Protokoll: Gemeinderat der Landeshauptstadt StuttgartNiederschrift Nr.
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VerhandlungDrucksache:
492/2010
GZ:
OB
Sitzungstermin: 28.07.2010
Sitzungsart: öffentlich
Vorsitz: OB Dr. Schuster
Berichterstattung:der Vorsitzende
Protokollführung: Frau Huber-Erdtmann
Betreff: Landesbank Baden-Württemberg
1. Gremienbesetzung
2. Anpassung der Hauptsatzung

Vorgang: Verwaltungsausschuss vom 28.07.2010, öffentlich, Nr. 246

Ergebnis: ohne Votum in die Vollversammlung verwiesen

Beratungsunterlage ist die Vorlage des Herrn Oberbürgermeisters vom 27.07.2010, GRDrs 492/2010, mit folgendem

Beschlussantrag:


OB Dr. Schuster berichtet, dass der Landtag das Gesetz über die neue Struktur der Landesbank Baden-Württemberg am 13.07.2010 beschlossen hat. Um in Kraft zu treten, müsse es innerhalb eines Monats veröffentlicht werden. Danach müssten sich
ebenfalls innerhalb eines Monats die Gremien konstituieren, also spätestens am 13.09.2010. Leider habe sich das Abstimmungsprozedere mit Land und Sparkassenverband länger hingezogen als angenommen, sodass die Vorlage nur sehr kurzfristig vorgelegt werden konnte. Er bitte hierfür um Verständnis und hoffe, dass der Gemeinderat die Vorlage dennoch mitträgt.

Auch wenn die Vorlage sehr dünn sei, so StRin Aras (90/GRÜNE), sollte man ihre Dimension nicht unterschätzen. Es gehe hier in der Umsetzung des Grundsatzbeschlusses, den der Gemeinderat bereits Anfang Juli gefasst habe, darum, welche Personen die Stadt in den Aufsichtsrat der Landesbank schickt. Da den Mitgliedern des Gemeinderats die Vorlage erst am Tag zuvor zugegangen sei, seien kaum eingehende Beratungen in den Fraktionen möglich gewesen.

Sie gehe davon aus, dass der mit dem Land ausgehandelte Kompromiss, dass zwei der drei Vertreter der Stadt Externe sein müssen, fraktionsübergreifend als schlechter Kompromiss angesehen wird, denn hier werde das Vier-Augen-Prinzip verlassen, auch wenn es nur für eine Übergangsphase sei.

Es stelle sich die Frage, nach welchen Kriterien die beiden Externen ausgewählt wurden. Klar sei, dass bestimmte Kriterien, die die Bankaufsicht und die Ämter vorgeben, erfüllt werden müssen. Wenn aber nur zwei Personen für diese Posten zur Verfügung stehen, habe man keine echte Auswahl. Sie wüsste gerne, ob sich keine weiteren Personen gemeldet haben oder ob keine gefunden wurden und ob den benannten Personen mitgeteilt wurde, dass sie nur für diese Übergangsphase in den Aufsichtsrat entsandt werden, also bis 2013. Anschließend werde die Entsendung der Mitglieder in den Aufsichtsrat über die Hauptversammlung laufen, und dann werde auch wieder das Vier-Augen-Prinzip gewahrt.

In Bezug auf die vorgeschlagenen Personen maße sich ihre Fraktion nicht an, deren Qualifikation beurteilen zu können und ob sie den Kriterien entspricht. Zu Herrn Prof. Dr. Hundt sei anzumerken, dass er bereits seit 19 Jahren in den Gremien der Landesbank sitzt, und zwar bisher vom Land entsandt. Jetzt übernehme die Stadt also quasi einen Kandidaten des Landes für sich.

Im Rahmen der Umstrukturierungsmaßnahmen, die auch von der EU vorgegeben worden sind, habe man ja sehr hohe Erwartungen an den Aufsichtsrat gestellt. Ihre Fraktion hätte es deshalb begrüßt, wenn hier auch frischer Wind hineingekommen wäre durch eine neue Person, die vielleicht auch einen anderen Blick für die Gegebenheiten hätte als jemand, der schon seit 19 Jahren dem Gremium angehört. Es sei ja wohl Konsens, dass in der Landesbank bisher nicht alles rund gelaufen ist.

Herr Prof. Dr. Hundt übe sehr viele ehrenamtliche Tätigkeiten aus, was durchaus erfreulich sei, aber er sei auch Mitglied in vielen Organen. Mit der LBBW wären es dann sechs. Aufgrund der erhöhten Anforderungen an die Aufsichtsratsmitglieder und ihrer Verantwortung stellt sich die Frage, ob man so viele Ämter nebeneinander ausüben kann, denn es handle sich ja um keine kleineren "Pöstchen", die man nebenher bekleiden könne.

Um sicherzustellen, dass die beiden benannten Externen nur für die Übergangsphase in den Aufsichtsrat der LBBW entsandt werden, stelle ihre Fraktion den Antrag, in den Beschlussantrag diese zeitliche Begrenzung aufzunehmen. Die Mitgliedschaft würde dann längstens bis 2013 gelten.

StR Stradinger (CDU) betont, es handle sich um ein wichtiges, aber dennoch nicht überraschendes Thema. Die Konditionen seien also bereits bekannt gewesen. Zu den benannten Personen lasse sich feststellen, dass sie über gediegene, vielfältige Erfahrungen verfügen. Herr Prof. Dr. Hundt sei ja nicht mehr im aktiven Berufsleben, aber er habe aufgrund seiner bisherigen Vita viel zu bieten. Zudem sei er Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände. Aber auch Herr Dr. Oesterle, Vorstandsvorsitzender der Celesio AG, sei ohne Zweifel ein honoriger, kundiger und sehr erfolgreicher Mann.

Da diese Besetzung ohnehin nur für eine Übergangsphase bis zur Hauptversammlung im Jahr 2014 gelte, könne bis dahin "nichts anbrennen". Die Stadt habe ja auch Weisungsmöglichkeiten. Seine Fraktion habe keine Bedenken hinsichtlich der benannten Personen. Sie werde der Vorlage daher zustimmen.

Die kurzfristige Zusendung der Vorlage macht die Beschlussfassung für die Fraktionen schwierig, konstatiert StRin Dr. Blind (SPD). Da es jetzt außerordentlich große Veränderungen in der LBBW gebe, hätte sich auch ihre Fraktion frischen Wind gewünscht.

In Bezug auf die Stellvertreter beim Aufsichtsrat der BW-Bank habe die SPD einen Änderungsvorschlag. Die Stadt entsende 4 ordentliche Mitglieder und 4 Stellvertreter. Der Änderungsvorschlag betreffe die Stellvertreter. Als Erstes schlage die SPD vor, dass die stellvertretenden Mitglieder nach d'Hondt ausgezählt werden. Außerdem sollte bei der Stellvertretung der Gemeinderat gestärkt werden - er komme ja im Aufsichtsrat der LBBW gar nicht mehr vor -, indem alle 4 Stellvertreter Mitglieder des Gemeinderats sind. Das würde bedeuten, dass von den Stellvertretern 2 Mitglieder der Grünen sind, 1 Mitglied der CDU und 1 Mitglied der SPD. Sie würde sich über eine breite Zustimmung freuen.

StRin von Stein (FDP) plädiert dafür, die Entscheidung über den Antrag von StRin Dr. Blind zu vertagen, um sich ohne Zeitdruck darüber zu einigen, denn bei der Besetzung des Aufsichtsrats der BW-Bank bestehe keine Eilbedürftigkeit.

Die Kurzfristigkeit bei der Besetzung des Aufsichtsrats der LBBW habe auch in ihrer Fraktion heftige Diskussionen ausgelöst. Wenn der Gemeinderat zustimme, werde er mitverantwortlich gemacht, wenn etwas schief läuft. Ihre Fraktion werde daher die Ziffer 1 des Beschlussantrags hinsichtlich der LBBW ablehnen.

StR J. Zeeb (FW) gibt zu Protokoll, dass sich die Fraktion der Freien Wähler bei dieser Vorlage der Stimme enthalten werde.

StRin Küstler (SÖS und LINKE) hat kein Verständnis für den sehr knappen zeitlichen Vorlauf. Zwar sei letztlich auch OB Dr. Schuster unter Zeitdruck gekommen, aber die Vorlagen zur LBBW seien fast immer sehr kurzfristig an die Mitglieder des Gemeinderats gegangen. Das sollte geändert werden, denn sonst würden die demokratischen Rechte außer Kraft gesetzt. Man müsse auch gegenüber dem Land klar machen, dass im Gemeinderat Beratungsfristen einzuhalten sind.

Aber auch die Vorschläge für den Aufsichtsrat der LBBW fänden nicht die Zustimmung ihrer Fraktionsgemeinschaft. Sie hätte sich neue Personen gewünscht, darunter auch eine Frau. Es sei kaum vorstellbar, dass es in Baden-Württemberg oder in Stuttgart keine sachkundige Frau geben sollte, wenn man tatsächlich danach sucht.

Den Vorschlag der Grünen, die zeitliche Begrenzung des Mandats ausdrücklich festzuschreiben, unterstütze ihre Fraktionsgemeinschaft, ebenso den Vorschlag der SPD, bei der Stellvertretung nach d'Hondt zu verfahren und die Sitze wie von StRin Dr. Blind vorgetragen zu verteilen. Bei dem Beschluss über die Ziffern 1.1 und 1.2 werde sich ihre Fraktionsgemeinschaft der Stimme enthalten.

StR Dr. Schlierer (REP) äußert Bedenken, ob die Personalvorschläge - bei denen es sich zweifelsohne um zwei sehr honorige Männer handle -, die optimale Auswahl bieten. Durch die Tätigkeit in mehreren Aufsichtsräten könne es zu einer übergroßen Beanspruchung kommen. Für Herrn Prof. Dr. Hundt spreche natürlich die Erfahrung im Bereich der LBBW. Dennoch werde er sich bei den Personalvorschlägen der Stimme enthalten. Die Abstimmung über den Aufsichtsrat der BW-Bank sollte man verschieben.

In Bezug auf den Antrag von StRin Dr. Blind hält StR Stradinger es für organisch, dass der Erste Bürgermeister die Stellvertretung des Herrn Oberbürgermeisters übernimmt, denn er sei für die Finanzen zuständig und müsse eng mit dem Gemeinderat zusammenarbeiten und ihm die Sachverhalte erläutern. Daran zu rühren, nur um eine Stellvertretung aus dem Gemeinderatsbereich zu haben, wäre ein Fehler. Seine Fraktion könnte darüber abstimmen, sie würde sich aber auch nicht gegen eine Vertagung sperren.

StRin Dr. Blind unterstreicht, dass sie am Tag zuvor, kurz nach dem Erhalt der Vorlage, ihren Vorschlag an OB Dr. Schuster, EBM Föll sowie die Fraktionsvorsitzenden geschickt habe. Es sollte daher möglich sein, jetzt auch über diesen Punkt abzustimmen. In der Sitzung des Ältestenrats habe sie den Eindruck gehabt, dass EBM Föll zu ihrem Vorschlag zumindest verständnisvoll genickt habe. Wenn die CDU-Gemeinderats-fraktion unbedingt EBM Föll als Stellvertreter von OB Dr. Schuster im Aufsichtsrat der BW-Bank haben wolle, könnte sie ihm ja ihren Sitz zur Verfügung stellen.

StR Prof. Dr. Dr. Lübbe (FDP) kann nicht ganz nachvollziehen, warum nach der Berechnung von StRin Dr. Blind die FDP keinen Stellvertretersitz mehr bekommen soll.

Das Ergebnis ist laut OB Dr. Schuster davon abhängig, ob man von sechs Sitzen ausgeht oder von drei. Er schlage vor, dass man sich wie bisher üblich unter den Fraktionen verständigt und dann am 23.09.2010 darüber abstimmt. Anmerken wolle er noch, dass Einigkeit darüber bestanden habe, dass die Gemeinderäte sich stärker in diesen Gremien wiederfinden sollen. Daher habe der Gemeinderat ja auch im Aufsichtsrat der BW-Bank - der für die Stadt wichtiger sei, weil diese Bank die Sparkassenfunktion beinhalte - jetzt zwei Sitze mehr. Darüber hinaus würde er dafür plädieren, dass der Gemeinderat im Kundenbeirat ebenfalls einen weiteren Sitz bekommt.

EBM Föll habe bereits wissen lassen, dass die von der SPD gewünschte Vertretungsregelung nicht an ihm scheitern würde. Er - OB Dr. Schuster - hielte es allerdings für sinnvoller, die Vertretungsregelung wie gewohnt zu handhaben. Er bitte die Fraktionen, die Ferienzeit für eine Verständigung über diesen Punkt zu nutzen.

In jedem Fall brauche man aber jetzt eine Entscheidung über die Mitglieder des Aufsichtsrats der LBBW. Beiden vorgeschlagenen Personen sei mitgeteilt worden, dass ihre Entsendung nur für eine Übergangszeit gilt. Das sollte so auch beschlossen werden; der Beschlussantrag werde entsprechend ergänzt.

Hinsichtlich der fachlichen Auswahl gebe es von der BaFin klare Vorschriften. Die Zahl der Persönlichkeiten, die unter diesen Gesichtspunkten in Betracht kommen, sei daher reduziert. Beide Persönlichkeiten hätten nicht nur die geforderte Erfahrung im Unternehmerischen, sondern sie seien auch sehr verantwortungsbewusst. Herr Prof. Dr. Hundt sei bisher in den Sitzungen immer anwesend gewesen. Er habe es also geschafft, die verschiedenen Aufgaben unter einen Hut zu bringen. Zudem sei er jetzt aus der aktiven Geschäftsführung bei seinem Unternehmen ausgeschieden. Bei der Frage der Auswahl sei anzumerken, dass die eine Persönlichkeit den klassischen Bereich der Hochtechnologieindustrie vertritt und ein Renommee hat, das weit über die Stadtgrenzen hinausreicht. Auch das sei für die Bank wichtig, denn als Kundenvertreter sollten die Personen ein entsprechendes Ansehen haben. Herr Dr. Oesterle stehe für einen erfolgreichen Dienstleister, der in Stuttgart aus kleinen Anfängen heraus ein europaweit führendes Unternehmen geschaffen hat. Ein weiteres Kriterium sei gewesen, dass es keine Konkurrenzsituation geben darf, also niemand aus anderen Banken oder Finanzinstituten benannt werden dürfe. Damit sei man auf den Bereich der verschiedenen Wirtschaftszweige begrenzt.

Zur Frage von StRin Küstler, inwieweit Herrn Prof. Dr. Hundt auch eine Verantwortung für die sogenannten "Giftgeschäfte" zuzurechnen sei, ruft OB Dr. Schuster in Erinnerung, dass es sich damals um Triple-A-Papiere gehandelt habe, für die vor drei bis vier Jahren im Risikobericht auch nicht die Andeutung von Risiken dargestellt worden sei. Man sollte deshalb Herrn Prof. Dr. Hundt hier nicht mitverantwortlich machen. Mittlerweile seien alle klüger geworden.

StRin Dr. Blind spricht sich dafür aus, die Dinge, über die man in dieser Sitzung entscheiden kann, auch zu beschließen. Sie bitte deshalb nachdrücklich darum, jetzt über die Stellvertretung beim Aufsichtsrat der BW-Bank zu entscheiden und das Thema damit zu erledigen.

EBM Föll weist darauf hin, dass das Thema Aufsichtsrat der BW-Bank am 23.09.2010 ohnehin noch einmal auf der Tagesordnung stehen werde, da erst dann die Personen benannt werden. Die Fraktionen hätten hier ein Vorschlagsrecht, aber das Benennungsrecht liege beim Gemeinderat, der darüber einen Beschluss fassen müsse. Bisher hätten die Fraktionen noch keine Personen vorgeschlagen.
Nach Ansicht von StRin Dr. Blind wäre es dennoch sinnvoll, bereits jetzt zu entscheiden, nach welchem Modus die Stellvertretung vorgenommen werden soll. Dann könnten bis zur Sitzung des Gemeinderats nach der Sommerpause die Namen mitgeteilt werden und die Besetzung könnte am 23.09.2010 beschlossen werden.

OB Dr. Schuster lässt darüber abstimmen, die Beschlussfassung über den Änderungsantrag von StRin Dr. Blind bis nach der Sommerpause zu verschieben, und hält fest:

Der Antrag wird bei 31 Nein-Stimmen und 29 Ja-Stimmen mehrheitlich abgelehnt.

GRDrs 492/2010:

Ziffer 1:

Der Vorsitzende stellt die Ziffer 1 des Beschlussantrags mit folgenden Ergänzungen bzw. Änderungen (jeweils kursiv) zur Abstimmung:

Aufsichtsrat der LBBW:

Die erste Zeile wird ergänzt:

1. In die neu zu bildenden Gremien der Landesbank Baden-Württemberg werden für die Übergangszeit bis 2013 entsandt:


Der Gemeinderat beschließt bei zahlreichen Enthaltungen mehrheitlich wie beantragt.

Aufsichtsrat der BW-Bank:

Verteilung der Stellvertretersitze laut Änderungsantrag von StRin Dr. Blind:
Der Gemeinderat beschließt bei 31 Ja-Stimmen und 29 Nein-Stimmen mehrheitlich wie beantragt.
Ziffer 2: Gegen die Ziffer 2 des Beschlussantrags erheben sich keine Einwendungen.

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