Protokoll: Gemeinderat der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
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289/HH
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VerhandlungDrucksache:
GZ:
Sitzungstermin: 24.10.2019
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: OB Kuhn
Berichterstattung:-
Protokollführung: Frau Sabbagh fr
Betreff: Allgemeine Aussprache über den
Doppelhaushaltsplan-Entwurf 2020/2021

Beratungsunterlagen sind der Entwurf des Doppelhaushaltsplans 2020/2021 sowie die weiteren dem Gemeinderat zu den Haushaltsplanberatungen vorliegenden Unterlagen (siehe Sitzung des Gemeinderats vom 26.09.2019, Niederschrift Nr. 243/HH).

Zum Entwurf des Haushaltsplans 2020/2021 werden folgende Anträge eingebracht:

Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN Nrn. 400 - 480

CDU-Fraktion Nrn. 481 - 595

Fraktionsgemeinschaft Die FrAKTION
LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei Nrn. 596 - 797

SPD-Fraktion Nrn. 798 - 971

FDP-Fraktion Nrn. 972 - 1038

Fraktion FW Nrn. 1039 - 1120

AfD-Fraktion Nrn. 1121 - 1128

Fraktionsgemeinschaft PULS Nrn. 1129 - 1170


Die Anträge stehen elektronisch zur Verfügung. Sie sind dem Protokoll daher nicht beigefügt.


Die Reden werden von Dolmetscherinnen in die Gebärdensprache übersetzt und im Livestream ins Internet übertragen.


OB Kuhn eröffnet die Sitzung und ruft in Erinnerung, dass eine Redezeit von jeweils15 Minuten vereinbart worden ist, auf deren Einhaltung er achten werde. Er ruft die Vertreter der Fraktionen nacheinander auf. Sie sprechen vom Rednerpult aus und verwenden zum Teil Präsentationen. Ihre Reden sind nachfolgend im leicht überarbeiteten Wortlaut wiedergegeben.


StRin Nuber-Schöllhammer (90/GRÜNE):
"Die alle zwei Jahre wieder stattfindenden städtischen Haushaltsberatungen bergen für uns Gemeinderäte ja die Chance und die Möglichkeit, politisch Neuausrichtungen zu definieren, Bewährtes zu konsolidieren und natürlich aber auch Überholtes zu beenden. Das Thema der Stunde für uns GRÜNE jetzt im Moment ist das Thema des Weltklimas. Und hier möchte ich vorneweg sagen, Herr Oberbürgermeister, dass wir uns sehr gefreut haben, dass Sie dort Nägel mit Köpfen gemacht haben und ein Klimapaket von 190 Millionen € eingestellt haben, das wir als GRÜNEN-Fraktion gerne unterstützen.

Wenn wir uns das Weltgeschehen zurzeit anschauen mit seinen massiven weltpolitischen Problemen und dann gedanklich auf unsere Stadt Stuttgart runterzoomen, dann können wir sicherlich sagen, dass Stuttgart eine wohlhabende Stadt ist, dass es uns gut geht in dieser Stadt.

Aber, wir sind Teil dieser Welt, und die Probleme des Weltklimas, der Weltpolitik und der ungleichen Verteilung von Arm und Reich holen uns auch hier in Stuttgart ein. Deshalb wollen und müssen wir hier in Stuttgart beginnen, die Ideen umzusetzen, wenn wir wollen, dass andere, vielleicht auch ärmere Städte sich auch auf den Weg machen und den Herausforderungen unserer Zeit mit innovativen Vorschlägen und Ideen begegnen.

Wir GRÜNEN haben hier in den letzten Wochen und Monaten eine Reihe von Vorschlägen erarbeitet, die wir jetzt in den Haushalt einstellen möchten. Wir GRÜNEN im Rat stehen für ein gutes Klima in Stuttgart, ökologisch, sozial, kulturell. Ich möchte beginnen mit dem guten ökologischen Klima. Das ist ein Thema, das uns GRÜNE auszeichnet, für das wir schon seit vierzig Jahren stehen. Zwischenzeitlich gehen regelmäßig ja tausende von jungen Menschen auf die Straße auch für dieses Thema. Sie sorgen sich um ihre Zukunft. Wir haben hier die Möglichkeit, politisch in eine richtige Richtung zu lenken und Veränderungen hin zum klimafreundlichen Leben zu ermöglichen. Denn unser Klima ist unverhandelbar. Die Ressourcen dieser Erde können nur einmal verbraucht werden. Das Zeitfenster zur Veränderung kann nicht weiter auf Jahrzehnte ausgedehnt werden.

So braucht es für die Verbesserung des Klimas in dieser Stadt weiterhin mehr Grün, mehr Radverkehr und mehr ÖPNV und weniger Individualverkehr. Der Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel ist eine der zentralen Maßnahmen von uns GRÜNEN, eine der zentralen Maßnahmen für den Klimawandel. Hier müssen wir schneller vorankommen.

Ich möchte Ihnen im Vorfeld ein paar grüne Maßnahmen benennen, die der Stadtgesellschaft zeigen sollen, 'hier ändert sich etwas'. Unsere Stadt wird grüner. Sie befreit sich von den Fehlern der sechziger Jahre und entwickelt ihre Aufenthaltsqualität fort. Auch in diesem Haushalt wollen wir GRÜNE wieder mehr für die Infrastruktur der Stadt tun.

Beginnen möchte ich mit ein paar Inputs aus dem Naturschutz: So möchten wir die Renaturierung des Ramsbachs vornehmen, mit 2,5 Mio. €. Wir möchten Streuobstwiesen weiter in der Stadt unterstützen. Die Bienenweiden mit 50.000 €. Wir möchten die Baumschutzsatzung ausweiten und stellen dafür 100.000 € ein und, ein ganz wichtiger Punkt, wir möchten eine Gleisbegrünung mit 750.000 €. Denn grüne Gleise sehen nicht nur besser aus, sie sind auch ökologisch wertvoller.

Zum Thema Luftreinhaltung ein Beispiel. Wir möchten Tempo 40 auch in den Außenbezirken.

Ja, ein Wort zur Energie. Wir wollen 1,5 Mio. € dafür einstellen, dass Mieter Photovoltaikanlagen auch auf ihren Balkonen installieren können und somit unabhängig vom ihrem Hausbesitzer kostengünstig und ökologisch Strom erzeugen.

Zum Thema Fußgänger und ÖPNV. Wir brauchen eine Stadt, die für Fußgänger attraktiv und lebenswert ist, in der es einfach praktischer und günstiger ist, den gut ausgebauten Nahverkehr zu nutzen, und dadurch den Individualverkehr automatisch zu reduzieren, denn jedes Auto, das nicht fahren muss, ist natürlich das beste Luftreinhaltungsprogramm.

So wollen wir für die Fußgängerinnen und Fußgänger durchgängig eine geplante Verkehrsführung mit barrierefreien Zugängen zu Bussen und zu Bahnen und keine zugeparkten Wege. Wir benötigen dafür gute Überquerungen und gute Strecken in dieser Stadt. Ein gutes Beispiel dafür ist die B 14, die ja jetzt demnächst auch eine weitere Überquerung hat.

Wir unterstützen auch die SSB mit zukünftig jährlich 2 Mio. € für Angebotsverbesserungen, nachdem im Moment schon 10 Mio. € durch den OB eingestellt wurden. Und sehr wichtig, wir schlagen ein 365-Euro-Ticket vor für Schülerinnen und Schüler in dieser Stadt. Gerne würden wir dieses hervorragende Angebot auf alle ausweiten, allerdings lässt sich das ohne Nahverkehrsabgabe unserer Ansicht nach nicht regulieren.

Wir GRÜNE gehen auch ungewöhnliche Wege. Da möchte ich die Machbarkeitsstudie der Seilbahn ins Feld führen. Wir haben bereits vor zwei Jahren im letzten Haushalt Gelder für die Machbarkeitsstudie eingestellt und bisher noch kein Ergebnis erhalten. Das ist schade. Wir haben einen Frageantrag dazu gestellt und möchten auch da wieder eine Meldung haben. Denn eine Seilbahn vermeidet Staus, Verkehrslärm und Verkehrsemissionen.

Ich möchte zu zwei wichtigen Grundsatzbeschlüssen kommen, die hier im Rat bereits mit Mehrheit beschlossen wurden und die wir gerne noch erweitern möchten, weil wir finden, der Start ist gelungen, es ist wichtig für Stuttgart. Das erste ist der Grundsatzbeschluss 'Radentscheid'. Mit dem wichtigen Zielbeschluss, Stuttgart zu einer fahrradfreundlichen Stadt zu machen, hat der Gemeinderat vereinbart, dass erst mal pro Einwohner 20 € und später 40 € verwendet werden. Die Radverkehrspauschale kommt dann mit allem Drum und Dran pro Jahr auf über 12 Mio. €. Das ist ein hoher Betrag. Diesen Betrag möchten wir nochmals um 1,5 Mio. € aufstocken. Wir möchten, dass das Hauptradroutennetz deutlich ausgebaut wird, dass Fahrradparkhäuser und Fahrradgaragen entstehen.

Ein kleines Schmankerl vielleicht noch, wir möchten auch die E-Lastenradförderung weiter betreiben, denn sie ist ein absolutes Erfolgsmodell, und wir möchten sie an den Sozialbonus binden.

Der zweite Grundsatzbeschluss ist die 'Lebenswerte Innenstadt'. Im Sinne dieses Zielbeschlusses heißt es, wir wollen mehr autofreie Zonen und mehr urbane Aufenthaltsqualität in die Stadt bringen. Wir möchten diesen Zielbeschluss nochmals um 500.000 € aufstocken, um im Rahmen einer lebenswerten Innenstadt schnelle und stadtgestalterische Maßnahmen durchführen zu können. Zum Beispiel Stadtmöbelaufbau, mobile Begrünung. Wir möchten in diesem Rahmen 1,2 Mio. € einstellen für die Aufwertung der Dorotheenstraße im Bereich vor der Markthalle. Und wir möchten z. B. Planungsmittel einstellen für die Eisenbahnbrücke nach Bad Cannstatt, die dann ein Park über dem Neckar werden soll. Dann vielleicht noch ein kleines Beispiel, so möchten wir 900.000 € einstellen zur Ertüchtigung des Joseph-Süß-Oppenheimer-Platzes, der ja zurzeit als Platz eigentlich gar nicht wahrgenommen wird, aber in Zusammenhang mit der autofreien Straße Neue Brücke und Schmale Straße erschlossen werden kann und dann tatsächlich für die Bürgerinnen und Bürger eine andere Aufenthaltsqualität erhält.

Aber selbstverständlich besteht die Stadt nicht nur aus der Innenstadt, sondern ganz im Gegenteil, wir haben sehr schöne und zahlreiche Stadtzentren in den Außenbezirken. Dort muss die Aufenthaltsqualität teilweise wieder erneuert und verbessert werden. Wir hatten in den letzten Jahren große Trading-Down-Prozesse dort. Wir hatten Spielhallen, Wettbüros, das alles muss eingedämmt werden. Wir benötigen in diesen Gebieten ein besseres Waren- und Dienstleistungsangebot. Wir möchten lebendige Orte in diesen Gegenden schaffen. Dafür stellen wir 3,3 Mio. € ein.

Jetzt möchte ich zum guten sozialen Klima kommen. Denn natürlich ist es wichtig, zu einer urbanen und bunten Stadtgesellschaft gehören Menschen jeder Herkunft, jedes Alters und aller Schichten. Besonders die Familien mit Kindern wollen wir jetzt dabei im Blick haben. Familien bedürfen einer ausgewogenen Unterstützung und eines großzügigen Blickes auf ihre Belange. Hier hat der Oberbürgermeister im Rahmen des Aktionsplans 'Kinderfreundliche Kommune' ja bereits einige wichtige Dinge unterstützt, Projekte und Konzepte, die den Kindern dieser Stadt zugutekommen.

Wir GRÜNEN möchten besonders den Familien Unterstützung zukommen lassen, die nicht die großen Einkommen haben. So wollen wir bei der Kita-Gebühr analog zu dem, wie wir es vor zwei Jahren im Haushalt gemacht haben, auch diesmal wieder die FamilienCard-Besitzer besonders unterstützen. Das heißt, die Eltern, die eine FamilienCard besitzen, sollen für die Kinder von 0 - 3 Jahren, diesmal also die unter 3-Jährigen, 50 € weniger bezahlen. Im letzten Haushalt hatten wir das für die Kinder von 3 - 6 Jahren. Diesmal wollen wir es anders durchführen, weil die kleinen Kinder tatsächlich auch die sind, die zurzeit die teuersten sind in der Kita, und wir damit davon ausgehen, dass wir besonders die jungen Familien mit kleinen Kindern entlasten und somit z. B. auch eine Vereinbarkeit von Familie und Beruf erzielen.

Ich möchte im Kita-Bereich bleiben. Denn natürlich wissen wir alle, dass im Kita-Bereich das größte Problem und die größte Schwierigkeit eigentlich der Fachkräftemangel ist, dass wir gerne ausbauen wollen, aber immer wieder an Ecken und Kanten stoßen, einfach, weil wir nicht genügend Leute bekommen. Hier möchten wir tatsächlich nochmal zur Personalbindung 950.000 € einstellen, und wir werden die freien Träger dabei unterstützen, dass sie ihre Personalkosten zumindest teilweise erstattet kriegen.

Aber wir GRÜNEN wollen natürlich für die Kinder dieser Stadt noch mehr tun. Wir wollen Freiräume, Spielplätze, Außenflächen gut gestalten, die Sanierung von Spielplätzen und Ersatz von Spielgeräten mitfinanzieren. Dafür beantragen wir 2,7 Mio. €. Nun gibt es nicht nur kleine Kinder in dieser Stadt, sondern auch große, das ist sehr schön. Das heißt, wir wollen auch die Jugendhäuser unterstützen und unsere geschätzten Jugendfarmen, und, sehr wichtig, die Mobile Jugendarbeit. Ein großes wichtiges Beispiel dafür ist das Milaneo, wo die mobile Jugendarbeit tatsächlich sehr viel erreicht hat.

Jetzt komme ich zur Bildung. Auch in diesem Haushalt möchten wir wieder viel für die Bildung tun. Wir haben einen großen Umbruch in der Bildung, die Ganztagsschulen brauchen dringend Unterstützung. Hier möchten wir zur Verbesserung und zur Weiterentwicklung der Ganztagesschulen 2,3 Mio. € einstellen. Wir möchten auch das, und das ist im Rahmen des Klimas vielleicht eine ganz tolle Aktion, nicht direkt in der Bildung, eine internationale Schülerkonferenz veranstalten mit Schülern dieser Stadt und Schülern unserer Partnerstädte, für ungefähr 500.000 €.

Und wichtig ist uns dabei, bei all diesen Maßnahmen, auch die Unterstützung der Schulsozialarbeit, dass dies besonders den Kindern in den Stadtteilen zugutekommt, die vielleicht aus sozial benachteiligten Gegenden kommen.

Jetzt möchte ich kommen zu 'Gutes Klima in der Kultur'. Denn eine Stadt zeichnet sich auch aus durch die Kultur, die Sie hier vorfinden. In einer Zeit, in der die künstlerische Freiheit wieder offen angegriffen wird, ist es uns immens wichtig, dass wir hinter den Kulturschaffenden in Stuttgart stehen. In diesem Haushalt machen wir einen weiteren Schritt gegen die strukturelle Unterfinanzierung in den Kulturinstitutionen. Wir möchten Tempo für ein Konzerthaus machen, das haben Sie vielleicht in der Zeitung schon gelesen. Wir fördern die kulturelle Stadtentwicklung rund um den Österreichischen Platz und an der Paulinenbrücke. Wir kümmern uns um die Clubförderung und setzen uns ein für eine Nachtbürgermeisterin oder einen Nachtbürgermeister.

Aber diese ganzen Vorhaben benötigen natürlich genügend Personal, Personal in der städtischen Verwaltung. Wir wollen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dieser Stadtverwaltung deutlich unterstützen und schaffen zusätzlich zu dem großen Stellenpaket, das der Oberbürgermeister bereits vorgelegt hat, nochmals ca.135 Stellen. Um diesen neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ein attraktiver Arbeitgeber zu sein, möchten wir unter anderem mit Personalwohnungen wieder einsteigen. Und dies als ersten Schritt für die Auszubildenden dieser Stadt. So stellen wir uns vor, mindestens 30, aber gerne noch bis zu 100 Wohnungen zu installieren.

Sehr geehrte Damen und Herren, vielen Dank, jetzt habe ich Sie mit einem grünen 'roten Faden' durch einen kleinen Teil unserer Anträge geführt. Wir GRÜNE stehen für ein gutes Klima in Stuttgart, ökologisch, sozial, kulturell. Wir freuen uns auf interessante Haushaltsberatungen mit den anderen Fraktionen."

StR Kotz (CDU):
"Wir starten in Haushaltsberatungen durchaus ja in bewegten Zeiten. Die Entwicklungen, allen voran im Bereich der Wirtschaft, die Nachrichten, die uns da weltweit erreichen, sind alles andere als zuversichtlich, die Themen um Handelskriege und Zölle, um den Brexit, sind einerseits ganz weit, aber dann eben auch wieder in einer industriell und wirtschaftlich so starken Stadt wie Stuttgart, auch sehr nahe, wenn man an das denkt, was Bosch gestern, vorgestern verkündet hat mit Stellenabbau. Wenn man in den Gesprächen mit den Unternehmen hört, was in Planung ist, was in nächster Zeit an die Öffentlichkeit dringen wird, dann muss einen das schon ein Stückweit natürlich auch sehr nachdenklich machen.

Ich glaube, neben den Weltthemen hat sicherlich eine gewisse Verantwortung für diese Probleme, die auch gerade im Automobil-, Industrie- und Zulieferbereich sind, ja auch die Automobilindustrie selbst. Da wurde in vielen Unternehmen nicht so gehandelt, nicht so agiert, wie sich das gehört für ein ordentliches Unternehmen, das müssen wir auch klar kommunizieren. Aber es gehört natürlich auch zur Wahrheit mit dazu, dass diese Industrie, allen voran auch in Stuttgart, aus der Politik heraus ein Auto-Bashing erlebt, wie wir es in den letzten fünfzig Jahren auch nicht erlebt hatten, und auch dafür müssen dann zumindest Teile dieses Gemeinderats die Verantwortung übernehmen, wenn es unserer Automobilindustrie eben nicht so gut geht, wie wir es uns eigentlich wünschen. Und gerade in Zeiten, wo - wirtschaftlich - Wolken aufziehen am Horizont, ist natürlich der spannende Blick, was schlägt denn der Oberbürgermeister in seinem Haushaltsansatz vor, an Aktivitäten, an Initiativen, um im Rahmen kommunaler Möglichkeiten dafür etwas zu tun, dass uns das nicht so hart trifft? Ich habe den Entwurf des Oberbürgermeisters mehrfach durchgeschaut, mir ist leider nichts aufgefallen, was man als Wirtschaftsinitiative bezeichnen könnte. Da müssen, wie in vielen anderen Bereichen auch, die Fraktionen, der Gemeinderat, in diesen Haushaltsplanberatungen noch nachlegen. Und, Herr Oberbürgermeister, ich würde, und das ist Ihnen ja, und vor allem dem Finanzbürgermeister, wahrscheinlich am sympathischsten, auch gleich mit einem Vorschlag beginnen, der noch nicht einmal etwas kosten würde: Lassen Sie uns gleich zu Beginn des Jahres, wenn wir die Haushaltsplanberatungen beschlossen haben, ein Treffen machen mit den Vorstandsvorsitzenden, mit den CEOs der zehn größten Unternehmen dieser Stadt, zusammen mit Ihnen, zusammen mit den Fraktionsspitzen und den Betriebsräten, wo wir uns gemeinsam an einen Tisch setzen und schauen, was kann diese Kommune, was kann diese Stadt tun, damit wir diese Dinge, die auf uns zukommen werden, da sind wir uns, glaube ich, alle sicher, ein Stückweit abfedern? Herr Oberbürgermeister, ich würde Sie bitten, diese Initiative der CDU aufzugreifen.

Und wir sind am Beginn dieser Haushaltsplanberatungen auch zu einem besonderen Zeitpunkt, wir sind kurz nach einer Kommunalwahl und relativ kurz vor einer OB-Wahl. Und das merkt man natürlich auch im Resultat am Ergebnisansatz dessen, was der Oberbürgermeister vorschlägt, einerseits einen sehr umfangreichen Haushaltsansatz, eine sehr dicke grüne Vorschlagsliste des Oberbürgermeisters, aber er ist eben auch, dieser Vorschlag des Oberbürgermeisters, logischerweise, mit Blick auf die OB-Wahl, einerseits tendenziös in den Bereichen, wo man Gutes tun will, und andererseits extrem lückenhaft, wo es eben nicht so ins Kalkül passt. Und das wird jetzt die Aufgabe von uns Fraktionen gemeinsam sein, diesen Entwurf ein Stückweit zu reparieren, zu ergänzen, mit gemeinsamer Anstrengung einen Haushalt bis zum 20. Dezember gemeinsam zu beraten, der dann wirklich ein Haushalt für alle Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt ist. Das, was heute als Vorschlag auf dem Tisch liegt, ist es natürlich bei Weitem noch nicht, Herr Oberbürgermeister.

Lassen Sie mich an einigen groben Punkten Schwerpunkte nennen. Die Anträge sind ja ab heute auch alle soweit öffentlich, sodass jeder die einzelnen Zahlen und die einzelnen Anträge sich auch anschauen kann.

Für uns ist ganz wichtig, dass wir unsere Stadtbezirke, aber auch unsere Bezirksbeiräte vor Ort und den öffentlichen Raum stärken. Wir wollen, nachdem wir vor zwei Jahren im Bereich der Sauberkeit und der Müllentsorgung einiges gemacht haben, was in die Breite der Stadt ging, wir wollen Mittel zur Verfügung stellen, was den öffentlichen Raum - auch bauliche Maßnahmen - angeht. Die sogenannten Stadtentwicklungspauschalen, Mittel, die es bisher nur für die Innenstadtbezirke gibt, wollen wir mit 6 Mio. € jährlich auf alle Stadtbezirke ausrollen, weil wir der festen Überzeugung sind, dass unsere Bezirksbeirätinnen und Bezirksbeiräte vor Ort besser wissen, wo im öffentlichen Raum eine kleine Grünanlage gerichtet werden kann, wo eine verkehrsverändernde Maßnahme eingesetzt werden kann, oder was auch immer, und wir das nicht jedes Mal hier im Gemeinderat machen müssen. Das ist eine große Verantwortung, die wir in die Bezirksbeiräte geben wollen. Aber die Erfahrung, auch aus dem Budget, das wir gemeinsam vor zwei Jahren beschlossen haben, zeigt ja schon, dass es gut funktioniert.

Wir wollen aber auch die Sicherheit und Ordnung in unserer Stadt weiter stärken. Es bringt nichts, wenn wir die Strafen für das Wegwerfen von Müll oder ähnlichem erhöhen, und es wird dann nicht kontrolliert. Wir wollen hundert zusätzliche Stellen beim städtischen Vollzugsdienst schaffen, damit eine Präsenz, die in unserer Jugend damals noch die Polizei auf Landesebene gemacht hat, dass diese Präsenz wieder da ist, damit an Brennpunkten auch mal wieder für Ordnung gesorgt werden kann. Auch dafür wollen wir uns einsetzen.

Meine Vorrednerin hat gesagt, das Thema Klima wird ein dominierendes in diesen Haushaltsplanberatungen sein. Wir haben als Ergänzung zum Klimapaket des Oberbürgermeisters ja eine Klimaanleihe der Stuttgarterinnen und Stuttgarter vorgeschlagen, haben dafür ja auch schon sehr viele positive Reaktionen bekommen, weil wir der festen Überzeugung sind, dass die Klimaanstrengungen der Stadt nur dann erfolgreich sein werden, auch nur dann nachhaltig erfolgreich sein werden, wenn wir die Bürgerinnen und Bürger mitnehmen. Und da sind wir der festen Überzeugung, dass das nicht nur mit einer Werbekampagne geht. Wenn Sie heute nach draußen gehen, Herr Oberbürgermeister, und fragen, was ist die urbane Energiewende, die Sie ins Leben gerufen haben, dann werden Ihnen die wenigsten Stuttgarterinnen und Stuttgarter eine Antwort darauf geben können. Wir wollen mit dieser Anleihe eine neue Form der Diskussion und Kommunikation und der Beteiligung in Stuttgart anregen.

Wir wollen auch die SSB besser ausstatten, weil es notwendig ist für den ÖPNV in dieser Stadt. Und ehrlicherweise dachte ich, dieser deutlich zu kurz gesprungene Entwurf des Oberbürgermeisters, der hängt mit dem Amt des Oberbürgermeisters zusammen. Nach der Rede von der Kollegin Nuber-Schöllhammer stelle ich fest, es liegt an der Partei, dass die Sprünge so kurz sind, was den ÖPNV-Ausbau angeht. Die CDU schlägt hier 110 Mio. € zusätzlich für unsere SSB vor, um die Infrastruktur zu erhalten, um sie weiter auszubauen, das ist ein kräftiger Ansatz. Den brauchen wir, wenn wir im Bereich des ÖPNV wirklich weiterkommen wollen. Und darüber hinaus, und auch da freuen wir uns, dass heute ja die Presseberichterstattung aus der Regionalversammlung sehr positiv ist, schlagen wir vor, im VVS, also bei unserer SSB und im Tarifverbund, zwei Jahre keine Preiserhöhungen zu beschließen. Man kann nicht einerseits an diesem Rednerpult stehen und sagen, wie wichtig der ÖPNV ist, und wie wichtig unser Umstieg von anderen Verkehrsträgern in den ÖPNV ist, und dann jährlich die Preise erhöhen. Wir stehen für Preisstabilität und für keine Preiserhöhungen.

Zum Thema Wirtschaft habe ich bereits gesagt, dass wir den Entwurf als mangelhaft ansehen. Wir wollen einen Stuttgarter Wirtschafts-Innovationspreis ins Leben rufen. Wir wollen die internationale Anbindung Stuttgarts noch verbessern mit einem Stuttgart India Desk, natürlich auch über den Brückenkopf unserer Partnerstadt. Wir wollen den Tourismus fördern für Stuttgart, in Stuttgart. Wir freuen uns, wenn mehr Touristen nach Stuttgart kommen. Deswegen können wir da noch eine Schippe zulegen.

Was das Thema Kinder und Jugend in unserer Stadt angeht - Kinderschutz, Sie haben alle in der Presse gelesen, die Reaktionen der freien Träger, der Organisationen, die sich um dieses Thema kümmern, wie unzureichend der Ansatz des Oberbürgermeisters bei diesem Thema ist. Man kann nicht einerseits sagen, mein großes Thema ist - so haben wir es vor wenigen Wochen erlebt - 'Kinderfreundliches Stuttgart'. Das ist eben nicht nur Spielen auf einer Spielstraße, wo man die Autos herausnimmt und was schön in ein grünes Gesamtkonzept passt. Nein, ein kinderfreundliches Stuttgart ist, vor allem dorthin zu schauen, was im Verborgenen stattfindet, was hinter verschlossenen Türen stattfindet, wo Gewalt gegenüber Kindern angewendet wird. Das müssen wir verhindern, und dafür ist jeder Euro gut eingesetzt. Und ich bin enttäuscht, Herr Oberbürgermeister, dass Sie da einen so schwachen Aufschlag gemacht haben.

Wir wollen, damit wir die Vielfalt der Kitaträger und den Ausbau in unserer Stadt weiter vorantreiben, die Förderung auf 95 % für alle freien Träger erhöhen. Ich glaube, da gibt es ja auch viele weitere Fraktionen, die das so sehen. Und wir wollen im Bereich Kinder und Jugend ein Programm auflegen für einen Schüleraustausch innerhalb Europas. Wir machen ein anderes Konzept als die GRÜNEN. Die GRÜNEN wollen exklusiv ein paar elitäre Jugendliche zu einer Konferenz aus den Partnerstädten nach Stuttgart holen. Meistens die, die sowieso mit ihren Eltern regelmäßig wahrscheinlich auf Reisen sind. Wir wissen ja immer, wer da vorne dran ist bei solchen Austauschgeschichten. Nein, wir als CDU wollen in die Breite gehen, jede Schülerin und jeder Schüler in unserer Stadt soll in seiner schulischen Laufbahn einmal die Möglichkeit haben, einen Schüleraustausch innerhalb Europas zu machen. Weil wir der festen Überzeugung sind, gerade in jetzigen Zeiten, was wir auch in Europa erleben, dass es das Beste ist, wenn wir die anderen Mitbürgerinnen und Mitbürger auf unserem Kontinent kennenlernen, wenn wir mit ihnen zusammenleben für eine gewisse Zeit, wenn wir deren Kultur und deren Tradition verstehen. Da ist jeder Euro gut angelegt, und dafür werben wir auch in den Haushaltsplanberatungen.

Beim Sport reicht es nach Ansicht der CDU-Fraktion nicht, um sich Sportstadt nennen zu können, wenn wir mit 20 Mio. € ein tolles Stadion zur Europameisterschaft 2024 sanieren. Oder wenn man sich bei der Turn-WM lächelnd vor die Kameras stellt und zum Ausdruck bringt, wie toll man es alles findet. Nein, Sport hat ganz viel mit Ehrenamt in dieser Stadt zu tun, ganz viel mit Breitensport. Deswegen wollen wir das Ehrenamt fördern, besser unterstützen über die entsprechenden Vergütungen der Trainer und Anleiter. Und wir müssen natürlich auch den Raum schaffen, weil man nicht ganzjährig Sport im Park machen kann. Wir müssen zusätzliche Hallen schaffen. Wir müssen zusätzliche Wasserflächen in dieser Stadt schaffen, was das Thema Schwimmen angeht. Im Sport ist es nicht viel mehr als ein Steinbruch, was uns hier vorgelegt wurde als Entwurf.

Nicht zuletzt ist uns allen klar und deswegen ein ganz großes Dankeschön, dass wir all das, was wir in den nächsten Wochen beschließen werden, nur umsetzen können mit einer tollen, mit einer aktiven, mit einer dynamischen, motivierten, hochkompetenten Stadtverwaltung, mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die diese Aufgaben angehen. Deswegen ein großes Dankeschön an alle, die heute hier sind oder die momentan irgendwo am Bildschirm uns zusehen, für diese tolle Arbeit jeden Tag. Wir honorieren das mit insgesamt 175 zusätzlichen neuen Stellen dort, wo wir eine Notwendigkeit gesehen haben, dass wir diese auch angehen. Und diese Notwendigkeit sehen wir in erster Linie entweder beim Bürger direkt, dort, wo der Bürger etwas davon hat. Wir sehen es aber auch auf der anderen Seite der Verwaltung, dort, wo Strukturen geschaffen werden müssen, gerade auch im Personalbereich, damit die Verwaltung agieren kann. Wir sehen es vielleicht nicht in erster Linie immer gerade bei Stabsstellen des Oberbürgermeisters.

Nicht zuletzt wollen wir natürlich in diesen Haushaltsplanberatungen die finanziellen Rahmenbedingungen schaffen, dass wir die Vision 2040, die wir gemeinsam vereinbart haben auf der Klausur in Schwäbisch Hall, auch gemeinsam angehen können, dass wir diesen Prozess weitergehen können. Ich glaube, ein ganz wichtiges Thema für diese Stadt.

Und vor dem Hintergrund, dass ja auch durchaus für mich überraschend Steuererhöhungen vorgeschlagen werden, auch von Fraktionen und Parteien, von denen ich das ehrlicherweise noch weniger erwartet hätte, dass es diese Vorschläge gibt, vor dem Hintergrund, dass Steuersenkungen vorgeschlagen werden und dass ja auch beantragt wird, Steuersenkungen zu beenden, was das Thema der intelligenten Grundsteuer angeht, lassen Sie mich schließen mit dem Zitat eines großen Oberbürgermeisters dieser Stadt: 'Die Politik ist zu einer Kunst geworden, die es versteht, den Bürgern auf unauffällige Weise ihr Geld abzunehmen und es nach Abzug steigender Verwaltungskosten in einem Zeremoniell so zu verteilen, dass jeder sich noch für beschenkt hält'. Manfred Rommel.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, lasst uns diese Ermahnung, diesen Hinweis von
Manfred Rommel ernst nehmen, wenn wir in den nächsten Wochen in die Beratungen gehen. Die CDU freut sich darauf. Herzlichen Dank."


StR Adler (Die FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei):
"Wir sind jetzt Ende 2019 in der Beratung des Doppelhaushalts 2020/2021 nicht an einem Punkt, vergleichbar mit irgendwelchen Haushaltsberatungen davor, wo der Rat und die Verwaltungsspitze einfach im eingeübten Tempo weitermachen könnten nach dem Motto 'Was wir jetzt nicht auf den Weg bekommen, kommt dann vielleicht in zwei Jahren oder vielleicht in vier oder vielleicht irgendwann oder vielleicht auch überhaupt nicht'. Denn das geht so nicht länger, denn dieser Haushalt wird beraten im Zeichen einer immer näher rückenden Klimakatastrophe. Und einer Klimaschutzbewegung, die uns damit konfrontiert. 'Ich will, dass ihr handelt, als würde euer Haus brennen, denn es brennt. Und die Dinge werden sich ändern, ob es euch gefällt oder nicht', sagt Greta Thunberg, und das sagt sie völlig zu Recht. Da geht es nicht länger, dass Debatten über absurde Projekte wie City Lights, Mooswände, Feinstaubsauger, immer teurere Straßentunnel oder gar Weltraumbahnhöfe den Blick verstellen auf das, was wirklich unverzüglich getan werden muss. Und unverzüglich handeln heißt, das sagt der Oberbürgermeister immer wieder mal gern, handeln ohne schuldhaftes Verzögern. Wir dürfen nicht so tun, als hätten wir alle Zeit der Welt, um bloß mit Trippelschrittchen im Rhythmus der Doppelhaushalte Klimaschutz, Verkehrswende und eine soziale Mieten- und Wohnungspolitik auf den Weg zu bringen. Wir haben mit unseren finanziellen Ressourcen die Mittel, um schnell einen grundsätzlichen Kurswechsel in Angriff zu nehmen.

Was ist jetzt unser Maßstab, mit dem wir den Haushalts-Entwurf des Oberbürgermeisters bewerten und unsere Haushaltsanträge formuliert haben? Wir messen ihn daran, ob er diesen riesigen Herausforderungen, vor denen die Stadt steht, gerecht wird. Er muss wenigstens im kommunalen Rahmen wirkungsvolle Schritte vorwärts zum sozialökologischen Umbau zu einer Stadt der Daseinsvorsorge beinhalten.

Und das leistet der Haushalts-Entwurf des Oberbürgermeisters leider nicht. Keine Frage, ein Haushalt, in dem 200 Mio. € aus dem Jahresüberschuss 2018 für ein sogenanntes Klimaschutzpaket eingeplant sind, ist selbstverständlich besser als ein Haushalt, in dem das nicht drin wäre. Die große Masse der Einzelmaßnahmen ist auch zu unterstützen, aber es fehlt eine strategische Ausrichtung. Das Aktionsprogramm zeigt leider auch, der Oberbürgermeister hat sich nicht der verdammt unerfreulichen Realität gestellt, dass sich unser Zeitfenster verdammt schnell schließt. Bis 2030, spätestens 2035 - und das ist nicht mehr lang hin - muss die Stadt klimaneutral sein. Dafür reichen 200 Mio. € nicht, die aus dem Jahresüberschuss 2018 finanziert sind. Und es reicht nicht, ein Paket begrenzt auf vier Jahre zu schnüren. Vier Jahre! Klimaschutzmaßnahmen sind eine Daueraufgabe, die uns begleiten werden. Wie kann man da bloß auf die Idee kommen, dass man die Stellen zur Umsetzung des Aktionsprogramms mit kw-Vermerken versehen will? Die müssen zwingend und zwar dauerhaft geschaffen werden. Und es erfordert eine gute Personalausstattung, um die notwendig ambitionierten Ziele überhaupt auf den Weg bringen zu können. 5 Plus-Energie-Gebäude, Leuchtturmprojekte sind zwar nett, reichen zwar für einen Fototermin, aber nicht, um alle städtischen Gebäude und die der SWSG bis 2030, spätestens 2035 klimaneutral zu machen.

Eins kann ich Ihnen auch nicht ersparen, Herr Oberbürgermeister, es ist auch bezeichnend für Ihr Klimaschutzpaket und Ihren Aktionsplan, dass sich darin kein Wort zu Stuttgart 21 findet, dem größten CO2-Emittenten und Klimaskandal in dieser Stadt, dem Klimaelefanten im eigenen städtischen Wohnzimmer, den ignorieren Sie hartnäckig. Und wer sich nicht mal getraut, den Weindorf- und Weihnachtsmarktbeschickern zu sagen, dass 10 Grad gefühlte Temperaturreduktion durch fünf zusätzliche Bäume am Rand des Marktplatzes wichtiger sind als Sauerkraut und Weinumsatz an ein paar wenigen Ständen, der sollte beim Klimaschutz besser schweigen.

Lassen Sie uns die Verkehrspolitik daraufhin abklopfen, ob sie wirkungsvoll zum Klimaschutz im erforderlichen Tempo beiträgt. Ein wirkungsvoller Beitrag wären schnelle Schritte zur Verkehrswende, weg vom Autoverkehr, hin zum Rad- und Fußverkehr und vor allem zum Öffentlichen Personennahverkehr. Davon sind wir aber noch so weit entfernt, Ihre Parteien, lieber Herr Kuhn und Herr Körner, haben zwar das 365-Euro-Ticket als Kommunalwahlkampfschlager entdeckt, um für Autofahrer den ÖPNV attraktiver zu machen, gut, doch weder im OB-Haushalt noch in den Anträgen Ihrer Parteien sehen wir dazu einen Antrag. 365 € für Schülerinnen und Schüler und Azubis ist völlig okay und unterstützenswert, aber es muss doch dringend darum gehen, Leute vom Autofahrer zum ÖPNV-Nutzer zu machen, um weg vom Pkw zu kommen und das kriegt man nicht hin mit einem Angebot für Leute, die ohnehin kein Auto benutzen. Wir haben das 365-€-Ticket mit dem Umlenkungspotenzial im VVS für die Zone 1 beantragt. Wir wollen dazu einen Nachttakt, der eine Großstadt eben ausmacht, und selbstverständlich parallel zu attraktivem Ticketpreis auch die SSB mit zusätzlichem Geld ausstatten, dass sie Kapazitäten erweitern und ihre Fahrzeuge und Infrastruktur instandhalten kann.

Meine Damen und Herren, wenn wir hier über Projekte und Ausgaben im Bildungs-, im Sozial- und Jugendbereich sprechen, dann reden wir hier über das Recht von allen auf ein würdiges Leben und Teilhabe. Und diese sozialen Themen musste man im Haushalts-Entwurf in der grünen Liste leider eher mit der Lupe suchen. In einer Stadt, in der die Schere, wie überall, es wurde schon gesagt, zwischen reich und arm weiter auseinandergeht. Man sieht eben, dass es über ein halbes Jahr der Haushaltsvorbereitung keinen Sozialbürgermeister gegeben hat und der Gemeinderat gezwungen wird, diesen Job zu machen, um mit eigenen Anträgen korrigierend einzugreifen. Diese soziale Blindstelle spiegelt zweitens wieder, dass der OB sich lieber mit solchen Leuchttürmen schmückt als sich in die Niederungen und Nöte der Stadt zu begeben. Da machen städtische Mitarbeiter z. B. ein wunderbares hochgelobtes, preisgekröntes Konzept zur Umsetzung des Kinderschutzgesetzes, zum Kinderschutz. Ein Leuchtturm, wirklich, Respekt für alle, die da dran gearbeitet haben. Aber die Stellen, die es in der Stadt bräuchte, um dieses Konzept umzusetzen, die kommen nicht vor, die fehlen! Und selbstverständlich, meine Damen und Herren, beantragen wir diese Stellen, aber eigentlich sollte man gar nicht über sowas reden müssen, denn das ist die Aufgabe des Oberbürgermeisters.

Wir wollen die Kita ohne Gebühren für 0 - 6-Jährige, zumindest für FamilienCard-Inhaber und zwar ganz einfach deshalb, weil Kitaerziehung ein Teil des Bildungssystems geworden ist. Genau wie die Grund- und die weiterführenden Schulen, die deshalb gebührenfrei zu sein haben. Um Mieten zu deckeln, wollen wir eine Stadt, die sich nicht länger als Dienstleisterin für Investoren versteht, sondern z. B. mit genügend Stellen für eine Task Force-Spekulationsbremse, wie wir das nennen, kreativ und vor allem mieterfreundlich, alle Instrumente nutzt, um gegen Bodenspekulation vorzugehen. Bodenpreisspekulation ist inzwischen erwiesenermaßen der Haupttreiber für die Mieten. Fast ein Viertel der Mietwohnungen, das müssen Sie sich mal vorstellen, wurden in Stuttgart allein in den letzten zwei Jahren neu vermietet und jeder Mieterwechsel ist heute mit massiver Mietpreissteigerung möglich. Und das zeigt die Dimension des Problems und es zeigt, dass mit Bauen allein die Mietsteigerung nicht bekämpft werden kann.

Wir sagen aber selbstverständlich nicht, lieber Herr Körner, gar nicht bauen, wir sagen, die Stadt muss auf eigenem Grund selber bauen. Das ermöglicht günstige Mieten, weil beim Bauen auf eigenem Grund die Kalkulation günstige Mieten ermöglicht. Die Flächenpotenziale für den Einstieg in einen Gemeindewohnungsbau sind zwar durch die jahrzehntelange ignorante Ausverkaufspolitik, die hier im Rat unterstützt wurde, geschwunden, aber immer noch groß genug, um wirkungsvolle Beiträge leisten zu können, zur Versorgung mit bezahlbaren Mietwohnungen. Dafür wollen wir 150 Mio. € jährlich für einen kommunalen Bau- und Bodenfonds für den sukzessiven Kauf und städtischen Wohnungsbau. Auch die Stadt muss daran ein eigenes Interesse haben, denn die Stadt braucht dringend Personalwohnungen, um als Arbeitgeber überhaupt noch Personal zu bekommen. Personal und Azubis brauchen bezahlbare Wohnungen. Dafür bieten sich zum Einstieg städtische Flächen im Neckarpark an. Wir wollen deshalb einen sofortigen Verkaufsstopp und die Beplanung dieser Flächen im Neckarpark für städtischen Wohnraum und ebenso für Planungen für Flächen für städtische Arbeitsplätze, Stichwort Technisches Rathaus.

Wir wollen auch, dass die SSB ein Darlehen erhält, um auf der Fläche ihres ehemaligen Depots 100 Betriebswohnungen für ihre Mitarbeiter und gegebenenfalls dort noch eine ELW-Pflegeeinrichtung zu bauen.

Und jetzt müssen wir auch noch über Personalmangelwirtschaft in diesem Rathaus reden. Die aktuelle Personalausstattung reicht bei Weitem nicht aus, um die ständigen Aufgaben, die beschlossenen Projekte und Investitionen abzuarbeiten. Wir haben so hohe Haushaltsüberschüsse in den vergangenen Jahren, weil Projekte mangels städtischem Personal nicht abgearbeitet werden konnten. Und diese Situation verschärft sich dramatisch. Wie Sie alle wissen können, werden 50 % der städtisch Beschäftigten in den nächsten zehn Jahren ausscheiden. Die Situation dabei ist wirklich grotesk. Die Personalbereiche der Verwaltung und der Eigenbetriebe sind dermaßen unterbesetzt, dass sie nicht in der Lage sind, Bewerbungen und Einstellungen im gebotenen Tempo abzuwickeln. Es ist einfach ein Unding, wenn dringend erforderliche Stellen in der Gewerbeaufsicht nicht geschaffen werden oder die Sicherheit städtischer Immobilien nicht mehr gewährleistet ist, weil hoffnungslos überlastete Mitarbeiter nicht mehr nachkommen.

Der Doppelhaushalt 2020/2021 muss deshalb ein Personalhaushalt werden, der diesen Namen wirklich verdient. Das ist die Aufgabe, die mit dem Doppelhaushalt geleistet werden muss, sonst manövriert sich die Stadt selber sehenden Auges in die Handlungsunfähigkeit. Der bisher vorgelegte Stellenplan jedenfalls löst das bei Weitem nicht und schafft nicht einmal alle Stellen, die für gesetzliche Pflichtaufgaben erforderlich sind. Um bereits beschlossene Stellen besetzen zu können, muss man als Arbeitgeber in dieser Region hoch attraktiv sein bzw. erstmal werden und dazu braucht es folgende drei Maßnahmen: Erstens, einen hochattraktiven Arbeitgeber mit attraktiver Bezahlung, eine Ballungsraumzulage für alle städtischen Beschäftigten in Höhe von wenigstens 200 € und ein kostenloses Jobticket für alle städtisch Beschäftigten und bezahlbare Wohnungen. In München wird das erkannt und es ist beschlossen, und das brauchen wir auch hier in Stuttgart.

Zweitens braucht es eine handlungsfähige Personalverwaltung, die auch Ausschreibungen machen kann und Bewerbungen sichten kann, und die von den Ämtern beantragten Stellen müssen beschlossen werden, denn niemand kennt die Engpässe in den städtischen Betrieben besser als sie.

Drittens braucht es Räume und Flächen für das städtische Personal. Damit soll die Stadt jetzt aus unserer Sicht im Neckarpark anfangen und, meine Damen und Herren, machen Sie sich klar, in den weiteren Beratungen ist keine einzelne dieser drei Aufgaben alleine für sich wirkungsvoll lösbar ohne konsequentes Angehen der anderen.

Die vor uns stehenden riesigen Herausforderungen benötigen große Schritte. Trippelschritte sind zu wenig und die Kluft zwischen dringenden Notwendigkeiten, bei denen uns die Zeit davonläuft und dem eingeschlagenen gemächlichen Veränderungstempo ist deutlich zu groß. Das erinnert schon bedrohlich an die Lemminge, die gemeinsam auf die Klippe zurennen.

Unsere Vorschläge sind finanzierbar. Wir haben auch Anträge zur Gegenfinanzierung vorgelegt. Kolleginnen und Kollegen, tragen Sie in der weiteren Debatte dazu bei, dass, wenn wir unsere Anträge für einen sozialökologischen Kurswechsel in der Wohnungs-, Klima- und Verkehrspolitik und in der städtischen Personalpolitik aufrufen, dass dieser Haushalt am Ende diesen großen Notwendigkeiten tatsächlich gerecht wird. Ich danke für die Aufmerksamkeit."

StR Körner (SPD):
"Herr Oberbürgermeister, lieber Kollege Adler, zunächst vielen, vielen herzlichen Dank, dass Sie beide, einmal bei der Einbringung, und Sie gerade eben, Herr Adler, zwei SPD-Plakate mit in Ihre Ausführungen aufgenommen haben. Wir verstehen das als großes Kompliment. Herr Oberbürgermeister, Sie haben die 30.000 Wohnungen angesprochen, Herr Kollege Adler das 365 €-Ticket. In der Tat, das waren zwei Plakate, mit denen wir versucht haben, deutlich zu machen, welche Herausforderungen es sind, vor denen die Stadt in den nächsten zehn, zwanzig Jahren steht. Und natürlich ist eine der zentralen Herausforderungen die Frage, was wir dafür tun können, dass sich Normalverdiener in dieser Stadt das Leben überhaupt noch leisten können, wenn sie z. B. eine neue Wohnung brauchen. Und mit 'neu' meine ich nicht eine neu gebaute Wohnung, sondern eine Wohnung, wo ein neuer Mietvertrag zu unterschreiben ist. Angebotsmieten 14 €, 15 €/m² Wohnfläche, Nebenkosten 2,50 € obendrauf, 17 €/m² warm für eine Familie mit zwei Kindern - 1.400/1.600/1.800 €/m² warm. Und das ist ein Problem, Herr Oberbürgermeister. Und - ja, wir sind der Meinung, da müssen wir auch mit mehr zusätzlichen neuen Wohnungen gegenhalten. Das ist nicht die einzige Antwort, Herr Kollege Adler, das ist richtig. Aber es ist eine ganz entscheidende Antwort. Und die 30.000 Wohnungen sind ja nicht vom Himmel gefallen, sondern das ist der Bedarf, den das Land selber ausgerechnet hat, weil zwischen 2011 und 2015 13.000 Wohnungen zu wenig gebaut worden sind. Und das ist der Bedarf, den das Statistische Amt für die Zukunft ausgerechnet hat, wenn die Zuwanderung so kommt, wie wir das alle erwarten, 16.000 bis 17.000 Wohnungen. Und wir sind der Auffassung, dass wir die brauchen. Wir sagen: 80 % - Herr Oberbürgermeister, Sie hatten uns danach gefragt, wie wir die bauen wollen - 80 % davon in der Innenentwicklung. Und ich füge hinzu, der allergrößte Teil dieser 80 %, die in der Zeitstufenliste Wohnen in der Stadt stehen, soll im neuen Rosenstein-Quartier entstehen. Das haben Sie, weil Sie nach der SPD gefragt haben, auch der SPD zu verdanken, dass wir überhaupt diese Innenentwicklung machen können, die wir dringend brauchen, meine sehr verehrten Damen und Herren. Und dann haben wir gesagt, ja, und 20 % davon können wir uns auch vorstellen im Außenbereich. Wir halten das für vertretbar. Und, Herr Oberbürgermeister, Sie haben in der Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung und Technik die Zusage gemacht, dass wir uns die drei Szenarien, die Sie an die Wand geschrieben haben, mit zwei Sätzen nochmals genauer anschauen. Und wir haben eine Bitte und einen Vorschlag: Wenn Sie das Szenario 'Vorsichtige Außenentwicklung' uns darstellen, und uns darstellen, an welchen Stellen am Rande der Stadt eine behutsame Außenentwicklung in dieser Größenordnung stattfinden kann, dann lassen Sie uns gemeinsam die Argumente anschauen - Wo gibt es Vorteile? Wo gibt es Nachteile? Wo geht das besser? Wo geht das schlechter? Und lassen Sie uns ein Gebiet aussuchen und dann die Bürgerinnen und Bürger fragen, ob sie sich nicht auch dort eine Wohnbebauung vorstellen können. Sie selbst haben im Unterausschuss Wohnen vorgeschlagen, dass wir dazu einen Bürgerentscheid machen. Wir nehmen diesen Vorschlag gerne auf und schlagen vor, das genau so zu machen, wie ich es gerade beschrieben habe.

Es gibt weitere Herausforderungen in dieser Stadt. Kollege Kotz, finde ich, hat das zu Recht beschrieben. Vor zehn Jahren haben hier auch Haushaltsberatungen stattgefunden. Da mussten die Gewerbesteuereinnahmen in der Erwartung um fast 500 Mio. € reduziert werden. Um fast 500 Mio. € im Doppelhaushalt 2010/2011. Der Gemeinderat hat eine Einsparliste von strukturell über 70 Mio. € pro Jahr beschlossen. Warum war das erforderlich? Weil die Umsätze der Stuttgarter Industrieunternehmen innerhalb eines Jahres von 21 Mrd. € auf 14 Mrd. € zurückgegangen sind. Und es war vor allem die Autoindustrie. Ob uns das jetzt gefällt oder nicht. Das ist so. Jeder dritte Euro, den wir alle hier im Geldbeutel haben, wird in dieser Industrie erwirtschaftet. Und unsere Gewerbesteuereinnahmen müssen diesmal um 100 Mio. € reduziert werden. Zum Glück geht die Gewerbesteuerumlage auch runter. Deswegen merken wir das noch nicht so. Und ich sage das jetzt nicht, weil wir erwarten, dass das in den kommenden zwei Jahren auch so sein wird, sondern um zu beschreiben, was da für eine Herausforderung vor uns steht, weil das nämlich die Basis unseres Wohlstands ist, dass wir Autos weltweit verkaufen, mittlerweile 80 % der Umsätze im Ausland. Das waren übrigens 1992 nur 30 %. 80 % im Ausland verkaufte Autos. Und diese Industrie befindet sich im Umbruch, und zwar in einem gravierenden Umbruch mit völlig neuen Wertschöpfungsketten, vor allem der Antriebsstrang davon betroffen ist. Ich sage mal nur - Neckartal, Fertigung. 10.000 Arbeitsplätze stehen da auf dem Spiel. Und deswegen fand ich den Vorschlag gut, den Kollege Kotz gemacht hat. Wir haben mit dem Herrn Häberle, Betriebsratsvorsitzender Untertürkheim, bereits einen Termin ausgemacht, weil der ja gerade dafür kämpft, dass nicht alles fremdvergeben wird an ZF Friedrichshafen, sondern hier noch in unserer Stadt Wertschöpfung stattfindet. Und wir müssen uns die Frage stellen, Herr Oberbürgermeister, wie können wir die dabei unterstützen, dass die auch weiterhin hier erfolgreich arbeiten können. Das ist die zweite Herausforderung.

Die dritte Herausforderung - natürlich ist das der Verkehr, und das hängt ja alles miteinander zusammen. Wir haben uns das Ziel gegeben, 20 % weniger Autos in der Stadt. Kollegin Nuber-Schöllhammer hat ja völlig richtig - die Lebensqualität in unserer Stadt, die Menschenfreundlichkeit unserer Stadt hängt auch damit zusammen, dass wir den Verkehr in dieser Stadt besser organisieren müssen. Und das 20 %-Ziel, Herr Oberbürgermeister, wir alle haben es bei Weitem ja noch nicht erreicht. Deswegen finden wir es gut - Radverkehrsoffensive, es gab einen Rad-Entscheid, eine mächtige Bewegung, Kompliment an diese jungen Leute, die da aktiv waren, und eine gemeinsame Initiative von 90/GRÜNE, SÖS-LINKE-PluS und SPD. Und jetzt findet sich das im Haushalt. Wir finden das gut. Aber die eigentliche Musik, das wissen wir doch alle, spielt im Ausbau des Öffentlichen Personennahverkehrs. Da spielt die Musik. Und da sind uns andere Städte weit voraus. Und da müssen wir uns Gedanken machen, wie wir es z. B. bei der SSB schaffen, in der morgendlichen Spitzenstunde 30 % mehr Kapazitäten anzubieten. Da müssen wir uns aber anstrengen, da ist noch nichts, nicht viel in der Richtung passiert.

Ich möchte eine vierte Herausforderung nennen, und die klang ja vor allem auch bei Frau Nuber-Schöllhammer an und auch beim Kollegen Adler. Natürlich ist das die Frage eines gerechten Klimaschutzes, weil, da geht es ja um Gerechtigkeitsfragen letzten Endes. Es ist ja nicht gerecht, dass wir als reiches Land viele Ressourcen verbrauchen und die Nachteile im Klimawandel vor allem in den ärmeren Ländern zu spüren sein werden. Und die jungen Leute skandieren ja nicht ganz zu Unrecht, dass sie sagen 'Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr uns die Zukunft klaut', weil sie das ungerecht finden, was die ältere Generation ihnen hinterlässt. Und da wissen wir seit zwei Jahren, dass wir mehr tun müssen in Stuttgart als bislang, mit der Vorlage des Masterplans, Klimaschutz 100 % bis 2050. Wir wissen das seit zwei Jahren, dass wir deutlich mehr tun müssen. Wir sind bei den Treibhausgasen bei - je nachdem, wie man rechnet, Herr Oberbürgermeister - bei minus 23 bis 31 % seit 1990. Wenn wir uns die Zahlen vom Amt für Umweltschutz anschauen, stellen wir fest, dass wir von 2010 bis 2017 nicht mehr so viel Fortschritt dort erzielt haben. Und jetzt haben wir aber vor der Brust, in den nächsten fünf Jahren ungefähr 1 Mio. Tonnen CO2 weniger auszustoßen. 1 Mio. Tonnen. Und wir wissen, dass wir dafür viel mehr tun müssen als bisher. Und jetzt nehmen wir das Aktionsprogramm Klimaschutz mit den 200 Mio. €. Damit könnten wir, wie wir jetzt wissen, Herr Dr. Görres hat es ja ausgerechnet, ungefähr 10.000 Tonnen pro Jahr schaffen. Das beschreibt ein bisschen die Dimensionen, über die wir da reden. Aus unserer Sicht müssen wir da wesentlich mehr tun, weil, die eigentliche Musik spielt in der Energiewirtschaft. Und da gibt es die EnBW und die Stadtwerke. Und da brauchen wir eine gemeinsam abgestimmte Vorstellung davon, wie die Wärmeversorgung dieser Stadt und letzten Endes dieser Region, Herr Oberbürgermeister, möglichst rasch ohne Kohle und dann auch ohne Gas auskommen muss - da spielt die Musik. Und es bleibt mir nach wie vor ein Rätsel, und das ist auch demokratiepolitisch ein Problem, dass das Land und die Stadt, EnBW und Stadtwerke, es nicht hinbekommen, sich hier auf ein gemeinsames Vorgehen zu einigen. So werden wir den Klimaschutz nicht schaffen, Herr Oberbürgermeister.

Und es gibt einen zweiten Aspekt beim Klimaschutz, das ist die Tatsache, dass die zweitwichtigste Musik bei dem Thema in den Gebäuden, in den Wohngebäuden stattfindet. Und da haben wir ein soziales Problem. Weil nämlich, wenn wir weniger Tonnen CO2 ausstoßen wollen, uns bewusst sein muss, da müssen wir investieren. Das müssen wir finanzieren, das kostet Geld. Und es kann ja wohl nicht wahr sein, dass das die Mieterinnen und Mieter bezahlen müssen, die heute schon in Stuttgart kaum eine Chance haben. Deswegen, und jetzt komme ich auf Antworten, die wir geben zu den Herausforderungen mit unseren Anträgen, deswegen schlagen wir vor, dass wir dringend ein kommunales Energiesparprogramm für Gebäude brauchen, wo wir sagen, die Wohnungsunternehmen, auch gewerbliche Vermieter, bekommen einen Zuschuss, wenn sie zusichern, dass die Warmmiete für die Mieterinnen und Mieter nicht stärker als 1 €/Monat/m² steigt. Weil die Mieterinnen und Mieter diese Sicherheit brauchen, sonst sind sie nämlich die Gelackmeierten und müssen Kosten übernehmen, die sie heute schon kaum übernehmen können.

Wir formulieren andere Antworten, weitere Antworten. Wir sind der Meinung, wenn wir über Entlastungen sprechen, Herr Kollege Kotz, dann ist die Grundsteuer einfach eine verdammt schlechte Idee. Weil es die ungerechteste und unökologischste Variante einer Steuersenkung ist. Die allergrößten Entlastungen im Millionenbereich landen bei den großen Konzernen. Die kleinste Entlastung landet bei einer Familie mit Kindern in einer Wohnung 80 m², 40 € kriegen die. Deswegen ist es doch viel besser, wenn wir die Kitagebühren senken, jawohl, sind wir uns einig, ein bisschen anders, aber ähnliches Volumen. Wir wollen für 3- bis 6-Jährige keine Gebühr mehr mit FamilienCard. Wir können uns auch über 0- bis 3-Jährige noch unterhalten, da müssen wir schauen, was es kostet. Das bringt für eine Familie, wenn sie drei Jahre das Kind noch im Kindergarten hat, 3.000 €. 3.000 €, nicht 40 €! Und deswegen schlagen wir das 365-€-Ticket auch für Schülerinnen und Schüler vor, weil das eine Familie ebenfalls deutlich entlastet mit 10 € im Monat, das sind immerhin 120 € im Jahr. Das ist auch das Dreifache von dem, was bei der Grundsteuersenkung rumkommt.

Um den Herausforderungen begegnen zu können, die wir haben, muss die Stadt als Allererstes ihre Hausaufgaben machen. Und da hat Herr Kollege Adler in Teilen ja recht. Herr Oberbürgermeister, die Bürgerbüros funktionieren nach wie vor nicht. Wenn wir einerseits sagen, die energetische Sanierung städtischer Gebäude muss besser werden, aber gleichzeitig ist das Liegenschaftsamt nicht in der Lage, die Verkehrssicherungspflicht in den städtischen Gebäuden sicherzustellen, dann haben wir ein Problem. Bei den Schulsanierungen haben Sie die Mittel im Haushalt - wir kommen vom vorletzten Doppelhaushalt 100 Mio. € im Doppelhaushalt, hatten uns das letzte Mal auf 80 Mio. € geeinigt und haben Stellen erhöht - haben Sie jetzt auf 30 Mio. € reduziert. Um 50 Mio. € reduziert, das hat wahrscheinlich noch gar niemand mitgekriegt, weil Sie es gar nicht umgesetzt bekommen. Weil das Schulverwaltungsamt und das Hochbauamt organisatorisch immer noch nicht so aufgestellt sind, wie wir das bräuchten, um die Schulsanierung ordentlich durchzuführen. Das kann doch wohl nicht wahr sein! Hier muss sich einiges ändern bei der Personalpolitik. Und da sind wir der Meinung, wir brauchen mehr Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, müssen auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter halten. Deshalb eine Stuttgart-Zulage. Und wir müssen auch über Organisationsstrukturen nachdenken, weil das ja nicht funktioniert, wenn wir ehrlich sind.

Ich wollte etwas vor allem zu den Beteiligungsunternehmen sagen, denn die spielen ja bei allen drei Herausforderungen eine zentrale Rolle. Die SWSG, wir müssen das Eigenkapital der SWSG erhöhen. Wir schlagen vor, das über städtische Grundstücke zu machen, die wir in die Gesellschaft einbringen. Und dann müssen wir auch offensiver städtische Vorkaufsrechte ausüben und mit kommunalen Satzungen und Abwendungsvereinbarungen die dann auch wirken lassen.

Die SSB, der reichen nicht zweimal 10 Mio. €. Wir haben auch 110 Mio. € vorgeschlagen bis 2030, jährlich auch einen Finanzierungsvorschlag dafür.

Und was die Stadtwerke anbelangt, es ist nicht die Aufgabe der Landeshauptstadt, 500 Mio. € - oder lassen Sie es 400 Mio. € sein -, in Aktien und Rentenpapieren zu investieren. Das ist nicht unser Job. Lassen Sie uns doch dieses Geld in die Energiewende bei den Stadtwerken investieren. Und das Tolle ist, da kommen ja sogar noch Erträge dabei rum, mit denen wir dann auch nachhaltig die SSB finanzieren können.

Das Wichtigste ist, ich bin bei den Herausforderungen, die ich versucht habe zu skizzieren, ziemlich optimistisch. Übrigens auch bei der Automobilindustrie. Porsche investiert massiv. Auch Daimler will investieren. Wir können auch die anderen Herausforderungen gut angehen, zentrales Thema ist dabei das Thema Bildung, was Jasmin Meergans gleich vorstellen wird. Ja, weil das auf ganz viele der Herausforderungen eine Antwort ist. Aber wir müssen vorneweg den Gestaltungsanspruch haben, wir wollen gestalten, und es gibt ganz viel zu tun. Das ist auch das, was die Menschen von uns erwarten und was sie auch skeptisch gegenüber der Demokratie sein lässt, weil sie manchmal den Eindruck haben, dass da gar nicht mehr der Gestaltungsanspruch da ist, wirklich etwas zu verändern. Es gibt viel zu verändern. Es gibt große Herausforderungen. Packen wir es zusammen an. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit."

StR Dr. Oechsner (FDP):
"In Zeiten von Twitter, Facebook, Instagram scheint es irgendwie en vogue zu sein, sich nicht mehr mit den Grundlagen oder mit den Hintergründen gewisser Zeitungsartikel auseinanderzusetzen, sondern mal rauszuhauen, dass man z. B. es nicht erwartet hätte, irgendwelche Steuererhöhungen aus irgendwelchen Gegenden zu hören. Deswegen muss ich als Allererstes mal ein paar Sachen klarstellen. Ja, Stuttgart hat eine ganz hervorragende Kultur. Und dieser Kultur und der Finanzierung dieser Kultur stellen wir uns, denn wir wissen, es trübt sich ein, vielleicht trüben sich auch die Erträge aus den Realsteuern ein, und daher ist es durchaus adäquat, über eine dritte Finanzierungssäule insbesondere im Kulturbereich nachzudenken. Und wenn jemand, der auf die FDP jetzt einhaut und sagt, die FDP fordert eine Steuer, der hat auf jeden Fall unseren Antrag nicht gelesen. Und hat sich auch mit den Hintergründen nicht befasst. Denn in unserem Antrag steht drin, dass wir mal gerne wissen möchten, um uns der Aufgabe der Finanzierung unserer reichhaltigen Kultur auch stellen zu können, und zwar über Jahre hinweg, steht drin, ist es überhaupt möglich, in welcher Form wäre es möglich, und wenn es möglich ist, ist es möglich, es direkt an den Kulturetat zu koppeln? Und dann sehen Sie, ist es vielleicht jetzt Wortklauberei, dass es gar keine Steuer sein kann, weil eine Steuer geht in den Steuertopf, eine Abgabe ginge, und wir haben uns noch nicht mal dafür entschieden, ginge ausschließlich in den Kulturetat.

Zum Zweiten: Zweite Falschmeldung: Steht doch tatsächlich in der Zeitung, die FDP lehnt die Grundsteuersenkung ab. Ach, also, jetzt folgendes: Wir haben immer gesagt ganz klar, dieser Gemeinderatsbeschluss aus dem Jahr 2017, der steht. Wir haben damals schon gesagt, wir halten die intelligente Grundsteuer nicht für intelligent, aber der Beschluss steht, und natürlich wird das Geld aus dem Jahr 2018 für die Senkung der Grundsteuer 2020 eingesetzt, zumindest wenn es nach der FDP geht. Was wir ab 2021 machen und ob wir überhaupt etwas machen sollten, unserer Meinung nach einen niedrigeren Satz, deutlich unter 500 Punkten, aber ob es sinnvoll ist, jetzt wo der Bund die Grundsteuer neu regelt, hier überhaupt noch anzugreifen, das ist sehr, sehr fraglich. Und das Dritte, wenn wir schon beim Steuerthema sind, nein, wir gehen nicht an die Gewerbesteuer, obwohl wir wissen - und da ist auch das Land und der Bund gefordert, und wir als Liberale, wir gehen auf unsere Landes- und Bundestagsabgeordneten zu -, das ist eine ungerechte Steuer. Es ist ungerecht, dass Einzelkaufleute gleich behandelt werden in der Gewerbesteuer wie Kapitalgesellschaften und damit steuerlich schlechter dastehen in dieser Stadt und in vielen anderen als einkommensgleiche Arbeitnehmer. So viel jetzt mal zum Steuerthema. Damit das ganz klar ist, was wir beantragen und was unsere Intention bei dieser Sache ist.

Jetzt aber ein bisschen zum Haushalt. Herr Oberbürgermeister, wir fanden Ihren Vorschlag gar nicht mal so schlecht, und zwar deswegen, weil er natürlich noch Gestaltungsspielraum gibt, wo man noch sagen kann, hier und da wäre das eine oder andere doch noch zu verbessern. Sagen wir es mal so. Grundlage dessen war, dass wir unbedingt die Schnittstelle von Verwaltung zum Bürger verbessern wollen. Da gibt es einige Dinge, die man verbessern kann, natürlich, da komme ich am Schluss drauf, beim Personal. Und wir haben jetzt schon viele Sachen gehört, die ganz gut wären, die wir machen könnten, Schnittstelle Bürgerschaft, Verwaltung. Wir denken, ganz entscheidend in dieser Sache ist es, dass wir in den Ämtern, in den Bürgerbüros, auch im Ausländerbüro, überall da, wo wir direkt mit dem Bürger zu tun haben, unsere Kapazitäten im Personalbereich deutlich erhöhen, damit wir hier deutlich bessere Dienstleistungen anbieten können als wir es heute machen. Wir hätten gerne, ich fand ja den Vorschlag mit dem Step für die Außenbezirke sehr gut, wir hatten uns nur gedacht, dass wir vielleicht das Stadtteilmanagement auch in den Außenbezirken mit etwas mehr Geld versorgen und fordern deswegen ein Budget, um hier das Stadtteilmanagement auszuweiten, wir unterhalten uns aber gerne auch über andere Dinge.

Manche Kleinigkeiten sind es, die fehlen, z. B. die Unterstützung im kulturellen Bereich kleinerer Unternehmen. Ich nehm jetzt nur mal die Akademie für das gesprochene Wort, der wir gerne ein wenig Geld geben würden, weil die ehrenamtliche Tätigkeit der bisherigen Vorsitzenden alleine altersmäßig beendet wird und daher jetzt hier eine Stelle geschaffen werden sollte, um diese wertvolle Einrichtung zu unterstützen. Wir wollen, dass 'Musik für alle' etwas ausgeweitet wird, wir möchten gern das Stadtpalais noch ein bisschen mehr unterstützen, weil ich persönlich und auch alle Liberalen begeistert sind, wie das Stadtpalais funktioniert und wie dieses Museum in einer ganz neuen Art und Weise sich auch auf seine Besucher einstellt.

Kommen wir zum Sportbereich. Wir waren ein bisschen erstaunt, dass bei einer Hallenkapazität von 75 % nun keine einzige Halle im Entwurf drin ist. Nun gut, es gibt aber Hallen, die sind fertig. Die können morgen gebaut werden. Das liegt alles drin. Das sind Vereinshallen und hier möchten wir, dass wir die angehen und stellen für den MTV Stuttgart und den TV Cannstatt Gelder ein in den Haushalt, damit hier die Hallenkapazität deutlich erhöht wird. Wir würden auch gerne in der Sportvereinigung Feuerbach etwas machen, weil hier für den gesamten Stadtbezirk Feuerbach doch einiges am Gehen ist, wenn hier beim Vitadrom einiges gemacht wird. Auch bei der Eiswelt möchten wir in die Planung einer dritten Halle einsteigen, weil der Breitensport jetzt teilweise sehr stark kollidiert mit dem Vereinssport und da muss man jetzt einfach in die Planung einsteigen, dafür braucht man 700.000 €, vielleicht sogar weniger, man muss das noch ausdiskutieren. Und das letzte im Sportbereich: Wir haben ja beschlossen, dass wir Tennenplätze in Kunstrasenplätze umstellen. Das ist auch ein guter Beschluss gewesen, wäre da das Mikroplastik nicht. Nun ist es halt so, dass es teurer wird, wenn wir andere Füllmaterialien benutzen. Aber wir wollen bei der Umwandlung bleiben. Wir wollen die weiterführen, wir wollen die Tennenplätze weghaben und wollen dafür vernünftige Sportanlagen haben. Da brauchen wir mehr Geld, um mit alternativen Füllmaterialien, vielleicht auch mit Projekten oder einmaligen Austestungen, hier in eine bessere Sportstättenversorgung zu kommen.

Letztendlich für das Referat Sicherheit und Ordnung ist uns die Feuerwehr nach wie vor immer ein wichtiger Partner und hier insbesondere auch die Aus- und Fortbildung. Da würden wir gerne Gelder einstellen für die Aus- und Fortbildung sowohl bei der Berufs- als auch bei der Freiwilligen Feuerwehr. Wir müssen in die Sanierung und Umbau und Ertüchtigung der Freiwilligen Feuerwehrhäuser kommen, dafür braucht es Geld, das müssen wir in den nächsten Haushalt unbedingt einstellen.

Meine Damen und Herren, die Pflege unserer Partner halten wir für sehr, sehr wichtig. Wir halten es in einer derartig differenzierten Schullandschaft in dieser Stadt für notwendig, alle Schularten und alle Schulträger zu unterstützen. Wir hatten das schon mal vor zwei Jahren gesagt, wir müssten eigentlich bei den Stuttgarter Schulen in freier Trägerschaft wieder zu einer anderen Unterstützung zurückkommen. Wir probieren das dieses Mal wieder. Denn zu Recht kam, dass das Land die Schulen in freier Trägerschaft besser unterstützt, was aber nicht kam ist, dass sie im gleichen Zug die Pensionslasten wieder abführen müssen. Und das ist eine zunehmende Summe, die die Schulen in freier Trägerschaft an das Land abführen müssen, und hier heißt es, wollen wir eine vielfältige Schullandschaft auch mit freien Schulträgern oder wollen wir das nicht? Wir Freien Demokraten sagen, wir wollen das und wir wollen das jetzt.

Ich denke, im letzten Kommunalwahlkampf waren sehr viele bei dem Verein 'Unsere Zukunft.' Ein Verein, der sich auf die Fahnen geschrieben hat, auch die Kommunalpolitik bei der Jugend zu erklären, dass sie dort ankommt. Hier gibt es nun ein Projekt, das Sie auflegen möchten und das ist gar nicht mal so teuer und geht über zwei Jahre, um neue Modelle ausfindig zu machen in einem sogenannten Demokratielabor, um hier die Kommunalpolitik an die jungen Leute heranzubringen. Wir finden das ganz toll, dass unsere Arbeit dann vielleicht auch bei jüngeren Wählern ankommt und wollen das gerne unterstützen.

Auch meine Zeit rennt, deswegen nur ganz kurz, die mobile Jugendarbeit ist ganz wichtig, die müssen wir unterstützen. Wir müssen die Schulsozialarbeit ausbauen und wir müssen unsere Partner im Bereich der Ganztagesschulen deutlich besser stellen, denn ohne Partner wird es hier auch keinen Ganztagesschulbetrieb mehr geben oder zumindest einen, den wir dann selbst organisieren müssen. Und ob das günstiger und vor allem, ob das vielfältiger wird, da bin ich im Zweifel.

Unsere Gesellschaft ist ja ein bisschen gespalten. Es gibt hier in Stuttgart sehr viele Besserverdienende, es gibt die große Gruppe der Normalverdiener, die Martin Körner auch angesprochen hat, die ihre Probleme haben. Aber es gibt auch viele, die nicht auf der sonnigen Seite des Lebens stehen. Daher möchten wir sehr viel im Bereich des Sozialen noch einmal auf die grüne Liste setzen. Ein Beispiel sage ich Ihnen - das ist das MedMobil. Hier wollen wir unbedingt, dass das MedMobil besser ausgestaltet wird, dass es auch im allgemeinmedizinischen Bereich, in der Versorgung von Frauen einen besseren Stand hat. Da brauchen wir hier noch Geld, das wollen wir einstellen. Das ist eines der mannigfaltigen Projekte, die wir im Bereich der sozialen Dinge haben.

Letzter Punkt - Referat T. Gehen Sie mal durch diese Stadt mit mir. Dann sehen Sie, dass wir für die Instandhaltung unserer Infrastruktur einfach zu wenig Geld haben. Wir müssen die Infrastruktur besser in Schuss halten. Jeder Häuslebauer hält sein Häusle instand und investiert und reinvestiert die Abschreibungen wieder, damit das immer den gleichen Wert hat. Dahin müssen wir kommen. Und daher beantragen wir über die 1 Mio. € im Ergebnishaushalt, die der Oberbürgermeister einsetzt, 1 weitere Mio. € obendrauf, damit wir auf 18 Mio. € nachhaltig kommen für die nächsten Jahre. Ich denke, das ist eine ganz wichtige Sache. Wir hätten gerne noch ein paar Kreisverkehre 14,02 Mio. €.

Und eines, denken wir, ist noch ganz wichtig. Und das heißt: Bäder in Stuttgart. Meine Damen und Herren, die Bäderlandschaft Bad Cannstatt, das ist eine ganz wichtige Sache. Wussten Sie, also ich wusste es bis vor Kurzem noch nicht, dass es kein einziges eigenes Budget für die Bäderbetriebe gibt, mit denen diese mal mit Vorplanungen anfangen können, die sie uns dann vernünftigerweise vorstellen können. Wir beantragen, dass die Bäderbetriebe pro Jahr 500.000 € für Vorplanungen bekommen, um vernünftige Pläne für die Entwicklungen in den nächsten zehn, fünfzehn Jahren vorlegen und so die gesamte Bäderlandschaft in den nächsten fünfzehn Jahren auf den neuesten Stand bringen zu können. Das nutzt der Stadt und das nutzt vor allem auch den Bürgern. Und das wollen wir haben. Das, denke ich, wäre die richtige Sache.

Nun komme ich ganz zum Schluss in zweieinhalb Sekunden noch zum Personal. Ich bin total begeistert, dass wir offensichtlich die sind, die am wenigsten Personalstellen beantragen, obgleich wir eigentlich immer die waren, zumindest die letzten Jahre, die am meisten beantragt haben. Scheint etwas gebracht zu haben, denn jeder überlegt sich jetzt - wie funktioniert denn das in der Stadt, wenn wir zu wenig Personal haben? Wir haben 135 Stellen bei den GRÜNEN, 175 bei der CDU - mit denen im Vollzug -, wir haben 122,26 Stellen. Und wir sind wirklich dankbar, dass gemäß unserem Antrag aus dem letzten Doppelhaushalt endlich eine Untersuchung zur Personalbearbeitung, Personalverwaltung, Personalakquise gemacht wird. Wir kriegen die Stellen noch, die sind dann wahrscheinlich auch schon finanziert. Wir bleiben mit unseren Anträgen deutlich unter dem Haushaltsplan-Entwurf der Verwaltung. Vielen Dank - und auf schöne Beratungen."


StR Zeeb (FW):
"Ich versuche, auch ein paar staatstragende Worte noch zu sagen, viele sind ja schon gewechselt. Ja, Haushaltsberatungen, das ist die Königsdisziplin der Gemeinderäte, und deshalb sind die nächsten Wochen ja sehr wichtig für unsere Stuttgarter Bürger natürlich, für unsere Wähler, und natürlich auch für das Selbstverständnis von uns Gemeinderäten. Und es wäre aus meiner Sicht natürlich sehr schön, wenn sich die Beratungen an den Bedürfnissen der Stuttgarter Bürger orientieren würden und nicht, was wahrscheinlich abzusehen ist, bei einigen Gemeinderäten und Parteien das Schielen nach einem Mandat bei bevorstehenden Wahlen das Tun und Argumentieren bestimmen. Aber die Befürchtung muss sich ja nicht bewahrheiten.

Die grüne Liste der Verwaltung orientiert sich unserer Meinung nach leider nicht ausreichend an den Bedürfnissen der Stuttgarter Bürger. Das kann jetzt natürlich Absicht sein, denn der Oberbürgermeister vertraut auf die Kraft und die Innovation der Gemeinderäte, dass diese das Fehlende schon richten werden. Und da liegt er ja auch nicht so falsch. Wir Freien Wähler fühlen uns aber hier und heute nur unserer Stadt Stuttgart und deren Bürger verpflichtet, mit den zur Verfügung stehenden Mitteln deren bestmögliche Lebensqualität zu gestalten und zu sichern. Gestatten Sie mir den kleinen Ausflug, denn für viele hier im Raum sind es die ersten Haushaltsberatungen. Und es ist eine große Herausforderung, Geldgeschenke in Millionenhöhe machen zu können, mit Geld, das man nicht selbst verdienen und erarbeiten musste, und wo man auch meistens nicht so ganz genau weiß, wo dieses Geld herkommt. Das eigene Wählerklientel nach der Kommunalwahl jetzt zu bedienen, ist eine schöne Sache. Aber bei einer Abschwächung der Wirtschaftskraft diese Geschenke wieder einsammeln zu müssen, ist möglicherweise sehr schwer. Und das wissen diejenigen hier im Raum, die auch schon Haushaltskonsolidierungsrunden mitgemacht haben. Und das ist, das kann ich Ihnen versprechen, das ist für alle äußerst peinlich. Ich hoffe, dass wir da nicht hinkommen.

Wir Freien Wähler wollen nicht die Oberlehrer spielen, die allein wissen, wie Haushaltspolitik funktioniert. Aber wir wollen auch nicht die Gutmenschen sein, die überall und jedem alles vorschreiben und versprechen. Auch nicht Berge von weltfremden Alibi-Anträgen schreiben, damit unser Stapel gleich hoch ist wie der der anderen Fraktionen. Vieles versprechen ist immer leicht, und wenig halten, das ist kein guter politischer Stil. Die Fraktion der Freien Wähler ist haushaltserfahren genug, um einschätzen zu können, ob die Situation der städtischen Finanzen so ist, wie es die Prognosen beschreiben und wie sie ja vom Kämmerer beschrieben werden, und/oder ob und in welcher Höhe noch Spielräume für die Fraktionen vertretbar sind. Wir werden uns auch beim Basar der Meistbietenden zurückhalten. Das haben wir auch draußen unseren Bezirksbeiräten vermittelt. Vor Jahren hatten wir das abschreckende Beispiel des Millionenpokers für die Schul- und Kitasanierungen. Jede Fraktion hat noch ein paar Millionen draufgepackt, denn das kam natürlich auch gut an. Heute ist Tatsache, was wir immer wieder mahnend angekündigt haben: Wir können mit unserer Verwaltung bei allen Anstrengungen vom Rat, von der Verwaltungsspitze, von Industrie, vom Handwerk, wir können einfach schlichtweg nicht mehr als runde 50 Millionen € im Jahr verbauen. Das ist nun mal so. Und das gilt für alle beabsichtigten Bau- und Investitionsprojekte. Und egal, welche Millionenhöhe nachher hier der Rat beschließen wird.

Wir Freien Wähler werden Stuttgart aber auch nicht kaputtsparen, aber mit dem Blick auf die mittelfristige Finanzplanung an manchen Stellen zurückhaltend sein, und zwar dort, wo der Ergebnishaushalt ins Minus aufgebläht wird. Und das tun wir nicht aus Spaß, sondern aus Verantwortung für kommende Generationen, die dafür Zins und Tilgung tragen müssten.

Wir Freien Wähler wollen für alle Stuttgarter Bürger - arme, reiche, für Menschen mit Migrationshintergrund, für junge, ältere Mitbürger und für Zugezogene aus Krisengebieten - ein Umfeld mit hoher Lebensqualität schaffen, erhalten oder verbessern. Das ist der Grundsatz unseres haushaltspolitischen Handelns, und dafür setzen wir Schwerpunkte. Zum Beispiel wollen wir uns bei der Schaffung von zusätzlichem Wohnraum - wobei ich da langsam auch ein bisschen müde werde, aber vielleicht klappt ja doch noch das eine oder andere - durch Arrondierungen und Nachverdichtungen mit allen zur Verfügung stehenden Ressourcen beim Planungsamt, beim Baurechtsamt, beim Liegenschaftsamt dafür einsetzen, dass es vorangeht. Und wo möglich, das wurde auch schon angesprochen, muss die Stadt eben auch Flächen erwerben, sofern es diese Flächen noch gibt, und neues Baurecht schaffen.

Beim Klimaschutz sollte man nicht nur publikumswirksam Millionenbeträge in der Presse publizieren, sondern darüber nachdenken, welche Maßnahmen sind praktikabel und umsetzbar, und welche Maßnahmen findet auch der Bürger gut? Denn der Bürger muss diese Maßnahmen letzten Endes umsetzen. Und das würden wir unterstützen und ihn dafür natürlich auch - das ist im Schwäbischen eine gute Angelegenheit - mit Zuschüssen belohnen.

Schwerpunkte setzen wir auch bei der Neuschaffung und Aufwertung von Gewerbestandorten für Dienstleistung, für produzierendes Gewerbe und Handel. Dafür könnte auch Grunderwerb erforderlich sein, den wir unterstützen. Denn dort wird das Geld verdient, das wir die nächsten Wochen ausgeben wollen.

Unsere Stadtbezirke, das ist schon immer unser Anliegen, müssen gestärkt werden mit ihren Versorgungsfunktionen, mit Sport- und Kulturangeboten vor Ort, mit hinreichend Kitas, Schulen, Pflegeeinrichtungen und dem notwendigen Personal. Denn in den Außenstadtbezirken, da wohnt die Großzahl unserer Bürger und Wähler.

Und, viele haben das ja angesprochen, das ist aber eine schwierige Thematik, wir müssen Stellen schaffen und natürlich dafür auch moderne Arbeitsplätze zur Verfügung stellen. Entsprechende Anträge gibt es. Wir wollen noch weiter gehen, auch darüber wurde heute schon gesprochen, nicht nur die Arbeitsplätze brauchen wir, wir brauchen auch für diese Klientel, die wir herrufen nach Stuttgart, Wohnungen. Für diesen besonderen Personenkreis 1- bis 2-Zimmer-Wohnungen. Und die Stadt könnte als Bauherr mit der SWSG zusammen mit bezahlbaren Mieten Anreize für diese Stellenbesetzungen schaffen. Denn ohne diese Anreize - nicht allein diese Zulage mit 200 € - da wird es schwer, auf dem Markt die entsprechenden Fachkräfte zu finden. Und unsere ganzen Stellenschaffungspläne nützen nichts, wenn wir nachher nicht die entsprechenden Personen hierher nach Stuttgart bekommen und die Stellen besetzen können.

Auch das Defizit bei Sporthallen und Einrichtungen für den Schwimmsport wurde angesprochen. Und da sollten wir, das ist unser Vorschlag, wie bei den Schulsanierungen damals mit funktionalen Prioritätenlisten beginnen, damit nicht der Verein oder der Stadtbezirk die Halle zuerst bekommt, der am lautesten schreit oder die meisten Stadträte hat, sondern dass das nach einer ordentlichen Prioritätenliste auf den Weg gebracht wird. Und mit umfangreichen Anträgen im Sportbereich werden wir den vereinsgebundenen Sport unterstützen. Das ist dem Respekt vor dem Ehrenamt geschuldet. Das fördert die Gesundheit und die Integration vieler Mitbürger, jung und alt, die aus aller Welt bei uns am gesellschaftlichen Leben teilnehmen wollen. Und dazu zählt nun einmal überwiegend der Vereinssport.

Was uns im vorliegenden Haushaltsentwurf auch deutlich zu kurz kommt, sind Mittel und Maßnahmen, die Kindern und Jugendlichen zugutekommen. Deshalb beantragen wir mehr Geld für den Erhalt und die Pflege von Kinderspielplätzen und Jugendhäusern, mehr Mittel für die Mobile Jugendarbeit, die sich aus kleinen Anfängen jetzt in vielen Stadtbezirken zu tollen Einrichtungen entwickelt hat, und für die Mobile Kindersozialarbeit, für Schulsozialarbeit und die Verbesserung der Bildungs- und Ausbildungschancen vor allem für neuzugewanderte Kinder und Jugendliche.

Und weil uns der Erhalt der Angebotsvielfalt in der Kinderbetreuung ganz besonders wichtig ist, wollen wir die freien und die kirchlichen Träger von Kindertageseinrichtungen mit weiteren Verbesserungen bei der Fachpersonalkostenförderung unterstützen. Wir schlagen deshalb vor, die Fachpersonalkostenförderung innerhalb von 6 Jahren stufenweise von 92,5 % auf 100 % zu erhöhen. In aller Bescheidenheit, wir halten das für einen unglaublich guten Antrag.

Diskutieren und verhandeln wollen wir auch über die weitere Finanzierung der Schülerhorte in freier Trägerschaft. Da das Ende der Förderung der Schülerhorte naht, stellt sich für viele kleine Trägervereine, für die Eltern und für das Betreuungspersonal die Frage, wie es weitergeht. Und es fehlt da die nötige Planungssicherheit. Und die sollten wir als Stadt herstellen.

Ein ganz wichtiges Thema, bei dem niemand widerspricht, ist die Feuerwehr. Für die beantragen wir natürlich auch zahlreiche Stellen und auch Mittel, um das in diesem Bereich elementare Ehrenamt zu würdigen und zu stärken. In diesem Doppelhaushalt, müsste es endlich mal gelingen, das von uns Freien Wählern schon lange angestoßene Feuerwehrhaus-Sanierungsprogramm auf einen guten Weg zu bringen. Das lässt schon viel zu lange auf sich warten. Und es gilt, das wissen auch die ganzen Stadträte vor Ort, es gilt, die in die Jahre gekommenen älteren Feuerwehrhäuser endlich den heutigen Anforderungen anzupassen.

Und wenn Sie unsere Anträge durchblättern, werden Sie sehen, dass wir den Haushaltsentwurf selbstverständlich auch in den Bereichen Soziales und Kultur nachbessern wollen. Wichtig ist uns in beiden Bereichen die weitere Unterstützung und Förderung der Angebote, die nachgefragt und auch gut angenommen werden. Nicht diejenigen Angebote, die niemand versteht und auch niemand braucht.

Wir sind bereit, dort angemessen zu investieren, wo Steuergelder auch Früchte tragen, und zwar langfristig und nachhaltig - bei Schul- und Kitabauten, also bei Bauprojekten für Erziehung, Bildung und Ausbildung, bei Sportflächen, die der Allgemeinheit und der Integration dienen, beim Grunderwerb für Wohnbau und Gewerbeflächen und natürlich bei den Personalengpässen der städtischen Ämter. Und da ist uns vor allem wichtig, all diese Stellen zu fördern, die beim Thema Wohnungsbau mit entscheidend dazu beitragen, dass es da vorwärts geht. Das sind dann natürlich die Ämter Baurechtsamt, Planungsamt, Liegenschaftsamt, die es maßgeblich unterstützen können, dass unser Wohnungsbau vorankommt. Und das wären auch wichtige Standortfaktoren für Investoren.

Trotz allem muss der Haushalt selbst bei einer geringfügigen Neuverschuldung genehmigungsfähig sein und es darf zu keiner unzumutbaren Belastung für spätere Generationen kommen. Und da sehe ich eine große Aufgabe für die jetzt hier dominierenden Fraktionen, dass sie das letzten Endes hinkriegen. Neuverschuldungen sind mit den Freien Wählern möglich, aber nicht als Topzuschlag bei Luxusthemen. Deshalb haben wir auch aus der grünen Liste Einsparungen vorgeschlagen als mögliche Deckungsvorschläge für unsere Anträge.

Jetzt kommt der Passus des Dankes an die Stadtkämmerei für die Vorarbeit, grüne, rote Liste, das ist ja immer ein gewaltiges Werk. Und eins kann ich Ihnen versichern, wir nehmen die Bedenken des Kämmerers, was die Zukunftsperspektiven betrifft, durchaus ernst.

Denn das vorliegende Zahlenmaterial zeigt, dass wir maßvoll mit den Steuergeldern umgehen müssen. Nach über 20-jähriger Zugehörigkeit zu diesem Gemeinderat vertraue ich den Kolleginnen und Kollegen dieses Gremiums, die sich für das Wohl der Stadt engagieren und hoffentlich keine anderen Ambitionen in den Vordergrund stellen. Ich werde jetzt nicht alle Anträge vorlesen, wie manche Vorredner das gemacht haben, das können Sie selbst machen, und die Presse macht das auch.

Fazit: Wir Freien Wähler wollen nicht schwarzmalen. Aber einige Konjunkturparameter sind einfach nicht zu leugnen und können nicht wegdiskutiert werden. Die Haupteinnahmequellen, die Steuern, werden rückläufig sein. Aber die Anzahl der Menschen, die nach Stuttgart drängen, nimmt jedes Jahr zu. Dafür benötigen wir bessere Infrastruktur, attraktive Arbeitsplätze und Wohnraum. Diese Herausforderung, denke ich, überschattet nach Meinung der Freien Wähler diese Haushaltsberatungen. Daran sollten wir immer denken.

Noch haben wir ein gutes Finanzpolster, aber kein Tag vergeht mehr in der Presse ohne neue Hiobsbotschaften aus der deutschen Wirtschaft. Von Produktionskürzungen über Kurzarbeitsanzeigen bis zu Personalabbau und Werksschließungen ist alles dabei, was mit Sorge in die nahe Zukunft blicken lässt. Beängstigend ist für mich vor allem die Dynamik dieses Abwärtstrends. Sie lässt nicht mehr nur eine konjunkturelle Abkühlung erwarten, sondern ist eher ein massiver Einbruch, der auf uns zukommen wird. Und ich kann Ihnen das aus eigener Erfahrung sagen: Es ist so. Und es ist eine ganz und gar ungewohnte Erfahrung nach fast zehn Jahren des Aufschwungs, nach einer Phase also, die es so in der Geschichte der Bundesrepublik zuvor noch nie gegeben hat.

Nun jedoch sollten sich alle rasch an die Gedanken gewöhnen, die Party ist endgültig vorbei. Und das sollten wir immer bedenken bei unseren Anträgen, die dann auf dem Tisch liegen: Können wir das wirklich auch zukünftig noch bezahlen? Sollen damit nur Wählerinteressen kurzfristig befriedigt werden? Ist die Maßnahme, die wir da beantragt haben, nachhaltig für alle Stuttgarter oder vertreiben wir bei manchen Dingen, da schaue ich ein bisschen auf die linke Seite, vertreiben wir die Kuh, die wir täglich melken wollen, für Wählergeschenke? Und was ist wichtiger, eine solide Haushaltspolitik, wie es jede vernünftige Privatperson beim Blick in den eigenen Geldbeutel macht oder parteipolitische Hirngespinste mit fraglichen Mehrheiten durchzusetzen?

Die Freien Wähler werden gewohnt sachlich, kritisch und unpolemisch mit einem finanztechnischen Politikverständnis die Haushaltsberatungen mitgestalten. Wir freuen uns auf viele Stunden des respektvollen Debattierens zum Wohle der Stuttgarter Bürger. Und bevor ich jetzt schließe, das sei mir gestattet, ein Gedicht von Heinz Erhardt, dessen Inhalt hoffentlich nicht allein die Haushaltsberatungen dominieren sollte: 'Bäume, Bäume, nichts als Bäume und dazwischen Zwischenräume. Und in jedem Zwischenraum, man glaubt es kaum, steht noch ein Baum'. Herzlichen Dank."

StR Köhler (AfD):
"Sie haben gerade gesagt, Herr Zeeb, die Party ist vorbei, das war ein schönes Vorwort fast von mir. Wir haben einen Klimafonds, den der Bürgermeister hier vorgeschlagen hat für bestimmte Maßnahmen, der natürlich eingebettet ist - und das muss man einfach mal sehen - in Gesamtmaßnahmen des Bundes. Da gibt es ja dann auch das berühmte Klimapaket oder, Sie haben das selbst ungefähr so genannt, das Klimapaketchen, Herr Oberbürgermeister. Und dieses Klimapaketchen ist natürlich zu Recht völlig ungeeignet, um irgendwelche Steuerungswirksamkeit zu entfalten. Das ist so, das ist ein 40 Mrd. €-Paket auf Bundesebene und das müssen Sie dann ins Verhältnis setzen zu dem 200 Mio. €-Fonds hier in dieser Stadt, in dieser Kommune. Und was Sie aber dran erkennen können, wenn sich der Oberbürgermeister über den mangelnden Einsatz sozusagen des Bundes beschwert, erkennen Sie eine bestimmte Formel der Wirksamkeit unserer Partei, der AfD. Das heißt, der CDU-, SPD-Fraktion im Bund ist die Möglichkeit genommen, hier wirklich steuerungsmäßig einzugreifen, zu sagen, jawohl, wir machen was ganz Großes, was ganz Tolles etc. Stattdessen haben wir hier irgendwo eine Form von bestenfalls einer Steuererhöhung, die letztlich dazu führt, dass wir hier in der Stadt keine Wirksamkeit mit diesem kleinen Klimafonds erreichen werden. Das wird nicht passieren. Das heißt, da stellen sich dann letztlich auch Fragen der Vergeblichkeit dieser Maßnahmen. Das muss ich Ihnen ganz ehrlich sagen. Sie sind da meines Erachtens mit etwas konfrontiert, was Sie nicht wirklich steuern können. Sie können das Klima, was Sie jetzt hier erreichen wollen, nicht wirklich steuern und Sie wissen auch, das ist die Position unserer Partei, dass wir ja sagen, diese Maßnahmen sind ungeeignet, um letztendlich eine Wirkung zu entfalten.

Sie haben dann auch noch entsprechend, sagen wir mal, Leuchtturmprojekte genannt zur Energieeinsparung: Wir sind durchaus für die Energieeinsparung, aber diese Leuchtturmprojekte, da sollten Sie sich im Klaren sein, die werden irgendwann mal wieder verschwinden, ohne große Wirkung zu entfalten. Was aber nicht verschwunden ist, ist unsere Automobilindustrie. Die hat offensichtlich 70 Jahre etwas richtig gemacht. Die hat offensichtlich Technologien entwickelt, die tatsächlich zukunftsfähig sind. Die Automobilindustrie hat sich hier an diesem Standort als erfolgreich erwiesen, trotz irgendwelcher Geschichten, die Sie hier weiter ausbreiten. Das können Sie gerne machen. Und die Technologien, die diese Automobilindustrie verwendet hat, die sind zukunftsfähig und darum sind wir auch die einzige Partei, die sich hier deutlich, deutlich zur Automobilindustrie bekennt, deutlich zum Verbrennungsmotor bekennt, wenn Sie so wollen, zum Treibstoff im Tank, und deutlich hinter die Arbeitnehmer, die Ingenieure in dieser Stadt stellt, die von dieser Automobilindustrie abhängig sind. Alle, ausdrücklich alle. Und das wissen Sie auch. Und wir in der AfD stehen im Übrigen, um das hier gleich mal anzusprechen, deutlich hinter der Antidiskriminierungsregelung, die diesem Gemeinderat vorgelegt wurde. Da stehen wir als Partei deutlich dahinter. Da können wir jedes Wort unterstützen. Nur, um das hier mal wirklich abzuschließen.

Wir haben daher sozusagen als Antrag auch vorformuliert, dass wir diese traditionellen Verkehrsformen, also das Automobil, unterstützen, dass wir für einen vernünftigen Verkehrsmix eintreten. Und dieser Verkehrsmix beinhaltet eben auch Individualmobilität über das Auto letztendlich. Und Sie kommen natürlich auch, z. B. bei den öffentlichen Verkehrsmitteln, an Grenzen des Öffentlichen Personennahverkehrs. Sie kommen da auch bei dem Wachstum des ÖPNV an Ihre Grenzen irgendwann mal. Also wir brauchen einen vernünftigen Verkehrsmix und dazu gehört das Auto, und in diesem Antrag formulieren wir auch ganz klar, wir wollen bessere Verkehrszählungsmaßnahmen beispielsweise mit modernen Technologien, da gibt es Möglichkeiten, z. B. über die Mobilfunkdatenauswertung, anonymisiert natürlich, das ist ja klar, hier Verbesserungen zu erreichen. Das ist einer der ersten Anträge, die wir hier überhaupt in diesem Haus als neue Fraktion oder als Nachfolgefraktion gestellt haben.

Ich will Sie, und das wird Ihnen jetzt nicht passen, das ist klar, ich will Sie aber noch auf eine weitere Herausforderung für die Stadt hinweisen, die noch nicht genannt wurde. Es wurden viele Herausforderungen zu Recht genannt, aber eine, die ist mir zu kurz gekommen. Und wir haben in den letzten Jahren Veränderungen in der Stadt erlebt. Das lässt sich einfach nicht wegleugnen. Wir haben einen, sagen wir mal, schleichenden Prozess in dem, was man so schön als kulturelle Heterogenität bezeichnet. Weder ist damit die polnische Verkäuferin oder der kroatische Arzt gemeint, da geht es auch nicht um Stereotype oder sonst irgendwas. Sie müssen einfach den Problemen ins Auge schauen, und da gibt es schlichtweg Entwicklungen in Städten.

Um was es uns geht, ist, dass wir mit dem Bestehenden rechnen, mit dem, was der Fall ist. Und das, was der Fall ist, ist zunehmend, das können Sie europaweit beobachten in verschiedensten Städten, eine bestimmte Gruppenbildung, eine bestimmte Viertelbildung, damit fängt es an und das kann dann so weit gehen bis hin zu einer Art von Tribalisierung politischer Beteiligung. Das heißt, Sie haben in England Gemeinden, in denen sich die Gruppen … ja, ja, wir sind in Stuttgart … aber uns geht es darum, dass Sie wirklich nachhaltig überlegen, wie hier die Zukunft der Stadt gestaltet wird und was hier gerade passiert, ist sozusagen der Nukleus eines Prozesses, der auf Dauer gestellt zu genau diesen Entwicklungen führen wird. Und zwar linear, das ist sozusagen fast schon naturgesetzlich, wenn Sie so wollen. Und da müssen Sie dagegen arbeiten mit Programmen, und wir haben da auch einen konkreten Vorschlag. Sie haben beispielsweise das Programm Stopp. Stopp ist ein Präventionsprogramm, ursprünglich gedacht gegen innerfamiliäre Gewalt, bei dem sich alle Akteure, die dort tätig sind, also Jugendhilfe, Schulen, auch Staatsanwaltschaft, Polizei zusammensetzen und fallbasiert versuchen, die Regeleinhaltung in dieser Stadt sicherzustellen. Das können Regeln sein im Sinne des Schulbesuchs, das können Regeln sein im Sinne von 'gegen Antisemitismus', das können beispielsweise auch bestimmte Kriminalitätsformen sein, aber dass Sie versuchen, eine gewisse Regeleinhaltung zu erreichen, indem Sie die Leute wirklich gezielt ansprechen, auch teilweise mit bestimmten Formen von sozialstaatlichen Maßnahmen. Also dass Sie sagen, wir können dir das geben oder auch nicht. Je nachdem, wie du dich dann verhältst. Und das wird bereits praktiziert im Übrigen, z. B. in den Bereichen der innerfamiliären Gewalt wird das erfolgreich praktiziert. Und Ihr Kollege, Herr Körner, Ihr Kollege Herr Buschkowsky, der hat das empfohlen. Der hat das empfohlen für Städte, die sich - wenn man so will - resilient machen wollen gegen diese Herausforderungen, die auf diese Stadt zukommen werden. Das ist nicht die einzige Herausforderung, das ist klar. Aber das ist ein Aspekt, der hier überhaupt nicht besprochen wird. Und es wird so getan, als gäbe es das nicht. Ich kann Ihnen die Gemeinden nennen, wo das der Fall ist. Da können Sie sich informieren, die Councils in England genauso wie in Belgien, da können Sie sich informieren. Das nennt sich dann 'antisocial behavior'. Und darum geht es. Und wir werden auch in Zukunft, das kann ich Ihnen gleich auch für zukünftige Haushalte sagen, wir werden auch in Zukunft fordern, dass diese Programme ausgebaut werden, denn es reicht nicht einfach, mit der Polizei zu kommen, sondern Sie müssen das, na ja etwas volkspädagogisch formuliert, Sie müssen das nachhaltig in der Gesamtheit angehen, mit einem allumfassenden Ansatz. Das wird meines Erachtens eine der zentralen Herausforderungen sein, der sich auch diese Stadt stellen muss.

Weil, im Augenblick ist das noch kein Thema hier, es ist auch überhaupt kein Grund dafür, jetzt hier in Panik zu geraten, das will ich auch gar nicht. Ich will Ihnen das nur nahebringen. Dass wir Sie da letztendlich darauf aufmerksam machen, dass dies grundsätzlich einer unserer Schwerpunkte auch für zukünftige Haushalte sein wird.

Und meine Bitte ist wirklich, nehmen Sie das nicht als diskriminierend oder sonst irgendwas, als Versuch, hier irgendwas reinzubringen, sondern als Versuch, ein Problem, das manifest auf uns zukommt, zu lösen. Und damit bin ich jetzt hier mit meiner Rede schon am Ende. Ich bin übrigens auch ruhig, wenn Sie sprechen. Und wir haben gerade erlebt in den letzten Tagen, wie es um die Redefreiheit hier steht, ja? Und wenn Ihnen das nicht passt, dass jemand echte Probleme anspricht, die in anderen Ländern schon sichtbar sind, können Sie den Kopf in den Sand stecken. Ich danke Ihnen fürs Zuhören."

StR Walter (PULS):
"Ich freue mich, heute für unsere ja noch junge Fraktionsgemeinschaft PULS sprechen zu dürfen. Und ich möchte diese Gelegenheit nutzen, um uns als sehr neue Fraktion auch noch einmal kurz vorzustellen.

PULS hat sich zusammengefunden aus der 'sehr guten Partei DIE PARTEI', den STAdTISTEN und aus der Jungen Liste Stuttgart. Wir haben uns für die Haushaltsplanberatungen vorgenommen, eine konstruktiv-pragmatische Rolle einzunehmen, eigene Ideen einzubringen und gleichzeitig offen zu sein für gute Vorschläge der anderen Fraktionen.

Mit unseren eigenen Anträgen bewegen wir uns dabei im Rahmen des finanziell Möglichen. Und das ist uns tatsächlich sehr wichtig. Wir erkennen an, dass sich die Konjunktur absehbar eintrüben wird und sich leider nicht alle Notwendigkeiten und schon gar nicht alle Wünsche im Haushalt umsetzen lassen werden. Tendenziell ohne neue Schulden auszukommen, erachten wir auch aufgrund der Generationengerechtigkeit als durchaus zielführend.

Nun hat die Verwaltung in Person von Ihnen, Herr Oberbürgermeister Kuhn, und Ihnen, Herr Finanzbürgermeister Fuhrmann, ihre grüne Liste vorgelegt. Für uns ist es sehr wichtig festzuhalten, dass sich darin viele gute und unterstützenswerte Dinge finden - beispielsweise zahlreiche Maßnahmen aus dem Aktionsplan Kinderfreundliche Kommune, die Fortführung des Tarif + für Erzieherinnen und Erzieher, das zusätzliche Personal zur Überwachung von Falschparkern auf Fahrradwegen, das kostenlose Seniorenticket für ältere Menschen, die freiwillig ihren Führerschein abgeben, das Paket Inklusion 2.0 und viele viele mehr. Und natürlich halten wir das Klimapaket für einen essenziellen und notwendigen Schritt in die richtige Richtung. Dafür haben wir viele Ideen, und wir werden sie einbringen.

Denn Schutz und Erhalt unser aller Lebensgrundlage muss in sämtlichen politischen Entscheidungen hohe, wenn nicht höchste Priorität genießen. Allerdings muss man auch, ganz sachlich analysiert, feststellen, was alles im momentanen Haushaltsentwurf der Verwaltungsspitze noch fehlt. Da das unterm Strich tatsächlich einiges ist, glauben wir nicht, dass wir als Gemeinderat mit den vorhandenen liquiden Mitteln auskommen können. Wir sind deshalb offen für die bereits von verschiedenen Mitgliedern des Gemeinderats angesprochene Kulturabgabe für Übernachtende und würden außerdem gerne die intelligente Grundsteuersenkung, die ja auch schon sehr kontrovers hier diskutiert wurde, abschaffen. Hinsichtlich der Grundsteuer denken wir, dass sich ein neu gewählter Gemeinderat, den wir hier haben, von den Entscheidungen des Vorgängergremiums auch ein Stück weit freimachen kann und sollte.

Besonders am Herzen liegt uns der Bereich Jugend, Bildung, Kita. Hier fehlen uns wichtige und wichtigste Maßnahmen im jetzigen Entwurf von Ihnen, Herr OB Kuhn, und bei einigen ist das für uns auch gänzlich unverständlich. Nehmen wir als Beispiel den Ganztag an Schulen, ein Thema, das viele Schüler, Eltern, Lehrer beschäftigt. Hier hat die Fachverwaltung - der Dank geht auch an Sie, Frau Fezer - ein geniales Berichtswesen etabliert, das eine sehr gute Analyse für die notwendigen Verbesserungen im Ganztagesbereich aufzeigt. In zahlreichen Ausschusssitzungen - die Mitglieder des Jugendhilfeausschusses erinnern sich sicher - wurde analysiert und breit debattiert. Folgerichtig legt die Verwaltung in der roten Liste nun eine 37 Mio. €-Vorlage mit Verbesserungen vor, folgefalsch ist davon aber nichts in der grünen Liste zu finden.

Das gleiche Spiel zeigt sich bei der Förderung der freien Kitaträger. Vielleicht haben auch Sie die E-Mails bemerkt, zwischen 100 und 200, die in den letzten Tagen eingetrudelt sind. In Arbeitsgruppen - also ich erkläre noch mal, was passiert ist -, in Arbeitsgruppen wurden zwischen der Fachverwaltung und den Vertretern der Träger bereits Lösungsmöglichkeiten für die zukünftige Förderung erarbeitet. Aber nichts davon wurde von der Verwaltungsspitze übernommen. Zu Recht haben die Vertreter im Jugendhilfeausschuss jetzt hier die Sinnhaftigkeit der Verhandlungen in den Arbeitsgruppen infrage gestellt. Das ist tatsächlich nicht der Umgang mit Trägern, den wir uns als Fraktion wünschen. Zur künftigen Finanzierung der freien Kitaträger haben wir nun einen Vorschlag vorgelegt. Ebenso wünschen wir uns in diesem Bereich die dauerhafte Finanzierung des Tarif + über 2021 hinaus.

Was bedeutet diese grüne Liste für den Ausbau der Schulsozialarbeit, für die Kinder- und Familienzentren, die Stadtteilzentren und für die Mobile Jugendarbeit in dieser Stadt? Stillstand im besten Fall.

Wir bedauern es, dass diese Themen, ebenso wie etwa Sanierungen bei der Stuttgarter Jugendhausgesellschaft oder viele notwendige Beratungsangebote für Jugendliche im LSBTTIQ-Bereich oder in der Jugendberufshilfe, nur auf der roten Liste gelandet sind und nun erst einmal Mehrheiten im Gemeinderat finden müssen. Natürlich stellen wir auch hierzu Anträge.

Eine zentrale Forderung unserer Fraktionsgemeinschaft - wie auch bei anderen Fraktionsgemeinschaften, wir haben es heute schon gehört - ist ein 365-€-Ticket für den öffentlichen Nahverkehr. Ein guter Ansatzpunkt für einen ersten Schritt ist hier das von der Stadt bezuschusste Scool Abo. Der Funfact, dass in Stuttgart wohnhafte Lehrkräfte dank der Förderung des Landes für zurzeit 25 € im Monat fahren, hat uns dazu veranlasst, auch für die Schülerinnen und Schüler ein Abo für 25 € im Monat bzw. 300 € im Jahr zu beantragen. Ziel sollte sein, dass junge Menschen sehr früh an die Nutzung des ÖPNV gewöhnt werden. Deshalb ist es hilfreich, dieser Motivation so gut es geht seitens der Stadt finanziell entgegenzukommen.

Wie Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, unschwer erkennen können, liegen die Schwerpunkte unserer Anträge vor allem in den Bereichen Soziales, Jugend, Sport, Kultur und Bildung. Im sozialen Bereich setzen wir uns für zahlreiche Institutionen und Angebote ein, beispielsweise das MedMobil, das Rudolf-Sophien-Stift, aber auch für weitere Verbesserungen der Geburtshilfe in Stuttgart, für das Projekt 100 % Mensch und für Unterstützungsangebote für Frauen in prekären Lagen. Ein besonderes Anliegen ist uns die Paulinenbrücke in doppelter Hinsicht. Hier setzen wir uns dafür ein, eine Infrastruktur für die dort seit Jahrzehnten sesshafte Szene von Suchtkranken und Obdachlosen zu entwickeln, die auch zur Konfliktentschärfung mit den Nachbarn beitragen kann, wie etwa die Installation von festen Toiletten und einer Art Wohnzimmer. Auch diese Stuttgarterinnen und Stuttgarter, auf dem Österreichischen Platz fest angestammt, lange schon vor dem Kaufhaus Gerber und den Stadtlücken, verdienen unsere Wertschätzung. Und eine Stadt, die etwas auf sich hält, muss auch soziale Spannungsfelder aushalten können. Hier die Aufhübschung der Tübinger Straße und des Österreichischen Platzes, an gleicher Stelle aber eben auch Respekt und Wertschätzung gegenüber jenen Stuttgarterinnen und Stuttgartern, die seit mehr als 40 Jahren unter der Paulinenbrücke fest angestammt sind. Natürlich haben wir auch die langfristige Entwicklung des Ortes als kooperativen Stadtraum im Sinne der Stadtlücken etwa im Auge, und generell erachten wir den öffentlichen Raum und dessen Gestaltung als ein Hauptaugenmerk der Stadtplanung.

Zum Thema Sport. Auch hier haben wir schon einiges gehört, was sich jetzt mit den Vorrednern deckt. Das zeigt aber, wie sehr das Thema auch brennt in den Haushaltsplanberatungen. Im Sport wurden in einem Zukunftsworkshop zum Thema Sport 2030 unter breiter Beteiligung der Vereine, des Sportamts etc., die Bedarfe erhoben, und man hat sich auf ein weiteres Vorgehen geeinigt. Dass derzeit nur 75 % der Hallenbedarfe gedeckt sind, ist unbestritten. Und doch finden sich zahlreiche baureife Hallenprojekte nur in der roten Liste. Das ist aus unserer Sicht kein gutes Signal hinsichtlich der Wertschätzung der beteiligten Akteure. Und natürlich haben wir hierzu Anträge gestellt. Besonders bedenklich ist das Ganze dann noch, wenn man sieht, und da muss ich Herrn Kotz Recht geben, dass es die Mercedes-Benz-Arena auf Anhieb in den Entwurf der Verwaltung geschafft hat. Wir hätten uns in der grünen Liste tatsächlich weniger Leuchttürme und mehr Verbesserungen für die breite Bevölkerung gewünscht.

Ähnlich gelagert ist der Fall 'Masterplan urbane Bewegungsräume'. Auch hier wurde unter breiter Bürgerbeteiligung vom Sportamt ein wirklich toller Masterplan erstellt, der es jetzt seltsamerweise nur in die rote Liste geschafft hat. Da stellt sich natürlich die Frage, ob es zu dem Verständnis von Bürgerbeteiligung nicht auch gehört, ein solches Vorhaben dann gleich von sich aus in die grüne Liste aufzunehmen. Ein Mountainbike-Konzept für legale Trails findet sich auch in unseren Anträgen.

Ohne Kultur ist alles nichts. Auch in Anbetracht der Mittel, die für die Spitzenkultur, etwa für die Sanierung der Oper, benötigt werden, halten wir es für unverzichtbar, in diesem Haushalt die Kultur stark in der Breite zu fördern. Denn Kunst und Kultur fallen nicht vom Himmel. Sie brauchen Nährböden und Keimzellen. Deshalb sind wir offen für die bereits erwähnte Kulturabgabe. Hiermit kann eine Vielzahl kultureller Einrichtungen neu oder höher institutionell gefördert werden. Besonders wichtig ist uns beispielsweise die institutionelle Förderung der Kulturinsel in Bad Cannstatt, gerade auch im Hinblick auf eine Art gewachsenes vielseitiges Nachbarschaftszentrum im neuen Neckarpark. Aber auch andere tolle Ideen sollten eine Förderung erfahren, wie etwa das Foodsharing-Café 'Raupe Immersatt', 'Chloroplast' in Weilimdorf oder auch das Club Kollektiv Stuttgart. Hier werden wir die Idee eines Nachtbürgermeisters wohlwollend begleiten. Auch die Stelle für temporäre Projekte, für Kunst und Kultur im öffentlichen Raum, sollte geschaffen werden. Förderung für das großartige Theater Rampe und das Kulturzentrum Merlin sind für uns Selbstverständlichkeiten.

Im Infrastrukturbereich unterstützen wir unter anderem das Reallaborprojekt 'Täglich in Bad Cannstatt', das sich mit dem Wilhelmsplatz auseinandersetzt, sowie die Sanierung des Schwabtunnels im Stuttgarter Westen. Offen sind wir für eine Neuausrichtung unserer städtischen Gelder in der SVV, Herr Körner hat es angesprochen, und einen höheren Zuschuss für die SSB, wenngleich wir hierzu bisher keine eigenen Anträge gestellt haben. Dies ist, nebenbei bemerkt, in einigen Bereichen der Fall. Wo wir bereits wissen, dass aus dem Kreis von Ihnen, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, gute Anträge vorliegen, haben wir zum Teil auf eigene Anträge verzichtet und begnügen uns damit, Ihnen nachher zuzustimmen.

Dies betrifft auch den Bereich Wohnen. Hier zeichnet sich im Haushaltsentwurf ja nun, gemäß dem Grundsatzbeschluss des Gemeinderates, die Trendumkehr zumindest ab, dass mehr Geld für Grundstückskäufe der Stadt als für -verkäufe eingeplant ist. Auch der Idee einer Kapitalerhöhung für die SWSG, die nicht von uns stammt, stehen wir sehr aufgeschlossen gegenüber.

Zu guter Letzt möchte ich noch auf zwei Projekte kommen, die unsere ganz besondere Wertschätzung genießen - Herzensprojekte sozusagen. Zum einen ist dies die Unterstützung des Vereins 'Unsere Zukunft' und jenes Projektes namens 'Demokratielabor'. Viele Mitglieder des Gemeinderats werden sich an die über 40 Veranstaltungen des Vereins vor der Kommunalwahl erinnern, die rein ehrenamtlich auf die Beine gestellt wurden. Wir halten es für eine hervorragende Idee, die Veranstaltungen auch zwischen den Wahlen durchzuführen und so den direkten Austausch zwischen den gewählten Vertreterinnen und Vertretern mit der Bürgerschaft zu fördern. Die notwendigen 120.000 € pro Jahr verstehen wir als direkte Investition in die Demokratie.

Unser zweites Herzensprojekt ist die Rosensteinbrücke. Zur Wahrheit gehört, dass die Idee des Erhalts dieser Eisenbahnbrücke, die durch Stuttgart 21 überflüssig wird, ursprünglich von Peter Mielert von den GRÜNEN in Bad Cannstatt kommt. Unsere Vision geht allerdings weiter, und wir wollen jetzt einen ersten Schritt unternehmen, indem wir die Verwaltung auffordern, erste Eruierungen bezüglich der Machbarkeit und der Kosten zu unternehmen. Wir stellen uns auf der Brücke in Zukunft eine vielfältige generationenübergreifende und entschleunigte Nutzung vor. Sport- und Kinderspielflächen, Cafés, Kneipen, viel Grün usw. Die Brücke kann ein Aushängeschild für die Stadt, gar etwas weltweit Einmaliges werden. Dieser Brückenschlag zwischen Cannstatt und der an den Fluss heranrückenden Stuttgarter Innenstadt lässt zudem den Neckar neu erleben. Hierfür werben wir um Unterstützung, das kann richtig, richtig gut werden. An dieser Stelle auch Dank an Suse Kletzin von der SPD, die uns beim Antrag zur Seite stand.

Abschließen möchte ich mit dem Motto der STAdTISTEN, das wir uns für den gegenseitigen Umgang und die Wertschätzung für die vielen verschiedenen, oft guten Ideen der Fraktionen in den Haushaltsberatungen wünschen: Auf gute Nachbarschaft!"


Im Anschluss an die erste Runde der Statements startet OB Kuhn eine zweite Runde ebenfalls nach der Fraktionsstärke, in der die übliche Redezeit von drei Minuten gilt.

StR Winter (90/GRÜNE) begrüßt die hohe Anzahl nahezu deckungsgleicher Anträge und wertet dies als Zeichen eines Grundverständnisses für die Stadt. Unterschiede gebe es in der Herangehensweise. So hätte sich nach Ansicht seiner Fraktion die Wirtschaft zukunftsfähiger aufstellen sollen. Dann müsste man nicht um Arbeitsplätze bangen, weil z. B. andere Länder, die schon viel weiter seien, deutsche Autos gar nicht mehr zuließen. Seine Fraktion habe in den letzten Jahrzehnten vieles für die Attraktivität Stuttgarts - unter anderem in der Kita-Ganztagsbetreuung und im ÖPNV - getan. Nach jahrzehntelangen Investitionen in die autogerechte Stadt habe man beim ÖPNV viel aufzuholen. Mittelfristig müsse man einen hohen zweistelligen Millionenbetrag in den ÖPNV investieren: Für den Ausbau und den Unterhalt, und erst recht, wenn man ein 365-€-Ticket für alle haben wolle. Seine Fraktion könne sich dies nur über eine Drittnutzerfinanzierung vorstellen. Hier ermuntert er die Mitglieder des Gemeinderats, sich je nach Möglichkeit auch beim Land für kommunale Selbstverwaltung und Selbstbestimmung einzusetzen, um dann sachlich z. B. über einen Mobilitätspass und den künftigen Nahverkehr zu diskutieren. Wohnungsbau müsse weiterhin in der Innenentwicklung umgesetzt werden. Und nicht zuletzt sei seine Fraktion für die Kulturförderabgabe. Eine attraktive Stadt sei nicht umsonst zu haben.

Auch seine Fraktion, so StR Kotz, sei mit vielen wirtschaftlichen Entwicklungen, gerade auch in der Automobilindustrie, unzufrieden. Da man aber keine zweite Wirtschaft in der Reserve habe, müsse man mit den Stuttgarter Unternehmen zusammenarbeiten und sie unterstützen. Er appelliert an die grüne Fraktion, sich hier ebenfalls einzubringen. Er bestätigt die enorme Bedeutung der weichen Faktoren für einen Wirtschaftsstandort. Und diese beinhalteten neben Kultur und Betreuung eben auch Wohnen, dessen größeren Bedarf man abarbeiten müsse. Er freue sich, dass die Gleichwertigkeit der akademischen und der beruflichen Bildung im Haushalt eine Rolle spielen werde. Aber dabei sollten nicht nur die Schulgebühren an den Fach- und Meisterschulen abgeschafft, sondern auch beim ÖPNV die Meisterschülerinnen und -schüler den Studentinnen und Studenten und Schülerinnen und Schülern gleichgestellt werden.

Auf zwei unterschiedliche Herangehensweisen weist StR Rockenbauch (Die FrAKTION LINKE SÖS PIRATEN Tierschutzpartei) hin. Diese sieht er zum einen im Umgang mit der Wirtschaft. Hier müsse man klare Ansagen machen, wohin es im Interesse des Allgemeinwohls politisch gehen solle. Seine Fraktion sage: 2035 klimaneutral und autofrei. Zum anderen bringe es nichts, wenn man wie in den letzten zehn Jahren immer nur auf die schwarze Null schaue. Auf diese Weise sei man permanent 200 Mio. € über Plan gewesen. Hier wünsche er sich mehr Mut. Statt Fehlinvestitionen in zu viele Straßen und Eigentumsförderungen zu tätigen, sollte im Wohnungsbau investiert werden. Er bittet insbesondere die neuen Mitglieder des Gemeinderats, sich von den angekündigten schwarzen Wolken nicht Angst machen zu lassen. Gerade dann müsse man kräftig in die Zukunft investieren.

An dieser Stelle gibt OB Kuhn zu Protokoll, es reize ihn sehr, in die Debatte einzusteigen, er halte sich aber zurück.

StRin Meergans (SPD) führt aus, ihre Fraktion sehe die Chance, in diesem Haushalt kräftig in Bildungsgerechtigkeit zu investieren, als besten Ausweg aus der Armut und beste Prävention. Dies sei nicht zuletzt eine Konsequenz aus der Stuttgarter Armutskonferenz. Ihre Fraktion gehe hier zweigleisig vor und betrachte einerseits besonders die benachteiligten Gruppen, im Wesentlichen neu zugewanderte Kinder und Jugendliche, die durch das FSJ an Schulen verstärkt Sprachförderung erhalten sollten, sowie die Kinder und Jugendlichen an den Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren, die ein ausreichendes Betreuungsangebot erhalten sollten. Andererseits begrüße sie die Vorschläge der Verwaltung für eine sozialdatenbezogene Verteilung der Ressourcen für Schulsozialarbeit und für zusätzliche Angebote an bestimmten Ganztagesgrundschulen. Erfolgsmodelle für Bildungsgerechtigkeit seien auch die Kinder- und Familienzentren, die deshalb ausgebaut und gestärkt werden müssten. Ein zentrales Element der Kinderfreundlichen Kommune, die die Verwaltung ja anstrebe, sei zunächst die Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention, zu der vor allem das Kindeswohl und damit auch der Kinderschutz gehörten. Sie könne nicht verstehen, dass die Vorlage zur Umsetzung des Klimaschutzgesetzes nicht in der grünen Liste enthalten sei. Verbesserungsbedarf sehe sie auch in anderen Bereichen der Jugendhilfe. So müsse die Mobile Jugendarbeit im Europaviertel auf jeden Fall fortbestehen.

Zum Verfahren schlägt StR Körner vor, die von der Verwaltung zurückgestellten und nicht in der grünen Liste oder dem Vorschlag zum Stellenplan aufgeführten Themen, unter anderem Volkshochschule und Theaterhaus, erst dann aufzurufen, wenn die Anträge der Fraktionen beraten worden seien. Und dann erwarte er von der Verwaltungsspitze Vorschläge zur Finanzierung. Hierzu führt EBM Dr. Mayer aus, vorgesehen sei, dem Gemeinderat die wesentlichen noch offenen Themen vor allem aus dem Stellenbereich vor der Ersten Lesung zu präsentieren. Dies habe man im Übrigen bereits Ende 2018/Anfang 2019 im Personalbeirat angekündigt. Denn eine solche Herkulesaufgabe, für 23 Ämter gleichzeitig für alle Personalstellen eine sachgerechte Stellenbemessung durchzuführen, sei nicht schneller zu machen. Und bezüglich des BTHG befinde man sich aktuell noch in Verhandlungen mit dem Land. Die Verwaltung arbeite mit Hochdruck daran, diese noch offenen und zurückgestellten Themen vor der Ersten Lesung in Form von Vorlagen zu präsentieren. OB Kuhn ergänzt, bei den Projekten Theaterhaus und Volkshochschule hätten bislang die entscheidungsfähigen Unterlagen noch nicht vorgelegen. Diese Themen sollten zu Beginn der Ersten Lesung nochmals aufgegriffen werden.


Damit beendet OB Kuhn die Allgemeine Aussprache und auch die Sitzung.

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