebracht ist, mittelfristig ebenfalls ein Generalsanierungsbedarf besteht.

Der Gemeinderat müsse also eine Grundsatzentscheidung treffen, ob er in die eine Richtung gehen will oder in die andere. Aber Aufträge zu erteilen und dann die Richtung anschließend wieder infrage zu stellen, erschwere die Arbeit. Wenn man die Generalsanierungen wolle, wären entsprechende bauliche Untersuchungen und Planungsmittel nötig. Daher sollte man zumindest in den Haushaltsberatungen zu einer Richtungs-entscheidung kommen. Ob das Projekt dann in diesem Doppelhaushalt mit Investitionsmitteln versehen wird, werde man sicherlich noch einmal unter Berücksichtigung aller Aspekte, die auf dem Tisch liegen und noch auf den Tisch gelegt werden, abwägen, aber die Richtungsentscheidung sollte klar getroffen werden, damit keine Planungsmittel umsonst ausgegeben werden.

Was die Verwaltung zur Rendite dargelegt habe, sei eine Investitionsrenditenberechnung klassischer Art. Die Betriebskosten zahle der Nutzer; das sei bei jeder Investition so. Daher halte er die Renditenberechnung für richtig und auch für vollständig.

Man sei sich doch bisher einig gewesen, unterstreicht StR Pätzold, dass mit der Rathausgarage etwas passieren müsse, auch zur städtebaulichen Verbesserung. In der Diskussion sei es eigentlich nur darum gegangen, wann das Projekt kommt. Diese Frage habe man insbesondere auch deshalb bewegt, weil auf das Dach eine Betriebskindertagesstätte soll, die dringend benötigt werde. Was die Verbesserung der Rendite angehe, so lade er die Freien Wähler ein, sich dem Haushaltsantrag seiner Fraktion, für die Nutzung des Rathausgarage während der Veranstaltungen im Rathaus Geld zu verlangen, anzuschließen.

StR Fahrion stimmt zu, dass die Betriebskosten der Nutzer zahlt, aber die AfA sei immer eine Sache des Besitzers und die Reparaturen zum größten Teil ebenfalls. Dass die alte Garage abgerissen wird und dadurch ein Ertragsausfall entsteht, sei auch eine Sache des Besitzers. Deshalb gehöre das in eine Renditeberechnung mit hinein.

StR Dr. Schlierer (REP) verweist auf die Beratungen von vor zwei Jahren, in denen der Sanierungsbedarf längst anerkannt worden sei. Nun schiebe der Gemeinderat über einen ganz erheblichen Zeitraum eine längst fällige Maßnahme vor sich her. Bald bleibe in absehbarer Zeit nur noch die Möglichkeit, die Rathausgarage aufwendig zu sanieren. Der geänderte Beschlussantrag sei sehr wohl zustimmungsfähig und greife auch in keiner Weise den Haushaltsberatungen vor. Es sei in jedem Fall notwendig, das Raumprogramm fortzuschreiben und die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass so bald wie möglich eine wirkliche Sanierung dieses Areals vorgenommen werden kann.

StR Klingler vermisst immer noch die Stellplatzneuberechnung, die im Ausschuss für Wirtschaft und Wohnen behandelt wurde und die noch nachgereicht werden sollte. Man müsse bedenken, dass bei einer Sanierung durch die höhere Anzahl an Stellplätzen auch Mehreinnahmen entstehen würden.

Die Aussage von StR Pätzold, dass sich Gremien an klare Zusagen halten und dass jetzt keine Grundsatzdiskussion eröffnet werden sollte, nehme er zum Anlass, ihn zu ermahnen, dann auch bei anderen Themen "keine alten Fässer wieder aufzumachen".

Die Diskussion erwecke den Eindruck, als sei jetzt ein Baubeschluss zu fassen, bemerkt EBM Föll. Davon sei man aber weit entfernt. Er erinnere daran, dass das Projekt nicht in der stillen Stube der Verwaltung entstanden ist, sondern dass der Gemeinderat seinerzeit die Auslobung eines Wettbewerbs mit einem Raumprogramm mit städtebaulichen Vorgaben in großem Einvernehmen beschlossen habe. Dieses Wettbewerbs-ergebnis habe die Verwaltung jetzt mit einem Raumprogramm für die Kämmerei konkretisiert, denn das Liegenschaftsamt habe inzwischen anderweitig untergebracht werden müssen, da sein Gebäude zum Teil abgebrochen worden ist.

Nun gebe es einen nachhaltigen Handlungsbedarf bei der Kämmerei, denn ihr Gebäude sei wegen des ungünstigen Verhältnisses von Verkehrsfläche zu Nutzfläche immobilienwirtschaftlich völlig unzureichend. Das hänge damit zusammen, dass es sich um drei Baukörper handelt, die zu unterschiedlichen Zeiten und für unterschiedliche Zwecke entstanden seien und heutigen Bürostandards nicht mehr entsprechen würden.

Darüber hinaus habe die Verwaltung die Anregungen des Gemeinderats in Bezug auf die Betriebskita aufgenommen und auf der Rathausgarage eine Lösung gefunden. Weiter habe sie im Vorgriff darauf bereits eine Gruppe auf dem Olgahospital-Areal im ehemaligen Geschwisterkindergarten eingerichtet. Auch das habe der Gemeinderat beschlossen. Da stelle sich die Frage, wo diese Gruppe unterkommen soll, wenn das Olgahospital 2013/2014 geräumt wird und die Neubebauung beginnt.

Man sollte daher nicht permanent Grundsatzdiskussionen führen, sondern abschließend eine Richtungsentscheidung treffen, auch zum Thema Stellplätze. Die baurechtliche Stellplatzsituation stelle gegenwärtig kein Problem dar. Wie im Ausschuss für Wirtschaft und Wohnen umfassend dargelegt, könne diese Frage mit den beiden Tiefgaragengeschossen und mit einer Neuberechnung der baurechtlich notwendigen Stellplätze gelöst werden.

Man werde künftig einen Ausfall an Einnahmen haben. Derzeit verdiene man mit der Rathausgarage noch ordentlich Geld, aber in zwei bis vier Jahren werde man sie schließen müssen, wenn man keine 6 Mio. € für die Sanierung in die Hand nehmen wolle, und dann hätte man überhaupt keine Erträge mehr, sondern nur noch Kosten für die Verkehrssicherung und zudem eine Bauruine direkt neben dem Rathaus. Rechne man die Investitionssumme von 6 Mio. € ein, würde man an der Rathausgarage anschließend unter dem Strich nichts mehr verdienen. Diese Erträge gehörten daher in eine solche Rendite- oder Wirtschaftlichkeitsberechnung nicht mit hinein, weil man den gegenwärtigen Zustand nicht auf die nächsten 30 Jahre fortschreiben könne, ohne dass eine erhebliche Investition getätigt wird.

Die Verwaltung sei der Meinung, dass sie dem Gemeinderat die notwendigen Informationen geliefert hat. Dieser müsse in den Haushaltsplanberatungen eine Entscheidung treffen, und die Verwaltung würde den Beschluss dann entsprechend umsetzen, gegebenenfalls auch schrittweise in Etappen.


OB Dr. Schuster stellt den Beschlussantrag der GRDrs 804/2011 in der geänderten Fassung gemäß der Vorberatung zur Abstimmung und hält fest:

Der Gemeinderat beschließt bei 13 Nein-Stimmen mehrheitlich wie beantragt.

Abschließend weist der Vorsitzende darauf hin, dass das Thema im Rahmen der Haushaltsberatungen noch einmal aufgerufen werde.

zum Seitenanfang